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De Fex^g^se et de la correction dea textea avestiques par
Ü. de Harlez. Leipzig, Gerhard. 1883. XVI und 256 pg. 8^0.
Die vorliegende Schrift beschäftigt sich mit einer Streitfrage,
welche entstanden ist, sobald man in Europa anfing, sich mit dem
Awestä zu beschäftigen. Das Werk zerfällt in zwei Theile, wio
dies schon der Titel besagt, von welchen der erste imd umfang¬
reichere (p. 1—196) sich mit der Exegese, der zweite (p. 197 bis
zum Schlüsse) mit der Textkritik des Awestä beschäftigt. Ueber
den letzteren Gegenstand ist es dem Ref. erst neuerlich vergönnt
gewesen zu den Lesem dieser Zeitschrift zu reden (Bd. 36, 586 flg.),
auch unsere Ansicht über die richtige Methode der Exegese haben
wir schon öfter ausführlich hier dargelegt (zuletzt Bd. 30, 543 flg.),
so dass wir dieselbe nicht zu wiederholen brauchen; wer diese
unsere Ansicht mit der des Hrn. Verf. vergleicht, wird finden, dass
wir demselben in den meisten Pällen beistimmen müssen. Nur
soviel wollen wir bemerken, dass unseres Erachtens diese Streitfrage
bis jetzt nicht die Beachtung gefunden hat, welche sie verdient.
Der Widerstreit der beiden sich bekänapfenden Methoden ist nichts
Anderes als ein Competenzstreit zwischen Philologie und Linguistik,
es handelt sich nicht darum eine dieser beiden Wissenschaften zu
vertreiben , wohl aber jeder derselben das ihr gebührende Gebiet
abzugitlnzen. Wir betrachten es als einen Portschritt, dass man
neuerdings weniger die von einander stark abweichenden Ueber¬
setzungen ins Auge fasst und aus ihnen die Vorzüge oder Mängel
der einen oder andem Methode beurtheilen will, sondern vielmehr
auf die Disciplinen zurückgeht, durch welche die grosse Verschieden¬
heit bedingt ist: die Ansichten über den Text, die Gramraatik, das
Lexieon. Am besten wäre es nach unserer Ueberzeugung, wenn
raan vorläufig von allen Einzelheiten ganz absähe und einraal ganz
objectiv und im Allgemeinen sieh über die Grundsätze verständigte,
nach welchen das Awestä zu erklären ist, welche Rechte der Philo¬
logie und welche der Sprachvergleichung zukommen.
Wir haben bereits gesagt, dass es durchaus nieht die Meinung
des Ref. ist, dass die Sprachvergleichung aus der Exegese des
Awestä vertrieben werden solle, wohl aber, dass man sie auf das
Gebiet beschränke, das ihr gebührt: auf die Kritik der historischen
Ueberheferung. Die Erklärung deS Awestä darf nicht ein Bravour¬
stück der Sprachvergleichung sein und die Rolle der Philologie
darauf beschränkt werden, dass sie hinterdrein glänzend bestätigt,
was der Linguist in glückhchem Scharfsinne schon im Voraus
gefundai hat. Wir gestehen, nicht einzusehen, warum der .4.westä-
text' nicht in derselben Weise philologisch behandelt werden solle
wie andere Werke des Alterthiuns. Wir beanspruchen für die
Awestäbandschriften dieselbe Autorität, welche andere Handschriften
des Alterthums haben, nicht mehr und nicht weniger. Wir wollen,
dass die Grammatik der Awestasprache aus den berichtigten Texten
hervorgehe und man nicht mit einem im Voraus von der Linguistik
festgestellten Systeme an die Texte herantrete. Wir setzen- nämlich
die Hauptaufgabe des Grammatikers nicht darein, dass er das Altö-
ränische mit dem Sanskrit vermittle, sondem vielmehr, dass er uns
die Eigenart dieser Sprache erkennen lehre, dies wird aber nur
gelingen , wenn man die Vergleichung mit dem Sanskrit mehr als
bisher übhch zurücktreten lässt vmd das Eränische mehr berück¬
sichtigt als bisher geschehen ist. Am meisten tritt jedoch der
Unterschied der beiden Methoden im Wörterbuche hervor. Wie
gross der Unterschied in der lexicalischen Bestimmung der Wörter
sei , wird der Leser sich mit leichter Mühe überzeugen , wenn er
die Uebersetzungen von Darmesteter und Geldner mit einander ver¬
gleicht. Auf diese höchst wichtige Verschiedenheit der beiden
Richtimgen wollen wir hier ausdrücklich hinweisen, bei dieser Gelegen¬
heit auch angeben, wie nach imserer Ansicht lexicalische Unter¬
suchungen im Awestä geführt werden müssen. Wir fühlen uns
dazu besonders veranlasst, da von Hm. H. dieser Gegenstand (p.
119. 120) nur sehr kurz berührt ist. Dass wir selbst jederzeit
strenge nach diesen unseren Grundsätzen gearbeitet hätten, wollen
wir nicht behaupten, Abweichungen von denselben sind aber stets
zum Nachtheile des Ref. gewesen.
Bei der Bestimmung eines unbekannten Wortes im Awestä
ist zuerst die Tradition zu befragen. Es ist schlechterdings nicht
einzusehen, warum dies anders sein solle. Weün wir in irgend
einer anderen Sprache ein Wort nicht wissen, so werden wir uns
nach einer Person oder einem Buche umsehen, das uns Auskunft
darüber geben kann und Niemand wird dieses Verfahren für un-
wissenschafthch erklären. Dadurch, dass man sich nach der Bedeu¬
tung eines Wortes erkundigt, verpflichtet man sich ja noch nicht,
dieselbe unter allen Umständen anzunehmen. Wenn aber die Tra¬
dition überhaupt gebraucht werden soU, so muss sie natürhch zuerst
gefragt werden, denn wenn man das Richtige bereits auf anderem
Wege gefunden hat, dann ist es müssig, sich noch an die Tradition
zu wenden, hat aber die Tradition bereits das Richtige, so kann
man sich die Mühe ersparen , auf Umwegen dasselbe zu finden.
Hat man nun die traditionelle Erklärung ermittelt, so ist zuerst
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festzustellen , ob dieselbe nur für eine Stelle gilt oder ob sie an
mehreren Stellen vorkommt, hiermit kann man auch gleich die
Untersuchung verbinden , ob die traditionelle Erklärung an allen
Stellen passt oder ob sich irgend etwas gegen sie sagen lässt. Hier, bei der Kritik der Tradition, begiimen meines Erachtens die schweren
Fehler, welche die Bopp'sche Richtung sich zu Schulden kommen
lässt. Es ist ja richtig, dass keine von der Tradition überlieferte
Bedeutung ohne Kritik angenommen werden darf, aber kann man
denn das eine gesunde Kritik nennen, wenn man sich nur besinnt,
was sich gegen die Tradition sagen lässt und nicht auch das er¬
wägt was für dieselbe spricht? Zweitens verfällt man gewöhnhch
in die Einseitigkeit, dass man zur Kritik der traditionellen Erklärung
nur das Sanskrit zu Hülfe nimmt, die 6rärüschen Dialekte aber gar
nicht, oder nur sehr wenig beiiicksichtigt. Gerade bei der lexi¬
cahschen Bestimmung der Wörter kann das Neupersische treffhche
Dienste leisten und die traditionellen Erklänmgen nehmen sich oft
ganz anders aus, wenn man sie mit dem Persischen, als wenn man
sie mit dem Sanskrit zusammenhält. Ueberhaupt muss man, wie
dies auch Hr. H. (p. 146) betont, vor Allem suchen, sich in die
Anschauungen des Awestä einzuleben, nicht aber das Buch immer
durch die Brille einer fremden Cultur ansehen, die in Erän eine
ganz andere Form annehmen musste , weil die Verhältnisse ganz
andere waren.
Ein dritter schwerer Irrthum, in welchen die sprachvergleichende
Richtung gewöhnhch verfällt, besteht darin, dass sie die Sprach¬
vergleichung nicht blos neben die Tradition stellt, sondem dieselbe
ihr entgegen und über sie setzt. Hierdurch entsteht ein Wider¬
streit der keine Berechtigung hat. Allerdings sind die Erklärungen der Tradition nicht unfehlbar, aber die linguistischen sind es eben¬
sowenig. Ein durch Sprachvergleichung gewonnenes Resultat ist
gleichfalls problematisch und bleibt es, solange es noch der histori¬
schen Begründung entbehrt, denn das ist ohne Frage das Ziel auf
das wir zusteuem müssen : wir müssen nachweisen , dass die Ver¬
fasser des Awestä und das ihre Schriften lesende Pubhcum dem
besprochenen Worte gleichfalls die Bedeutung beigelegt haben, welche
vnr ihm geben. Man hat neuerdings mehrfach der sogenannten
traditioneUen Richtung den Vorwurf gemacht, dass sie sich bei den
Angaben der Tradition beruhige ohne zur Vergleichung fortzugehen.
Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Auch die traditionelle Richtung
gebraucht die Sprachvergleichung beständig, aber sie wendet sie
ganz anders an, als die Bopp'sche Richtung es thut, sie vergleicht, wie bereits gesagt, nicht blos das Sanskrit, sondem auch die iränischen Sprachen , auch gebraucht sie die Sprachvergleichung vorzugsweise
zur Begründung der gegebenen Wortbedeutimgen, nur ungem, imd
nothgedrungen entscbliesst sie sich Wörter und Wortbedeutungen
zu machen, während die Bopp'sche Richtung gerade hierin ihre
Stärke sucht. Die sprachvergleichende Richtung nimmt hier die
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Sache viel zu leicht. Traditionelle Angaben darf man natürhch
bezweifeln, aber man muss zum Zweifel ebensogut triftige Gründe
haben wie zur Annahme. Dass es genüge, wenn man die Erklärung
eines Awestäwortes durch etymologische Gründe stützen kann, glaube
ich nicht , ich weiss aus eigner Erfahrung , dass man auf diesem
Wege öfter fehlgreift als das Richtige trifft. Wer Awestäwörter
blos etymologisch bestimmt und aus der Etymologie die Bedeutung
derselben zu ermitteln sucht, der umgeht den wichtigeren und
schvrierigeren TheU der Aufgabe, welche dem Verfasser eines Awestä- wörterbuches obhegt: die historische Begründung.
Es war ursprünglich die Absicht des Ref die oben angedeuteten
Grundsätze an der Hand unseres Buches mit einer Reihe von Bei¬
spielen zu belegen und dabei näher zu besprechen. Bei näherer
Betrachtung der Sachlage haben wir diesen Plan wieder aufgeben
müssen, bei der grossen Fülle des Materials würde die Anzeige zu
einer umfangreichen Abhandlung sich ausdehnen. Wir begnügen
uns daher mit einigen Bemerkungen, die sich kurz abthun lassen.
P. 126 flg. 168 wird die Stelle Vd. 7, 132 besprochen, welche
lautet: noit zi ahmi paiti nairi dva mainyü rena ava-
stäoghät. Der Text bietet zu keiner Bemerkung Veranlassung,
bis jetzt hat man auch die Stelle allgemein so aufgefasst wie die
einheimischen üebersetzer wollen, nämhch: „nicht sollen in Bezug
auf diesen Mann die beiden Himmlischen (Ormazd und Ahriman)
mit einander in Kampf gerathen', erst neuerdings hat Geldner vor¬
geschlagen abweichend zu übersetzen: „die beiden Himmlischen
werden an diesen Menschen keine Schuldforderung mehr haben'.
Wir stimmen Hm. H. bei, wenn er sich gegen diese Erklämng
wendet, wir müssen aber gestehen, dass wir auch dem Sinne nach
die neue Erklärung nicht als die vorzüghchere anzuerkennen ver¬
mögen, wie dies Hr. H. (p. 127) zu thun scheint, ebensowenig
können wir einsehen, was dem Sinne nach an der bisherigen Fassung
befremden könne. Es ist ja bekannt, dass nach Ansicht der Parsen
an der Brücke Cinvat die Seele eines jeden Verstorbenen gerichtet
wird und dass bei dieser Gelegenheit sowol die guten als die bösen
Geister ihre Ansprüche geltend machen. Wir können darin nichts
Besonderes finden, auch in christlichen Legenden kommt es ja vor,
dass sich Engel und Teufel um eine arme Seele streiten, deutschen
Lesem dürfte sofort der Schluss des zweiten Theils des Faust ein¬
fallen. Indessen, gegen das Wort r 6 n a werden Bedenken erhoben
und es fragt sich also , ob dasselbe Kampf bedeuten könne. Nach
der Tradition ist diese Frage zu bejahen, denn sie übersetzt r6na
mit ItODD i. e. neup. ^IXo bellum, certamen. An einer commen¬
tirten Stelle kommt das Wort nicht mehr vor, sondem nur noch
Yt. 14, 25, wo es bis jetzt mit streitbar (fighting bei Darmesteter)
übertragen wurde und zwar mit gutem Gmnde. Schon Justi hat
auf das in den Gäthäs vorkommende räna hingewiesen, das von
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rön a nur dialektisch verschieden ist und "iNntorD i. e. ^Ij^L^aj
oder prativ&din, Widersacher, übersetzt wird. Die Bedeutung
passt trefflich für den Siegesgott, dem das Beiwort gegeben wird
und erlatibt uns an beiden Stellen dasselbe Wort zu sehen, was
nicht der Fall sein könnte, weim wir in der ersten Stelle die Be¬
deutung Schuld annehmen wollten. Was die Ableitung des Wortes
betrifft, so hat das neupersische ^^,Jo!J. propeUere, wol das nächste
Anrecht auf Verwandtschaft und Hr. H. wird Recht haben , wenn
er unser Wort auf die Wurzel ar ziunickleitet , wir möchten auch
an lat. adorior erinnem. Selbst die Vermittlung mit skr. rana,
Kampf, hat nicht grössere Schwierigkeit als die mit fi^a, Schuld.
Die SteUe Vd. 3, 99 flg. (3, 30 W.) ist neuerdings wieder¬
holt besprochen worden, auch bei H. H. (p. 35. 175), der die ein¬
heimische üebersetzung mit Recht in Schutz nimmt. Ref. gesteht,
nicht zu begreifen, warum diese höchst einfache SteUe soviel Schwierig¬
keit gemacht hat. Wir übersetzen die Worte 3, 99—104 (3, 31 W.)
in üebereinstimmung mit der einheimischen üeberheferung folgender¬
massen: ,Wer Getreide erzeugt, der erzeugt Reinheit, er pflegt die
mazdayasnische Religion , er säugt die mazdayasnische Religion mit
100 Füssen, 1000 Brästen, 10000 Opfern'. Mit anderen Worten:
wer Getreide grosszieht, der thut der mazdayasnischen Rehgion die¬
selben Dienste , welche Aeltem einem neugebomen Kinde erweisen,
wenn sie 50 Diener (= 100 Füsse) halten um dasselbe henmizu-
tragen, oder 500 Ammen (= 1000 Brüste) um es .zu säugen oder
wenn sie den Göttern 10000 Opfer für dessen Erhaltung bringen.
Was weiter folgt (3, 105—110) setzt denselben Gedanken fort,
indem gezeigt wird, wie bei dem allmäligen Heranwachsen der
Aehren die Dämonen immer ohnmächtiger werden und zuletzt ganz
geschlagen sind, es versteht sich von selbst, dass die Macht der
mazdayasnischen Rehgion in demselben Maasse sich vermehrt als
die der Dämonen sich vermindert. Den Grund giebt uns das zu¬
letzt (112—115) angeführte Mäthra an: Niemand, der nicht isst, ver¬
mag etwas, er kann also auch keine guten Werke vollbringen. Die
Schlussfolgerung hegt nahe: leibhche Nahrung ist auch für die
Ausübung der Rehgion unentbehrhch , wer sie herbeischafft, thut
also ein auch in religiöser Hinsicht verdienstliches Werk.
Es sind nun besonders die beiden ein. Xiy. p a i t i s t a vmd
paiti dara, welche zur Beanstandung der einheimischen üeber¬
setzung geführt haben. Was pait ista betrifft, so bezieht es sich
auf das vorhergehende fraväza vazaiti (er führt vorwärts,
schaukelt) zurück imd soll dasselbe bedeuten wie das gewöhnlichere
paitistana, Fuss. Hiergegen lässt sich auch nichts einwenden,
beide Wörter verhalten sich wie skr. prati sh^hä imd pratish¬
thäna und bedeuten, wie diese mit welchen sie identisch sind,
Fussgestell, Fuss. P a i t i d a r a bezieht sich auf das vorhergehende
frapinaoiti') zuriick, das die einheimische Uebersetzung richtig übersetzt : ,giebt Müch , säugt* (cf. p i p y ü s h i und a p i y ü s h i),
man hat aber für paitidara die Bedeutung Brust bezweifelt, mit
Hinbhck auf die Etymologie und die 8teUe Yt. 6, 3, wo diese
Bedeutung nicht passt. Hier ist eine nähere Erörterung aller¬
dings nöthig, wir werden sie aber am besten an die zuletzt ge¬
nannte Stelle ansehliessen , welche lautet : nava eis mainyava
yazata aghva a9tvaiti paitidräm noit paitistäm vi-
d h e n t i. Ich übersetze jetzt , ähnhch wie Darmesteter , folgender¬
maassen: „nicht würde irgend einer der himmlischen Yazatas in
Bezug auf die bekörperte Welt Unterstützung imd Aufrechthaltung
vermögen*. Früher hatte ich paiti dräm mit „Abwehr*, paiti¬
stäm mit „Widerstand* übersetzen wollen. In meinem Conmien-
tare zu der St. habe ich gesagt : „In dem Worte paiti-dräm
sucht Edal den Begriff des in Acht Nehmens, in paitistäm, den
des Bestehens, und diese Fassung lässt sich vertheidigen, ich habe
indess die Bedeutung der Praep. paiti etwas mehr betont, wozu
die Bedeutung von paitistäiti das Recht giebt*. Dieser Grund
ist aber durchaus nicht stichhaltig, wir dürfen von der Tradition
nur abweichen , wo es nöthig ist , nicht wenn unsere subjective
Ansicht dies wünschenswerth macht, sonst laufen wir Gefahr, eine
Ansicht in den Text hinein zü interpretiren, an welche weder der
Verfasser desselben noch seine Leser gedacht haben ; aus diesem
Grunde berichtige ich jetzt meine frühere Uebersetzung in der oben
angegebenen Weise. Wenn nun p a i t i - d r ä Aufrechtbaltung, Unter¬
stützung bedeutet, so muss paiti-dara dieselbe Bedeutung haben,
denn dar und drä sind nur Spielarten derselben Wui-zel. Dem
eränischen paiti-dara steht nun zwar kein indisches prati dhar a
zur Seite, aber das indische Verbum prati-dhar bedeutet sowol
aufhalten als aufrecht erhalten. Wenn nun die einheimische Ueber¬
setzung unser paiti-dara mit Brust wiedergiebt, so übersetzt sie
zwar etwas frei, aber durchaus nicht unrichtig, denn die Erhaltung
eines neugebornen Kindes hat eben durch die Mütterbrust zu
geschehen.
Ueber die Bedeutung zweier Wörter, die im zweiten Capitel
des Vendidäd vorkommen und die schon mehrfach besprochen worden
sind, äussert sich Hr. H. p. 44. 182 und 185 seines Buches. Es
sind dies die Worte (jufra und astra; was der Verfasser über
das letztere Wort sagt, hat unseren Beifall, über das erstere sind
wir abweichender Meinung. Die älteste Tradition sagt uns, 9 ufr a
bedeute Etwas, das mit einem Loche versehen ist (Aixjl ^^ym),
mit einer so allgemeinen Angabe, die auf gar viele Dinge pa.sst,
war nicht viel zu machen , doch sah man, dass man das Wort auf
1) Ys. 19, 51 ist die nur von einem Codex bezeugte Lesart frapinaoiti falsch.
3 6 *
49S AtuuUgen,
eine Wurzel 9up, durchbohren (neup. ^vbt) zurückleiten müsse.
Die Annahine, dass 9ufra eine Ltuizo bedeute, scheitert an dem
Hodonken, da-ss das Suttix ra dem Worte eine active Bedeutung
giebt, man erwartet«» «her dio passive. Westergaard schlug die
Bedeutung ,1'flug" vor, di« sich an neup. ^gi_y^ anlehnte, aber hier
entsteht eiu otymologisches Bedenken: das Wort wird sawlt ge¬
sprochen , was eher auf eino Grundforni 9 a f r a sehliessen liesse.
Kndlich abor sind beide ErklUrungen dem Siune nach durchaus
nicht empfehlenswerth, es lILsst sich schlechterdings nicht sagen, was
der König Yüna mit der Lanze oder mit dem Pfluge nukchen solle.
Nachdem eiumal urmittelt war, dass dio neuere Tradition das Wort
durch ,lling" übersetzu, gesteht lief., nicht einzusehen, warum diese
Deutung noch bezweifolt vrird, welche übrigens schon Geigor (im
Glossani zu seiner Chrestomathie) angenommen hat. Zuerst: auf
9uf ra geht das np. JJiy^. foramen, auf eine Deniinutivforiu 9ufräka
(las np. .it.»«*, Loch, zurück, Nienmnd kaim auch bezweifeln, dass
O-^"'
die Benennung ,mit niiioiu Loche vursuhen* auf den King passl.
Die Bedeutuug passt vortroiTlich an allen Stellen: dem Yima sollen
die Emhlonio der Köuigshorrschaft ühorgobon worduu und dieso sind
dor Sidgolring und das Schwort. Vür don ll<if. sind dio lliit(ir-
siichungori übor diosos Wort hioriiiit abgosciilosson. Dassolbo gilt
natürlich iiiicli von dom Wort() astra, wir tindon os ganz richtig, diuss Ilr. II. IUI dor üborlioforton Bodoutung Schwort fosthlllt, sio ist die oinzigo für iinsoro St.ollo pikssondo. Boi don Indnni bodoutot das idontischo ash|.rä oinon Ochsniistiichul , iiiiin muss .sich abor hüten zu glaubon, dass dios dio urspriingliche Bodoutung des Wortes
soi. Boido Wörtor gehen viohnehr auf oin indogormtmischos a k t r 11
zuriick , dius „scharf, spitzig" bedoutot , von da ist daim divs Wort in boidon ari.schoii Sprachen in verschiedener Bedeutung aufgofksst
wordon. — Dioso Bonierkuugon worden, wio wir hoffen, hinreichen
um zu zoigoii , dass man kein Gesotz einer wissonschaftlichon Aus-
logiing zu vorlotzon braucht, wonn man dio oinhoiiiiische Erkläruug
iiiitor dio Hülfsmittel zum Verstilndnisso des Awostä aufnimmt und
ihr nobon dor Sprachvergleichung dio gobühroiido Stellung anweist.
F. SpiegoL
3 6*
Philosophische (ledichte des 'Abü-l'ahV M,a'arri.
Von A. von Kremor.
(Vgl. Bd. XXXI 8. 471 «.) 1.
- m f-O - »---'-uio 1.,' .
L\ja-L»fcJ! ^P>Vfl> fjJJÜ ^yti 'li ; >,-! r U lit
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sich giliiy.lich imtschlagiiii.
Dmi oiiiHii wiiigt in ScIiluiiiiiiDr dos Schicksals Macht, Williroiiil der uiidro daruh
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