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§ 1052 ABGB bei Treuhandabwicklung / eingereicht von Teresa Hofer

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JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at DVR 0093696 Eingereicht von Teresa Hofer Angefertigt am Institut für Zivilrecht Beurteiler / Beurteilerin Univ.-Prof. Dr. Olaf Riss, LL.M.

Juni 2018

§ 1052 ABGB bei

Treu-handabwicklung

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Magistra der Rechtswissenschaften

(2)

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Ort, Datum Unterschrift

SPRACHLICHE GLEICHBEHANDLUNG

Soweit in dieser Arbeit auf natürliche Personen bezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise.

(3)

Inhaltsverzeichnis

I. Ausgangsfall und Fragestellung ... 5

II. § 1052 – Die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages ... 7

III. Die Treuhand im Allgemeinen ... 9

Rechtskonstruktion der Treuhand ... 9

Vertragstypus der Treuhand ... 11

1. Begründung der rechtsgeschäftlichen Treuhand ... 11

2. Vorüberlegungen und Abgrenzungsfragen ... 11

3. Auftrag / Dienstvertrag ... 13

4. Spannungsverhältnis Unwiderrufbarkeit – Weisungsrecht ... 14

Die Rechtsstellung Treugeber - Treuhänder ... 16

Konkurseröffnung über das Vermögen eines der Beteiligten ... 16

E. Mehrseitige Treuhand ... 19

IV. Darstellung der unterschiedlichen Lösungsvorschläge ... 23

A. Die unveränderte Auszahlungspflicht ... 23

B. Die Rückzahlung an den Käufer ... 24

C. Die Belassung beim Treuhänder ... 25

D. Die gerichtliche Hinterlegung gem § 1425 ABGB ... 26

E. Die Niederlegung der Treuhandschaft ... 28

V. Exkurs – Beteiligung einer Bank ... 28

VI. Stellungnahme / Conclusio... 33

(4)

Abkürzungsverzeichnis

bzw beziehungsweise

E Entscheidung

gem gemäß

hM herrschende Meinung

iSd im Sinne des

iVm in Verbindung mit

mE meines Erachtens

OGH Oberster Gerichtshof

Rsp Rechtsprechung

SV Sachverhalt

zB zum Beispiel

(5)

I. Ausgangsfall und Fragestellung

Die vorliegende Arbeit widmet sich einer speziellen Thematik des Treuhandrechts iVm der Einre-de Einre-des nicht gehörig erfüllten Vertrages Einre-des Treugebers gem § 1052 ABGB und Einre-der Möglichkeit der gerichtlichen Hinterlegung des Treugutes nach § 1425 ABGB.

Zu untersuchen ist die Frage, ob die treuhändische Abwicklung geeignet ist, um die möglichen nachteiligen Folgen beim Liegenschaftskauf für beide Parteien zu minimieren oder sogar gänzlich zu beseitigen.

Folgender – in der Praxis wohl ganz typischer – Fall wird im Rahmen dieser Diplomarbeit näher erörtert:

A und B schließen einen Kaufvertrag über eine Liegenschaft ab. Der Kaufpreis wird treuhändig erlegt und es wird eine Treuhandvereinbarung abgeschlossen, die besagt, dass der Treuhänder den Treuhanderlag dem Verkäufer erst ausbezahlen darf, wenn bestimmte Voraussetzungen von Seiten des Verkäufers erfüllt sind, konkret erst wenn alle erforderlichen grundbücherlichen Urkun-den vorliegen und Eigentum lastenfrei an Urkun-den Käufer übertragen werUrkun-den kann.

Bevor sich diese Arbeit ihrem Schwerpunkt widmet, ist es zweckmäßig, den Inhalt einer Trau-handvereinbarung in Zusammenhang mit einem Liegenschaftskauf kurz darzustellen. Ohne auf Einzelfälle einzugehen, wird in einer Treuhandabrede grundsätzlich vereinbart, dass der Käufer oder der Drittfinanzierer den Kaufpreis gewöhnlich bei Vertragsunterfertigung an den Treuhänder (dieser ist in der Regel der Urkundenverfasser) zu überweisen hat. Der Treuhänder wird beauf-tragt, den bei ihm erlegten Betrag, allenfalls nach vorhergehender Lastenfreistellung des Kaufob-jekts, an den Verkäufer zu überweisen, wenn der Käufer grundbücherlicher Eigentümer ist und der Drittfinanzierer durch eine Hypothek auf der Liegenschaft eine Sicherstellung erlangt hat.1

Es wird bei den meisten Liegenschaftskäufen ein Treuhänder eingeschaltet, weil beim Liegen-schaftserwerb das ideale Zug-um-Zug-Prinzip, bei dem beide Parteien gleich geschützt sind, nicht verwirklicht werden kann. Grund dafür ist, dass es im Grundbuch nicht möglich ist, einen Eigen-tumsvorbehalt zugunsten des Verkäufers eintragen zu lassen. Aufschiebend bedingte, von einer Gegenleistung abhängende, Rechte sind nicht eintragungsfähig.2 Dem Treugeber wird zwar in

Konkurs und Exekution gegen den Treuhänder eine quasi dingliche Stellung zuerkannt, er ist zur Aussonderung und Exszindierung des Treuguts berechtigt, als wäre er weiterhin der Eigentümer. Die Rsp erkennt, dass es sich bei den Rechten des Treugebers dennoch um keinen dinglichen Anspruch handelt, der Treugeber macht vielmehr geltend, dass das Treugut zwar im Eigentum des Verpflichteten stehe, es sei aber nicht dem Vermögen des Verpflichteten zuzurechnen und gehört somit nicht zum Befriedigungsfonds der Gläubiger des Treuhänders.3 Das Treugut bildet

somit ein Sondervermögen, das sich zwar nicht im Eigentum des Treugebers befindet, dieser kann es aber vor dem Zugriff der Gläubiger des Treuhänders schützen. Dieser Interventions-schutz bildet eine sehr starke Rechtsposition des Treugebers. Durch diese Rechtsstellung ergibt sich, dass die Treuhand geeignet ist, die Interessen des Treugebers im Fall des Liegenschaftser-werbs genauso zu schützen, wie im Fall einer Zug-um-Zug-Abwicklung nach § 1052 ABGB beim

1 Vgl Schimkowsky, Vertragsmuster und Beispiele für Eingaben 32 f. 2 Vgl OGH 09.08.2012, 5 Ob 92/12h.

(6)

Erwerb beweglicher Sachen. Der Treugeber hat nämlich infolge seiner Rechte (Exszindierung und Aussonderung) kein Risiko, dass er vor dem Erwerb der gekauften Sache den Kaufpreis verliert. Es ist daher für den Käufer einer Liegenschaft sinnvoll und erforderlich auf eine treuhändische Abwicklung zurückzugreifen. Die Abwicklung über einen Treuhänder bringt dennoch Nachteile gegenüber der Zug-um-Zug-Abwicklung nach § 1052 ABGB bei beweglichen Sachen. Nämlich konkret im Hinblick darauf, dass der Treugeber möglicherweise seine Einrede nach § 1052 ABGB gänzlich verliert, wenn man ihm bei der mehrseitigen Treuhand nicht die Möglichkeit gibt, Wei-sungen an den Treuhänder zu erteilen. Dies wird näher unter Punkt III. E. erörtert.

Im Ausgangsfall erfüllt der Verkäufer alle Voraussetzungen, die in der Treuhandvereinbarung normiert sind. Nach den eindeutigen Bestimmungen der Treuhandvereinbarung müsste der Treu-händer den erlegten Kaufpreis an den Verkäufer ausbezahlen.

Der Käufer stellt aber vor Auszahlung des Treuhanderlags Mängel am Kaufobjekt fest, erhebt die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages gem § 1052 ABGB und verbietet dem Treuhänder die Auszahlung an den Verkäufer, solange die Mängel nicht beseitigt werden.

Zuvörderst stellt sich die Frage, ob der Treugeber grundsätzlich berechtigt ist, dem Treuhänder Weisungen zu erteilen bzw die Treuhand zu widerrufen und so die Auszahlung des Kaufpreises an den Verkäufer zu verhindern, obwohl dieser die Voraussetzungen für die Auszahlung laut der Treuhandvereinbarung erfüllt.

Um dies zu beurteilen, ist es notwendig, die Treuhand in die Vertragstypen des ABGB einzuord-nen.

Zudem ist entscheidend, welche Art der Treuhand im Einzelfall vorliegt und welche Konsequenz die Erhebung der Zug-um-Zug-Einrede nach sich zieht.

Falls die Treuhandvereinbarung keine Regelungen für solche Streitfälle enthält, ist die Rechtslage zwischen den Vertragsparteien unklar und die weitere Vorgehensweise wird für den Treuhänder schwierig. Verwunderlich ist, dass bei der Übernahme des Treuhandauftrags selten Vorkehrungen für diesen Fall getroffen werden.4

Ferner wird erörtert, welche Möglichkeiten dem Treuhänder offenstehen, um in keinen Rechts-streit verwickelt zu werden. Die Übernahme von Treuhandverpflichtungen gehört zu den risiko-reichsten Bereichen der rechtsberatenden Tätigkeiten.5

Der Treuhanderlag befindet sich nach wie vor in seiner Hand, der Verkäufer wird gem § 1062 iVm der Treuhandvereinbarung auf die Auszahlung des Kaufpreises drängen.

Die gerichtliche Hinterlegung des Treugutes gem § 1425 ABGB wäre für den Treuhänder eine Alternative. Die Voraussetzungen für dieselbe werden ebenfalls im Rahmen dieser Arbeit erörtert (siehe unter IV. D).

4 Vgl OGH 19.12.2006, 1 Ob 204/06s. 5 Vgl Lehner, NZ 1986, 121.

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II. § 1052 – Die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages

„Wer auf die Übergabe dringen will, muß [sic] seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu erfül-len bereit sein. Auch der zur Vorausleistung Verpflichtete kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensver-hältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht be-kannt sein mußten [sic].“6

Die einfachste Form der Absicherung eines Leistungsaustausches stellt die Leistung „Zug um Zug“ dar. Die Leistungspflicht des einen Teiles wird insofern eingeschränkt, als er seine Leistung nur Zug um Zug gegen Bewirkung der Gegenleistung erbringen muss. Beim Kauf einer Liegen-schaft ist diese strikte Abwicklung praktisch kaum möglich. Die Ursache dafür kann die Mitwirkung Dritter aufgrund mangelnder Liquidität des Käufers sein und auch das Intabulationsprinzip macht bestimmte Vorbedingungen (grundverkehrsbehördliche Genehmigung usw) notwendig. Daher ist die Einschaltung eines Treuhänders beim Liegenschaftskauf notwendig, um nicht der Gefahr der Insolvenz des anderen Vertragsteiles ausgesetzt zu sein.

Die eigene Leistung soll nur erbracht werden, wenn die Gegenseite ebenfalls vertragskonform leistet bzw noch leisten kann.

Das Zug-um-Zug–Prinzip ist auf alle zweiseitig verbindlichen entgeltlichen Verträge anwendbar.7

Die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages steht dem Käufer zu, wenn der Verkäufer eine Leistung anbietet, die qualitativ nicht dem Geschuldeten entspricht. Der überwiegende Zweck dieser Einrede ist, auf den Kläger Druck auszuüben, sodass dieser die beanstandeten Mängel beseitigt.8 Dieser Rechtsbehelf stellt demnach nicht nur ein Sicherungsinstrument dar, sondern

auch ein Mittel, um Druck auszuüben.9

Der Paragraph enthält zwei verschiedene Tatbestände, das Leistungsverweigerungsrecht in Satz 1 sowie die Unsicherheitseinrede in Satz 2.10 Im Ausgangsfall ist das

Leistungsverweigerungs-recht in Satz 1 einschlägig. Die Kaufvertragsparteien haben keine Vorausleistung vereinbart, son-dern eine Zug-um-Zug–Abwicklung inklusive Treuhändereinschaltung. § 1052 ABGB stellt dispo-sitives Recht dar, das von den Vertragsparteien abbedungen werden kann.11 Das

Leistungsver-weigerungsrecht wurde aber im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen.

Es ist strittig, ob bei der Einschaltung eines Treuhänders immer noch eine Zug-um-Zug-Abwicklung anzunehmen ist. In einer E12 aus 2017 erkannte der OGH, dass die Parteien eine

Vorleistungspflicht des Käufers vereinbart hatten. Der Käufer war vorleistungspflichtig, weil der Treuhänder die Erlagsumme zur Lastenfreistellung der Liegenschaft zu verwenden und diese herzustellen hatte. Falls der Käufer dem Treuhänder die, in diesem Fall, vertragswidrige und ge-gen die vereinbarte Unwiderruflichkeit verstoßende Weisung erteilt, den Kaufpreis bis zur Klärung von Sachmängeln nicht auszufolgen, hat er als Vorleistungsverpflichteter den Vertrag nicht auf die bedungene Weise zur gehörigen Zeit erfüllt und der Verkäufer kann gem § 918 ABGB vom Vertag

6 § 1052 ABGB.

7 Vgl Aicher in Rummel, ABGB3 § 1052 Rz 1. 8 Vgl Aicher in Rummel, ABGB3 § 1052 Rz 7.

9 Vgl Binder/Spitzer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1052 Rz 1. 10 Vgl Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1052 RZ 1. 11 Vgl Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1052 RZ 2. 12 Vgl OGH 26.04.2017, 1 Ob 66/17p.

(8)

zurücktreten.13 Doch auch hier wies der OGH darauf hin, dass im Ergebnis durch die

Einschal-tung eines Treuhänders die Zug-um-Zug-Abwicklung erreicht und die vom jeweiligen

Ver-tragspartner ausgehenden Risiken ausgeschlossen werden sollen, außer es wird explizit wie im vorliegenden Fall eine Vorleistungspflicht vereinbart. In einer anderen E14 aus 1992 sprach der

OGH aus, dass sich ein allfällig vereinbarter Gewährleistungsausschluss nur auf sichtbare Mängel bezieht und dass die Zurückhaltung des Kaufpreises auch bei der mehrseitigen Treuhand ein „geeignetes Mittel ist, dem Käuferrecht nach § 1052 ABGB Nachdruck zu verleihen“.

Die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechtes setzt ein gegenseitiges Verpflichtungsverhält-nis, eine Zug-um-Zug – Leistungspflicht und eigene Erfüllungsfähigkeit oder Erfüllungsbereitschaft voraus. „Erfüllungsfähigkeit erfordert, dass das gegenzuleistende Objekt in der Gewahrsame oder doch wenigstens zur Verfügung des Leistung Begehrenden steht.“15

Im Ausgangsfall befindet sich das Entgelt für den Liegenschaftskauf beim Treuhänder. Die Erfül-lungsfähigkeit des K ist somit gegeben; dieser erhebt in weiterer Folge die Einrede des nicht ge-hörig erfüllten Vertrages.

In der besonderen Konstellation des Ausgangsfalles braucht der Treugeber demgemäß ein Wei-sungsrecht, um nicht vorleisten zu müssen. Die Treuhand soll die Situation nach § 1052 ABGB auch für den Liegenschaftskauf herstellen. Die Zug-um-Zug-Abwicklung ohne Risiko für die Kaufvertragsparteien soll dadurch gewährleistet werden!

Das Insolvenzrisiko ist durch die Treuhand bzw durch das Aussonderungsrecht zwar beseitigt, aber dafür verliert der Treugeber bei der mehrseitigen Treuhand die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages, wenn man ihm die Weisungsbefugnis nicht erteilt. Die vorliegenden Probleme werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit genauer erörtert, das Weisungsrecht bei der mehrseiti-gen Treuhand stellt die Kernthematik dar.

13 Vgl OGH 26.04.2017, 1 Ob 66/17p. 14 Vgl OGH 10.12.1992, 7 Ob 626/92.

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III. Die Treuhand im Allgemeinen

Die Definition der Treuhand lautet wie folgt:

„Treuhand ist gegeben, wenn jemand (der Treuhänder) Rechte übertragen erhält, die er im eige-nen Namen, aber auf Grund einer besonderen obligatorischen Bindung zu einer anderen Person (dem Treugeber) nur in einer bestimmten Weise ausüben soll.“16

Obwohl das Treuhandrecht im österreichischen Recht kaum gesetzlich normiert ist17, hat es große

Bedeutung in der Praxis. Wenn ein Rechtsinstitut ohne gesetzliche Grundlage entsteht und ihm, wie in Österreich, große Bedeutung zugemessen wird, ist dies ein Beweis dafür, dass ein prakti-sches Bedürfnis danach besteht.

Bei einem Liegenschaftskauf wird in vielen Fällen ein Treuhänder bestellt, um die Interessen der Vertragspartner bestmöglich zu wahren. Es gibt in der Lehre verschiedene Ansätze, welches ge-setzlich geregeltes Rechtsverhältnis man als Bezugspunkt für die Ausgestaltung der Treuhand heranzieht.

In Folge werden einige Begriffe des Treuhandrechtes, die für die Erörterung der folgenden Rechtsprobleme wichtig sind, erklärt, danach wird der Vertragstypus der Treuhand erörtert, an-schließend Rechte und Pflichten der Vertragspartner (Treuhänder und Treugeber) gegenüberge-stellt.

Rechtskonstruktion der Treuhand

Nach 1925 wurde die Treuhandschaft in Österreich zu einer anerkannten Rechtsfigur.18

Über Wesen und Inhalt der Treuhand bestehen in Lehre19 und Rechtsprechung20 relativ klare

Vorstellungen.

Es kommen drei Rechtskonstruktionen für die Treuhand in Betracht:

 Die römischrechtliche Fiduzia - der Treuhänder wird nach außen hin zum Eigentümer. Er ist nur im Innenverhältnis dem Treugeber obligatorisch verpflichtet. Die Beschränkung schlägt nicht auf das Außenverhältnis durch, das heißt sie wirkt nicht gegen Dritte. Der Treugeber muss dem Treuhänder also tatsächlich Vertrauen schenken, weil der Treuhänder wie ein Ei-gentümer über das Treugut verfügen kann.

 Die deutschrechtliche Treuhand - es wird auflösend bedingtes Eigentum an den Treuhänder übertragen. Diese Konstruktion steht in Widerspruch zu § 364c ABGB. Es ist nicht möglich die Veräußerung und Belastung des Treugutes als auflösende Bedingung zu vereinbaren. Nur bei Forderungen kann man der auflösenden Bedingung absolute Wirkung zuerkennen, weil bei Forderungen Veräußerungsverbote auch gegen Dritte wirksam sind.

 Die Ermächtigungstreuhand – der Treuhänder erwirbt kein Vollrecht, sondern lediglich Ver-waltungsrechte, die er im fremden Interesse geltend machen soll. Schwierigkeiten ergeben

16 Vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht 218.

17 Vgl Bydlinski in KBB, ABGB5 § 1002 Rz 7; RIS-Justiz RS0010444. 18 Vgl Kastner, JBl 1948, 305.

19 Vgl Kastner, JBl 1948, 305.

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sich bei der Abgrenzung zur Stellvertretung, weil diese Treuhandfälle der Stellvertretung sehr nahestehen.21

Das ABGB enthält keine Regelungen über die heute dominierende fiduziarische Treuhand.22

Schon Kastner23 war der Meinung, dass es sich bei der Treuhand um Gewohnheitsrecht handelt.

Diese Meinung ist auch in Deutschland vorherrschend.24

Die Zulässigkeit der Treuhand wird gerne auf den Grundsatz der Privatautonomie gestützt.25 Es

lassen sich allerdings bloß mit der Privatautonomie nicht alle Aspekte der Treuhand erklären, weil es den Parteien der Treuhandabrede vor allem um die Erzielung bestimmter Außenwirkungen geht. Die Treuhand wurde entwickelt, als es noch keine direkte Stellvertretung gab. Deswegen war es nötig, dem Handelnden die volle Rechtsposition, also die Eigentümerstellung, zu übertra-gen.26 Die gesetzliche Regelung der direkten Stellvertretung machte jedoch das Rechtsinstitut der

Treuhandschaft keineswegs überflüssig.

In der Regelung des § 392 Abs 2 UGB kann man eine gesetzliche Bestätigung eines „relativ um-fassenden Anwendungsfalls der Treuhand“ sehen.27 Die Forderungen des Kommissionärs aus

dem Ausführungsgeschäft gegen den Dritten gelten, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Ver-hältnis zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forde-rungen des Kommittenten.

Man kann unterscheiden zwischen uneigennütziger und eigennütziger Treuhand. Bei letzterer verfolgt der Treuhänder, neben den Interessen des Treugebers, auch seine eigenen Interessen (zB bei der Sicherungsübereignung). Eine weitere Unterteilung erfolgt in einseitige und

mehrsei-tige Treuhand. Bei der mehrseimehrsei-tigen Treuhand muss der Treuhänder die Interessen mehrerer

Treugeber wahren.28 Schließlich kann man noch zwischen gesetzlichen und vertraglichen

einer-seits und zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Treuhandverhältnissen anderer-seits unterscheiden.29

Beim Ausgangsfall handelt es sich um eine uneigennützige, mehrseitige Sicherungstreuhand. Der Treuhänder hat die Interessen des Käufers und die des Verkäufers zu wahren. Er darf den Kaufpreis an den Verkäufer erst ausbezahlen, wenn alle erforderlichen grundbücherlichen Urkun-den für die lastenfreie Eigentumsübertragung eingelangt sind, und diese UrkunUrkun-den darf er in wei-terer Folge nur für die grundbücherliche Durchführung verwenden, sofern der Käufer den Kauf-preis bereits auf das Treuhandkonto überwiesen hat.

21 Vgl Kastner, JBl 1948, 306; Urbanek, treuhändige Abwicklung von Liegenschaftskaufverträgen 11. 22 Vgl Apathy, FS Reischauer 35.

23 Vgl Kastner, FS Hämmerle 163, 189. 24 Vgl Henssler, AcP 1996, 37.

25 Vgl Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 ABGB Rz 42; Apathy in Schwimann, ABGB3 § 1002 Rz 9. 26 Vgl Apathy, FS Reischauer 36.

27 Vgl Apathy, ÖJZ 2006, 225.

28 Vgl Kastner, JBl 1948, 308; Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 ABGB Rz 42b. 29 Vgl Kastner, JBl 1948, 308; Jappel, Treuhandschaften 27.

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Vertragstypus der Treuhand

1. Begründung der rechtsgeschäftlichen Treuhand

Die rechtsgeschäftliche Treuhand wird durch zwei Akte begründet.

o Durch den Abschluss einer Treuhandabrede (schuldrechtlicher Vertag) und o durch die Herstellung der erforderlichen Rechtsmacht für den Treuhänder.30

Die Verpflichtung des Treuhänders bezieht sich darauf, bestimmte Rechte zu halten. Nach

Coing31 ist die Tätigkeit des Treuhänders daher stets objektbezogen. Das sachenrechtliche

Ele-ment darf bei der Treuhand nicht fehlen. Die Treuhandschaft weist somit zwei charakteristische

Elemente auf, ein persönliches und ein sachliches.32 Das persönliche Element bildet die

Treu-handabrede, pactum fiduaciae. Das sachliche Element stellt die Eigentumsübertragung dar.

2. Vorüberlegungen und Abgrenzungsfragen

Die im österreichischen Recht nicht gesetzlich geregelte Treuhand darf laut Strasser33 weder mit

Auftrag, noch mit Bevollmächtigungsvertrag, noch mit bloßer Bevollmächtigung gleichgestellt werden.

Die im Folgenden behandelten Abgrenzungskriterien sind für die Einräumung der besonderen Rechte der Treuhand von Bedeutung.

Die Treuhand wird von der direkten Stellvertretung durch das Handeln des Treuhänders im eige-nen Namen abgegrenzt; der direkte Stellvertreter wird im Namen des Auftraggebers tätig.

Die Abgrenzung von der indirekten Stellvertretung gestaltet sich schwieriger. Der OGH und ein Teil der Lehre, so Coing34 und Gschnitzer35, sind der Meinung, dass beim indirekten Stellvertreter

die erworbenen Güter nur Durchgangsposten sind, während ein Treuhänder eigene Rechte in fremdem Interesse entsprechend der Treuhandvereinbarung auf Dauer auszuüben oder gewisse Zeit zu verwalten hat.36 Das Zeitelement ist also entscheidend, bei der indirekten Stellvertretung

soll das erworbene Gut so bald als möglich dem Vertretenen übergeben werden. Gegen diese Ansicht wendet Butschek37 die Inkassozession ein, welche eine Form der Treuhand darstellt. Der

eingezogene Erlös soll möglichst rasch auf den Zedenten weiter übertragen werden. Die zweite Einwendung ist die Beurteilung der zeitlichen Grenze, es stellt sich die Frage, ab welcher Zeit-spanne noch indirekte Stellvertretung oder bereits Treuhand vorliegt. Nach Strasser38 ist

aus-schlaggebendes Kriterium der Treuhand, dass Rechte vom Treugeber direkt übertragen werden. In Österreich ist das Unmittelbarkeitsprinzip aber nicht vorherrschend, der Treuhänder kann das Treugut auch von einem Dritten erhalten bzw eigene Rechte nunmehr im fremden Interesse aus-üben.39 Die Differenzierungsversuche gestalten sich derart schwierig, dass eine weitere Ansicht

davon ausgeht, dass Treuhand und indirekte Stellvertretung zwei sich schneidende Kreise dar-stellen.40 Anknüpfungspunkt sollte meines Erachtens die Parteienabsicht sein, der beabsichtigte

30 Vgl Urbanek, treuhändige Abwicklung von Liegenschaftskaufverträgen 21. 31 VglCoing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts 85 f.

32 Vgl Coing, Treuhand 85.

33 Vgl Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 ABGB Rz 42. 34 Vgl Coing, Treuhand 103.

35 Vgl Gschnitzer, Schuldrecht AT 793. 36 Vgl OGH 27.02.1990, 7 Ob 715/89.

37 Vgl Butschek, Uneigennützige Treuhand 13. 38 Vgl Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 Rz 42. 39 Vgl Coing, Treuhand 112.

(12)

Zweck der abgeschlossenen Vereinbarung. Natürlich macht es einen stutzig, dass dem Treuge-ber ein Aussonderungsrecht gewährt wird, jedoch bei der mittelbaren Stellvertretung keines dieser besonderen Rechte ausgeübt werden kann, obwohl man kein Abgrenzungsmerkmal zw diesen beiden Rechtsfiguren findet, das auch wirklich standhält. Bei der Wendung „zu treuen Handen“ ist zu prüfen, ob gem der Vertragsauslegung echte Treuhand gemeint war oder nur die Vertrauens-stellung des Verwahrers unterstrichen werden sollte. Der Verwahrer erwirbt im Gegensatz zum Treuhänder kein Eigentumsrecht.41

Hauptanwendungsfall der Treuhand ist die „fiducia“ – das Vollrecht wird dem Treuhänder über-tragen, der es im eigenen Namen, aber im fremden Interesse ausübt. Dabei sind Innen- und Au-ßenverhältnis voneinander abzugrenzen. Im Ausgangsfall liegt eine offene Treuhand vor, das bedeutet, dass sie nach außen hin für Dritte erkennbar ist, also der Treuhänder als solcher im Geschäftsverkehr auftritt. Dennoch ändert sich nichts an der Rechtslage im Innen- bzw Außen-verhältnis, der Treuhänder wird als Eigentümer des Treugutes behandelt.42 Die Rechtslage im

Innenverhältnis betrifft das Verhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder. Das Außenverhältnis betrifft das Verhältnis zwischen Treuhänder und Dritten.

Die Übertragung des Vollrechts auf den Treuhänder bedeutet, dass der Treugeber das Treugut nicht nochmals übereignen kann, gem § 442 ABGB kann niemand einem anderen mehr Rechte abtreten, als er selbst hat. Aus der Übertragung folgt auch, dass der Treugeber gegenüber einem Dritten nicht geltend machen kann, dass er der wahre Eigentümer ist.43 Die Anmerkung des

Treu-handverhältnisses im Grundbuch wird abgelehnt.44

Falls der Treuhänder mit einem Dritten kontrahiert, ist er diesem gegenüber voll verpflichtet und auch haftbar. Die Bindung an den Treuhandauftrag im Innenverhältnisses schlägt nicht auf das Außenverhältnis durch.45„Der Treuhänder kann mehr als er darf“. Dieser Denkspruch besagt,

dass die Macht des Treuhänders nach außen durch die obligatorische Bindung an den Treugeber im Innenverhältnis nicht begrenzt wird.46 Die zweckgebundene Beschränkung der

Verfügungs-macht wirkt also nicht gegen Dritte.47 Es liegt daher nahe, dass jene Berufsgruppen

(Rechtsan-wälte, Notare) Treuhandfunktionen übernehmen, die eine gesetzliche Pflicht zur Unparteilichkeit trifft.48 Dieser Grundsatz findet in Fällen von Treuhandmissbrauch eine Grenze, wenn der

Treu-händer das Treugut entgegen den Bindungen im Innenverhältnis zB veräußert.

Der Inhalt der Treuhandschaft richtet sich im Einzelnen nach der getroffenen Vereinbarung und der Parteienabsicht. Bei der Ermittlung der Parteienabsicht kommt insbesondere dem Zweck des Rechtsgeschäftes erhebliche Bedeutung zu.49

Zweck der Treuhandvereinbarung im Ausgangsfall ist die reibungslose Abwicklung des

Kauf-vertrages. Keine der beiden Parteien möchte eine ungesicherte Vorleistung erbringen. Wie oben

bei der Fragestellung bereits erörtert, ist es beim Liegenschaftsverkehr nicht möglich, das an sich ideale Zug-um-Zug-Prinzip einzuhalten. Die grundbuchsrechtlichen Grundsätze lassen keine be-dingten Eintragungen zu; wird der Rechtserwerb von einer aufschiebenden Bedingung, insbeson-dere der Erbringung einer Gegenleistung abhängig gemacht, ist für die Einverleibung ins

41 Vgl Schubert in Rummel, ABGB3 § 957 Rz 1. 42 Vgl Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 Rz 42a. 43 Vgl Apathy, ÖJZ 2006, 223.

44 Lehner, NZ 1986, 121.

45 Vgl Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 Rz 42m.

46 Vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1002 Rz 90. 47 Vgl OGH 25.02.1971, 1 Ob 26/71.

48 Vgl Wagner, Notariatsordnung § 3 Rz 2.

(13)

buch auch der Eintritt der Bedingung urkundlich unter Einhaltung der Vorschriften der §§ 26 ff GBG nachzuweisen.50 Es ist daher kein Eigentumsvorbehalt des Verkäufers bis zur Bezahlung

des vollständigen Kaufpreises von Seiten des Käufers möglich. Daraus ergibt sich, dass es zur Sicherung notwendig ist, beim Liegenschaftsverkehr einen Treuhänder einzuschalten.

Zum Abschluss des Vorüberlegungen soll an dieser Stelle noch vermerkt sein, dass im Treuhand-recht das Surrogationsprinzip gilt – alles, was dem Treugut zuwächst, oder an die Stelle des Treugutes tritt, fällt somit dem Treugeber zu. Dieses Prinzip ist wichtig, weil der Treuhänder eine bestmögliche Verzinsung des hinterlegten Geldes erreichen muss.51 Dem Treugeber (Käufer)

erwächst daher kein Nachteil, auch dann nicht, wenn die Abwicklung des Kaufvertrages endgültig scheitern würde.

3. Auftrag / Dienstvertrag

Wie bereits erwähnt, lässt sich im Ausgangsfall eine fremdnützige Treuhand vorfinden. Der Treu-händer hat seine Rechtsmacht im Interesse und auf Rechnung der Treugeber auszuüben. Er ver-folgt dabei kein eigenes Interesse. Die Treuhandabrede im Innenverhältnis bei der fremdnützi-gen Verwaltungstreuhand ist daher meistens ein Auftrag52. Nach Rubins Ansicht folgt die

Anwen-dung von Auftragsrecht aus den § 1151 Abs 2 ABGB, § 960 Satz 2 ABGB oder aus einer Analo-gie zu diesen Normen.53 § 1151 Abs 2 ABGB regelt die Kombination zwischen Dienstvertrag und

Geschäftsbesorgung. In solch einem Fall müssen auch die Regeln über den Bevollmächtigungs-vertrag beachtet werden.54 Je nach Zweck der Treuhand kann ebenso ein Dienstverhältnis, ein

Verwahrungsvertrag oder auch ein Gesellschaftsvertrag Grundlage der Treuhand sein.55

Nach Butschek56 ist Titel dieser Rechtsübertragung immer ein Auftragsvertrag nach den §§

1002 ff ABGB, entweder als Hauptvertrag oder als Nebenabrede zu einem Dienst- oder

Werkver-trag. Es sei nach seiner Ansicht kein Treuhandverhältnis denkbar, dem nicht (auch) ein Auftrag zugrunde liegt.

Eine Treuhandvereinbarung ist kein Vertag sui generis, es gibt keine Abgrenzungskritierien, die den Treuhandvertrag als eigenen Vertragstypus hervorheben könnten. Durch den Ausdruck „Treuhand“ wird die vorliegende Vereinbarung von „bloßen“ Auftragsverträgen, die die Besorgung von Geschäften für Rechnung des Auftraggebers ohne Rechtserwerb oder -innehabung im eige-nen Namen beinhalten, abgegrenzt.

Nach Thurnher57 sind für die Treuhand zwei Elemente wesentlich:

o Einerseits die Unterscheidung in Innen- und Außenverhältnis,

o Andererseits die Wahrnehmung fremder Interessen im eigenen Namen.

Die Treuhand ist nicht atypisch, sondern in ihrer Grundstruktur ein Auftrag, der sich jeweils mit anderen Vertragsarten vermischt.58

50 Vgl OGH 09.08.2012, 5 Ob 92/12h. 51 Vgl Lehner, NZ 1986, 121.

52 Vgl OGH 29.06.2009, 9 Ob 68/08b.

53 Vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1002 Rz 95. 54 Vgl § 1151 Abs 2 ABGB.

55 Vgl Urbanek, treuhändige Abwicklung 22. 56 Vgl Butschek, JBl 1991, 364.

57 Vgl Thurnher, Treuhandwesen 123. 58 Vgl Thurnher, Treuhandwesen 123.

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4. Spannungsverhältnis Unwiderrufbarkeit – Weisungsrecht

Aus den § 1009 ABGB, § 9 RAO lässt sich eine Interessenwahrungs-/Treuepflicht des Treu-händers/Rechtsanwalt gegenüber seinen Treugebern ableiten.59 Unter diese Treuepflicht fällt

un-ter anderem auch die Befolgung von Weisungen des Treugebers. § 9 Abs 1 RAO, eine Ver-pflichtung, die übernommene Vertretung „dem Gesetz gemäß zu führen“ und die Rechte seiner Partei gegen jedermann „mit Treue, Eifer und Gewissenhaftigkeit“ zu vertreten, dient der Konkre-tisierung der Treuepflichten nach § 1009 ABGB.60 Auch § 11 Abs 1 RAO spricht eine Pflicht aus,

die sich schon aus dem aufgesetzten Vertrag ergibt. Manche Vorschriften weichen jedoch vom zivilrechtlichen Auftragsrecht ab und gelten als lex specialis zu den §§ 1002 ff ABGB. ZB § 11 Abs 2 RAO berechtigt zur Zurücklegung der Vertretung ohne Angabe von Gründen.

Man unterscheidet somit Berufspflichten von bloßen Standespflichten. Nur die Verletzung von Berufspflichten kann zu Schadenersatzansprüchen auf Seiten der Mandanten führen.61 § 9 RAO

stellt jedenfalls eine Berufspflicht dar und kann den Rechtsanwalt/Treuhänder gegenüber seinem Treugeber schadenersatzpflichtig machen.

Ein ganz zentrales Prinzip der österreichischen Rechtsordnung stellt die Vertragstreue dar – „pacta sunt servanda“. Ein Vertrag bzw eine Vereinbarung ist grundsätzlich nicht von einer Partei einseitig abänderbar, außer der Vertag kann durch Gestaltungsrechte abgeändert oder aufgeho-ben werden. Der Grundsatz der Vertragstreue hat einen handfesten ökonomischen Hintergrund, dessen positiver Effekt unumstritten ist. Die Rechtsordnung verhilft diesem Grundsatz in der Re-gel zum Durchbruch und Vertragsverletzungen werden geahndet. Es kann aber dennoch vor-kommen, dass das Zuhalten an einem Vertrag entweder nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll, unzu-mutbar oder schlicht unmöglich geworden ist. Dann bedarf es der Abwägung mit einem anderen Grundsatz – „rebus sic stantibus“, die Lehre von der Geschäftsgrundlage. Nach der wörtlichen Bedeutung versteht man dieses Prinzip dahingehend, dass eine Partei nur so lange an einem Vertrag bzw an eine Vereinbarung gebunden sein soll, als die Umstände, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geherrscht haben, sich danach nicht geändert haben.62

Es gibt auch generelle Abschwächungen des Prinzips der Vertragstreue, also Möglichkeiten zur

einseitigen Auflösung/Abänderung des Vertrages, zB die ordentliche Kündigung von

Bestand-verhältnissen oder beim Verwahrungsvertrag. Schon aus allgemeinen Grundsätzen lässt sich ableiten, dass ein auf unbestimmte Zeit geschlossenes Dauerschuldverhältnis, sofern dessen Kündbarkeit nicht gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen bzw eingeschränkt ist, durch ordentliche Kündigung endet.63

Auch beim Auftragsvertrag gibt es Möglichkeiten zur einseitigen Auflösung des Vertrages. Da die Treuhand als Auftragsvertrag qualifiziert wird (siehe oben), kann man auf die Regelungen des Auftragsrechts zurückgreifen. Der OGH64 formuliert dies wie folgt: „Für das Innenverhältnis sind

die §§ 1002 ff ABGB von Bedeutung, aber nur in einem gewissen, durch die Besonderheit des Rechtsinstituts der Treuhand bedingten Umfang.“

Der Auftraggeber hat ein allgemeines Widerrufsrecht iSd § 1020 ABGB.65 „Es steht dem

Machtgeber frei, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen“. Bei der einseitigen Treuhand kann

59 Vgl Bydlinski in KBB, ABGB5 § 1009 Rz 2; § 9 RAO. 60 Vgl OGH 27.02.1990, 4 Ob 607/89; AnwBl 1991, 51. 61 Vgl Lohsing/Braun, Anwaltsrecht 109.

62 Vgl Noll, AnwBl 2002, 260.

63 Vgl Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1116 ABGB Rz 2. 64 Vgl EvBl 1972/19.

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also der Treugeber jederzeit die Treuhandvereinbarung widerrufen bzw durch sein Weisungsrecht in jede Richtung abändern. Nach Meinungen der Lehre bildet die freie Widerruflichkeit nur dann den Regelfall, wenn das Innenverhältnis ein reines Auftragsverhältnis darstellt.66

Bei der mehrseitigen Treuhand wird ein Widerrufsverzicht der Parteien vorausgesetzt, um den Zweck der mehrseitigen Treuhand zu garantieren, also Zug-um-Zug-Abwicklung und somit keine Vorleistungspflicht. Dies bringt aber gewisse Schwierigkeiten mit sich. Ein Widerrufsverzicht ist nämlich nur möglich, wenn er sachlich gerechtfertigt ist.67 Sachliche Rechtfertigung liegt vor, falls

die Treuhandvereinbarung nicht nur für den Treugeber, sondern auch für den Treuhänder einen Vorteil bringen würde. Im Ausgangsfall wurde der Treuhänder bloß zur Abwicklung des Kaufver-trages bestellt. Natürlich ist die Treuhand beim Liegenschaftskauf auch für den Treuhänder vor-teilhaft, weil er ein Honorar von den Kaufvertragsparteien bekommt. Diesen Honoraranspruch behält der Treuhänder aber auch dann, wenn er die Treuhand nicht zum Ende abwickelt. Gem

§ 1168 Abs 1 ABGB gebührt dem Werkunternehmer, trotz unterbliebener Ausführung des

Wer-kes, das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Bestellers liegen, daran verhindert worden ist. § 1168 ABGB setzt das Vorliegen ei-nes Werkvertrages voraus. Ob und inwieweit § 1168 auch auf gemischte Verträge anwendbar ist, hängt von der Bedeutung der werkvertraglichen Elemente und dem damit verbundenen Zweck des Vertrages ab. Bei Überwiegen der werkvertraglichen Elemente ist § 1168 anwendbar.68 Dies

ist grundsätzlich von Fall zu Fall unterschiedlich und muss einzelfallbezogen beurteilt werden. ME beinhaltet ein Treuhandauftrag werkvertragliche Elemente, der Treuhänder stellt natürlich keines-falls ein Werk her, dennoch stellt er Anträge beim Grundbuchsgericht, reicht die notwendigen Ur-kunden ein und sorgt für die reibungslose Abwicklung des Rechtsgeschäfts. § 1168 ist mE daher sehr wohl auf die Treuhand anwendbar. Man muss noch beachten, dass dieser Paragraph dispo-sitives Recht beinhaltet69, falls nichts anderes vereinbart wurde, ist er heranzuziehen.

Widerruft somit ein Treugeber die Treuhand und wickelt der Treuhänder in weiterer Folge die Treuhand nicht zu Ende ab, verliert er trotzdem seinen Anspruch auf das Honorar nicht.

Man kann somit sagen, dass der Treuhänder ausschließlich die Interessen der beiden Kaufver-tragsparteien (Verkäufer und Käufer) verfolgt und nicht seine eigenen. Ein Widerrufsverzicht wäre daher aufgrund fehlender sachlicher Rechtfertigung nicht möglich.

Einige Meinungen der Lehre halten die Vereinbarung einer Unwiderruflichkeitsklausel dann für zulässig, wenn sie nicht zeitlich unbegrenzt wirken soll, einem bestimmten Zweck dient und nicht zur Ausschaltung des Willens des Vollmachtgebers führt.70 Dem Widerrufsverzicht kommt zB bei

Anwaltsbevollmächtigung keine Bedeutung zu, das heißt, dass der Anwalt trotz einer Verzichts-klausel den Klienten, der ihm die Vollmacht kündigt, nicht weiter vertreten darf. Bei der mehrseiti-gen Treuhand würde eine Unwiderruflichkeitsklausel einem bestimmten Zweck dienen und zwar der Sicherheit des zweiten Treugebers. ME müsste man eine klare Trennlinie zw Widerruf einer-seits und Weisungsberechtigung anderereiner-seits ziehen. Ein grundloser Widerruf kann meiner Mei-nung nach nicht gebilligt werden. Ansonsten würde der Rechtskonstruktion der mehrseitigen Treuhand gänzlich der Sinn genommen werden.

66 Vgl Herz, JBl 1952, 505.

67 Vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1020 Rz 36. 68 Vgl Krejci in Rummel, ABGB3 § 1168 ABGB Rz 2.

69 Vgl Krejci in Rummel, ABGB3 § 1168 ABGB Rz 3. 70 Vgl Herz, JBl 1952, 505.

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Bei der mehrseitigen Treuhand ergeben sich daher bei Weisungen bzw bei einem Widerruf nur eines Treugebers Probleme für den Treuhänder. Grundsätzlich muss der Widerruf vom Willen aller Treugeber getragen sein. Die Privatautonomie jedes einzelnen erfordert, dass die anderen Treugeber seine Rechtsposition nicht verändern können.71 Andererseits darf man dem Treugeber

die Weisungsbefugnis nicht entziehen, weil man ihm dann den § 1052 beim Liegenschaftserwerb gänzlich entziehen würde. Das ist der zentrale Punkt, der für das Rechtsproblem des Ausgangfal-les relevant ist. Diese Konstellation bei der mehrseitigen Treuhand wird unter Pkt III. E. näher erörtert.

Die Rechtsstellung Treugeber - Treuhänder

Die Rechtsstellung des Treugebers ergibt sich aus seinen Ansprüchen aus der Treuhandabrede und ist daher bloß obligatorischer Natur.72 Der Treuhänder wird Eigentümer des Treuguts. In

Judikatur73 und Schrifttum74 wird betont, dass es sich um „wahres“ bzw „vollständiges“ Eigentum

des Treuhänders handelt.

Es wird in der Lehre oft formuliert, dass die formalrechtliche Zugehörigkeit des Treuguts zum Vermögen des Treuhänders hinter die materiell-wirtschaftliche Zugehörigkeit des Treuguts zum Vermögen des Treugebers zurücktritt. Der Treugeber bleibt wirtschaftlicher Eigentümer, hingegen erlangt der Treuhänder formelles Eigentum.75 Der Begriff des wirtschaftlichen Eigentums wird als

juristisch unpräzise empfunden, einziger Zweck dieser Einordnung ist der Schutz des Treugebers. Die Privilegierung des Treugebers gegenüber sonstigen Gläubigern des Treuhänders ist laut

Apathy76 in § 392 Abs 2 UGB normiert. Es bleibt nicht unberücksichtigt, dass dem Treuhänder die

Eigentümerstellung ausschließlich in fremdem Interesse und auf fremde Rechnung eingeräumt wird.

Der Eigentumserwerb des Treuhänders unterscheidet sich vom Eigentumserwerb aufgrund aller anderen Erwerbsgründe (Kauf, Schenkung, Tausch) also dadurch, dass kein endgültiges Behal-ten der Sache durch den Treuhänder beabsichtigt ist. Es ist daher ganz und gar nicht selbstver-ständlich, dass die Treuhandabrede einen Eigentumserwerbstitel begründet.77 Dieser

Eigentums-erwerb des Treuhänders ist aber erforderlich, damit die Gläubiger des Käufers keine Zugriffs-möglichkeit auf die beim Treuhänder erliegende Summe haben. Nur dann und erst dann wird der Verkäufer durch die Treuhand angemessen geschützt.

Konkurseröffnung über das Vermögen eines der Beteiligten

Die Treuhandschaft ist als Surrogat der Zug-um-Zug-Abwicklung zu sehen.78 Die Frage nach dem

Einfluss der Konkurseröffnung muss auf dieser Überlegung aufbauen. Rechtslehre und Rechts-praxis79 hat dieses Problem einer zwischenzeitlichen Insolvenzeröffnung bei vereinbarter

Treu-handabwicklung beschäftigt. Es muss zwischen Verkäufer– und Käuferkonkurs unterschieden

71 Vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1020 Rz 29. 72 Vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1002 Rz 128. 73 Vgl OGH 25.11.1975, 5 Ob 163/75.

74 Vgl Butschek, ÖBA 2012, 820.

75 Vgl Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 Rz 42k. 76 Vgl Apathy, ÖJZ 2006, 226.

77 Vgl Apathy, FS Reischauer 43. 78 Vgl König, JBl 1995, 38.

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werden und vor allem der Abwicklungsstand der Treuhand ist maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsfolgen der Konkurseröffnung über das Vermögen eines der Beteiligten.80

§ 431 ABGB, § 21 KO und § 26 Abs 1 KO stellen die maßgeblichen Bestimmungen für dieses Rechtsproblem dar und müssen bei Beantwortung dieser Fragestellung kombiniert werden. Nach König ist auch im Insolvenzrecht der Erfüllungsbegriff aus zivilrechtlicher Sicht heranzuzie-hen, weil es keine Sondervorschriften gibt. Nach Bollenberger81 gehört zur zivilrechtlichen

Erfül-lung von Seiten des Verkäufers auch die Verschaffung der Innehabung, diese ist aber insolvenz-rechtlich seiner Ansicht nach nicht relevant. König lässt dieses Kriterium unberücksichtigt. Mit der Konkurseröffnung erlischt gem § 26 Abs 1 KO grundsätzlich der Treuhandauftrag.82

Schumacher83 ist der Auffassung, dass § 26 KO jedenfalls nicht anwendbar ist, wenn Dritte vor

Konkurseröffnung Rechte aus der Auftragserteilung erworben haben. Er stellt somit nicht auf die beidseitige Erfüllung des Rechtsgeschäftes ab, sondern es reicht seiner Ansicht nach die Ein-schaltung eines Treuhänders aus, um konkursfest gesichert zu sein. Nach Bollenberger84 ist dies

nicht ausschlaggebend, vielmehr kommt es darauf an, dass das Treuhandverhältnis zwischen dem zweiten Kaufvertragspartner und dem Treuhänder bzw falls eine Bank beteiligt ist, auch zwi-schen der Bank und dem Treuhänder, aufrecht bleibt. Die Parteien sind somit an den

Treuhand-Abwicklungsmodus gebunden und das erworbene Recht des Käufers, an den Treuhänder zu

zahlen und somit Eigentümer zu werden, wird von § 26 KO nicht berührt.85

Das Wahlrecht des Masseverwalters gem § 21 KO bei beidseits noch nicht gänzlich erfüllten Leis-tungen der Kaufvertragsparteien ist vom Vorliegen der Treuhandvereinbarung zu trennen.

Bei mehrseitiger Treuhandschaft ist der Kaufvertag solange von keinem der beiden

Vertrags-parteien erfüllt, bis nicht entweder der Kaufpreis beim Treuhänder erlegt ist und Einverleibung

mittels der erlegten Urkunden beantragt ist oder die befähigenden Urkunden samt Ranganmer-kungsbeschluss beim Treuhänder sind, wenn die Einverleibung in diesem Rang erfolgt. Erfolgt die Konkurseröffnung, wenn das Rechtsgeschäft bereits beidseits erfüllt ist, erlischt der Treuhandauftrag dieses Vertragspartners. Es besteht kein Wahlrecht des Masseverwalters; die Verfügungsmacht durch den aufrechten Auftrag des anderen Treugebers reicht aus, das bereits erfüllte Rechtsgeschäft gänzlich „abzuschließen“.86 Der Grundsatz bei beidseitiger Erfüllung

lau-tet also: im Konkurs des Verkäufers hat der Treuhänder den bei ihm erlegten Kaufpreis an die Masse auszuliefern; im Konkurs des Käufers gilt dasselbe – also Abschluss des bereits erfüllten Kaufvertrages – der Treuhänder stellt das Ansuchen um Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers.

Ist der Kaufvertrag aber noch nicht beiderseits erfüllt, steht dem Masseverwalter das Wahlrecht zu, ob er den Vertag erfüllt oder ob er zurücktritt.

Eine Ausnahme bildet die vollzogene Eigentumsumschreibung: Nach der Einverleibung des Ei-gentums des Käufers wird der Vertrag im Verkäuferkonkurs durchgeführt, auch wenn der Kauf-preis noch nicht dem Treuhänder überwiesen wurde und/oder die Besitzverschaffung noch nicht vollzogen wurde.87 Dies ist eine Ausnahme vom Grundsatz, dass dem Masseverwalter vor

80 Vgl Bollenberger, ÖBA 1994, 825. 81 Vgl Bollenberger, JBl 1995, 398. 82 Vgl Koziol, JBl 1984, 85. 83 Vgl Schumacher, NZ 1991, 5. 84 Vgl Bollenberger, ÖBA 1994, 66. 85 Vgl OGH 11.03.1993, 6 Ob 509/93. 86 Vgl König, JBl 1995, 38. 87 Vgl Bollenberger, ÖBA 1994, 825.

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seitiger Erfüllung ein Wahlrecht zusteht. Der Käufer ist nach Eigentumseinverleibung zur Ausson-derung der Liegenschaft berechtigt.88

Wenn die Eigentumsübertragung bei Konkurseröffnung über das Vermögen des Verkäufers noch nicht durchgeführt wurde, könnte sie konkursfest gesichert sein: gem § 13 KO werden Einver-leibungsgesuche nach der Konkurseröffnung bewilligt, wenn sie vor dem Tag der Konkurseröff-nung eingelangt sind. Gem § 56 Abs 3 GBG ist die Eintragung im angemerkten Rang zu bewilli-gen, wenn die Kaufurkunde vor Konkurseröffnung mit beglaubigtem Datum ausgefertigt wurde und ein Rangordnungsbeschluss vorliegt. Wenn die Eigentumsverschaffung nach § 13 KO oder nach § 56 Abs 3 GBG gesichert wurde, ist daher der Vertrag auch immer durchzuführen, unab-hängig von der beidseitigen Erfüllung des Rechtsgeschäfts. § 56 Abs 3 GBG geht somit dem § 21 KO vor und verschafft dem Käufer eine Anwartschaft, die konkursfest ist. Begründen lässt sich dies damit, dass der Regelungszweck des § 56 Abs 3 GBG eben die Sicherung der Verbücherung des Käufers im Konkursfall ist.89 Wenn die Rangordnung abläuft, also ungenützt verfällt oder

we-gen formeller Mängel nicht we-genützt werden kann, lebt der § 21 KO wieder auf. Der Käufer gelangt in diesem Fall nicht mehr einseitig an das Eigentum und dieses fällt in weiterer Folge in die Mas-se. Der Masseverwalter hat das Wahlrecht, entweder wirkt er an der grundbücherlichen Durchfüh-rung mit und erhält den vollen Kaufpreis oder er tritt vom Vertrag zurück und verwertet die Lie-genschaft anderweitig. Zweiteres ist für die Konkursgläubiger vorteilhaft, wenn der Käufer bereits einen Kaufpreisteil bezahlt hat, weil dann sein Rückforderungsanspruch nur eine Konkursforde-rung darstellt.90 Falls dem Käufer jedoch vor Konkurseröffnung die faktische Innehabung der

Lie-genschaft übertragen wurde, steht ihm ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Masseverwal-ter zu, solange ihm derselbe nicht den Kaufpreis zur Gänze erstattet. Ob dieses Zurückbehal-tungsrecht auch gegenüber Dritten, die ein Recht aus der Masse erworben haben, geltend ge-macht werden kann, ist strittig und dieser Aspekt soll an der Stelle auch nicht näher erörtert wer-den, weil er zu weit in das Insolvenzrecht eingreift.

§ 21 KO wird nur im Verkäuferkonkurs verdrängt. Fällt der Käufer in Konkurs, liegt Erfüllung

erst bei Bezahlung des gesamten Kaufpreises vor. Somit ist der Masseverwalter des Käufers nicht zur Zahlung gezwungen, falls bei Konkurseröffnung noch ein Restkaufpreis aushaftet. Er kann daher vom Vertag zurücktreten.

Im Ergebnis kann der Masseverwalter den Wert der Gegenleistung nicht ohne vertragsgemäße Erbringung der eigenen Leistung fordern, wenn den Vertragspartner nicht eine Vorleistungspflicht trifft, sondern er sich einen Treuhänder bestellt hat und sich somit einer „quasi“ Zug-um-Zug-Abwicklung bedient. Die treuhändige Zug-um-Zug-Abwicklung ist daher konkursfest, soweit schon beidseitig erfüllt wurde.91 Auch wenn noch nicht beidseitig erfüllt wurde, kann der Masseverwalter nur vom

Vertrag zurücktreten, wenn er die Leistung des Vertragspartners gänzlich rücküberweist und nicht nur eine Quote. Durch diese Regelung sind beide Parteien ausreichend geschützt.

In einer Entscheidung aus 119492 sprach der OGH aus, dass der Masseverwalter im Konkurs des

Verkäufers auch nicht jeden Beträge fordern kann, die zur Weiterleitung an einen Dritten bestimmt sind, weil der Gemeinschuldner schon nicht Zahlung an sich selbst verlangen konnte. In dieser Entscheidung wurde ein Treuhänder mit der Liegenschaftskaufabwicklung beauftragt, weil die Liegenschaft noch mit Altlasten des Verkäufers belastet war. Der Treuhänder soll mit dem 88 Vgl § 44 IO. 89 Vgl Bollenberger, ecolex 2004, 258. 90 Vgl OGH 30.10.2003, 8 Ob 109/03. 91 Vgl Bollenberger, ecolex 1994, 670. 92 Vgl OGH 23.03.1994, 3 Ob 530/94.

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legten Geld zuerst die Gläubiger des Verkäufers befriedigen, was auch geschah. In weiterer Folge wurde der Konkurs über das Vermögen des Verkäufers eröffnet und der Masseverwalter forderte vom Leistungsempfänger die Zahlung des vom Treuhänder überwiesenen Betrages. Der OGH wies die angestrengte Anfechtungsklage ab, weil keine Gläubigerbenachteiligung vorlag. Verkäu-fer und KäuVerkäu-fer vereinbarten, dass der Treuhänder die Altlasten beseitigen sollt, dies geschah rechtskonform. Die Masse wurde durch diese Transaktion nicht geschmälert, weil ihr die Forde-rung von Anfang an nicht zustand.

E. Mehrseitige Treuhand

Bei der mehrseitigen Treuhand gibt es zwei (oder mehrere) Treugeber mit unterschiedlichen Inte-ressen. Die Abwicklungstreuhand, die vor allem zur Übertragung bücherlicher Rechte im Lie-genschaftsverkehr dient, ist ein Fall der mehrseitigen Treuhand. Sie dient der Zug-um-Zug-Erfüllung synallagmatischer Verträge.93

Der Treuhänder, in den meisten Fällen ein Rechtsanwalt/Notar, hat die Interessen beider Seiten angemessen zu wahren.94 Es liegt daher keine unzulässige Doppelvertretung gem § 10 RAO

vor.95

Der zweiseitige Treuhänder muss seiner Verpflichtung sorgfältig nachkommen und spätere Dis-positionen/Weisungen eines Treugebers, die dem anderen Treugeber offenbar nachteilig wären, darf er nicht berücksichtigen.96 Das bedeutet, falls nur ein Treugeber seinen Auftrag widerruft oder

einen neuen, abweichenden Auftrag erteilt, darf der Treuhänder diese neue Weisung nicht befol-gen. Er muss die Rechtshandlung setzen, die anfänglich durch Parteienübereinkommen verein-bart wurden, es sei denn, er stellt ein Einvernehmen mit dem zweiten Treugeber her und ändert somit die ursprüngliche Treuhandvereinbarung. Ist dies nicht der Fall, verletzt der Treuhänder seine ihm obliegenden Treuepflichten.97 Anders als bei der einseitigen Treuhand gibt es somit bei

der mehrseitigen Treuhand kein Weisungsrecht nur eines Treugebers.

Auch bei rechtlicher oder sachlicher Rechtfertigung des neuen Auftrages/ der neuen Weisung nur eines Treugebers, ändert sich nichts an der Verletzung der Treuhandvereinbarung durch den Treuhänder, falls er ohne Zustimmung des zweiten Treugebers diese Weisung befolgt.98 Der

Treuhänder ist kein Schiedsrichter (außer dieses Recht wurde ihm gemeinsam mit dem Treu-handauftrag übertragen, dies wird aber sehr selten der Fall sein) und darf nicht über die, unter Umständen vorliegende Rechtfertigung, urteilen.99 Dies führe dazu, dass dem Treugeber die

Ein-rede nach § 1052 ABGB abgeschnitten werden würde. Er ist somit nicht in der Lage die EinEin-rede der Mangelhaftigkeit zu erheben und befindet sich ungesichert in einer Vorleistungsposition. Dies ist mE aber nicht der Zweck einer Treuhändereinschaltung beim Liegenschaftsverkehr.

Laut dem OGH gäbe es allerdings die Möglichkeit für den Treuhänder, bei unklarer Sach- bzw

Rechtslage das Treugut bei Gericht zu erlegen.100 Die Rsp macht also eine Ausnahme, wenn die

Rechtslage zwischen den Kaufvertragsparteien unklar ist. In diesem Fall ist der Treuhänder

93 Vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1002 Rz 171. 94 Vgl Umlauft in Apathy, Die Treuhandschaft 38.

95 Vgl Kastner, JBl 1948, 308.

96 Vgl OGH 07.12.2001, 7 Ob 272/01b. 97 Vgl OGH 23.01.1980, 3 Ob 558/79. 98 Vgl OGH 14.07.2010, 7 Ob 58/10w.

99 Vgl Kastner, JBl 1949, 92; so auch Weber, AnwBl 1993, 506; Rahmatian, AnwBl 1997, 454. 100 Vgl OGH 19.12.2000, 5 Ob 309/00b.

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rechtigt, das Treugut bei Gericht zu hinterlegen und sich somit aus einem Rechtsstreit der Kauf-vertragsparteien herauszuhalten, wenn bei zumutbarer Prüfung nicht zu klären ist, ob die Ausfol-gungsbedingungen erfüllt sind.101 In einer Entscheidung aus dem Jahr 2000102 war die Ausfolgung

des Kaufpreises nach dem Vertragswortlaut zwar nur an die Bedingung der Ausfolgung eines Rangordnungsbeschlusses und einer Zustimmungserklärung des Landes geknüpft, doch sei nach dem Geschäftszweck möglicherweise auch die Mängelfreiheit der Wohnung eine Bedingung für die Ausfolgung des treuhändig erlegten Kaufpreises gewesen, sodass die Mängel eine unklare Rechtslage – einen Konfliktsfall – für den Treuhänder geschaffen haben. In einer anderen Ent-scheidung aus 2010103 sprach der OGH in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass der

Treuhän-der bei einem mehrseitigen Treuhandverhältnis die gegensätzlichen Interessen aller Treugeber bestmöglich zu wahren hat.104 Einer nachträglichen Weisung, die nur von einem Treugeber

aus-geht, darf, wie oben bereits erörtert, der Treuhänder nicht nachkommen. Im Gegensatz zur Ent-scheidung 7 Ob 626/92, bei welcher der OGH aussprach, dass die gerichtliche Hinterlegung eines wegen versteckter Mängel strittigen Teilbetrages, sogar trotz Gewährleistungsausschlusses im Kaufvertrag, zulässig sei, geht diese Entscheidung aus 2010 von einem völlig anders gelagerten Sachverhalt aus. In 7 Ob 626/92 durfte die Treuhänderin den Kaufpreis erst und nur dann an den Verkäufer weiterleiten, wenn die Beklagten ihr eine Bestätigung über die ordnungsgemäße Übergabe der Wohnung zugesandt hätten. Der Auslegung dieser vertraglichen Bestimmung kommt aber keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Dem beklagten Treuhänder in der Entscheidung aus 2010105 war ein Abgehen von dem an ihn

unwiderruflich erteilten Treuhandauftrag, allein aufgrund der Zustimmung des Verkäufers zu einer Eigentumseinverleibung vor Erlag des Kaufpreises nicht möglich. Die diesfalls unterbleibende Lastenfreistellung des Kaufobjekts hätte ja zur Belastung der Käufer geführt, weil sie dann eine mit einem Pfandrecht belastete Liegenschaft erworben und das Risiko der Lastenfreistellung selbst zu tragen gehabt hätten. Gem dieser Entscheidung darf der Treuhänder keine Erhöhung

des Risikos für einen Treugeber herbeiführen. Welche Interessen der Treuhänder gegenüber

einem bestimmten Treugeber zu wahren hat, bestimmt sich in erster Linie nach Inhalt und Zweck des ihm erteilten Treuhandauftrages.106 Die in diesem Fall unterbleibende Lastenfreistellung des

Kaufobjekts samt geforderter gerichtlicher Hinterlegung des Kaufpreises hätte nicht nur den Inte-ressen der Verkäuferin an der Tilgung der Pfandschuld widersprochen, sondern auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Belastung der Bank geführt. Mangels Tilgung der Pfandschuld wä-re weiterhin nur die bewä-reits mit einem Pfandwä-recht belastete Liegenschaft als Sicherheit zur Verfü-gung gestanden, wobei der Kaufpreis nicht rücküberwiesen, sondern hinterlegt worden wäre. In dieser Entscheidung bestand somit für den Treuhänder kein Recht zur gerichtlichen Hinterlegung, meiner Ansicht nach vor allem wegen der Beteiligung einer Bank, die in diesem Fall schutzwür-dig erscheint (siehe unter V.).

In Entscheidungen aus 1991107, 2001108 und 2007109 kam der OGH wieder zum Ergebnis, dass

der Treuhänder bei Auftreten eines Konfliktes zwischen den Treugebern bei Gericht hinterlegen kann; hierzu aber nicht verpflichtet ist. In diesen Entscheidungen ist jedoch keine Drittfinanzierung einer Bank gegeben.

101 Vgl OGH 7 Ob 523/91; OGH 7 Ob 626/92. 102 Vgl OGH 19.12.2000, 5 Ob 309/00b. 103 Vgl OGH 14.07.2010, 7 Ob 58/10w. 104 Vgl RIS-Justiz RS0107334. 105 Vgl OGH 14.07.2010, 7 Ob 58/10w. 106 Vgl RIS-Justiz RS0112065. 107 Vgl OGH 02.05.1991, 7 Ob 523/91. 108 Vgl OGH 07.12.2001, 7 Ob 272/01b. 109 Vgl OGH 18.04.2007, 8 Ob 39/07d.

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Die speziellen Voraussetzungen der gerichtlichen Hinterlegung gem § 1425 ABGB werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch behandelt. Dass der OGH bei Vorliegen einer unklaren Sach- bzw Rechtslage eine so wichtige Ausnahme macht, ist für den Verkäufer im Ausgangsfall nachtei-lig. Bloß nach Ansicht des Käufers weist die Liegenschaft Mängel auf und nur aufgrund dessen Weisung soll der Treuhänder nun in Abweichung zum ursprünglichen Treuhandauftrag zur Hinter-legung bei Gericht anstelle einer Auszahlung an den Verkäufer berechtigt sein. Der Verkäufer ist zwar keinem Insolvenzrisiko des Käufers ausgesetzt, weil der Kaufpreis bei Gericht hinterlegt wird, dennoch erhält er die Summe nicht. ME wäre der Nachteil für den Käufer erheblich größer, würde der Treuhänder die Summe an den Verkäufer ausbezahlen. Erkennt man ihm das Wei-sungsrecht ab, kann er keinen einzigen Mangel geltend machen. Dies widerspricht der gesamten Rechtskonstruktion der Treuhand, die ja der Zug-um-Zug-Abwicklung beim Liegenschaftsverkehr dient.

Der Treuhänder ist aber zur Hinterlegung bei Gericht nicht verpflichtet.110

In unserem Fall liegt eine mehrseitige Abwicklungstreuhand vor. Dem Verkäufer ist es wichtig, den Kaufpreis fristgerecht zu erhalten, während der Käufer eine unbelastete und von Mängeln befreite Liegenschaft begehrt. Es liegen widerstreitende Interessen zweier Parteien vor. Der Treuhänder muss beiden Interessenslagen gerecht werden und darf somit den Kaufpreis an den Verkäufer erst (aber auch schon dann) ausbezahlen, wenn dieser alle grundbücherlichen Urkun-den für die Übertragung lastenfreien Eigentums zur Verfügung gestellt hat. Andererseits darf er die Urkunden aber auch erst nach Erhalt des vollständigen Kaufpreises verwenden, um die ent-sprechenden Grundbuchsgesuche einzubringen.

Wie oben bereits näher erläutert, darf der Treuhänder Weisungen bloß eines von mehreren Treu-gebern nicht folgen, weil dies eine Verletzung seiner Treuepflichten bedeuten würde und diese Verletzung würde ihn nach den allgemeinen Grundsätzen des ABGB gegenüber seinen Treuge-bern schadenersatzpflichtig machen.111

Der gemeinsame Treuhänder ist in unserem Fall ein Rechtsanwalt. Standesrechtliche Vorschrif-ten verbieVorschrif-ten eine Doppelvertretung gem § 10 RAO.112 Das bedeutet, der Rechtsanwalt darf

kei-nen der beiden Treugeber in einem zwischen diesen geführten Rechtsstreit vertreten oder bera-ten. Wenn ihm von einem Treugeber etwas anvertraut wurde, darf er das ihm Anvertraute nicht nachteilig gegenüber diesem verwenden.113 Eine nachteilige Verwendung des Anvertrauten liegt

aber bei der gerichtlichen Hinterlegung für den Käufer nicht vor. Die gerichtliche Hinterlegung ist nur für den Verkäufer nachteilig, weil er den Kaufpreis nicht bekommt bzw vorerst nicht bekommt. Der Kaufpreis wurde aber nicht vom Verkäufer anvertraut, somit spricht diese gesetzliche Grund-lage nicht gegen die gerichtliche Hinterlegung des Treugutes.

Verletzt der Rechtsanwalt diese zwingenden Vorschriften, also vertritt bzw berät er einen der bei-den Treugeber, kann das, außer bei geringfügigem Verschulbei-den gem § 3 DSt, gravierende Folgen nach sich ziehen.114

Aus dem Verbot der Doppelvertretung ergibt sich weiters, dass der Treuhänder eine Vertragspar-tei bei der Geltendmachung seiner Forderungen gegen die andere ParVertragspar-tei gerichtlich nicht vertre-ten darf.115 Nach stRsp des OGH ist die Vertretung beider Kaufvertragsparteien bei Abschluss

und Durchführung eines KV durch einen gemeinsamen RA zulässig, wenn keine 110 Vgl OGH 25.11.2008, 1 Ob 89/08g. 111 Vgl OGH 02.05.1991, 7 Ob 523/91. 112 Vgl OBDK 08.05.1995, 10 Bkd 1/95. 113 Vgl Engelhart, AnwBl 1996, 492, 498. 114 Vgl OBDK 08.05.1995, 10 Bkd 1/95. 115 Vgl Engelhart, AnwBl 1996, 498.

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lision zu befürchten ist.116 Der OGH117 formulierte dies für die zivilrechtliche Doppelvertretung wie

folgt: „Doppelvertretung, die bei Anwälten und Notaren an sich häufig ist, wenn es um Vertragser-richtungen und –durchführung geht, ist nach österreichischem Recht grundsätzlich zulässig. Der Geschäftsbesorger hat in diesem Fall die Interessen beider Geschäftsherren entsprechend zu wahren. Nur wenn Interessenkollision zu befürchten ist, ist Doppelvertretung unzulässig. [...]. Hat der Beauftragte mehrere Personen zu vertreten, erwächst für ihn als Anwalt die Verpflichtung, alle Auftraggeber mit gleicher Sorgfalt zu behandeln und vor Interessengefährdung zu bewahren.“ Es lässt sich somit an dieser Stelle festhalten, dass es sich beim Ausgangsfall nicht um die Ver-tretung rechtlicher Interessen handelt, sondern um die Verwirklichung bereits erlangter Rechtspo-sitionen. Der Kaufvertag zwischen Verkäufer und Käufer wurde bereits abgeschlossen, der Treu-händer wird nur mit der Abwicklung beauftragt. Der TreuTreu-händer verwirklicht somit bereits erlangte Rechtspositionen und es sprechen keine standesrechtlichen Vorschriften gegen die Übernahme einer Treuhandschaft. Es liegt keine unzulässige Doppelvertretung vor.

Der Treuhänder darf Weisungen nur eines Treugebers bei der mehrseitigen Treuhand nicht befol-gen, er darf sich in einen Rechtsstreit der beiden Kaufvertragsparteien aufgrund standesrechtli-cher Vorschriften nicht einmischen (siehe oben) und auch die Treuhandabrede an sich verbietet es dem Treuhänder, eine Entscheidung über den Streit zwischen Verkäufer und Käufer zu treffen. Die Definition von der Klausel „nicht in einen Rechtsstreit der beiden Kaufvertragsparteien

ein-mischen“ ist mE unklar und kann in beide Richtungen ausgelegt werden. Einerseits kann damit

die unveränderte Auszahlungspflicht des Treuhänders an den Verkäufer laut der Treuhandverein-barung gemeint sein, andererseits aber auch ein Belassen des Treuhanderlags beim Treuhänder bzw eine gerichtliche Hinterlegung, also ein „Einfrieren“ der vorliegenden Situation, weil mE auch die Ausbezahlung an den Verkäufer eine Einmischung in den Rechtsstreit darstellen könnte. Die vertragsgemäße Erfüllung des Verkäufers ist zwar nicht Inhalt der Treuhandvereinbarung ge-worden (und genau aus diesem Grund sind wir mit der Fragestellung des Ausgangsfalles konfron-tiert), aber dennoch kann und darf der Treuhänder nicht ohne jegliche Überlegungen den handerlag ausbezahlen. Dies würde in Widerspruch zum gesamten Rechtskonstrukt der Treu-hand stehen.

Um dieses Kapitel abzuschließen: meiner Meinung nach steht die sture Ausbezahlung an den Verkäufer erstens in gewissem Widerspruch zur Zug-um-Zug-Einrede (die wie oben bereits erör-tert beim Liegenschaftserwerb nicht gänzlich durchsetzbar ist, deswegen wird auch ein Treuhän-der zur sicheren Abwicklung eingeschaltet) und zweitens zu Treuhän-der OGH-Rechtsprechung, die be-sagt, dass der Treuhänder bei Gericht erlegen darf, wenn die Rechtslage zwischen den Parteien unklar ist. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird versucht, diesen Widerspruch zu beseitigen. Es werden nun die unterschiedlichen Lösungsvorschläge dargestellt und genau erörtert, welche Va-riante am effektivsten für alle beteiligten Parteien erscheint.

116 Vgl OGH 25. 05. 1999, 1 Ob 333/98x. 117 Vgl OGH 05.04.1990, 7 Ob 13/90.

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IV. Darstellung der unterschiedlichen Lösungsvorschläge

Für den Eingangsfall gibt es grundsätzlich fünf verschiedene Lösungsvarianten.118

A. Die unveränderte Auszahlungspflicht

Die erste Variante ist die unveränderte Auszahlungspflicht des Treuhänders an den Verkäufer. Legt der Verkäufer die grundbücherlichen Urkunden zur Übertragung lastenfreien Eigentums vor, tritt die Auszahlungsvoraussetzung ein und der Treuhänder wäre verpflichtet, den hinterlegten Betrag an ihn auszuzahlen. Er müsste somit die anfangs vereinbarte Treuhandvereinbarung trotz Widerrufs des Käufers vollinhaltlich erfüllen.

Stellt man auf den Wortlaut des Treuhandauftrages ab, wird man zumeist keine Regelungen bzgl der Erhebung einer Einrede bzw eines Widerrufes vorfinden.

In einer E119 aus 1957 sprach der OGH aus, dass der Treuhänder schon in seiner Eigenschaft als

Vertragsverfasser Regelungen für mögliche zukünftige Streitigkeiten der Treugeber bedenken und in die Vereinbarung aufnehmen müsse, weil er ansonsten einen zu

Meinungsverschiedenhei-ten führenden Vertrag aufgesetzt und die Vertragsparteien nicht richtig beraMeinungsverschiedenhei-ten hätte. Für

solch ein Verhalten müsste er einstehen. Im Ausgangsfall traf der Treuhänder solche vorkehren-den Regelungen nicht. Die Konsequenz lautet, er müsse für solch einen Fehler einstehen. Was der OGH in diesem Zusammenhang mit „einstehen“ meint, wird nicht ganz klar. Die Haftung des Rechtsberaters wird durch den erhöhten Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB verschärft. Für den Grad der Sorgfalt ist jenes Verhalten als Maßstab heranzuziehen, das auch von einem erfahrenen und gewissenhaften Berufsgenossen erwartet werden kann.120 Der OGH hat aber des öfteren

betont, dass die Pflichten des Rechtsvertreters nicht überspannt werden dürfen.121

Man könnte andenken, dass dem Treuhänder aufgrund solch eines Verhaltens das Hinterle-gungsrecht nach § 1425 ABGB verwehrt wird und er die Summe an den Verkäufer ausbezahlen muss. Für den erlittenen Schaden (falls ein Schaden eintritt) des Käufers müsse der Treuhänder in weiterer Folge einstehen, sprich er müsse die Kosten für die Mängelbehebung übernehmen, wenn die Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer wegen der Insolvenz desselben nicht mehr durchsetzbar wären.

Aufgrund einer Analogie könnte man auf die Konstruktion des Akkreditivs zurückgreifen. Beim Akkreditiv besteht die Zahlungspflicht des Angewiesenen unabhängig von allfälligen Problemen des Valutaverhältnisses.122 Doch anders als beim Akkreditiv, bei dem die bloße

Zahlungsabwick-lung im Vordergrund steht, bezwecken die Parteien der Treuhandvereinbarung die Zug-um-Zug – Abwicklung des Grundgeschäftes. Die Abrede ist daher, falls ein Auslegungsspielraum übrig-bleibt, nach Maßgabe des abzuwickelnden Grundgeschäftes auszulegen.123

Kernfrage dieser Problemstellung ist daher der Wille der Parteien. Verkäufer und Käufer schalten einen Treuhänder beim Liegenschaftskauf ein, um die beiderseitigen Pflichten sicherzustellen und das Vorleistungsrisiko zu entschärfen. Es wird ein anderer Weg für den Leistungsaustausch eröff-net, der aber vom Grundgeschäft kausal bestimmt bleibt.124

118 Vgl Koch, ecolex 1997, 147. 119 Vgl OGH 13. 11. 1957, 2 Ob 406/57. 120 § 1299 ABGB. 121 Vgl OGH 05.08.1999, 1 Ob 43/99a. 122 Vgl OGH 22.06.1994, 1 Ob 554/94.

123 Vgl Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1002 Rz 171. 124 Vgl Koch, ecolex 1997, 147.

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