Karlsruher Institut f¨ur Technologie Institut f¨ur Theorie der Kondensierten Materie Moderne Theoretische Physik III (Theorie F – Statistische Mechanik) SS 17
Prof. Dr. Alexander Mirlin Musterl¨osung: Blatt 7
PD Dr. Igor Gornyi, Janina Klier Besprechung: 09.06.2017
1. Besetsungszahlen in einem Fermi-Gas: (9+5=14 Punkte) Betrachten Sie ein Fermi-Gas im großkanonischen Ensemble. Die Teilchen sind unun- terscheidbar und unabh¨angig. Wir bezeichnen mitnλ die Zahl der Teilchen, die sich im Quantenzustand λ befinden.
Bemerkung (Grundlagen aus der Vorlesung):
In einem Fermi-Gas
nλ =
1, wennλbesetzt ist
0, wennλleer ist ⇒ nλ =n2λ. F¨ur die Einteilchen-Zust¨ande gilt:
H1|λi = λ|λi
wobei H1 der Hamiltonoperator eines Teilchens ist. Die Vielteilchen-Zust¨ande geben wir in der Besetzungszahldarstellung an:
|Ψi = |n1, n2, ..., nλ, ....i
wobei nλ angibt, wie viele Teilchen sich im Einteilchen-Zustand |λi befinden.
Damit ist dann sowohl die Gesamtenergie und als auch die Gesamtteilchenzahl eindeutig durch dienλ charakterisiert:
E({nλ}) = X
λ
λnλ N({nλ}) = X
λ
nλ.
Man kann dann die Zustandssumme im großkanonischen Ensemble wie folgt berechnen:
ZG= X
{nλ}
e−β[E({nλ})−µN({nλ})] = X
{nλ}
e−βPλnλ(λ−µ) = X
n1,n2,...
e−βn1(1−µ)e−βn2(2−µ) . . .
⇒ ZG = Y
λ
Zλ mit Zλ = X
nλ
e−βnλ(λ−µ).
F¨ur Fermionen kann nλ nur die Werte 0 oder 1 annehmen (Pauli-Prinzip), dann kann man Zλ einfach berechnen:
Zλ = 1
|{z}nλ=0
+e−β(λ−µ)
| {z }
nλ=1
.
Die großkanonische Zustandsfunktion lautet:
W({nλ}) = 1
ZGe−β(E({nλ})−µN({nλ}))
und gibt die Wahrscheinlichkeit an, das System in einem Zustand {nλ} zu finden. Weil Zustandsoperator und Zustandssumme faktorisieren, ist die Wahrscheinlichkeit, dass
|λi mit nλ Teilchen besetzt ist, gegeben durch:
W(nλ) = 1
Zλe−βnλ(λ−µ) (a) Beweisen Sie, dass hn2λi=hnλi und hnλ1nλ2i=hnλ1ihnλ2i.
L¨osung:
Die mittlere Besetzungszahl eines Zustands ist durch hnλi = 1
Zλ X
nλ
nλe−βnλ(λ−µ) = e−β(λ−µ)
Zλ = 1
eβ(λ−µ) + 1
gegeben. Wegennλ ={0,1}gilt bei Fermionenn2λ = nλund deswegen offensichtlich W(n2λ) = W(nλ). Damit folgt:
hn2λi = 1 Zλ
X
nλ
n2λe−βnλ(λ−µ) = e−β(λ−µ)
Zλ = 1
eβ(λ−µ) + 1, womit hnλi = hn2λigezeigt ist:
hn2λi=X
nλ
n2λWλ(nλ) =X
nλ
nλWλ(nλ) = hnλi
Nun untersuchen wir die Korrelation zweier Besetzungszahlen. F¨urλ1 6=λ2 gilt:
Wλ1λ2(nλ1λ2) = Wλ1(nλ1)Wλ2(nλ2), Wie oben berechnen wir wieder:
hnλ1nλ2i= 1 Zλ1
1 Zλ2
X
nλ1, nλ2
nλ1nλ2e−βnλ1(λ1−µ)e−βnλ2(λ2−µ)
= 1
Zλ1Zλ2e−β(λ1+λ2−2µ) = 1
(eβ(λ1−µ) + 1)(eβ(λ2−µ) + 1)
Dann benutzen wir das Ergebnis f¨urhnλi:
hnλ1ihnλ2i = 1
eβ(λ1−µ) + 1 · 1 eβ(λ2−µ) + 1 womit die Relation hnλ1nλ2i = hnλ1ihnλ2igezeigt ist.
hnλ1nλ2i= X
nλ1nλ2
nλ1nλ2Wλ1λ2(nλ1λ2) = X
nλ1nλ2
nλ1nλ2Wλ1(nλ1)Wλ2(nλ2)
=X
nλ1
nλ1Wλ1(nλ1)X
nλ2
nλ2Wλ2(nλ2) =hnλ1ihnλ2i.
Die Besetzungszahlen der Einteilchen-Niveaus in einem idealen Fermi-Gas sind also nicht korreliert.
(b) Zeigen Sie, dass f¨ur die Schwankung der Gesamtteilchenzahl (∆N)2 =hN2i − hNi2 (i) ∆N
hNi 6 1
phNi; (ii) ∆N
hNi →0 f¨urT →0 undhNi= konst.
L¨osung: F¨ur die Gesamtteilchenzahl gilt hNi=X
λ
hnλi,
hNi2 = X
λ
hnλi
!2
=X
λ
hnλi2+ X
λ16=λ2
hnλ1ihnλ2i,
hN2i=
* X
λ
nλ
!2+
=X
λ
hn2λi+ X
λ16=λ2
hnλ1nλ2i.
Mit den oben berechneten Relationen erhalten wir (∆N)2 ≡ hN2i − hNi2 =X
λ
hn2λi − hnλi2
=X
λ
hnλi[1− hnλi], deswegen
(∆N)2 =hNi −X
λ
hnλi2 6hNi.
Letztendlich
∆N 6p
hNi ⇒ ∆N
hNi 6 1 phNi. WennT = 0, dann hnλi= 0,1, deswegen
∆N(T = 0) = 0
und ∆N
hNi →0 f¨urT →0 undhNi= konst.
2. Prinzip der maximalen Entropie in einem Quantengas: (5+5+6=16 Punkte) In dieser Aufgabe wird die Entropie eines idealen Quantengas in einem beliebigen Zu- stand des Systems (der im Allgemeinen kein Gleichgewichtszustand ist) diskutiert. Da- bei soll gezeigt werden, dass die Bose- und Fermi-Verteilungsfunktionen aus dem Prinzip der maximalen Entropie abgeleitet werden k¨onnen.
Wir betrachten ein Quantengas aus N 1 nichtwechselwirkenden Bosonen oder Fer- mionen. Wir w¨ahlen ein Energie-Fenster ∆E, so dass ∆E klein im Vergleich zur Ge- samtenergie E des Systems ist. Dann kann man Einteilchen-Zust¨ande λ mit Energien j∆E < λ < (j + 1)∆E zur Gruppe j zusammenfassen. Jede Gruppe enth¨alt νj 1 Einteilchen-Zust¨ande, die vonNj 1 Teilchen besetzt werden. Die Entropie des makro- skopischen Zustands ist dann durch die Verteilung auf die einzelnen Gruppen gegeben:
S =kBX
j
ln [Γj(Nj)]
Hier ist Γj(Nj) die Anzahl der M¨oglichkeiten Nj Teilchen auf dieνj Zust¨ande in Grup- pe j zu verteilen.
(a) Berechnen Sie Γj(Nj) und die Entropie f¨ur Fermionen. Dr¨ucken Sie Ihr Ergebnis in Abh¨angigkeit vonνj und der mittleren Teilchenzahl der Gruppej,nj =Nj/νj, aus.
L¨osung:
Wir betrachten diej-te Gruppe von Zust¨anden. Das heißt, dass wir Nj Fermionen in νj Zust¨ande platzieren m¨ussen. Jeder Zustand kann nur durch ein Fermion be- setzt werden. Deshalb ist die Anzahl der M¨oglichkeiten die Fermionen zu platzieren gleich der Anzahl an M¨oglichkeiten Nj Zust¨ande aus denνj verf¨ugbaren Zust¨anden auszuw¨ahlen:
Γj(Nj) = νj!
Nj!(νj −Nj)!. (1) Wir k¨onnen daher die Entropie mit der asymtotischen N¨aherung
lnn!≈nlnn−n, n 1. (2)
schreiben als S=kBX
j
ln [Γj(Nj)]
=kBX
j
[νjlnνj−NjlnNj−(νj−Nj) ln(νj−Nj)−νj +Nj+ (νj −Nj)]
=kBX
j
[(νj−Nj +Nj) lnνj −NjlnNj−(νj−Nj) ln(νj −Nj)] =
=−kBX
j
NjlnNj νj
+ (νj−Nj) lnνj−Nj νj
=−kBX
j
νj[njlnnj+ (1−nj) ln(1−nj)]. (3) (b) Wiederholen Sie die Rechnung aus der Aufgabe (a) f¨ur Bosonen.
L¨osung:
Im Fall von Bosonen kann jeder Zustand maximalNj-fach besetzt sein. Die Anzahl der M¨oglichkeiten,Nj Bosonen in νj Zust¨ande zu verteilen ist identisch zur Anzahl der M¨oglichkeiten, Nj identische B¨alle in νj Boxen zu verteilen.
Das erste Element muss eine Box (Zustand) sein. Dann bleiben Nj +νj −1 Ele- mente, die in irgendeiner Weise angeordnet werden m¨ussen. Allerdings sind die Anordnungen identisch, die durch Permutation von Boxen oder durch Permutati- on von B¨allen ineinander ¨uberf¨uhrt werden k¨onnen, wir m¨ussen deshalb durch die Anzahl m¨oglicher Permutationen Nj! und (νj −1)! teilen. Damit
Γj(Nj) = (Nj+νj−1)!
Nj!(νj −1)! (4)
Wir berechnen die Entropie analog zur vorherigen Teilaufgabe. Das Ergebnis lautet S =X
j
νj[(1 +nj) ln(1 +nj)−njlnnj]. (5) (c) Bei festgehaltenen E und N benutzen Sie das Prinzip der maximalen Entropie im
Gleichgewicht um die Fermi- und Bose-Verteilungsfunktionen zu erhalten.
L¨osung:
Um die Fermi-und Bose-Statistik aus der Prinzip der maximalen Entropie herzulei- ten, beginnen wir mit
S=−kBX
j
νj[njlnnj + (1−nj) ln(1−nj)] (6) Wir halten die GesamtteilchenzahlP
jNj =νjnj und die GesamtenergieP
jEjνjnj
in unserem System fest und benutzen Lagrangemultipikatoren um diese Randbe- dingungen in Betracht zu ziehen, insbesondere m¨ussen wir
−kBX
j
νj[njlnnj + (1−nj) ln(1−nj)]−λNX
j
νjnj−λEX
j
νjEjnj. (7) maximieren. Ableiten nach nj f¨uhrt zu
−lnnj + ln(1−nj)−λN −EjλE = 0. (8) Die L¨osung
nj = 1
1 + exp (λN +EjλE) (9)
ist die Fermi-Verteilung mit der TemperaturT = 1/kBλE und chemischen Potential µ=−kBT λN.
Die Betrachtung der Bose-Verteilung ist komplett analog.
3. W¨armekapazit¨at des idealen Bose-Gases: (10 Punkte + 10 Bonuspunkte) Betrachten Sie ein ideales Bose-Gas aus spinlosen Teilchen in DDimensionen mit che- mischem Potential µ= 0.
(a) Bestimmen Sie das Temperaturverhalten der W¨armekapazit¨at cV f¨ur die Dispersi- onsrelation des Teilchens
ε~p =ε0· p
p0 α
, α >0
mit ε0, p0 Konstanten und p= |~p|. Die explizite Berechnung des T-unabh¨angigen Koeffizienten ist nicht gefordert.
L¨osung
Innere Energie:
U
V = 1 (2π~)D
Z
dDp ε~p
eβε~p−1 = ε0pD0 (2π~)DσD
Z
dq qD−1+α
exp (βε0qα)−1 (10) wobeiq =p/p0 und σD die Oberfl¨ache einerD-dimensionalen Einheitskugel ist.
Wir substituieren:
z = (βε0)1/αq, q=z kBT
ε0 1/α
U
V = ε0pD0 (2π~)DσD
kBT ε0
D+αα Z
dzzD+α−1 ezα −1
| {z }
AD,α
(11)
wobeiAD,α ein T-unabh¨angigen Koeffizient ist. Damit folgt:
cV = ∂U
∂T
V
= D+α
α σDAD,α ε0pD0 (2π~)D
1 T
kBT ε0
D+αα
∝TDα. (12) (b) 10 Bonuspunkte:
Betrachten Sie nun die Dispersionsrelation ε~p = ∆ + A
2p20 p2−p202
,
wobei p0,A und ∆Ap20 Konstanten seien. Bestimmen Sie das f¨uhrende Tempe- raturverhalten der W¨armekapazit¨atcV sowohl f¨urkBT ∆ und ∆kBT Ap20. L¨osung:
F¨urkBT ∆ ist die Energie im Prinzip unabh¨angig vom Impuls und daher k¨onnen wir n¨aherungsweise schreiben
ε~p = ∆ (13)
Die innere Energie vereinfacht sich zu U ∼ ∆
eβ∆−1 '∆e−kB T∆ (14) und die W¨armekapazit¨at ist ebenfalls exponentiell klein.
Die L¨osung ist interessanter f¨ur kBT ∆. Zur Vereinfachung in diesem Bereich setzen wir ∆ = 0. Die niedrigste Energie ist nicht (wie im vorherigen Problem) bei p= 0, sondern f¨ur Impulse auf der Kugel |~p|=p0. Wir entwickeln die Impulse um diese Kugel und schreiben mit ~q=~p−p0~p/p:
U
V ∼ 1
(2π~)D Z
dq (q−p0)D−1 Aq2 exp (βAq2)−1 ' pD−10
(2π~)D Z
dq Aq2
exp (βAq2)−1. (15)
Im letzten Schritt haben wir benutzt, dass kBT Ap20. Dies impliziert, dass die relevanten Impulse des Integrals q p0 befolgen. Das erhaltene Ergebnis ist (f¨ur alle Dimensionen) gleich dem Ergebnis aus 3(a) mitD= 1 und α= 2. Wir k¨onnen daher einfach dieses Resultat benutzen, welches lautet
U ∝T3/2 (16)
und
cV ∝T1/2. (17)
Systeme mit einer erweiterten (D−1)-dimensionalen Manifaltigkeit der niederener- getischen Anregungen verhalten sich effektiv wie ein ein-dimensionales System.