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Herrenhausen Lecture: "Freiheit und Demokratie durch Recht"

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VolkswagenStiftung Kastanienallee 35 30519 Hannover

www . volkswagenstiftung.de

Andreas Voßkuhle

Freiheit

und Demokratie durch Recht

Herrenhausen

Lectures

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Freiheit und Demokratie durch Recht

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Herrenhausen Lectures

Die Reihe »Herrenhausen Lectures«

dokumentiert herausragende Vorträge, die umfassend und allgemein verständlich den jeweili- gen Erkenntnis stand resümieren, den wissenschaftlichen wie gesell- schaftlichen Nutzen kritisch hinterfragen, Herausforderungen verdeutlichen sowie ideenreich die Chancen und Risiken künftiger Entwicklungen ausloten. Die

»Herren hausen Lectures« der VolkswagenStiftung sollen die akademische Debatte substanziell bereichern und zugleich dem Transfer von Wissen in die Gesell- schaft dienen.

Das stilisierte Auditorium repräsentiert den Vortragsort in Schloss Herrenhausen.

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Professor Dr. Andreas Voßkuhle

Präsident des Bundesverfassungsgerichts

Freiheit

und Demokratie durch Recht

Festansprache aus Anlass der Eröffnung von Schloss Herrenhausen

am 18. Januar 2013 in Hannover

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Herrenhausen

Lectures Vorwort

M

it der feierlichen Eröffnung des wiederaufgebauten Schlosses in Herrenhausen am 18. Januar 2013 wurde eine Lücke geschlossen, die der Bombenkrieg 1943 gerissen hatte. Nach fast 70 Jahren bilden Schloss, Galerie und Orangerie heute wieder jenes eindrucksvolle Gebäu- de-Ensemble, das den Welfen einst als Sommerresidenz gedient hat.

Hinter den klassizistisch rekonstruierten Fassaden überrascht das Schloss seine Besucherinnen und Besucher mit einer modernen Archi- tektur und Nutzung. Doch auch im betont zeitgenössischen Ambiente ist der historische »Geist von Herrenhausen« aufs Neue spürbar gewor- den: So wird im Museumsbereich die Epoche der Kurfürstin Sophie wie- derbelebt, die im Barock den weltberühmten Großen Garten schuf. Und in das Tagungszentrum nebenan ist der gelehrte Disput zurückgekehrt, der vom Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz an diesem histori- schen Ort geprägt wurde.

Hierher, ins Auditorium und in den Festsaal, wird die Volkswagen- Stiftung fortan international führende Forscherinnen und Forscher ein- laden, um einen kreativen Diskurs zu inspirieren, aber auch die interes- sierte Öffentlichkeit für aktuelle wissenschaftliche Fragestellungen und die Bewältigung neuer gesellschaftlicher Herausforderungen zu begeis- tern. Mit einer Fülle solcher Veranstaltungen möchte die Stiftung am Ort ihres Sitzes präsent sein und dazu beitragen, den Ruf Hannovers als Wis- senschaftsstandort international zu verbreiten.

Kritisch über Wissenschaft reflektieren, den gesellschaftlichen Nut- zen der eigenen Forschung darstellen, mit konkreten Vorschlägen die Zukunft der Wissenschaft mitgestalten – das sind anspruchsvolle Ziele, denen wir uns mit Formaten wie den »Herrenhäuser Konferenzen« ver-

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5 gelegt wird, sollen diese Ziele unterstützen: über Wissenschaft zu reflek-

tieren und Wissen in die Öffentlichkeit zu vermitteln.

Dass die Rede von Professor Voßkuhle zur Eröffnung des Schlosses gleichzeitig den Auftakt für diese Reihe bildet, ist eine glückliche Fügung.

Es ist keine girlandenflechtende Feiertagsrede, sondern sie zielt gerade- wegs auf die Grundprinzipien unserer politischen Verfassung und be- sticht durch ihre profunde Analyse, argumentative Kraft und allgemeine Verständlichkeit. So entspricht diese Rede auf ideale Weise dem, was wir bereits den »Geist von Herrenhausen« nannten: den gescheiten Disput gelehrter Persönlichkeiten, die ihre Forschung auch als Arbeit am Wohl der Menschheit verstehen – ganz im Leibnizschen Sinne.

Wir freuen uns auf noch viele erkenntnisreiche Sternstunden im Schloss Herrenhausen – und die Fortsetzung dieser kleinen Reihe.

Wilhelm Krull

Generalsekretär der VolkswagenStiftung

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7

I. Recht – ein notwendiges Übel?

N

iemand lässt sich gern Vorschriften machen. Gesetze, Verordnun- gen, Regelwerke erscheinen uns als ein Netz, in dem man sich nur allzu leicht verfangen kann. Ein solches Bild vom Recht wirkt nach, wenn dem Gesetzgeber reflexhaft das Attribut »regelungswütig« zugeschrie- ben wird. Es steht im Hintergrund, wenn Verwaltungen als bornierte Bürokratien porträtiert werden, und es motiviert jene Stimmen in der Politik, die sich Interventionen der Rechtsprechung unter Verweis auf deren vermeintlich »große Unkenntnis« und daraus resultierende »Fehl- einschätzungen« verbitten.1

Es gibt einen antijuristischen Affekt. Dass einen Juristen diese popu- läre Wahrnehmung nicht kaltlassen kann, versteht sich von selbst. Aber selbstverständlich soll hier nicht das Problem einer Berufsgruppe ver- handelt werden, die mit dem Klischee hadert, vornehmlich in den Diszi- plinen »Bedenkentragen« und »Ausbremsen« zu brillieren. Das Problem ist grundsätzlicher. Denn wir kommen nicht umhin festzustellen, dass unsere persönlichen Lebensverhältnisse, unsere Arbeits-

und Wirtschaftswelten in einem beträchtlichen Ausmaß verrechtlicht sind.2 Oder anders gewendet: Recht zu formu- lieren und zu setzen und dadurch die Lebensumstände zu gestalten, gehört zu den zentralen Anliegen der Politik. Po- litisches Wollen strebt häufig danach, in Vorschriftenform gegossen zu werden. Das Verhältnis von Freiheit und Recht geht uns damit alle an.

Der angedeutete antijuristische Affekt relativiert sich in dem Moment, in dem man die freiheitsschützende Wir-

kung des Rechts in den Blick nimmt. Recht sichert Räume, in denen wir uns nach unserem Belieben verhalten können. Würde es fehlen, wäre

Recht

sIcheRt

Räume…

es FungIeRt

als

BaRRIeRe,

s c h R a n k e ,

gRenzlInIe .

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Herrenhausen

Lectures

jedermann der unvermittelten Willkür des Stärkeren, Schlaueren und Skrupelloseren unterworfen; das ist offensichtlich keine attraktive Vor- stellung. Das Recht steckt individuelle Freiheitsräume ab, die von allen zu respektieren sind. Es fungiert als Barriere, Schranke und Grenzlinie.

Ein so verstandener Schutz »natürlicher Freiheit«3 durch Recht steht wohl im Zentrum des Bildes, das man sich im gedanklich ersten Zugriff von der Welt des Juristischen macht. Man denke etwa an das weitverbreite- te stereotype Bild, das die Tätigkeit der Richterin und des Richters ohne Weiteres mit der des Strafrichters gleichsetzt. Denn gerade das Straf- recht gibt ein ganz naheliegendes Regelungsmodell ab, wenn es darum geht, eigene Freiheitsausübung vor fremden Übergriffen zu schützen.4 Dass das akademische Fach der Rechtstheorie seine Argumente gern mit dem Beispiel »Fahrzeuge im Park verboten!«5 illustriert, ist daneben zwar eine randständige Beobachtung. Es fügt sich aber durchaus in das hier gezeichnete Bild, dass sich von den ersten 100 Google-Treffern bei der Suche nach der Wendung »No vehicles in the park!« jeder einzelne mit Rechtslehre und nicht ein einziger mit einer konkreten Grün fläche befasst.

»no VehIcles

In the paRk!«

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9

II. Freiheitsermöglichung als Funktion des Rechts

D

iese »Stoppschild-Sicht« auf das Recht, bei der die Einschränkung von Verhaltensmöglichkeiten durch Gebote und Verbote in das Zen- trum der Aufmerksamkeit rückt, soll im Folgenden um eine andere Per- spektive ergänzt werden: Wir wollen deshalb die freiheitsermöglichende Funktion von Recht in den Blick nehmen.

Sich diesem Thema zu widmen, liegt an diesem Ort besonders nahe.

Das wiederaufgebaute Schloss Herrenhausen regt dazu an, über das Möglichmachen von Freiheit nachzudenken. Hier wird vor allem eines handgreiflich und anschaulich: Die VolkswagenStiftung unternimmt es wie keine andere private Institution in der Bundesrepublik Deutsch- land, für die Forschung Freiräume zu schaffen. Rund 30 000 Förderbe- willigungen, für die sie vier Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat, sprechen eine deutliche Sprache.6 Heute hebt die Volks wagenStiftung mit dem Herrenhäuser Schloss ein Forum für den wissenschaftlichen Diskurs aus der Taufe. Forscherinnen und Forscher werden hier gemein- sam neue Themen bereiche erschließen, interdisziplinär

diskutieren und sich vernetzen. Stiftungsengagement manifestiert sich so in einer besonders sinnfälligen Art und Weise.

Gleichzeitig gibt dieses Forum den Anstoß dafür, das Blickfeld zu weiten und die Aufmerksamkeit nicht nur

auf die architektonischen, sondern auch auf die immateriellen Voraus- setzungen der Freiheit zu richten. Dabei soll dem Phänomen der recht- lich ermöglichten Freiheit besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden. Die paradox anmutende Kon stellation einer Freiheitsermöglichung durch

DIe

ImmateRIellen

VoRaussetzungen

DeR

FReIheIt…

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Herrenhausen

Lectures

Recht soll dafür im Folgenden zunächst in einen erweiterten Kontext gesetzt werden; wir werden uns der Thematik über einen Umweg, ge- wissermaßen als Flaneure nähern. Im Anschluss daran wird die Ermög- lichungsfunktion des Rechts anhand eines Beispiels illustriert. Dazu soll, dem Anlass entsprechend, das Möglichmachen wissenschaftlicher Frei- heit durch Recht in den Mittelpunkt des Interesses gerückt werden.

Wer ein enges Band flicht zwischen Freiheit und Ordnung, läuft Ge- fahr, der Erstarrung das Wort zu reden7: Dann hat er die Zuhörerinnen und Zuhörer unversehens in die Hallen von Andersens Eispalast ge- führt. Zwar preist die Hausherrin dessen kristalline Strenge als brillan- ten »Spiegel des Verstandes«, des »einzige[n] und beste[n] in der Welt«

sogar. Tatsächlich aber hat es einen hier doch an einen trostlosen Ort verschlagen, »leer, eisig, kalt und glänzend«8. Keine Darstellung, die sich der Freiheitsermöglichung durch Recht widmet, soll- te deshalb mit Zustimmung rechnen können, wenn sie von den Entstehungsbedingungen dieser recht- lichen Ordnung absieht. Deshalb muss zum Schluss dieses Vortrags von der Demokratie die Rede sein.9 WeR eIn

enges

BanD FlIcht

zWIschen FReI- heIt unD

oRDnung,

läuFt geFah R, DeR

eRstaRRung

Das WoRt zu ReDen.

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11

III. Freiheit durch Regeln, Freiheit durch Recht

B

estimmte Freiheiten werden durch Rechtsvorschriften überhaupt erst ermöglicht. Es scheint, zurückhaltend formuliert, nicht gerade so, als wohnte diesem Satz ein überschwängliches Freiheitspathos inne.

Er wirkt sogar ziemlich blutarm. Doch dieser erste Eindruck täuscht. Um das deutlich zu machen, gehen wir den angekündigten Umweg und wer- fen dabei einen Blick auf zwei Ausdrucksformen des menschlichen Le- bens, die man gemeinhin nicht mit Anämie assoziiert: Wir werden Spiel und Kunst betrachten, bevor wir auf das Recht zu sprechen kommen.

1. spiel und kunst als regelabhängige Freiheitsbetätigungen

a) Stellen wir uns zwei Schachanfänger vor. Wenn sie gegeneinander spielen, sind sie eventuell unsicher, ob ein bestimmter Zug möglich – umstandslos können wir auch sagen: legal – ist. Setzt die Rochade vor- aus, dass König und Turm auf derselben Reihe stehen? Auf die Antwort werden die Spieler in dem Regelwerk der FIDE stoßen.10 Trotzdem verfehlt man das Wesentliche, wenn man die Regeln des Schachspiels als ein Kom- pendium für die Lösung eventueller Zweifels- und Streitfälle beschreibt.

Vielmehr schaffen diese Regeln überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass man seine Freizeit Schach spielend genießen kann.11 Gleichgültig, ob Tie-Break, Royal Flush oder passives Abseits – nicht ganz ohne Ver- wunderung muss man feststellen, dass erst Regeln jene menschliche Beschäftigung ermöglichen, die man dem »Ernst des Lebens« geradezu anti thetisch entgegenzusetzen pflegt.

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Herrenhausen

Lectures

b) Nirgendwo ist die Notwendigkeit, sich frei zu machen von den Zwän- gen des Normativen, so empathisch postuliert worden wie im Reich der Kunst. Die Barockwelt des Gottfried Wilhelm Leibniz ist untergegangen;

unwiederbringlich passé sind ihre Regelpoetik und die rigorose Rhetorik, die als Maßstab für gelungenes künstlerisches Schaffen herhalten soll- ten.12 Als autonomes Genie 13 gewinne der Künstler die Maßgaben seiner Kunst nicht aus Anweisungen, Vorschriften, Regeln, Beispielen, Vorbil- dern und Rezepten, sondern: aus sich selbst. Die Anzahl der Gewährsleu- te für diese Haltung ist unüberschaubar; zwei Hannoveranern wollen wir hier Gehör verschaffen. Die Willkür des Dichters lei- det kein Gesetz über sich, formuliert ein romantisch beseelter Friedrich Schlegel im 116. Athenäums-Fragment,14 und rund 120 Jahre später verkündet Kurt Schwitters, seine Kunst wolle sein »Befreiung von jeder Fessel« und es müsse »jedem Künst- ler gestattet sein, ein Bild etwa nur aus Löschblättern zusammenzu- setzen«15. Deutlich spürt man die genialistische Energie, die in solchen Unabhängigkeits erklärungen steckt. Gleichwohl: Wer den Schlusspunkt bereits nach elf Zeilen setzt oder derer 13 benötigt, hat vielleicht ein schönes Gedicht geschrieben, aber eben kein Sonett zu Papier gebracht.

»In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister, // Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.«16

Solch marmorne Strenge nimmt sich – glücklicherweise – nicht jede Kunst zum Maßstab. Immer aber weitet sich Kunst um eine zusätzliche Sinndimension dort, wo man sie zu einem Raster des Regelhaften in Be- ziehung setzen kann. Denn Innovation und Originalität, Devianz und Tabubruch sind erkenn- und deutbar allein vor dem Hintergrund der Normen und Konventionen, von denen sie sich abheben. Künstlerische Freiheit kommt als solche ohne Norm nicht aus.

» B e F R e I u n g Von jeDeR

Fessel «

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2. Recht schafft handlungsoptionen

Bei unserem kurzen Streifzug durch zwei Gefilde, die von den Provinzen des Rechts eher weit entfernt liegen, haben wir feststellen können: Das Vorhandensein von Regeln lässt nicht ohne Weiteres den Schluss zu auf eine Einschränkung von Freiheit und Entfaltungsmöglichkeiten. Diese Beobachtung erfasst ein heterogenes Spektrum ganz unterschiedlicher Phänomene. Für den Bereich des Juristischen lässt sich der Gedanke kla- rer konturieren und auf einen Begriff bringen. Wir können hier von einer Ermöglichungsfunktion des Rechts sprechen.17

Das Recht erlaubt es uns, stabile Erwartungen in Bezug auf das Ver- halten unserer Mitmenschen zu bilden.18 Wir brauchen nicht mit einem irgendwie beliebigen Verhalten zu rechnen oder bloße Mutmaßungen anzustellen, wie man etwa, in den bewölkten Himmel blickend, über die Regenwahrscheinlichkeit spekuliert. Wir können ein Verhalten vielmehr schon deshalb erwarten, weil es sich am Recht orientiert. Das gelingt, ob- wohl sich hinter diesem Satz theoretische Abgründe auftun, in der Praxis erstaunlich gut.19 Auf der Grundlage des Rechts ist es uns deshalb gelun- gen, soziale Koordinationsformen und Kommunikationsbeziehungen von einer eindrucksvollen Komplexität und Differenziert-

heit zu schaffen.20 Wir kennen kein dem Recht gleichwer- tiges Mittel, um uns die Welt des Normativen absichtsvoll einzurichten.

So stellt uns das Recht feste Organisations formen zur Verfügung, derer wir uns bedienen können, um unsere Ziele zu verwirklichen, und bei denen jedermann weiß,

woran er ist. Die GmbH ist keine Frucht der Natur, sondern ein Kind des Rechts, genauer: des »Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit be- schränkter Haftung«. Ihre Geburtsurkunde finden wir abgedruckt im Reichsgesetzblatt Nr. 24 des Jahres 1892. Für eine Vielzahl ganz alltäg- licher Rechtsgebilde lassen sich parallel verlaufende Überlegungen an-

Recht

eRlauBt staBIle

eRWaRtungen.

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Herrenhausen

Lectures

stellen. Wenn wir uns umschauen, stoßen wir etwa auf Eigentum, Ver- trag, Aktie oder Patent. In anderen Lebensbereichen geraten Ehe und Lebenspartnerschaft in den Blick oder beispielsweise der Verein und die öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft.21

Auch die Möglichkeit, sich moralisch zu verhalten, setzt nicht selten das Bestehen rechtlicher Arrangements voraus. Gertrude Lübbe-Wolff hat dies einmal am alltäglichen Beispiel der Mülltrennung veranschau- licht.22 Es wäre schlechterdings sinnlos, seinen Abfall zu sortieren, wenn sich dieses zweifelsohne umweltmoralische Verhalten nicht innerhalb eines Entsorgungssystems entfaltete, welches seinerseits durch Rechts- vorschriften überhaupt erst geschaffen wird. So ein System kann schon deshalb nicht durch Umweltmoral allein errichtet werden, weil im Zuge seiner Errichtung Entscheidungen getroffen werden müs- sen, die als solche moralisch indifferent sind.

Wir haben es hier nicht mit einer esoterischen Funktion des Rechts zu tun. Trotzdem tritt dessen Ermöglichungs- leistung regelmäßig in den Hintergrund. Das könnte daran liegen, dass wir das rechtliche Inventar der Welt gar nicht mehr als etwas Gemachtes begreifen. Seinen großen Auftritt hat das Recht erst im Rechtsstreit.23 Dass schon das Gericht selbst eine Schöpfung des Rechts ist, gerät da- bei nur allzu leicht aus dem Blick.

Das RechtlIche

InVentaR

DeR Welt

WIRD gaR nIcht mehR als etWas

gemachtes

BegRIFFen.

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IV. Wissenschaftliche Freiheit durch Recht

D

er hier im Allgemeinen skizzierte Gedanke, dass Recht Handlungs- spielräume erweitert und damit bestimmte Formen des Freiheits- gebrauchs überhaupt erst möglich macht, lässt sich auch im Besonderen aufzeigen. Die VolkswagenStiftung steckt in ihrer Satzung die Bereiche von »Wissenschaft und Technik«, von »Forschung und Lehre« als ihr Auf- gabenfeld ab.24 Wenden wir uns also dem Ausschnitt der Gesellschaft zu, deren Förderung und Pflege sich die VolkswagenStiftung widmet, und sprechen im Folgenden über Wissenschaft.

1. Wissenschaft als organisationsproblem

Wissenschaft vollzieht sich nicht allein in Einsam- keit und Freiheit, sondern auch: als Wissenschaftsbe- trieb.25 Die Spezielle Relativitätstheorie ist am Schreib- tisch eines »Technischen Experten Dritter Klasse« des Schweizer Patentamtes formuliert worden. Aber es versteht sich von selbst, dass diese Episode der Phy-

sikgeschichte nicht als Vorbild herhalten kann, wo eine geglückte Entfal- tung wissenschaftlicher Freiheit zu beschreiben ist. Auch Albert Einstein wurde beizeiten Universitätsprofessor.26 Macht man sich also klar, dass wissenschaftliche Freiheit erst auf dem Boden institutioneller Vorausset- zungen gedeiht, ist man schnell beim Recht.

Dass wissenschaftliche Freiheit auf rechtliche Arrangements angewie- sen ist, soll im Folgenden anhand zweier Beispiele verdeutlicht werden.

W I s s e n s c h a F t l I c h e

FReIheIt

geDeIht eRst auF

Dem BoDen

InstItutIonelleR

V o R a u s s e t z u n g e n .

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Herrenhausen

Lectures

a) Das erste Beispiel betrifft das Verhältnis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu den Hilfsmitteln, die sie für ihre Forschung benöti- gen. Die wissenschaftsbetreibenden Gentlemen und Gelehrten waren bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein regelmäßig die Eigentümer jener Gegenstände und Einrichtungen, die sie zum Zwecke der Welterkenntnis benutzten.27 Es waren ihre eigenen Privatbibliotheken, Kabinette, Labore, Sammlungen, Werkbänke und Instrumente, die als die materielle Grund- lage für ihre wissenschaftliche Tätigkeit dienten. Als die H.M.S. Beagle in den Morgenstunden des 2. Oktober 1836 den Hafen der englischen Stadt Falmouth erreicht, hat der junge Naturforscher Charles Darwin 1529 in Spiritus konservierte Arten und 3907 Pflanzen, Häute, Felle und Knochen gesammelt. Diese Sammelleidenschaft hat er mitnichten deshalb an den Tag gelegt, weil ihn die University of Cambridge damit beauftragt hatte, ihre eigene Sammlung zu ver- größern.28

Heute sind Forscherinnen und For- scher in einem nie gekannten Aus- maß darauf angewiesen, dass ihnen die sächlichen Mittel für die Durch- führung ihrer Forschungen – man ist beinahe geneigt zu sagen: ihre Be- triebsmittel – von anderer Seite zur Verfügung gestellt werden.29 Der Strukturwandel ist tiefgreifend. Ihn hat niemand mit derselben ein- drucksvollen Nüchternheit beschrieben wie jener »Ahn und Hausgott«30 der modernen Sozialwissenschaft, der am 7. November 1917 dazu an- setzt, die im Kunstsaal der Münchner Buchhandlung Steinicke versam- melten Zuhörer über die »Wissenschaft als Beruf« gründlich zu desillu- sionieren. Max Weber diagnostiziert in seinem so betitelten Vortrag den Tod der »alten Universitätsverfassung« und kann schließlich kühl und ein wenig maliziös feststellen: »Es tritt der gleiche Umstand ein wie überall:

auch In DeR

WIssenschaFt:

» DIe ›tRennung

Des aRBeIteRs Von Den

pRoDuktIonsmItteln‹.«

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17 Für die Naturwissenschaften, die Medizin und die Ingenieur-

wissenschaften ist diese Diagnose sofort einleuchtend. Große Forschungseinrichtungen32 machen die geschilderte Entwick- lung in einer besonders plastischen Weise erfahrbar. Doch auch Gesellschafts- und Geisteswissenschaften haben den Wandel

in die genannte Richtung vollzogen. Auch in ihnen setzt die Teilnahme am internationalen wissenschaftlichen Diskurs materielle Ressourcen in beachtlichem Umfang voraus.33 Zu nennen sind hier etwa die notwendi- ge Literatur oder der kostspielige Zugang zum Universum der journals oder zum globalisierten Konferenzbetrieb.

Jede Ressourcenknappheit ruft das Recht auf den Plan. Das geschieht nicht nur in der Form, dass Rechtsvorschriften selbst Verteilungen vor- nehmen. Zu denken ist eher an die Schaffung von institutionellen Arran- gements, die den rechtlichen Rahmen der notwendigen Verteilungsent- scheidungen konstituieren.34

b) Das zweite Beispiel, das die Angewiesenheit der Wissenschaft auf Re- gelwerke plausibel belegt, knüpft an das Phänomen der Interdisziplina- rität an. Die Art und Weise, nach der die Hervorbringung wissenschaftli- chen Wissens organisiert ist, verändert sich laufend.35 Eine einflussreiche Zeitdiagnose kartiert hier tiefe Zäsuren und stellt sich auf den Stand- punkt, dass man inzwischen sogar besser von einer Wissenschaft im

»mode two« sprechen sollte.36 Der praktisch folgenreiche Interdisziplina- ritätsdiskurs ist ein markanter Bestandteil der heutigen Wissenschafts- welt.37

Das Wissenschaftssystem wächst beständig.38 Diese Entwicklung be- günstigt eine zunehmende Binnendifferenzierung. Fächerkataloge, Stu- diengänge, Fachgesellschaften und akademische Zeitschriften – überall schreitet die Spezialisierung voran.39 »Wer soll noch das Ganze überse- hen, wer die Fäden des Zusammenhanges in der Hand behalten und sich zurechtfinden?«, fragt Hermann von Helmholtz in seiner Festansprache,

jeDe RessouRcenknappheIt

RuFt Das

Recht

auF Den plan.

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Herrenhausen

Lectures

die er 1862 beim Antritt des Prorektoratsamtes an der Universität Heidel- berg hält.40 Von Helmholtz war selbst Physiker, Mathematiker, Ingenieur, Physiologe und Philosoph41 – und verweist mit diesem Ausruf dennoch keineswegs auf sich selbst. Man wird nicht behaupten können, dass eine Antwort auf die von ihm formulierte Frage in den letzten 150 Jahren in greifbare Nähe gerückt wäre.

Heute spielt wissenschaftliches Wissen gesellschaftlich eine wich- tigere Rolle als jemals zuvor.42 Eine Gesellschaft, die sich selbst als Wis- sensgesellschaft versteht und beschreibt,43 trägt ihre Erwartungen und Hoffnungen mit einer neuen Selbstverständlichkeit an ihre Wissen-

schaftlerinnen und Wissenschaftler heran. Vom Wissen- schaftssystem erwartet man Antworten auf »Zukunfts- fragen der Gesellschaft«, wie die VolkswagenStiftung kurz nach der Jahrtausendwende eine ihrer Förderinitiativen konzis betitelt hatte.44

Indessen fallen die Probleme, zu deren Lösung wissen- schaftliches Wissen gesellschaftlich nachgefragt wird, nicht säuberlich in die Kompetenzbereiche je einzelner Disziplinen. Die menschengemachte Veränderung des Kli- mas, die permanente Revolution der Informationstechnik oder die Abmilderung der beschämenden globalen Un- gleichheit fordern intellektuelle Kraftanstrengungen von völlig unterschiedlichen Disziplinen.45 Auf der Ebene kleinerer, begrenz- terer und genauer umrissener Herausforderungen bietet sich kein hier- von grundsätzlich verschiedenes Bild. Um diese Situation zu bewältigen, erscheint interdis ziplinäre Zusammenarbeit als eine erfolgversprechen- de Strategie. Dabei geht es nicht darum, die Vielfalt der Wissenschaften einmal mehr auf verstiegene Einheitsideale und Systemphilosophien46 einzuschwören. Interdisziplinarität unternimmt den praktischen Ver- such, auf die Problembezogenheit wissenschaftlicher Fragestellungen

Vom WIssenschaFtssystem

eRWaRtet

man

antWoRten

auF »zukunFts-

FRagen

DeR

gesellschaFt «.

(20)

19 Ein konsentierter wissenschaftstheoretischer Entwurf des Ensembles

von Multi-, Pluri-, Trans- und Interdisziplinarität 47 lässt bisher auf sich warten. Vorerst ist das zu verschmerzen. Denn man kann bescheidener und damit zugleich erfolgversprechender ansetzen und es unternehmen, Forschung über die Grenzen von Disziplinen und Fakultäten hinweg zu organisieren. Ein wissenschaftstheoretisches Problem wird so überführt in ein Problem der akademischen Arbeitsteilung. Das Zusammenführen verschiedener Perspektiven und Methoden48 gelingt am besten dadurch, dass deren Vertreterinnen und Vertreter miteinander ins Gespräch tre- ten.49 Kommt so ein Gespräch in Gang, erhalten nicht nur Irritation und Inspiration ihre Chance. Auch Kontrolle wird möglich gemacht: Die dis- kursive Auseinandersetzung mit Vertretern anderer Fächer ist das beste Mittel, um Trivialisierungen und Überdehnungen des Erklärungsgehal- tes von wissenschaftlichem Importgut vorzubeugen.50

Ein herausgehobenes Beispiel dafür, wie eine solche interdisziplinäre Zusammenarbeit organisiert werden kann, gibt die Verbundforschung ab. Sie wurde spätestens im Rahmen der ersten sogenannten Exzellenz- initative zu einem Organisationsideal, das über den Kreis der Naturwis- senschaften und deren Anwendungswissenschaften hinaus Orientie- rung stiftet.51

2. »organisatorische maßnahmen« – auch ein Verfassungsgebot

Herausgefordert durch die geschilderten Organisationsprobleme wis- senschaftliche Freiheit zu verwirklichen, ist außerhalb rechtlicher Struk- turen unmöglich.52 Diesen Befund kann man übersetzen in die Sprache des Verfassungsrechts. Der Anknüpfungspunkt hierfür ist der Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes. In jener Lakonik, die für den Stil des Grund- gesetzes so charakteristisch ist,53 heißt es dort: Wissenschaft ist frei. Doch will die Verfassung die Wirklichkeit nicht beschreiben, sondern gestal-

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Herrenhausen

Lectures

ten. Deshalb ist die Bestimmung auch Versprechen und Auftrag: Wissen- schaft soll frei sein! Mit einer anderen Akzentsetzung,54 aber grundsätz- lich derselben Stoßrichtung55 formuliert das auch die Niedersächsische Verfassung, in deren Artikel 5 Absatz 1 es heißt: Das Land schützt und fördert die Wissenschaft.

Unter Verfassungsrechtlern ist man sich darin einig, dass sich dieser Auftrag nicht dadurch verwirklichen lässt, dass die Domäne der Wissen- schaft als ein gleichsam rechtsfreies Reservat gepflegt wird. Und weil die Verfassungsrechtslehre in Deutschland in einem international einzig- artig engen Austausch mit der Rechtspraxis steht,56 überrascht es nicht, dass man diese Feststellung auch in dem typischen Karlsruher »Sound«

ausgedrückt findet: »Der Staat [hat] durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass das Grundrecht der frei- en wissenschaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie dies unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiede- nen Beteiligten möglich ist«, heißt es in einem Urteil aus dem Jah- re 1973 57, auf das das Gericht seither in vielen weiteren Entschei- dungen Bezug genommen hat.58

3. maßstäbe für die rechtliche ausgestaltung

Die verfassungsrechtlich verbürgte Wissenschaftsfreiheit fordert dazu auf, das Arbeitsumfeld von Forscherinnen und Forschern in einer frei- heitsförderlichen Weise rechtlich zu verfassen. Es ist selbstverständlich lebhaft umstritten, welche konkreten Folgen sich aus einem Ziel erge- ben, das man in so blauen Höhen fixiert hat.59 Sicher ist nur, dass man Aus einander setzungen um die angemessene rechtliche Gestaltung der deutschen und europäischen60 Wissenschaftslandschaft nicht aus- DIe

BestImmung

Ist auch VeRspRechen unD auFtRag:

WIssenschaFt

soll

FReI seIn!

(22)

21 könnte. Zu vieles ist in Bewegung geraten und zur Disposition gestellt

worden. Ökonomisierung, Funktionalisierung und eine neue, mit durch- aus handfesten Folgen verbundene Exzellenz- und Elitenrhetorik haben die alteuropäischen Fundamente der Universität kräftig ins Wanken ge- bracht.61

Um in dieser Situation Maßstäbe und damit Halt zu finden, wird man nicht umhinkommen, auf die Frage nach dem Wozu von Wissenschaft eine Antwort zu suchen. Das heißt auch, dass man eine Idee braucht von jenen Einrichtungen, in denen die Wissenschaft zu Hause ist.62 Ohne Ge- schichtssinn, ohne Weltläufigkeit, ohne eine Vorstellung vom Funktionie- ren der Gesellschaft und den Herausforderungen der Zukunft ist so eine Idee nicht zu haben. Man sieht, dass es nicht gerade Probleme der Flie- gengewichtsklasse sind, mit denen man hier zu ringen hat.

Diesen Herausforderungen müssen sich selbstverständlich alle stel- len, die das Wissenschaftssystem mitgestalten, ferner diejenigen, die die- se Prozesse im öffentlichen Diskurs kritisch begleiten. Wer aus einer Kon- trollperspektive heraus den Abgleich der bestehenden institutionellen Arrangements mit den Freiheitsverbürgungen des Grundgesetzes vorzu- nehmen hat – dies ist die Perspektive des Bundesverfassungsgerichts –, betrachtet die Probleme zwar durch einen spezifisch verfassungsrechtli- chen Filter,63 aber auch er kann sie nicht völlig aus seinem Blickfeld ver- bannen.

Und schließlich kommt auch derjenige, der die Wissenschaften för- dert, ohne eine sinnstiftende Idee von Wissenschaft nicht aus. Eine solche Idee grundiert das konkrete Stiftungshandeln der VolkswagenStiftung etwa dort, wo sie ihre Förderstrategien formuliert, evaluiert und weiter- ent wickelt, oder dort, wo sie neue Förderfelder erschließt und so Akzen- te in der Wissenschaftslandschaft setzt. Die VolkswagenStiftung nimmt dadurch immer auch teil an dem vielstimmigen Diskurs über den Wert der Wissenschaft und ihrer Einrichtungen. Ihr ist zu wünschen, dass ihre Stimme in diesem Diskurs auch in Zukunft Gehör finden wird!

auch

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kommt ohne

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Von WIssenschaFt

nIcht aus.

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Herrenhausen

Lectures V. Recht und Demokratie

W

ir haben gesehen, dass das Recht für das Gelingen von Wissen- schaft heute konstitutiv ist. Die Frage nach der Freiheit ist damit aber noch nicht beantwortet. Fehlt hier nicht noch etwas, damit wir gu- ten Gewissens von Freiheitsermöglichung durch Recht sprechen können?

So verhält es sich tatsächlich. Wenn man ohne demokratischen Kom- pass unterwegs ist, führt einen der Satz, dass die Rechtsordnung Freiheit stifte, rasch in autoritäres Gelände.64 Dort findet man sich wieder in der Gesellschaft jener »Ordnungsmenschen«, vor denen der hier bereits zu Ehren gekommene Max Weber warnte.65 Der Gesellschaftstheoretiker, der wie kein anderer einen Sinn hatte für jene »stahlharten Gehäuse«66 der modernen Welt, die den Menschen zu umschließen drohen, attestier- te diesen Ordnungsmenschen abfällig, dass sie »Ordnung brauchen und nichts als Ordnung und … nervös und feige werden, wenn diese Ordnung einen Augenblick wankt, und hilflos, wenn sie aus ihrer ausschließlichen Angepaßtheit an diese Ordnung herausgerissen werden«.

Mit ihnen will man sich nicht gemein machen. Deshalb müssen wir die Entstehungsweise von Ordnung stets mitreflektieren, wenn wir sie auf ihre Freiheitspotentiale hin befragen. Es erweist sich, dass die Rechts- ordnung, die sich ein demokratisches Gemeinwesen gibt, dabei einen einzigartigen Platz einnimmt. Diese These ist in einem Dreischritt zu plausibilisieren.

1. gleiche Freiheit

Allein das Ideal der Demokratie bringt das wechselseitige Versprechen,

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23 druck.67 Deshalb können wir allein eine Rechtsordnung,

die sich ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen gibt, als das Ergebnis von Entscheidungen begreifen, die nicht über den eigenen Kopf hinweg getroffen wur- den. Undemokratische Ordnungen mögen Sicherheit und Wohlstand gewährleisten – auch wenn es damit in Wirklichkeit oft nicht allzu weit her ist –, aber diejeni- gen, die in ihnen das Sagen haben, bleiben schließlich doch immer »more equal than others«68.

2. Veränderungsoffenheit

Indem wir unsere Rechtsordnung auf demokratische Weise hervorbringen, erlauben wir ihr eine enorme Dynamik.69 Die Vorstellungen von der richtigen Gestal- tung des Gemeinwesens sind unstet und veränderlich.

Demokratie hat sich bisher als einzigartig responsiv er-

wiesen gegenüber dem Wandel solcher Vorstellungen. Mehr als 60 Jahre demokratische Praxis in der Bundesrepublik Deutschland belegen dies eindrucksvoll. Demokratisch geschaffenes Recht gilt immer nur bis auf Weiteres; es gilt vorbehaltlich anderer Entscheidung, besserer Erkennt- nis und moralischer Selbstkorrektur.70 In der Demokratie verwirklicht sich immer auch die Einsicht, dass dem Menschen eine vernünftige Einrich- tung der Welt nicht vorgegeben, sondern aufgegeben ist.71

Selbstverständlich ändern sich die verschiedenen Schichten der Rechtsordnung in unterschiedlichen Geschwindigkeiten.72 Der Inhalt un- serer Gesetzbücher und Verordnungsblätter wird vergleichsweise häufig umgestaltet. Das Grundgesetz ist für diese Veränderungen ein stabiles Fundament.73 Wo es Fragen der Staatsorganisation regelt, hat es sich selbst als recht beweglich erwiesen und ist auch schon mehrfach geän-

DemokRatIsch geschaFFenes Recht gIlt

ImmeR nuR

BIs auF WeIteRes;

es gIlt VoRBehaltlIch

anDeReR entscheIDung,

BesseReR

eRkenntnIs unD

moRalIscheR

selBstkoRRektuR.

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Herrenhausen

Lectures

dert worden74 – man denke hier etwa an die Föderalismusreformen. In den Grundrechten und den Staatsstrukturprinzipien sind Änderungen dagegen deutlich seltener zu verzeichnen, zum Teil wären sie auch gänz- lich unzulässig.75 Das kann nicht überraschen. In diesen Be stimmungen entfalten sich Vorstellungen von einer guten politischen Ordnung und vom Verhältnis zwischen Staat und Bürger, die man nicht geneigt ist, so einfach über Bord zu werfen, wenn der Wind einmal rauer weht.

3. Reflexivität

Demokratie braucht vor allem: Demokratinnen und Demokraten; sie ver- trägt weder Selbstüberhöhung noch Untertanengeist. Aber damit kann es nicht sein Bewenden haben. Man soll von der Demokratie auch träu- men dürfen, aber gelingen wird sie nicht im Schlaf.

Volksherrschaft ist formbedürftig. Mit dieser Beobachtung beginnt der dritte und letzte Schritt, um die Besonderheit der demokratisch ge-

schaffenen Rechtsordnung anschaulich zu machen. Demo- kratie kommt ohne rechtliche Organisation und Verfahren nicht aus. Erst das Recht ermöglicht die Demokratie.76 Der eigene Bekanntenkreis, alle Leserbriefschreiber und Blog- Kommentatoren können in einer Sache derselben Meinung sein – zum Volkswillen wird dieser erfühlte Konsens dadurch noch nicht. Volkswille aktualisiert sich erst in einem Verfah- ren, das die gleiche Freiheit aller Bürgerinnen und Bürger achtet.77 Auch »demokratische Revolutionen« werden demo- kratisch erst in dem Moment, in dem sie sich dieser Tatsache stellen.

Der Organisations- und Verfahrensabhängigkeit der Demokratie kön- nen wir nicht entkommen. Das vergisst etwa, wer für die direkte De- mokratie mit der Begründung eintritt, sie sei irgendwie unmittelbarer,

DeR oRganIsatIons- unD VeRFahRensaBhängIgkeIt DeR DemokRatIe

können WIR nIcht

entkommen.

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25 tive Schwester. Auch die direkte Demokratie muss komplizierte Verfah-

rensfragen beantworten:78 Wer stellt welche Fragen? Wann? Wem? Mit welchen Antwortmöglichkeiten? Welche Quoren gelten als »Ja« und als

»Nein«? Dass das Abstimmungsergebnis, das hier am Ende steht, den Volkswillen irgendwie natürlicher zum Ausdruck bringe als eine Wahl, wird man jedenfalls nicht behaupten können.79

Die Regeln demokratischer Willensbildung können ihrerseits demo- kratisch geändert werden. Dies ist eine Beobachtung, die man etwa bei jeder Novellierung des Wahlrechts machen kann. Wie die Mitglieder eines Gemeinwesens ihr Versprechen, einander gleiche Freiheit zuzu- gestehen, institutionell verwirklichen, bleibt ihnen selbst überlassen.

Diese Beobachtung zeigt uns zum Schluss des Vortrags die wohl faszinierendste Facette der Ermöglichungsfunktion des Rechts: Das Recht, das die Demokratie erst möglich macht, gibt sich diese selbst.

Das Recht ,

Das

DIe

DemokRatIe

eRst möglIch macht,

gIBt sIch

DIese selBst.

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Lectures VI. schluss

F

reiheit hängt von vielen Voraussetzungen ab. Deshalb kann man ihre Entfaltung auf ganz unterschiedliche Weisen befördern. Der Ort, des- sen Widmung für die Wissenschaften wir heute feiern, zeigt, was ein starkes Stiftungsengagement in diesem Zusammenhang bewirken kann.

Recht allein bedeutet noch nicht Freiheit, aber Freiheit ist ohne Recht nicht zu haben. Die hinter uns liegende Exkursion in die Welt der Regeln, Vorschriften und Normen hat versucht, diesen Umstand zu verdeutli- chen. Erscheint das Recht dadurch um eine bedeutende Facette reicher,

hat sie ihr Ziel erreicht.

Recht alleIn BeDeutet noch nIcht FReIheIt, aBeR FReIheIt Ist

ohne Recht nIcht zu haBen.

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Lectures anmerkungen

Für sehr wertvolle Unterstützung danke ich meinem wissenschaftlichen Mit arbeiter Johannes Gerberding.

1 Siehe etwa den Bericht von Joachim Jahn, Nervöse Politiker warnen Bundes- verfassungsgericht, faz.net vom 9. Juli 2012 (www.faz.net/-gqu-718sa, letzter Aufruf 14. April 2013).

2 Siehe die Skizze von Dieter Grimm, Normenflut – eindämmbar?, in: ders., Die Verfassung und die Politik. Einsprüche in Störfällen, München 2001, S.

151 ff.; Analyse der »wachsenden Komplexität des Rechtssystems« bei Franz Reimer, Das Parlamentsgesetz als Steuerungsmittel und Kontrollmaßstab, in: Wolfgang Hoffmann-Riem u. a. (Hg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 2. Aufl., München 2012, § 9 Randnummer 98 ff.; beispielreiche Unter- suchung einzelner Rechtsgebiete in Friedrich Kübler (Hg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, Frankfurt a. M. 1985; historischer Abriss des »Normenflut«-Diskurses bei Andreas von Arnauld, Rechtssicherheit.

Perspektivische Annäherungen an eine »idée directrice« des Rechts, Tübingen 2006, S. 205 ff.

3 Deren Möglichkeit braucht hier nicht erörtert zu werden (siehe dazu, in Aus- einandersetzung mit der Rechtsphilosophie Hegels, Gertrude Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte. Struktur und Reichweite der Eingriffs- dogmatik im Bereich staatlicher Leistungen, Baden-Baden 1985, S. 82 f.). In der Rechtswissenschaft greift man auf Vorstellungen einer »natürlichen Freiheit«

zurück, um spezifisch juristische Freiheitsschutzkonzepte zu entfalten, siehe etwa Wolfgang Cremer, Freiheitsgrundrechte. Funktionen und Strukturen, Tübingen 2003, S. 89 ff.; Ralf Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte. Reflexive Regelung rechtlich geordneter Freiheit, Tübingen 2003, S. 116 ff.; Josef Isensee, Was heißt Freiheit?, in: Utz Schliesky (Hg.), Die Freiheit des Menschen in Kom- mune, Staat und Europa. Festschrift für Edzard Schmidt-Jortzig, Heidelberg u. a. 2011, S. 269 (278 ff.). – Statt vom Schutz »natürlicher Freiheit« kann im

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29 schützenden Rechtsordnung mitgedacht wird und nicht die »natürliche Frei-

heit« etwa des Hobbes’schen Naturzustandes gemeint ist.

4 Siehe Dieter Grimm, Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum Thema Präven- tion, in: ders., Die Zukunft der Verfassung, Frankfurt a. M. 1991, S. 197 (212):

»Nahezu das gesamte Strafrecht und weite Teile des Privatrechts dienen dem Schutz individueller Freiheit vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen durch Dritte.«

5 Das Beispiel betrifft Fragen der Auslegung von Rechtstexten und geht zurück auf H. L. A. Hart, Positivism and the Separation of Law and Morals, in: ders., Essays in Jurisprudence and Philosophy, Oxford, UK, 1983 (Erstabdruck 1958), S. 21 (63 ff.), und prominent dann ders., The Concept of Law, 2. Aufl., Oxford, UK, 1994 (hrsgg. v. Joseph Raz / Penelope Bulloch), S. 125 ff. Als »example that has become legendary« wird es vorgestellt von Frederick Schauer, Thinking Like a Lawyer, Cambridge, Mass., USA, 2009, S. 19.

6 VolkswagenStiftung, Jahresbericht 2011, S. 66: »In den fünfzig Jahren ihrer Tätigkeit von 1962 bis zum Ende des Berichtsjahres 2011 hat die Volkswagen- Stiftung 29 960 Bewilligungen ausgesprochen. Für diese Vorhaben und Pro- jekte stellte sie in dem Zeitraum insgesamt über 3,9 Milliarden Euro zur Ver- fügung.«

7 Vgl. Andreas Anter, Die Macht der Ordnung, 2. Aufl., Tübingen 2007, S. 65 ff.

8 Hans Christian Andersen, Die Schneekönigin, in: H. C. Andersen’s Gesammelte Werke, Bd. 12 (Gesammelte Märchen, erster Theil), Leipzig 1847, S. 112 bzw.

S. 111.

9 So auch Adolf Arndt, Rechtsdenken in unserer Zeit, Tübingen 1955, S. 9.

10 Die Antwort lautet Ja (siehe Nr. 3.8 der FIDE Laws of Chess vom 1. Juli 2009).

Das theoretische Kuriosum der sog. Pam-Krabbé-Rochade, bei der Turm und König nicht auf der gleichen Reihe stehen, wurde durch eine Regeländerung im Jahre 1972 ausgeschlossen.

11 Das Schachspiel ist ein oft herangezogenes Beispiel bei der Untersuchung kon- stitutiver Regeln, siehe John R. Searle, Speech Acts. An Essay in the Philosophy of Language, Cambridge, UK, 1969, S. 33 ff.; H. L. A. Hart, Concept (Fn. 5), S. 98 f.;

Andrei Marmor, Social Conventions. From Language to Law, Princeton, NJ, USA, 2009, S. 160 ff.; Kathrin Glüer, Sprache und Regeln. Zur Normativität von Bedeu- tung, Berlin 1999, S. 160 ff.; im rechtswissenschaftlichen Kontext aufgegriffen etwa bei R. Poscher, Abwehrrechte (Fn. 3), S. 117.

12 Dirk von Petersdorff, Geschichte der deutschen Lyrik, München 2008, S. 22 ff.; vgl.

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Lectures

weiter Thomas Anz, Art. »Abweichung« in: Klaus Weimar u. a. (Hg.), Reallexikon der Deutschen Literaturwissenschaft, Bd. 1, 3. Aufl., Berlin u. a. 1997, S. 7 ff.

13 Vgl. Jochen Schmidt, Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750 – 1945, Bd. 1, 3. Aufl., Heidelberg 2004.

14 Friedrich Schlegel, Athenäums-Fragment 116, in: Kritische Friedrich-Schlegel- Ausgabe, 1. Abt., Bd. 2 (hrsgg. v. Hans Eichner), Paderborn u. a. 1958, S. 182 f.

15 Kurt Schwitters, Merz. Für den Ararat geschrieben, in: Das literarische Werk, Bd. 5: Manifeste und kritische Prosa (hrsgg. v. Friedhelm Lach), Köln 2004 (Erst- abdruck 1920), S. 77.

16 Johann Wolfgang von Goethe, Natur und Kunst, in: Gedichte (hrsgg. v. Erich Trunz), München 2007, S. 245.

17 In der Sache ist diese Ermöglichungsfunktion (oder Bereitstellungsfunktion) des Rechts allgemein anerkannt. Akzentuiert wird sie in jüngerer Zeit (für das Verwaltungshandeln) von Wolfgang Hoffmann-Riem, Tendenzen in der Ver- waltungsrechtsentwicklung, in: Die Öffentliche Verwaltung 1997, S. 433 (441), und in den Schriften von Gunnar Folke Schuppert: Verwaltungsrechtswissen- schaft als Steuerungswissenschaft. Zur Steuerung des Verwaltungshandelns durch Verwaltungsrecht, in: Wolfgang Hoffmann-Riem u. a. (Hg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundfragen, Baden-Baden 1993, S. 65 (96 ff.); ders., Verwaltungswissenschaft, Baden-Baden 2000, S. 148 f., 510 f.;

ders., Staatswissenschaft, Baden-Baden 2003, S. 433; vgl. ferner etwa Claudio Franzius, Technikermöglichungsrecht. Wechselbeziehungen zwischen Technik und Recht am Beispiel der Kommunikationstechnik, in: Die Verwaltung Bd. 43 (2001), S. 487 (491 ff.). Für die Zivilrechtswissenschaft vgl. Gregor Bachmann, Private Ordnung. Grundlagen ziviler Regelsetzung, Tübingen 2006, S. 379; Flo- rian Möslein, Dispositives Recht. Zwecke, Strukturen und Methoden, Tübingen 2011, S. 17 ff.

18 Viel rezipiert die Theoriebildung bei Niklas Luhmann: Rechtssoziologie, 4. Aufl., Wiesbaden 2008 (Erstveröffentlichung Reinbek 1972), S. 31 ff.; Die Funktion des Rechts: Erwartungssicherung oder Verhaltenssteuerung?, in: ders., Ausdifferen- zierung des Rechts. Beiträge zur Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Frankfurt a. M. 1984, S. 73 ff.; Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1993, S. 124 ff.

19 Zur Einführung in die Diskussion über Geltung und Wirksamkeit des Rechts siehe Thomas Raiser, Grundlagen der Rechtssoziologie, 6. Aufl., 2013, S. 239 ff.

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31 21 F. Möslein, Recht (Fn. 17), S. 17 ff.; G. Bachmann, Ordnung (Fn. 17), S. 75 f.; Gun-

nar Folke Schuppert, Skala der Rechtsformen für Religion. Vom privaten Zirkel zur Körperschaft des öffentlichen Rechts, in: Hans G. Kippenberg / Gunnar Folke Schuppert (Hg.), Die verrechtlichte Religion, Tübingen 2005, S. 11 (15 ff.).

22 Gertrude Lübbe-Wolff, Recht und Moral im Umweltschutz, Baden-Baden 1999, S. 40 f., im Anschluss an die Rechtsphilosophie Hegels siehe dies., Die Aktualität der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: Birgit Sandkaulen u. a. (Hg.), Gestalten des Bewußtseins. Genealogisches Denken im Kontext Hegels, Hamburg 2009, S. 328 ff.

23 Zur Konfliktbereinigungsfunktion des Rechts siehe nur Manfred Rehbinder, Rechtssoziologie, 7. Aufl., München 2009, S. 94 ff. Zu solchen Rechtsfunktions- diskursen siehe die Beiträge in Rüdiger Lautmann u. a., Die Funktion des Rechts in der modernen Gesellschaft. Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheo- rie, Bielefeld 1970.

24 Siehe § 2 – Stiftungszweck – der Satzung der VolkswagenStiftung in der ab 3. November 2009 geltenden Fassung. Einen Überblick über die Fördertätigkeit vermittelt die Förderchronik der Stiftung in: Impulse geben – 40 Jahre Volkswa- genStiftung, Göttingen 2002, S. 705 ff.

25 Überblick bei Justus Lentsch, Organisation der Wissenschaft, und Marc Torka, Neue Arbeitsweisen: Projekte und Vernetzungen, in: Sabina Maasen u. a. (Hg.), Handbuch Wissenschaftssoziologie, Wiesbaden 2012, S. 137 ff. bzw. S. 329 ff.

26 Albert Einstein war von 1902 bis 1909 als technischer Vorprüfer beim Eidge- nössischen Amt für geistiges Eigentum angestellt, 1909 wurde er außeror- dentlicher Professor an der Universität Zürich, 1911 Ordinarius an der Karl- Ferdinands-Universität Prag. Zum Werdegang Einsteins siehe Wilfried Kühn, Ideengeschichte der Physik. Eine Analyse der Entwicklung der Physik im histori- schen Kontext, Braunschweig u. a. 2001, S. 371.

27 Hans-Heinrich Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung. Das Wissenschaftsrecht als Recht kooperati- ver Verwaltungsvorgänge, Tübingen 1994, S. 176 ff.

28 Tim M. Berra, Charles Darwin. The Concise Story of an Extraordinary Man, Balti- more, MD, USA, 2009, S. 34 ff.

29 Das Bundesverfassungsgericht konstatierte 1973, es könne »ohne eine ge- eignete Organisation und ohne entsprechende finanzielle Mittel, über die im wesentlichen nur noch der Staat verfügt, heute in weiten Bereichen der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften, keine unabhängige

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Lectures

Forschung und wissenschaftliche Lehre mehr betrieben werden«, siehe Ent- scheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE), Bd. 35, Tübingen 1974, S. 79 (115). Derselbe Befund aus sozialtheoretischer Perspektive etwa bei Nico Stehr, Arbeit, Eigentum und Wissen. Zur Theorie von Wissensgesellschaften, Frankfurt a. M. 1994, S. 162.

30 Wilhelm Hennis, Max Webers Fragestellung. Studien zur Biographie des Werks, Tübingen 1987, S. 4.

31 Max Weber, Wissenschaft als Beruf, Max-Weber-Gesamtausgabe, Abt. 1, Bd. 17 (hrsgg. v. Wolfgang J. Mommsen u. a.), Tübingen 1992, S. 74. Zum äußeren Rah- men des Vortrags siehe ebd., S. 43 ff.

32 Zur Großforschung als eigenständigem Forschungstyp siehe H.-H. Trute, For- schung (Fn. 27), S. 107 ff.

33 Zur Pflege der »materiellen Basis der kulturellen Überlieferung« siehe Klaus- Dieter Lehmann, Infrastruktur für geisteswissenschaftliche Forschung: Kul- turgut und kulturwissenschaftliche Dokumentation, in: VolkswagenStiftung (Fn. 24), S. 345 ff.

34 Andreas Voßkuhle, »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst« – Das Prioritätsprinzip als antiquierter Verteilungsmodus einer modernen Rechtsordnung, in: Die Ver- waltung Bd. 32 (1999), S. 21 (23 f.).

35 Überblick bei Peter Weingart, Wissenschaftssoziologie, Bielefeld 2003, S. 134 f.;

zur Periodisierung ders., Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissen- schaft zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft, Weilers- wist 2001, S. 24 ff.; siehe weiter ders. u. a., Nachrichten aus der Wissensgesell- schaft. Analysen zur Veränderung der Wissenschaft, Weilerswist 2007; sowie die Beiträge in Gerd Bender (Hg.), Neue Formen der Wissenserzeugung, Frank- furt a. M. 2001.

36 Grundlegend Michael Gibbons u. a., The new production of knowledge. The dynamics of science and research in contemporary societies, London, UK, 1994, und – als Fortsetzung hierzu konzipiert – Helga Nowotny u. a., Re-Thinking Sci- ence. Knowledge and the Public in an Age of Uncertainty, Cambridge, UK, 2011.

37 Siehe Eric Hilgendorf, Bedingungen gelingender Interdisziplinarität – am Bei- spiel der Rechtswissenschaft, in: Juristenzeitung 2009, S. 913 (913 f.), sowie die Beiträge in Jürgen Kocka (Hg.), Interdisziplinarität. Praxis – Herausforderung – Ideologie, Frankfurt a. M. 1987; ferner Gerfried W. Hunold / Dorothee Beck-

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33 38 P. Weingart, Wissenschaftssoziologie (Fn. 35), S. 35 ff.; ders., Wahrheit (Fn. 35),

S. 87 ff.

39 Zur zunehmenden Spezialisierung und Binnendifferenzierung siehe Peter Weingart, Interdisziplinarität – Zwischen wissenschaftspolitischer Mode floskel und pragmatischem Förderkonzept, in: VolkswagenStiftung (Fn. 24), S. 159 (163 ff.); ders. u. a., Die sog. Geisteswissenschaften: Außenansichten. Die Ent- wicklung der Geisteswissenschaften in der BRD 1954 – 1987, Frankfurt a. M.

1991, S. 18 ff., 149 ff.

40 Hermann von Helmholtz, Reden und Vorträge, Bd. 1, Hamburg 2010 (Erst ver- öffent lichung Braunschweig 1884), S. 122.

41 Siehe die Kurzbiographie in Michael Ruoff, Hermann von Helmholtz, Paderborn 2008, S. 87 ff.

42 Frühe (szientistisch grundierte und optimistische) Zeitdiagnosen: Peter F.

Drucker, The Age of Discontinuity. Guidelines to Our Changing Society, New Brunswick, NJ, USA, 1992 (Erstveröffentlichung New York 1969); Daniel E. Bell, The Coming of Post-Industrial Society. A Venture in Social Forecasting, New York, NY, USA, 1973.

43 Der Begriff der Wissensgesellschaft ist schillernd, siehe Hubert Knoblauch, Wissens soziologie, Konstanz 2005, S. 255 ff., und die Beiträge in Anina Engel- hardt / Laura Kajetzke (Hg.), Handbuch Wissensgesellschaft. Theorien, Themen und Probleme, Bielefeld 2010, S. 21 ff., 53 ff.

44 Die Förderinitiative »Zukunftsfragen der Gesellschaft – Analyse, Beratung und Kommunikation zwischen Wissenschaft und Praxis« wurde im März 2002 gegründet und ging im Jahre 2010 in dem Programm »Europe and Global Challenges« auf, siehe www.volkswagenstiftung.de/foerderung/

beendet/zukunftsfragen-der-gesellschaft.html (letzter Aufruf 18. April 2012).

45 P. Weingart, Wahrheit (Fn. 35), S. 15 f.; für die Aufgabe der Rechtswissenschaft E. Hilgendorf, Interdisziplinarität (Fn. 37), S. 916.

46 Zu solchen Entwürfen jüngerer Zeit siehe die Nachw. bei E. Hilgendorf, Inter- disziplinarität (Fn. 37), S. 914.

47 Vorschlag zur terminologischen Klärung bei Roland Czada, Disziplinäre Iden- tität als Voraussetzung von Interdisziplinarität?, in: Kilian Bizer u. a. (Hg.), Responsive Regulierung. Beiträge zur interdisziplinären Institutionenanalyse und Gesetzesfolgenabschätzung, Tübingen 2002, S. 23 (24 ff.).

48 Zur Methode als Selbstbeobachtung und Programmierung einer wissenschaft-

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lichen Disziplin vgl. Niklas Luhmann, Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frank- furt a. M. 1990, S. 413 ff.

49 Zu den Gelingensbedingungen für eine interdisziplinär arbeitende Rechts- wissenschaft siehe Andreas Voßkuhle, Wie betreibt man offen(e) Rechtswis- senschaft?, in: Wolfgang Hoffmann-Riem, Offene Rechtswissenschaft (Red. Ed- mund Brandt u. a.), Tübingen 2010, S. 153 (164 ff.); Christoph Möllers / Andreas Voßkuhle, Die deutsche Staatsrechtswissenschaft im Zusammenhang der internationalisierten Wissenschaften. Beobachtungen, Vermutungen, Thesen, in: Die Verwaltung Bd. 36 (2003), S. 321 (329). Zu diesen Bedingungen gehört auch eine disziplinäre Identität, siehe E. Hilgendorf, Interdisziplinarität (Fn. 37), S. 921; A. Voßkuhle a.a.O., S. 166.

50 Siehe aus rechtswissenschaftlicher Perspektive Wolfgang Hoffmann-Riem, Sozialwissenschaften im Verwaltungsrecht: Kommunikation in einer multidis- ziplinären Scientific Community, in: Die Verwaltung, Beiheft 2 (1999), S. 83 ff.;

Andreas Voßkuhle, Methode und Pragmatik im Öffentlichen Recht. Vorüberle- gungen zu einem differenziert-integrativen Methodenverständnis am Beispiel des Umweltrechts, in: Hartmut Bauer u. a. (Hg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, Tübingen 2002, S. 171 (182 ff.); Christoph Möllers, Braucht das öffentliche Recht einen neuen Methoden- und Richtungsstreit, in: Verwaltungsarchiv Bd. 90 (1999), S. 187 (203 ff.), ferner die Nachw. in Fn. 49.

51 Befund und weitere Nachw. bei Christian Bumke, Universitäten im Wettbe- werb, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechts- lehrer, Bd. 69, Berlin 2010, S. 418 f.

52 Eberhard Schmidt-Aßmann, Die Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG als Organisationsgrundrecht, in: Bernd Becker u. a. (Hg.), Festschrift für Werner Thieme zum 70. Geburtstag, Köln u. a. 1993, S. 697 ff.; H.-H. Trute, Forschung (Fn. 27), S. 173 ff., 328 ff.; Paul Kirchhof, Wissenschaft in verfaßter Freiheit, Heidel berg 1986, S. 4 f.

53 Zur Sprache des Grundgesetzes vgl. Andreas Voßkuhle, Verfassungsstil und Verfassungsfunktion. Ein Beitrag zum Verfassungshandwerk, in: Archiv des öffentlichen Rechts Bd. 119 (1994), S. 35 ff.

54 Carsten Mühlenmeier, in: Volker Epping u. a. (Hg.), Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, Baden-Baden 2012, Art. 5 Randnummer 4;

Jörn Ipsen, Niedersächsische Verfassung. Kommentar, Stuttgart 2011, Art. 5

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35 organisation das Verhältnis der Gewährleistungsbereiche der beiden Bestim-

mungen für nicht klärungsbedürftig, siehe NdsStGH, Urteil vom 24. August 2010 – StGH 6/09 –, Niedersächsische Verwaltungs blätter 2011, S. 47 (50).

56 Andreas Voßkuhle, Rechtswissenschaft (Fn. 49), S. 157 f., 162 f.; C. Möllers / A.

Voßkuhle, Staatsrechtswissenschaft (Fn. 49), S. 327 f.

57 BVerfGE (Fn. 29) Bd. 35, S. 79 (114 f.), Hervorhebung nicht im Original.

58 BVerfGE (Fn. 29) Bd. 55, S. 37 (54); Bd. 66, S. 155 (177 f.); Bd. 85, S. 360 (384), Bd. 93, S. 85 (95); Bd. 111, S. 333 (353); Bd. 127, S. 87 (115).

59 Das Bundesverfassungsgericht betont, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG keine be- stimmte organisatorische Ausgestaltung fordert: »Die Garantie der Wissen- schaftsfreiheit hat … weder das überlieferte Strukturmodell der deutschen Universität zur Grundlage, noch schreibt sie überhaupt eine bestimmte Organisationsform des Wissenschaftsbetriebs an den Hochschulen vor. Dem Gesetzgeber steht es zu, innerhalb der aufgezeigten Grenzen die Organisa- tion der Hochschulen nach seinem Ermessen zu ordnen und sie den heutigen gesellschaftlichen und wissenschaftssoziologischen Gegebenheiten anzupas- sen«, BVerfGE Bd. 35, S. 79 (116), ebenso Bd. 43, S. 242 (267 f.).

60 Siehe Arne Pilniok, Governance im europäischen Forschungsförderverbund, Tübingen 2011.

61 Wolfgang Kahl, Hochschule und Staat. Entwicklungsgeschichtliche Betrachtun- gen eines schwierigen Rechtsverhältnisses unter besonderer Berücksichtigung von Aufsichtsfragen, Tübingen 2004, S. 92 ff.; Klaus Ferdinand Gärditz, Hoch- schulorganisation und verwaltungsrechtliche Systembildung, Tübingen 2009, S. 23 ff.; zusammenfassende Darstellung bei C. Bumke, Universitäten (Fn. 51), S. 417 f. — Exemplarisch steht für die genannten Entwicklungen die vielrezi- pierte Programmschrift von Detlev Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule, Gütersloh 2000; materialreich und kritisch zu dieser Entwicklung die Unter- suchungen von Richard Münch, Globale Eliten, lokale Autoritäten. Bildung und Wissenschaft unter dem Regime von PISA, McKinsey und Co., Frankfurt a. M.

2009; ders., Akademischer Kapitalismus. Über die politische Ökonomie der Hochschulreform, Frankfurt a. M. 2011.

62 Vgl. für die Universität C. Bumke, Universitäten (Fn. 51), S. 414 f., 431 ff.

63 Zur Verfassung als Kontrollmaßstab des Bundesverfassungsgerichts siehe An- dreas Voßkuhle, in: Hermann von Mangoldt / Friedrich Klein / Christian Starck (Hg.), Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl., München 2010, Art. 93 Rand- nummer 24 ff.

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64 A. Anter, Ordnung (Fn. 7), S. 65 ff.

65 Max Weber, Debattenrede auf der Tagung des Vereins für Socialpolitik in Wien 1909, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Soziologie und Sozialpolitik (hrsgg. v.

Marianne Weber), Tübingen 1924 (Nachdruck 1988), S. 412 (414).

66 Prominentester Beleg wohl Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. 1, Tübingen 1920 (Nachdruck 1988), S. 203 f.

67 Anschaulich zu diesem »demokratischen Versprechen« Christoph Möllers, De- mokratie – Zumutungen und Versprechen, Berlin 2008, Nr. 13 und passim.

68 George Orwell, Animal Farm, Harmondsworth 1962 (Erstveröffentlichung Lon- don 1945), S. 112: »All animals are equal. But some animals are more equal than others.«

69 Klassische Darstellung bei Hans Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl., Wien 1960, S. 198 ff.; scharfe Akzentuierung des »Wandels des Rechts durch Recht« bei Matthias Jestaedt, Das mag in der Theorie richtig sein … Vom Nutzen der Rechtstheorie für die Rechtspraxis, Tübingen 2006, S. 55 ff.

70 Vgl. Hannah Arendt, Was ist Politik? Fragmente aus dem Nachlass (hrsgg. v.

Ursula Ludz), München u. a. 2003, S. 48 ff.

71 Vgl. Wolfgang Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, Frank- furt a. M. 2001, S. 171; Andreas Voßkuhle, Stabilität, Zukunftsoffenheit und Viel- faltssicherung – Die Pflege des verfassungsrechtlichen »Quellcodes« durch das BVerfG, in: Juristenzeitung 2009, S. 917 (919 ff.).

72 Mit Rechtsänderung ist hier allein die förmliche Änderung des Rechtstextes gemeint. Dem Wandel von Sinn, Bedeutung und Funktion einer Rechtsnorm liegen sehr heterogene Vorgänge zugrunde, siehe Andreas Voßkuhle, Gibt es und wozu nutzt eine Lehre vom Verfassungswandel?, in: Der Staat Bd. 43 (2004), S. 450 ff.

73 Andreas Voßkuhle, Stabilität (Fn. 71), S. 917 (918 f.).

74 Dieter Grimm, Das Grundgesetz nach 50 Jahren, in: ders., Verfassung (Fn. 2), S. 295 (314 f.); differenzierter Überblick bei Angela Bauer / Matthias Jestaedt, Das Grundgesetz im Wortlaut. Änderungsgesetze, Synopse, Textstufen und Voka bu lar zum Grundgesetz, Heidelberg 1997, S. 30 ff.

75 Der mitunter »Ewigkeitsgarantie« genannte Art. 79 Abs. 3 GG entzieht be- stimmte Gewährleistungen des Grundgesetzes dem Zugriff selbst des verfas-

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37 76 Hans Kelsen, Vom Wesen und Wert der Demokratie (2. Aufl. 1929), in: ders.,

Verteidigung der Demokratie. Abhandlungen zur Demokratietheorie (hrsgg. v.

Matthias Jestaedt / Oliver Lepsius), Tübingen 2006, S. 149 (162 ff.); siehe auch C. Möllers, Demokratie (Fn. 67), Nr. 30 ff., 35.

77 C. Möllers, Demokratie (Fn. 67), Nr. 13 ff., 40 f.

78 C. Möllers, Demokratie (Fn. 67), Nr. 33; anschaulicher Beleg: Frank Meerkamp, Die Quotenfrage im Volksgesetzgebungsverfahren, Wiesbaden 2011, S. 79 ff.

79 Klassische Darstellung bei Ernst-Wolfgang Böckenförde, Mittelbare / reprä- sentative Demokratie als eigentliche Form der Demokratie. Bemerkungen zu Begriff und Verwirklichungsproblemen der Demokratie als Staats- und Regie- rungsform, in: Georg Müller u. a. (Hg.), Staatsorganisation und Staats funk tio- nen im Wandel. Festschrift für Kurt Eichenberger zum 60. Geburtstag, Basel u. a. 1982, S. 301 ff.

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Prof. Dr. Andreas Voßkuhle

Der autor

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er Autor Professor Dr. Andreas Voßkuhle, geboren 1963 in Detmold, studierte von 1983 bis 1989 Rechtswissenschaft an der Universität Bayreuth und der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Jah- re 1989 absolvierte er das erste, 1993 das zweite Staatsexamen. 1992 wurde er von der Ludwig-Maximilians-Universität München mit einer Arbeit zum Thema »Rechtsschutz gegen den Richter« promoviert; die Dissertation wurde mit dem Fakultätspreis ausgezeichnet. Von 1992 bis 1994 war er wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Umweltrecht von Professor Dr.

Reiner Schmidt an der Universität Augsburg, 1995 wurde er Referent im Bayeri schen Staatsministerium des Innern. Im selben Jahr wurde ihm der Bayerische Habilitationsförderpreis verliehen.

Im Jahre 1998 erfolgte die Habilitation an der Universität Augsburg mit der Schrift »Das Kompensationsprinzip. Grundlagen einer prospekti- ven Ausgleichsordnung für die Folgen privater Freiheitsbetätigung – zur Flexibilisierung des Verwaltungsrechts am Beispiel des Umwelt- und Pla- nungsrechts«. Andreas Voßkuhle wurde die Lehrbefugnis für die Fächer Öffentliches Recht, Verwaltungswissenschaften und Rechtstheorie verlie- hen. Es folgte ein Ruf auf einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Dort wurde er im Jahre 1999 zum Universitätsprofessor und zum Direktor des dortigen Instituts für Staats- wissenschaft und Rechtsphilosophie ernannt. Einen Ruf an die Univer- sität Hamburg lehnte er ab. Im akademischen Jahr 2006 / 2007 war er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seit 2007 ist er Ordentliches Mitglied der Sozialwissenschaftlichen Klasse der Berlin-Brandenburgi- schen Akademie der Wissenschaften.

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39 Das breite wissenschaftliche Werk von Andreas Voßkuhle umfasst Bei-

träge zum Verfassungs- und Verwaltungsrecht, zum Umwelt- und zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht sowie zur Rechtstheorie. Er ist Mitheraus- geber mehrerer renommierter Fachzeitschriften und wissenschaftlicher Buchreihen. Im Juli 2007 wurde Andreas Voßkuhle zum Rektor der Albert- Ludwigs-Universität Freiburg gewählt. Dieses Amt trat er zum 1. April 2008 an. Kurz darauf wurde er am 7. Mai 2008 zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts und zum Vorsitzenden des Zweiten Senats ernannt. Seit dem 16. März 2010 ist Andreas Voßkuhle Präsident des Bun- desverfassungsgerichts.

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