Statistische Mechanik, SS21: ¨ Ubung 4
Abgabefrist: Mi., 12. Mai 2021, 8:00 a.m.
Besprechung: Fr., 14. Mai 2021
Bsp. 1: Schwankung der Besetzungszahlen im Quantengas
6 Punkte (a) Leiten Sie
(∆nj)2 =−kT ∂ nj
∂εj (1)
f¨ur die Schwankung∆nj der Besetzungszahlennj eines idealen Quantengases ab. Dabei steht j = (~p, sz) f¨ur die Quantenzahlen eines Einteilchenzustands.
L¨osung. Die Definition der Schwankung ∆nj lautet
(∆nj)2 =n2j −nj2. (2) Zur Berechnung der Erwartungswerte ben¨otigen wir die Großkanonische Zustandssumme
Y =X
r
e−β(Er−µNr) (3)
wobei r ein Index f¨ur Mikrozust¨ande ist. In diesem Fall es durch die Besetzungszahlen der einzelnen Zust¨ande gegebenr ={nj}={n1, n2, . . . , nj, . . .}. Es gilt
Nr =X
j
nj Er =X
j
jnj nj =
(0,1 f¨ur Fermionen
0,1,2, . . . f¨ur Bosonen (4) und wir erhalten
Y =X
r
e−β(1−µ)n1e−β(2−µ)n2. . . e−β(j−µ)nj. . . (5)
=X
n1
e−β(1−µ)n1X
n2
e−β(2−µ)n2· · ·X
nj
e−β(j−µ)nj. . . (6) Das bedeutet f¨ur den Erwartungswert
nj =X
r
Prnj = 1 Y
X
r
e−β(Er−µNr)nj (7)
= 1 Y
X
n1
e−β(1−µ)n1· · ·X
nj
nje−β(j−µ)nj· · ·=−1 Y
∂Y
∂(βj). (8)
n2j =X
r
Prn2j = 1 Y
X
n1
e−β(1−µ)n1· · ·X
nj
n2je−β(j−µ)nj. . . (9)
∂ nj
∂j = 1 Y
X
n1
e−β(1−µ)n1· · ·X
nj
(−βnj)nje−β(j−µ)nj. . . (10) +
∂
∂j 1 Y
X
n1
e−β(1−µ)n1· · ·X
nj
nje−β(j−µ)nj. . . (11)
=−βn2j − 1 Y2
∂Y
∂j X
n1
e−β(1−µ)n1· · ·X
nj
nje−β(j−µ)nj. . . (12)
=−βn2j +βnj2
(13)
⇒(∆nj)2 =n2j −nj2 =−1 β
∂nj
∂j =−kT∂nj
∂j (14)
(b) Bestimmen Sie die relative Schwankung (∆nj)2/nj2 f¨ur ein Fermi- und ein Bosegas.
L¨osung. Bekanntermaßen ist der Erwartungswert der Besetzungszahl f¨ur das Fermi- (Bose-)Gas durch die Fermi-(Bose-)Funktion gegeben
nj = 1
eβ(j−µ)±1 (15)
Unter Verwendung der Relation aus Teil (a) ergibt sich (∆nj)2 =− ∂nj
∂βj = eβ(j−µ)
(eβ(j−µ)±1)2 (16)
= eβ(j−µ)±1
(eβ(j−µ)±1)2 ∓ 1
(eβ(j−µ)±1)2 =nj ∓nj2. (17) Also gilt
⇒ (∆nj)2 nj2 = 1
nj ∓1 (18)
mit − f¨ur Fermionen,+ f¨ur Bosonen
Bsp. 2: Einstein-Modell
6 Punkte (a) Berechnen Sie die spezifische W¨arme von Gitterschwingungen mit dem Ansatz zE(ω) = δ(ω−ωE) f¨ur das Frequenzspektrum. Mit einer geeignet gew¨ahlten Frequenz ωE liefert dieses Einstein-Modell eine N¨aherung f¨ur den Beitrag der optischen Phononen.
L¨osung. F¨ur die spezifische W¨arme berechnen wir zun¨achst die Innere Energie.
E(T, V) =Er =E0(V) +X
m,~k
kn¯~k,m=E0(V) + 3N Z ∞
0
dω z(ω)knk,m (19)
Dabei ist ~k der Wellenvektor der Eigenschwingung. Der Index m = 1,2,3 bezeichnet die Polarisationen. Die Verteilungsfunktion h¨angt jedoch nur k = ¯hω(k), also nur vom Betrag von~k ab.
¯
n~k,m= ¯nk = 1
eβk −1 (20)
Mit dem gegebenen Ansatz z(ω) = δ(ω−ωE) ergibt sich E(T, V) = E0(V) + 3N hω¯ E
eβ¯hωE . (21)
Die spezifische W¨arme erhalten wir indem wir nach der Temperatur ableiten.
CV = ∂E(T, V)
∂T = ∂β
∂T
∂E(β, V)
∂β (22)
=−kβ2 3N¯hωE
(eβ¯hωE −1)2(−¯hωE)eβ¯hωE (23)
= 3N k(β¯hωE)2 1
(eβ¯hωE/2−e−β¯hωE/2)2 (24)
= 3
4N k (β¯hωE)2
sinh2(β¯hωE/2) (25)
(b) F¨ur einen NaCl-Kristall (mit je N Natrium- und Chlor-Atomen) kann das Phononenspek- trum durch
z(ω) = zD(ω) +δ(ω−2ωD)
angen¨ahert werden, also durch ein Debye-Spektrum f¨ur die akustischen Phononen und einen Einstein-Term f¨ur die optischen Phononen. Berechnen Sie die spezifische W¨arme f¨ur tiefe und f¨ur hohe Temperaturen.
L¨osung. Die innere Energie l¨asst sich in optischen und akustischen Anteil zerlegen.
E(T, V) = Eopt+Eak ⇒CV =CV,opt+CV,ak (26) Den optischen Anteil haben wir in Teil (a) bereits berechnet.
CV,opt = 3N k x2D
sinh2(xD) (27)
mit ωE = ωD and xD = β¯hωD. F¨ur den akustischen Teil ist z(ω) = 3ωω32
Dθ(ωD −ω).
Damit ist
Eak =E0(V) +qN Z ωD
0
dωω2
ω3D¯hω 1
eβ¯hω−1 (28)
=E0(V) + qN ωD3
1 (β¯h)4¯h
Z xD(β)
0
dx x3
ex−1 (29)
=E0(V) +qNkT T
TD
3Z xD(β)
0
dx x3
ex−1. (30)
• Bei niedrigen Temperaturen, xD 1, wird das Integral unabh¨angig von physikalis- chen Gr¨oßen.
Z xD(β)
0
dx x3 ex−1 ≈
Z ∞
0
dx x3
ex−1 = π4
15 (31)
F¨ur die spezifische W¨arme ergibt sich dann CV,ak xD≈1 ∂
∂T
"
qNkT T
TD 3
π4 15
#
= 12π4 5 N k
T TD
3
. (32)
Insgesamt erhalten wir
CV =CV,opt+CV,ak xD≈1 3N k
x2D
sinh2(xD) +4 5
1 x3D
. (33)
Der erste der beiden Term ist exponentiell unterdr¨uckt, der zweite Term dominiert f¨ur große xD.
CV xD≈1CV,ak ≈ 12π4 5 N k
T TD
3
(34)
• Bei hohen Temperaturen, xD 1 und dementsprechend x 1, k¨onnen wir eine Taylor-N¨aherung verwenden.
Z xD
0
dx x3 ex−1 ≈
Z xD
0
dx x3
x+ x22 −x63 (35)
≈ Z xD
0
dxx2(1− x 2 +x2
12) (36)
= x3D 3
1− 3xD 8 + 1
20x2D
(37) Das bedeutet f¨ur die spezifische W¨arme
CV,ak xD≈1 ∂
∂T
"
qNkT T
TD 3
1 3
TD T
3
1− 3 8
TD T + 1
20 TD
T
2!#
(38)
= 3N k 1− 1 20
TD
T 2!
. (39)
Machen wir die gleiche N¨aherung f¨ur den optischen Anteil CV,opt = 3N k x2D
sinh2(xD)
xD1
≈ 3N k
1− x2D 3
(40) so erhalten wir insgesamt
CV xD≈1 3N k 1− 1 20
TD T
2
+ 1− 1 3
TD T
3!
(41)
= 6N k 1− 23 120
TD
T 2!
. (42)
Bsp. 3: Hawking-Strahlung
13 Punkte Ein Schwarzes Loch is ein Schwarzer K¨orper, daher emittiert es Schwarzk¨orperstrahlung, sogenannte Hawking-Strahlung. Ein Schwarzes Loch der Masse M hat eine Gesamtenergie vonM c2, eine Oberfl¨ache von4πr2s, wobei rs den Schwarzschild-Radius bezeichnet, und eine Temperatur von
T = hc3
16π2kBGM . (43)
(a) Sch¨atzen Sie die typische Wellenl¨ange der Hawking-Strahlung, die von einem Schwarzen Loch von einer Sonnenmasse (2×1030 kg) emittiert wird. Vergleichen Sie Ihre Antwort mit der Gr¨oße des Schwarzen Lochs.
L¨osung. Die verwendeten Werte sind
h = 6.63·10−34Js, M = 2·1030kg, k = 1.38·10−23 J
K, G= 6.674·10−11 m3 kg s2 c= 3·108 m
s , Einsetzen in die Formel ergibt
T = 1 16π2
6.63 ˙10−34Js 27·1024 JK
1.38.·10−23 JK6.674·10−11 kg sm32 2·1030kg (44)
= 6.15·10−2·10−6K (45)
≈6·10−8K (46)
Die typische Wellenl¨ange, also die bei der das Emissionsspektrum sein Maximum hat, l¨asst sich mit dem Wien’schen Gesetz berechnen.
hν = 2.82·kT ν= c
λ (47)
hν = 2.82·8.617·10−5 eV
K 6·10−8K = 1.46·10−11eV (48)
⇒λ= hc
2.82kT = 2π1.973·10−7eVm
1.46·10−11eV = 8.5·104m (49) Als Gr¨oße des Schwarzen Lochs verwenden wir den Schwarzschild-Radius rs= 2GMc2
T = hc3
16π2kGM = hc 8π2k
1
rs = 2π1.973·10−7 eVm 48π28.617·10−5 eVK
1
rs = 1.8·10−4km
rs (50)
⇒ rs
m = 1.8·10−4 K
T (51)
Bei einer Sonnenmasse
rs = 0.3·10−4+8m = 9000 m (52) λ
rs ≈28 (53)
(b) Berechnen Sie die Strahlungsleistung eines Schwarzen Lochs von einer Sonnenmasse. Wie viele Photonen werden dabei pro Sekunde emittiert?
L¨osung. Da es sich nach Aufgabenstellung um einen Schwarzen K¨orper handelt k¨onnen wir das Stefan-Boltzmann-Gesetz verwenden.
P =σAT4 (54)
wobei σ die Stefan-Boltzmann-Konstanten bezeichnet.
σ = 5.67·10−8 W
m2K4 (55)
Mit einer Kugeloberfl¨ache vonA= 4πrs2 ergibt sich P = 5.67·10−8 W
m2K4 4π(3·103m )2(6·10−8K )4 (56)
= 8.3·10−29W (57)
= 5.18·10−10 eV
s (58)
Typischerweise ist, wie wir aus Teil (a) wissen,hν= 1.46·10−11eVwas etwa 35 Photonen pro Sekunde entspricht.
(c) Stellen Sie sich ein Schwarzes Loch im leeren Raum vor, das Strahlung emittiert, jedoch Keine absorbiert. W¨ahrend es Energie verliert, sinkt die Masse des Schwarzen Loches; es ,,verdampft” sozusagen. Leiten Sie eine Differentialgleichung f¨ur die Masse des Schwarzen Loches als Funktion der Zeit her und l¨osen Sie diese, um einen Ausdruck f¨ur die Lebens- dauer in Abh¨angigkeit der anf¨anglichen Masse zu erhalten.
Hinweise:
- Die ¨Anderungsrate von M c2 enspricht der negativen Strahlungsleistung - Nehmen Sie an das Schwarze Loch ist bei t = 0 entstanden.
L¨osung. Nach Hinweis gilt
c2∂M
∂t =−σAT4. (59)
Es folgt
∂M
∂t =−1 c2
2π5k4 15h3c2
4π
2GM c2
2
hc3 16π2kGM
4
(60)
=−32 15
hc4 164π2G2
1
M2 (61)
=− 1 30720
hc4 π2G2
1
M2 ≡ − H
M2 (62)
wobei wir H die Hawking-Konstante nennen. Es gilt also
M2dM =−Hdt (63)
Durch integrieren ergibt sich mit der Anfangsmasse Mi Z 0
Mi
M2dM =− Z τ
0
Hdt . (64)
Wir erhalten die Formel f¨ur die Lebensdauer:
−Mi3
3 =−Hτ ⇒τ = Mi3
3H . (65)
(d) Berechnen Sie die Lebensdauer eines Schwarzen Lochs von einer Sonnenmasse und ver- gleichen Sie diese mit dem Alter des Universums, t0 ∼1010 Jahre.
L¨osung. F¨ur die Hawking-Konstante verwenden wir H = 1
30720 hc4
π2G2 = 4·1015 kg3
s . (66)
Bei einer Sonnenmasse erhalten wir f¨ur die Lebensdauer τ = (2·1030kg )3
12·1015kg3 s = 0.67·1075s . (67) Das ist deutlich l¨anger als das Alter des Universums.
(e) Angenommen ein Schwarzes Loch, das fr¨uh in der Geschichte des Universums entstanden ist, verdampft heute. Was war seine anf¨angliche Masse? Die gr¨oßte Teil der Strahlung, die das Schwarze Loch w¨ahrend seiner Lebensdauer emittiert, wird in der Anfangszeit emittiert. In welchem Teil des elektromagnetischen Spektrums f¨allt diese Strahlung?
L¨osung. Um die Anfangsmasse zu berechnen m¨ussen wir lediglich die Formel aus dem vorherigen Aufgabenteil umstellen.
Mi = (3Hτ)13 = (3·4·1015·1010·π·107)13 kg = 1.6·1011kg (68)
hν = 2.82kT T = hc3
16π2kGM (69)
hνi = 1.46·10−11eV 2·1030
1.6·1011kg = 1.83·108eV = 0.18 GeV (70) Das liegt im Bereich der Gamma-Strahlung.