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Interessengruppen verlieren in der Schweizer Politik an Einfluss | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Academic year: 2022

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Abbildung).2 Die Interessenverbände waren ei- nerseits klar einflussreicher als die stark auf kantonaler Ebene verankerten Parteien. Ande- rerseits hatten die Verbände einen breiteren Ein- fluss auf die Schweizer Politik als die speziali- sierten und mit wenig Ressourcen und Expertise ausgestatteten Ämter der Bundesverwaltung.

Vor allem auf der dominanten bürgerlichen Seite war die personelle Verflechtung zwischen Verbänden, Parteien (insbesondere der FDP) und der Bundesverwaltung äusserst intensiv. Die bürgerlichen Verbände und Parteien formten somit gemeinsam mit Vertretern der Bundesver- waltung einen engen Machtzirkel, welcher die wichtigsten Politikprozesse entscheidend präg- te.3 Auch Bereiche ausserhalb der Wirtschafts- und Sozialpolitik – wie beispielsweise die Ge- sundheits- oder Infrastrukturpolitik – wurden von einem sektorspezifischen engen Netzwerk aus spezialisierten Verbänden und der Verwal- tung gesteuert. Nicht zuletzt kann die direkte Demokratie für diese starke Stellung der Interes- sensverbände verantwortlich gemacht werden.

Wenn ein Referendum am Ende eines Prozesses droht, haben staatliche Akteure einen starken Anreiz, die wichtigsten Interessenvertreter früh und intensiv in die Entscheidungsfindung einzu- beziehen.4

Bundesratsparteien gewinnen an Macht

Die Schweizer Politik hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Ein Vergleich der wich- tigsten Entscheidungsprozesse der Jahre 1971 bis 1976 mit jenen der Jahre 2001 bis 2006 spricht eine deutliche Sprache: Interessenverbände ha- ben an Einfluss auf den politischen Entschei- dungsprozess eingebüsst (siehe Abbildung).5

I

n der Schweizer Politik haben Interessenver-

treter im 20. Jahrhundert noch eine Schlüssel- rolle gespielt. In der kleinen und exportabhängi- gen Volkswirtschaft sorgten Kompromisse und Absprachen zwischen Arbeitgebern, Arbeit- nehmern und dem Staat vor allem im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik für Stabilität gegenüber den Veränderungen auf der Bühne der Weltwirtschaft.1 Dabei dominierten im soge- nannten «liberalen» Korporatismus der Schweiz vor allem die privatwirtschaftlichen Interes- sen. Auch wenn sich Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften in korporatistischen Arran- gements teils unabhängig von der Politik auf Lösungen einigten, war der Einfluss von Inter- essenverbänden auf den offiziellen politischen Entscheidungsprozess ebenfalls beträchtlich.

Dabei kam es häufig in Arbeitsgruppen und Ex- pertenkommissionen der vorparlamentarischen Phase des Entscheidungsprozesses zu Kompro- missen, welche später vom Parlament kaum mehr angetastet wurden.

So gehörten in den 1970er- und 1980er-Jah- ren der Wirtschaftsdachverband Economiesuis- se (ehemals Vorort), der Schweizerische Arbeit- geberverband (SAV), der Gewerbeverband (SGV), der Bauernverband (SBV) sowie der Schweize- rische Gewerkschaftsbund (SGB) zu den domi- nanten Akteuren in der Schweizer Politik ( siehe

Interessengruppen verlieren in der Schweizer Politik an Einfluss

Eine Studie zeigt: Während Verbände in der Schweizer Politik noch in den 1970er-Jahren eine zentrale Rolle spielten, haben sie 30 Jahre später an Einfluss verloren. Zu den Gewin- nern gehören hingegen die Bundesratsparteien.  Manuel Fischer, Pascal Sciarini

Abstract Interessengruppen wie der Gewerbeverband oder der Bauernverband spie- len in der Schweizer Politik eine weniger wichtige Rolle als früher. Im Vergleich zu den Jahren 1971 bis 1976 haben sie im Zeitraum 2001 bis 2006 an Einfluss auf die wichtigs- ten Entscheidungsprozesse verloren, wie eine Studie zeigt. Zudem sind die Verbände weniger stark eingebunden in die Zusammenarbeitsstrukturen. Dies lässt sich einer- seits durch die wachsende Heterogenität der Interessen erklären. Andererseits hat die vorparlamentarische Phase von politischen Entscheidungsprozessen, in welcher Interessengruppen traditionellerweise Kompromisse erarbeiteten, an Bedeutung verloren. Als einziger grosser Verband konnte Economiesuisse im Untersuchungszeit- raum seinen Einfluss wahren. Allerdings weisen verlorene Abstimmungskämpfe in den letzten Jahren auch hier auf einen Bedeutungsverlust hin.

1 Vgl. Katzenstein (1985).

2 Vgl. Kriesi (1980).

3 Vgl. Kriesi (1980).

4 Vgl. Neidhart (1970).

5 Vgl. Sciarini (2014), Scia- rini et al. (2015).

SVP

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Anhand der sogenannten Reputationsme- thode haben wir für die Studie «The Swiss deci- sion-making system in the 21th century: power, institutions, conflicts» die an einem politischen Prozess beteiligten Akteure im Rahmen von In- terviews gebeten, den Einfluss von anderen Ak- teuren einzuschätzen (siehe Kasten 1). Die Aggre- gation der Resultate ergibt eine Übersicht über die Machtstruktur. Während in den 1970er Jahren wie erwähnt die Wirtschaftsverbände die Schweizer Politik dominierten, haben diese mit Ausnahme von Economiesuisse im Beobachtungszeitraum klar an politischem Einfluss verloren. Dagegen finden sich nun die Bundesratsparteien an der Spitze. Auch die Integration von politischen Ak- teuren in Zusammenarbeitsnetzwerke gibt Auf- schluss über ihre Einflussmöglichkeiten: In der eng verflochtenen Struktur zwischen Verwal- tung, bürgerlichen Parteien und Interessenver- bänden der 1970er-Jahre waren letztere klar die zentralsten Akteure. Heute nehmen vorwiegend die Bundesratsparteien diese Rolle ein.

Am stärksten vom Machtverlust betroffen sind mit dem Bauernverband und dem Gewer- beverband die wichtigsten Vertreter der Bin-

nenwirtschaft. In der Mehrheit der untersuch- ten Entscheidungsprozesse zu Beginn des 21.

Jahrhunderts, an denen der Gewerbeverband Interesse zeigte, war er nur schwach mit den einflussreichsten Akteuren vernetzt und hatte somit kaum Einfluss auf den Prozess. Auch der Gewerkschaftsbund hat im Vergleich mit den 1970er Jahren an Einfluss verloren. Die Gewerk- schaften gehörten in der Mehrheit der unter- suchten Prozesse, in welchen sie partizipierten,

Kasten 1: Studie zu wichtigen Entscheidungen in der Schweiz

Im Rahmen des vom Schweizerischen Natio- nalfonds finanzierten Forschungsprojektes

«The Swiss decision-making system in the 21th century: power, institutions, conflicts»

haben die Autoren (zusammen mit der Politik- wissenschaftlerin Denise Traber von der Uni- versität Zürich) die 11 wichtigsten politischen Entscheidungsprozesse zu Beginn des 21.

Jahrhunderts untersucht. Laut einer breiten Expertenumfrage waren dies zwischen 2001 und 2006: 11. AHV-Revision, Verfassungsar- tikel Bildung, Kernenergiegesetz, Infrastruk- turfonds, Neuer Finanzausgleich, Neues Ausländergesetz, Entlastungsprogramm 2003, Revision Fernmeldegesetz, Bilaterales

Abkommen Schengen-Dublin, Bilaterales Abkommen Zinsbesteuerung, Erweiterung Personenfreizügigkeit.

Die Untersuchungen basieren auf 251 Interviews mit Vertretern der Verwaltung, Parteien, Interessengruppen, Kantonen und der Wissenschaft. Die Interviewpart- ner wurden unter anderem gebeten, über den Einfluss anderer Akteure sowie ihre Zusammenarbeits- und Konfliktbeziehungen zu anderen Akteuren Auskunft zu geben. Ein Buch, welches aufgrund der Projekterkennt- nisse den Zustand des politischen Systems der Schweiz diskutiert, erscheint im Sommer (Sciarini et al. 2015).

Reputationsmacht der wichtigsten Akteure in der Schweizer Politik im Zeitvergleich

Ein Wert von 100 bedeutet: 100%

der Interviewpart- ner schätzten einen Akteur als sehr einflussreich in der Schweizer Politik ein.

Der Krankenkassen- verband Santésuisse fehlt mangels eines gesundheitspoliti- schen Geschäftes in der Untersuchung;

die KdK gab es in den 1970er-Jahren noch nicht. Die Akteure sind nach aktueller Reputationsmacht geordnet.

SVP

Economiesuisse

Bundesrat SP FDP CVP SGB

EFD

FDK SGV KdK

EJPD UVEK EDA SECO

SAV EDI SBV

EFV Nationalbank

Santésuisse

SCIARINI ET AL. (2015) / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

SVP: Schweizerische Volkspartei – SP: Sozialdemokratische Partei – FDP: Freisinnig-Demokratische Partei – CVP: Christlichdemokratische Volkspartei – SGB: Schweizerischer Gewerkschaftsbund – EFD: Eidg. Finanzdepartement – FDK: Finanzdirektorenkonferenz – SGV: Schweizerischer Gewerbeverband – KdK: Konferenz der Kantonsregierung – EJPD: Eidg. Justiz- und Polizeidepartement – UVEK: Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation – EDA: Eidg. Departement für Auswärtige Angelegenheiten – SECO: Staatssekretariat für Wirtschaft – SAV: Schweizeri- scher Arbeitgeberverband – EDI: Eidgenössisches Departement des Innern – SBV: Schweizerischer Bauernverband – EFV: Eidgenössische Finanzverwaltung

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

in Prozent

2001–06 1971–76

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zur Verliererseite. Demgegenüber setzte sich Economiesuisse in den Jahren 2001 bis 2006 in allen Prozessen, an welchen sich der Verband beteiligte, durch.

Trotz des anhaltenden Einflusses von Eco- nomiesuisse muss festgestellt werden: Die Inte- ressenverbände haben in der Schweizer Politik allgemein an Macht verloren und sind von den politischen Parteien überholt worden. Ausser- dem zeigen sich gewichtige Unterschiede zwi- schen verschiedenen Politikbereichen, was die Rolle und Stärke der Interessenverbände anbe- langt (siehe Kasten 2).6

Verändertes Umfeld führt zum Machtverlust der Verbände

Wie ist diese Entwicklung der letzten 40 Jahre zu begründen? Im Folgenden werden die vier wichtigsten Ursachen der Machtveränderungen erläutert:

Traditionelle Politikfelder mit weniger Gewicht

Heute sind andere Politikbereiche wichtig als früher. In diesen sind die Interessenverbän- de schlechter aufgestellt. Mit dem Ende des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit in den

1970er-Jahren und dem Beginn der Wirtschafts- krise Mitte der 1970er-Jahre waren wirtschafts- und sozialpolitische Themen besonders wichtig.

Diese wurden von den klassischen Wirtschafts- verbänden dominiert. Zu Beginn des 21. Jahr- hunderts gehörte nur ein einziger der wichtigs- ten Prozesse in den Bereich der Sozialpolitik (11.

AHV-Revision), während die Wirtschaftspolitik im traditionellen Sinne überhaupt nicht unter den wichtigsten Prozessen vertreten war. Den- noch sind wirtschaftliche Interessen eindeutig von Entscheidungsprozessen in der Energie-, Telekommunikations-, Infrastruktur- oder Fi- nanzpolitik direkt betroffen. Auch die heute all- gegenwärtige Europapolitik hat häufig eine stark wirtschaftspolitische Färbung: Bei den wichtigs- ten Entscheidungsprozessen zwischen 2001 und 2006 ging es um Migrations-, Zoll- und Steuer- fragen, welche zwischen der Schweiz und der Europäischen Union verhandelt wurden.

Heterogenität innerhalb der Interessensgruppen

Durch die zunehmende Differenzierung in spe- zialisierte Politikbereiche lassen sich verschie- dene Partikularinteressen immer schlechter innerhalb von Interessengruppen bündeln. Zum Beispiel ging es bei der untersuchten Revision

6 Vgl. Fischer (2012).

Bauern an einem vom Schweizerischen Bauernverband or- ganisierten Umzug in Bern. Viele Verbände haben gegenüber den 1970er-Jahren an politischem Einfluss verloren.

KEYSTONE

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KEYSTONE

Basis, was zu einem Verlust an politischen Ein- fluss führt.

Internationales Umfeld prägt Politik

Die Europäisierung der Politik trägt ihren Teil zum Einflussverlust von Interessenverbänden bei. Einerseits führt die Wichtigkeit der Koordi- nation der nationalen mit der europäischen Poli- tik zu einem stärkeren Gewicht von staatlichen Akteuren in politischen Entscheidungsprozes- sen. Wichtige Fragen werden häufig in interna- tionalen Verhandlungen und nicht mehr im na- tionalen Parlament geklärt. Staatliche Akteure verfügen daher über relevantere Informationen und Einflussmöglichkeiten als nationale Interes- sengruppen oder Verbände.

Andererseits trägt die Abhängigkeit der Schweizer Politik vom internationalen und eu- ropäischen Umfeld ebenfalls zu der oben be- sprochenen Differenzierung der Interessen bei. Seit den 1990er Jahren sind exportorien- tierte Wirtschaftsbereiche weniger bereit, den Schweizer Binnenmarkt durch Abschottung zu schützen. Internationaler Druck führt zu einer Schwächung der den Binnenmarkt vertretenden Verbände, wie zum Beispiel des Schweizerischen Bauernverbandes oder des Gewerbeverbandes.

des Fernmeldegesetzes um die Liberalisierung der letzten Meile im Telekommunikationsmarkt.

In diesem Geschäft spielten vor allem einzelne Firmen eine wichtige Rolle, grosse Wirtschafts- verbände hatten nur wenig Einfluss auf dieses Geschäft. Neben der hohen technischen Kom- plexität und dem dazu nötigen Spezialwissen ist die Differenzierung der Interessen dafür verant- wortlich: Innerhalb von Economiesuisse vertra- ten die Swisscom als ehemalige Monopolistin und deren Konkurrenzfirmen diametral gegen- überstehende Positionen. Generell erschwert die Differenzierung in spezialisierte Politikbe- reiche und die damit einhergehende Herausbil- dung von Partikularinteressen das Bündeln von Interessen in Verbänden. Diese können weniger geeint auftreten und vertreten eine schmälere

Kasten 2: Unterschiede zwischen Politikbereichen

Auch wenn der Trend, dass Interessengrup- pen an Einfluss auf die Schweizer Politik verloren haben, allgemein gültig ist, so gibt es doch wichtige Unterschiede zwischen verschiedenen Politikbereichen.

Grundsätzlich kann gesagt werden: Der Einfluss von Interessenverbänden ist minim in föderalistischen Entscheidungsprozes- sen, in welchen es um die Kompetenzver- teilung zwischen Bund und Kantonen geht.

Von den untersuchten Prozessen gehören besonders der Verfassungsartikel zur Bildung und der Neue Finanzausgleich. Be- sonders Mühe scheinen Interessenverbände auch mit indirekt europäisierten Prozessen zu haben, in welchen eine europäische Norm ohne internationale Verhandlungen über- nommen wird. Aus unserer Untersuchung gehört hierzu die Revision des Fernmelde- gesetzes und das Neue Ausländergesetz.

Präsident des Schwei- zerischen Gewerk- schaftsbundes, Paul Rechsteiner (oben links); Parteipräsiden- ten Martin Landolt (BDP), Christophe Darbellay (CVP), Phi- lipp Müller (FDP) und Toni Brunner (SVP) vor dem Bundeshaus (von links, unten rechts); Journalisten befragen Bundesrat Didier Burkhalter (rechts).

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Manuel Fischer Dr. rer. pol. Forscher am Departement für Um- weltsozialwissenschaften der Eawag (Dübendorf) und Lehrbeauftragter am Institut für Politikwissen- schaft der Universität Bern.

Pascal Sciarini Professor für Schweizer Politik am Departement für Politikwissenschaft und Internationale Bezie- hungen der Universität Genf.

Mediatisierung der Politik

Eine traditionelle Stärke von Interessengruppen in der Schweizer Politik war, dass diese in kor- poratistischer Manier fähig waren, ausserhalb des politischen Prozesses oder in der vorparla- mentarischen Phase tragfähige Kompromisse zu finden. Die erhöhte Mediatisierung und Po- larisierung der Schweizer Politik haben jedoch die Möglichkeit vertraulicher Verhandlungen und die Kompromissbereitschaft der Sozialpart- ner reduziert. Ein Vergleich der eingeschätzten Wichtigkeit der vorparlamentarischen Phase ge- genüber der parlamentarischen Phase von Ent- scheidungsprozessen zeigt: Erstere hat ihre kla- re Dominanz aus den 1970er-Jahren weitgehend verloren.

Natürlich ist denkbar, dass die Verbände auf diese Entwicklung reagiert haben und vermehrt versuchen, den Gang politischer Geschäfte im Parlament zu beeinflussen. Zwar scheint sich die Intensität und Professionalität der Lobbyar- beit im Parlament tatsächlich zu intensivieren.

Ob dies aber den Einflussverlust der Interessen- verbände in der vorparlamentarischen Phase zu kompensieren vermag, ist zu bezweifeln.

Die seit einiger Zeit erhöhte Polarisierung des Parlamentsbetriebs erschwert zudem die Ein- flussnahme von Interessenverbänden via Par- lamentsvertreter. Im Gegensatz zu den 1970er- und 1980er-Jahren existiert im Parlament keine stabile bürgerliche Mehrheit mehr.

Anzeichen des Einflussverlusts von Economiesuisse

Obwohl der Grossteil der hier besprochenen Erkenntnisse aus Entscheidungsprozessen stammt, welche sich bereits vor zehn Jahren ab- spielten, kann davon ausgegangen werden, dass die Rolle und Wichtigkeit der Interessenverbän- de in der Schweizer Politik noch immer den hier beschriebenen Entwicklungen entspricht. Ent-

scheidende Erklärungsfaktoren wie die Abhän- gigkeit der Schweiz von der europäischen und internationalen Politik oder die Mediatisierung sind heute nicht weniger wichtig als vor zehn Jahren. Die Aufhebung des Bankgeheimnisses auf Druck aus dem Ausland ist ein aktuelles Bei- spiel dafür, dass Interessenverbände – in diesem Fall jene der Schweizer Finanzwirtschaft – kaum mehr Einfluss auf die nationale Politik ausüben, wenn sich diese mit internationalem oder euro- päischem Druck konfrontiert sieht.

Auch im aktuellen Fall der Energiestrategie 2050 lässt sich eine starke Differenzierung der Interessen beobachten. Wirtschaftsverbände unterstützen nicht mehr, wie es traditioneller- weise der Fall war, fast ausschliesslich die Ato- menergie, sondern es formieren sich wirtschaft- liche Interessen im Bereich der alternativen Energien und der Energieeffizienz. So entstand etwa der neue Verband Swisscleantech.

Des Weiteren mehren sich neuerdings Anzei- chen eines Einflussverlusts von Economiesuisse.

Zumindest was Volksabstimmungen betrifft, scheint auch dieser Verband nicht mehr die alte Stärke zu haben. Dies suggerieren zumindest die Niederlagen bei der Zweitwohnungs-, der Mas- seneinwanderungs- und der Abzockerinitiative.

Literatur

Fischer, Manuel (2012). Entscheidungsstrukturen in der Schweizer Politik zu Beginn des 21. Jahr- hunderts. Zürich/Chur: Verlag Rüegger.

Katzenstein, Peter (1985). Small States in World Markets. Cornell: Cornell University Press.

Kriesi, Hanspeter (1980). Entscheidungsstruktu- ren und Entscheidungsprozesse in der Schwei- zer Politik. Frankfurt: Campus Verlag.

Neidhart, Leonhard (1970). Plebiszit und plurali- täre Demokratie, eine Analyse der Funktionen des schweizerischen Gesetzesreferendum.

Bern: Francke.

Sciarini, Pascal (2014). ‚Eppure si muove: muove:

«The changing nature of the Swiss consensus democracy.» Journal of European Public Policy 21(1): 116–132.

Sciarini, Pascal, Fischer, Manuel and Denise Traber (2015). Political Decision-Making in Switzerland: The Consensus Model under Pressure. Basingstoke/New York: Palgrave/

MacMillan.

Referenzen

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