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Stromengpassmanagement im nationalen und grenzüberschreitenden Kontext / eingereicht von Mag. Alexandra Hofer

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Academic year: 2021

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(1)

Stromengpassmanagement im nationalen und

grenzüberschreitenden Kontext

Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. iur.) im Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften

Angefertigt am

Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre Johannes Kepler Universität Linz

Eingereicht von Mag. Alexandra Hofer

Erstbeurteiler

Univ. Prof. Dr. Andreas Hauer Zweitbeurteiler

Univ. Prof. Dr. Franz Leidenmühler

(2)

I DANKSAGUNG

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei all jenen bedanken, die zum Gelingen der vorliegenden Arbeit beigetragen haben. Zuallererst gilt mein Dank Univ. Prof. Andreas

Hauer, der maßgeblich zur Themenauswahl beigetragen hat und dessen Anregungen stets eine

wertvolle Hilfestellung im Rahmen der Ausarbeitung der Dissertation waren. Weiteres bedanke ich mich bei Univ. Prof. Franz Leidenmühler dafür, dass er die Zweitbegutachtung meiner Arbeit übernommen hat.

Auch in privater Hinsicht möchte ich einer Vielzahl von Personen meinen Dank aussprechen: Zunächst meiner Mutter Carol Hofer und meiner Großmutter Ernestine Geyer, die mir in allen Lebenslagen unterstützend zur Seite gestanden sind; sodann meinem Onkel Roman

Haider, meinem Vater Gerhold Hofer und meinen Großeltern, die mir eine unbeschwerte

Studienzeit ermöglicht haben; Vanessa Tockner, die die Übernahme des Lektorats als selbstverständlich angesehen hat sowie allen übrigen Familienmitgliedern und Freunden, die mich auf meinem Weg begleitet haben.

(3)

II EIDESSTAATLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Dissertation selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Dissertation ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Linz, am 11. Juli 2017

(4)

III INHALTSVERZEICHNIS

Inhaltsverzeichnis III

Abkürzungsverzeichnis VI

1. Einleitung und Gang der Untersuchung 1

2. Rechtliche Rahmenbedingungen 3

2.1. Unionsrechtliche Rechtsgrundlagen 3

2.1.1. EBRL 4

2.1.2. Stromhandels-VO 5

2.1.3. CACM-VO und FCA-VO 7

2.2. Nationale Rechtsgrundlagen 9 2.2.1. ElWOG 10 2.2.2. TOR 12 3. Grundlegende Aspekte 14 3.1. Physikalische Grundlagen 14 3.2. Netzengpass 15

3.2.1. Ursachen für die Zunahme von Netzengpässen 18

3.3. Engpassmanagement 23 3.3.1. Kurzfristiges Engpassmanagement 25 3.3.1.1. Countertrading 26 3.3.1.2. Redispatching 27 3.3.1.3. Einspeisemanagement 30 3.3.2. Langfristiges Engpassmanagement 31 3.3.2.1. Administrative Verfahren 32 3.3.2.2. Marktbasierte Verfahren 33 3.3.2.2.1. Explizite Auktionen 34 3.3.2.2.2. Implizite Auktionen 36 3.3.2.2.2.1. Market Splitting 38 3.3.2.2.2.2. Nodal Pricing 40 3.3.2.2.2.3. Market Coupling 41 4. Grenzüberschreitendes Engpassmanagement 44 4.1. Grundlegendes 44 4.2. Kurzfristiges Engpassmanagement 47 4.3. Langfristiges Engpassmanagement 50

(5)

IV 4.3.1. Kapazitätsberechnung 51 4.3.1.1. Kapazitätsberechnungsregionen 54 4.3.1.1.1. Exkurs: Gebotszonenkonfiguration 56 4.3.1.2. CNTC-Methode 58 4.3.1.3. Lastflussbasierte Methode 61 4.3.2. Kapazitätsvergabe 63 4.3.2.1. Allgemeine Vorgaben 63 4.3.2.1.1. Nichtdiskriminierung 64 4.3.2.1.2. Nichttransaktionsbezogenheit 65 4.3.2.1.3. Marktorientierung 66

4.3.2.1.4. Aussendung wirksamer wirtschaftlicher Signale 67

4.3.2.1.5. Transparenzvorgaben 67

4.3.2.1.6. Zusätzliche Erfordernisse 68

4.3.2.2. Vorgaben für spezifische Zeitraster 69

4.3.2.2.1. Day-Ahead-Marktkopplung 70 4.3.2.2.1.1. Umsetzungsstand 73 4.3.2.2.2. Intraday-Marktkopplung 74 4.3.2.2.2.1. Umsetzungsstand 76 4.3.2.2.3. Langfristiger Marktzeitbereich 77 4.3.3. Kapazitätsoptimierung 79

4.3.4. Verwendung von Engpasserlösen 83

4.4. Aufsicht 86

4.4.1. Aufsicht auf nationaler Ebene 86

4.4.2. Aufsicht auf europäischer Ebene 88

5. Innerösterreichisches Engpassmanagement 91

5.1. Grundlegendes 91

5.2. Engpassmanagement und Versorgungssicherheit 92

5.3. Kurzfristiges Engpassmanagement 93

5.3.1. Regelzonenführer 97

5.3.1.1. Rechtscharakter der Anordnungsbefugnis 98

5.3.1.1.1. Verfassungskonformität der Beleihung 101

5.3.1.1.2. Rechtsschutzmöglichkeiten 103

5.3.1.2. Sonstige Vorgaben 105

(6)

V

5.3.3. Verteilernetzbetreiber 107

5.3.4. Verhältnis zum Netzzugangsregime 108

5.3.5. Einspeisemanagement 113

5.4. Langfristiges Engpassmanagement 116

5.5. Aufsicht 118

5.6. Verwaltungsstrafrecht 119

(7)

VI ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

aA anderer Ansicht

AAC Already Allocated Capacity

Abs Absatz

ACER Agency for the Cooperation of Energy Regulators (Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden)

ACER-VO Verordnung 2009/713/EG des Europäischen Parlaments und des

Rates vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen

AHG Bundesgesetz über die Haftung der Gebietskörperschaften und der sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für in Vollziehung der Gesetze zugefügte Schäden (Amtshaftungsgesetz – AHG) BGBl 1949/20 idF BGBl I 2013/122

Anm Anmerkung

Art Artikel

ATC Available Transmission Capacity

BGBl Bundesgesetzblatt

BlgNR Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats

bspw beispielsweise B-VG Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl 1930/1 (Wv) idF BGBl I 2016/106 bzgl bezüglich bzw beziehungsweise ca circa

CACM-VO Verordnung 2015/1222/EU der Kommission vom 24. Juli 2015 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement

ders derselbe

EBRL Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den

(8)

VII

Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG

E-ControlG Bundesgesetz über die Regulierungsbehörde in der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (Energie-Control-Gesetz – E-ControlG), BGBl I 2010/110 idF BGBl I 2013/174

EE-Anlagen Erneuerbare-Energieträger-Anlagen

EE-RL Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG

EG Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

ElWOG Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der

Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird

(Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl I 2010/110 idF BGBl I 2013/174

ENTSO-E European Network of Transmission System Operators (Verband

Europäischer Übertragungsnetzbetreiber)

EPEX SPOT European Power Exchange

ErlRV Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage

EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof

f folgende

ff fortfolgende

FCA-VO Verordnung 2016/1719/EU der Kommission vom 26. September

2016 zur Festlegung einer Leitlinie für die Vergabe langfristiger Kapazität FN Fußnote gemäß gem gg gegen GP Gesetzgebungsperiode hL herrschende Lehre Hrsg Herausgeber

(9)

VIII

idR in der Regel

idS in diesem Sinn

insb insbesondere

iSd im Sinne des

Kap Kapitel kV Kilovolt KWK-Anlagen Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen LGBl Landesgesetzblatt lit littera MW Megawatt

NEMO nominierter Strommarktbetreiber

NEP-VO Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der das Verfahren zur Ermittlung des angemessenen Entgelts für die Leistungen der Erzeuger zur Beseitigung von Netzengpässen im Übertragungsnetz festgelegt wird (Netzengpassentgelt-Verordnung – NEP-VO)

Nr Nummer

NTC Net Transfer Capacity

Oö ElWOG Landesgesetz, mit dem das Oö. Elektrizitätswirtschafts und -organisationsgesetz 2006 erlassen wird (Oö. ElWOG 2006), LGBl 2006/1 idF LGBl 2014/103

OTC over the counter

PTDF Power Tranfer Distribution Factor

RL Richtlinie

Rz Randziffer

S Satz

SoMA Sonstige Marktregeln

Stromhandels-VO Verordnung 2009/714/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung 2003/1228/EG

Transparenz-VO Verordnung 2013/543/EU der Kommission vom 14. Juni 2013 über die Übermittlung und die Veröffentlichung von Daten in

(10)

IX

Strommärkten und zur Änderung des Anhangs I der Verordnung 2009/714/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

TOR Technische und Organisatorische Regeln für Betreiber und

Benutzer von Netzen (TOR)

TWh Terawattstunde

ua unter anderem

UCTE Union for the Coordination of Transmission of Electricity

uU unter Umständen

va vor allem

VfGH Verfassungsgerichtshof

VfSlg Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des

Verfassungsgerichtshofes

vgl vergleiche

VO Verordnung

VwGH Verwaltungsgerichtshof

VwSlg Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des

Verwaltungsgerichtshofes

WelWG Gesetz über die Neuregelung der Elektrizitätswirtschaft (Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz 2005 – WelWG 2005), LGBl 2005/46 idF LGBl 2014/51 Wv Wiederverlautbarung Z Ziffer zB zum Beispiel zT zum Teil

(11)

1

1. Einleitung und Gang der Untersuchung

Die europäischen Strommärkte sind in den letzten Jahren im Zuge der Entwicklungen hin zu einem europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt einem starken Wandel ausgesetzt gewesen. Verschiedene Zielsetzungen der EU, wie etwa die Liberalisierung der europäischen Elektrizitätswirtschaft oder die Energiewende, aber auch der steigende Stromverbrauch haben dazu geführt, dass das (grenzüberschreitende) Stromhandelsvolumen stark angestiegen ist. Da die vorhandenen Leitungskapazitäten nicht darauf ausgelegt sind, Stromflüsse in dieser Menge zu transportieren, wird die Netzinfrastruktur vermehrt mit Netzengpässen konfrontiert.1

Das naheliegendste Mittel zur Reduktion der zunehmenden Anzahl von Netzüberlastungssituation wäre der Infrastrukturausbau, allerdings schreitet die bedarfsgerechte Netzentwicklung aufgrund langwieriger Planungs- und Genehmigungsverfahren nur langsam voran.2 Deshalb rückt das Instrument des Engpassmanagements in den Vordergrund: Dieser Begriff bezeichnet all jene Maßnahmen, die dazu beitragen, den Netzzugang trotz Vorliegen eines Netzengpasses weiterhin zu gewährleisten.3 Je nachdem, ob Engpässe nur punktuell oder quasi-permanent auftreten, finden unterschiedliche Engpassmanagementmethoden Anwendung. Leitungsüberlastungen kurzfristiger Natur werden zB mittels Schaltmaßnahmen oder Eingriffen in die Erzeugung beseitigt. Für strukturelle Engpässe ist hingegen im Regelfall eine Engpassbewirtschaftung in Form von implizit oder explizit ausgestalteten Kapazitätsauktionen vorgesehen.4

Der Umgang mit kurzfristigen Netzengpässen wird in erster Linie auf nationaler Ebene geregelt, da der zuständige Netzbetreiber kurzfristige Leitungsüberlastungen idR in Eigenregie beheben kann. Die Bewältigung struktureller Engpässe gestaltet sich im Gegensatz dazu weitaus komplexer, nachdem diese Art von Engpass primär an den grenzüberschreitenden Verbindungsleitungen auftritt. Der Unionsgesetzgeber hat deshalb – beginnend mit der Stromhandels-VO – ein umfassendes Regelungsgefüge für die

1

Vgl VÜN, Netzentwicklungsplan 2016 3; http://www.eea.europa.eu/data-and-maps/indicators/overview-of-the-electricity-production-1/assessment (11.07.2017). IdS bereits 2004 vgl Dummer/Popelka, e&i elektrotechnik und informationstechnik 2004, 421.

2 Vgl Europäische Kommission, Energieunion 2015 9; Lindermuth, RdU-UT 2017, 14; König,

Engpassmanagement 63f; ENTSO-E, Ten-Year Network Developement Plan 2016 29. ENTSO-E beziffert die Kosten für notwendige Netzneu- und Ausbaumaßnahmen für die nächsten zehn Jahre in Europa mit 150 Milliarden Euro, vgl ENTSO-E, Ten-Year Network Developement Plan 2016 12.

3 Vgl Consentec/Frontier Economics, Analysis 4. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist der Umgang mit

Netzengpässen, Erzeugungsengpässe spielen dagegen im Rahmen dieser Untersuchung keine Rolle.

(12)

2 Bewirtschaftung struktureller Engpässe erlassen, das auf die Harmonisierung und Vereinheitlichung aller damit verbundenen Aspekte abzielt. Die vollständige Umsetzung der einschlägigen Verordnungen bedeutet eine weitreichende Änderung der bisherigen Struktur der europäischen Strommärkte: Letztlich sollen die mitgliedsstaatlichen Elektrizitätsmärkte (im Day-Ahead- und Intraday-Marktzeitbereich) miteinander gekoppelt werden.5

Die vorliegende Arbeit hat den Anspruch, einen umfassenden Überblick über die nationalen und unionsrechtlichen Vorschriften für das Engpassmanagement zu geben und jene Stellen näher zu beleuchten, bei denen Unklarheiten bestehen. Im ersten der Einleitung nachfolgenden Abschnitt werden die rechtlichen Rahmenbedingungen auf europäischer und nationaler Ebene abgehandelt. Der zweite Abschnitt befasst sich mit grundlegenden Aspekten wie etwa der Fragestellung, was ein Engpass ist, welche Maßnahmen unter dem Begriff Engpassmanagement subsumiert werden oder wie einzelne Engpassmanagementmethoden funktionieren. Gegenstand des dritten Abschnitts sind die unionsrechtlichen Vorgaben für das grenzüberschreitende Engpassmanagement. Im Rahmen dessen wird ausführlich auf zwei kürzlich erlassene Verordnungen, die CACM-VO und die FCA-VO,6 eingegangen sowie eine systematische Aufarbeitung aller Elemente vorgenommen, die Bestandteil der Engpassbewirtschaftung eines Interkonnektors sind.7 Der vierte Abschnitt ist abschließend dem innerösterreichischen Engpassmanagement gewidmet, wobei zunächst die generelle Systematik erfasst wird und dann einzelne Rechtsfragen untersucht werden, wie etwa der Rechtscharakter der Befugnis des Regelzonenführers, Erzeuger mittels Anordnungen zu Leistungen zu verpflichten.

5

Der Director Public & Regulatory Affairs der Strombörse EPEX SPOT hat in Bezug auf eine der gegenständlichen Verordnungen, die CACM-VO, idS angemerkt, dass „die Verordnung auf lange Sicht den gesamten europäischen Strommarkt neu strukturieren wird“, vgl https://www.epexspot.com/de/presse/press-archive/details/press/_CACM-Verordnung_wird_europ_ischen_Strommarkt_neu_strukturieren_ (11.07.2017).

6 Die CACM-VO ist im Jahr 2015, die FCA-VO Ende 2016 in Kraft getreten. In der deutschsprachigen Literatur

sind die Verordnungen bisher nicht im Detail aufbereitet worden.

7 Das hat für Österreich im Hinblick auf die veranschlagte Trennung der bisher einheitlichen

Stromhandelspreiszone mit Deutschland Brisanz, da deshalb mit Stichtag 1. Oktober 2018 eine

Engpassbewirtschaftung eingeführt werden wird, vgl

https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/15052017_DE_AU.html?nn=2657 78 (11.07.2017); http://press.e-control.at/News_Detail.aspx?id=49436&menueid=1830 (11.07.2017).

(13)

3

2. Rechtliche Rahmenbedingungen 2.1. Unionsrechtliche Rechtsgrundlagen

Das Unionsrecht ist wichtige Determinante der rechtlichen Rahmenbedingungen für das (grenzüberschreitende) Engpassmanagement.8 Frühere legislative Maßnahmen der EU in dem Bereich des Energierechts haben sich mangels einer spezifischen kompetenzrechtlichen Grundlage im EG auf die allgemeinen Vorschriften über den freien Warenverkehr9 sowie die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen gestützt. Seit dem Vertrag von Lissabon fällt die Materie Energie gem Art 4 Abs 2 lit i AEUV in die geteilte Zuständigkeit der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten.10 Art 194 Abs 1 AEUV fungiert als spezifischer Kompetenztitel und gibt als Zielsetzungen für die Energiepolitik der Union die Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarkts, die Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union, die Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie die Förderung der Interkonnektion der Energienetze vor.

Die Europäische Union hat zur Harmonisierung und Liberalisierung des europäischen Elektrizitätsbinnenmarkts seit 1996 drei Legislativpakete verabschiedet, das letzte im Jahr 2009.11 Die Binnenmarktpakete tragen ihrer Konzeption nach lediglich schrittweise zur Vereinheitlichung der energierechtlichen Vorschriften bei, da sie jeweils nur einzelne Regelungsblöcke betreffen.12 Im dritten Paket waren zwei Richtlinien13 und drei Verordnungen14 enthalten. Konkret relevant für den Untersuchungsgegenstand sind die EBRL, die Stromhandels-VO sowie die auf Basis letzterer erlassenen CACM-VO und FCA-VO.15

8 Generell ist festzustellen, dass heute knapp drei Viertel aller nationalen Rechtsakte auf dem Gebiet des

Energierechts durch unionsrechtliche Legislativakte determiniert werden, vgl Schmidt-Preuß in Baur/Salje/Schmidt-Preuß2, Kap 10 Rz 5. Die für diese Arbeit gegenständlichen unionsrechtlichen Vorgaben beziehen sich primär auf das grenzüberschreitende Engpassmanagement, wirken sich zT aber auch auf die nationalen Regeln für das Engpassmanagement aus.

9 Der EuGH hat Elektrizität in mehreren Entscheidungen als „Ware“ im Sinne der Warenverkehrsfreiheit

qualifiziert, vgl EuGH 27.04.1994, C-393/92 (Almelo) Rz 28; 23.10.1997, C-158/94 (Kommission gg Italien) Rz 13ff; 17.07.2008, C-206/06 (Essent Netwerk Noord BV) Rz 43.

10 Vgl Potacs/Rogatsch in Holoubek/Potacs I3, 857f; Scherb-Da Col in Bergmann5, 270; Schmidt-Preuß in

Baur/Salje/Schmidt-Preuß2, Kap 10 Rz 6.

11 Vgl Potacs/Rogatsch in Holoubek/Potacs I3 859; Scherb-Da Col in Bergmann5, 275. 12 Vgl König, Engpassmanagement 58.

13 EBRL und RL 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt.

14 Stromhandels-VO, ACER-VO sowie VO 2009/715/EG über die Bedingungen für den Zugang zu den

Erdgasfernleitungsnetzen.

(14)

4 Die europäischen Rechtsvorschriften für das Engpassmanagement behandeln vorrangig das langfristige Engpassmanagement.16 Ursache dafür ist, dass grenzüberschreitendes Engpassmanagement in der Praxis überwiegend langfristiges Engpassmanagement darstellt. Kurzfristiges Engpassmanagement findet hingegen vorwiegend im nationalen Bereich Anwendung und wird in erster Linie durch die nationalen Gesetzgeber determiniert.17

2.1.1. EBRL

Vorrangiger Fokus der EBRL ist die an Energieunternehmen gerichtete – nachgeschärfte18 – Verpflichtung zur wirksamen Entflechtung des Netzbetriebs von den übrigen Geschäftsbereichen. Weiters harmonisiert die EBRL ua den rechtlichen Rahmen für den organisatorischen Aufbau und die Tätigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden und intensiviert die Kooperation der Regulierungsbehörden im Rahmen der regionalen Zusammenarbeit.19

Für das Engpassmanagement als solches gibt die EBRL keine materiellen Vorgaben vor. Die Richtlinie enthält aber einige flankierende Regelungen und indiziert die zentrale Position der Übertragungsnetzbetreiber in Bezug auf das Engpassmanagement.20 Art 12 lit a, 25 Abs 1 EBRL auferlegt den Übertragungsnetzbetreibern bzw den Verteilernetzbetreibern die Verantwortung zur netztechnischen Sicherstellung der Befriedigung der Nachfrage nach Elektrizität sowie zur Gewährleistung des sicheren, zuverlässigen und leistungsfähigen Netzbetriebs. Das impliziert die Pflicht, Netzüberlastungssituationen mit Instrumenten des Engpassmanagements entgegenzuwirken, um den reibungslosen Netzbetrieb zu gewährleisten.21 Die Mitgliedstaaten haben dafür zu sorgen, dass die Übertragungsnetzbetreiber für die Zwecke der Kapazitätsvergabe und der Überprüfung der Netzsicherheit auf regionaler Ebene miteinander kooperieren.22 Es ist weiteres gem Art 12 lit h EBRL Aufgabe der Übertragungsnetzbetreiber, unter Aufsicht der nationalen Regulierungsbehörden die im Rahmen des Engpassmanagements generierten Engpasserlöse einzunehmen.

16 Zur Unterscheidung kurzfristiges/langfristiges Engpassmanagement vgl 3.3. 17

Dazu sogleich unter 2.2.

18 Vgl 10. Erwägungsgrund EBRL, wonach die Vorgaben der RL 2003/54/EG über gemeinsame Vorschriften für

den Elektrizitätsbinnenmarkt zur Entflechtung nicht ausreichend Wirkung erzielt haben.

19 Vgl Urbantschitsch, ÖJZ 2009, 850. 20 Vgl König, Engpassmanagement 185. 21 Vgl König, Engpassmanagement 129. 22 Vgl Art 6 Abs 3 EBRL.

(15)

5 Neben diesen Regelungen enthält die EBRL in Art 37, 38 EBRL institutionelle Vorschriften zum Engpassmanagement, die an die nationalen Regulierungsbehörden gerichtet sind. Dabei handelt es sich überwiegend um Überwachungsaufgaben.23 Gem Art 37 Abs 1 lit q EBRL haben die Regulierungsbehörden die Umsetzung der Stromhandels-VO dahingehend zu beobachten, ob Übertragungsnetzbetreiber, Verteilernetzbetreiber, Versorgungsunternehmen, Kunden sowie andere Marktteilnehmer ihren Aufgaben und Verantwortungen nachkommen. Art 37 Abs 3 lit f EBRL verpflichtet zur Überwachung der Verwendung der im Rahmen des Engpassmanagements eingenommenen Engpasserlöse.24 Gegenstand von Art 37 Abs 9 EBRL ist schließlich die Beobachtung des Engpassmanagements in den nationalen Elektrizitätsnetzen sowie damit einhergehend die Prüfung, inwieweit sich die Vorschriften für das Engpassmanagement durchgesetzt haben.

Hinsichtlich den Verfahrensregeln für das Engpassmanagement obliegt es den Regulierungsbehörden gem Art 37 Abs 6 lit c EBRL, die Bedingungen für den Zugang zu grenzüberschreitenden Infrastrukturen einschließlich der Verfahren der Kapazitätszuweisung und des Engpassmanagements mit ausreichend Vorlauf vor dem Inkrafttreten besagter Bedingungen festzulegen bzw die vorgelegten Bedingungen zu genehmigen. Art 38 Abs 2 EBRL regelt ferner die regionale Kooperation der Regulierungsbehörden benachbarter Mitgliedstaaten. Die Zusammenarbeit erstreckt sich ua auf die Koordinierung der Ausarbeitung der Regeln für das Engpassmanagement und der Netzkodizes.25

2.1.2. Stromhandels-VO

Die Stromhandels-VO ist zentraler Sekundärrechtsakt für den grenzüberschreitenden Stromhandel und gilt weitgehend unmittelbar.26 Die Vorschriften zielen auf die Etablierung eines funktionierenden Wettbewerbs auf dem europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt ab.27 Entgegen der EBRL enthält die Verordnung in Art 16 Stromhandels-VO materielle Vorgaben für das grenzüberschreitende Engpassmanagement, die vorwiegend an die

23 Vgl König, Engpassmanagement 185.

24 Diese Verpflichtung wird durch Ziffer 6.5 der Engpass-Leitlinien präzisiert, wonach die

Regulierungsbehörden jährlich einen Bericht über die Höhe und die Verwendung der durch das Engpassmanagement eingenommenen Erlöse zu veröffentlichen haben, vgl zB Bundesnetzagentur, Bericht über die Erlöse aus grenzüberschreitendem Engpassmanagement im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2015; E-Control, Erlöse 2015.

25 Der österreichische Gesetzgeber hat diese Bestimmungen im ElWOG umgesetzt. Die Vorschriften betreffend

die Überwachungsfunktion der Regulierungsbehörde befinden sich zB in § 88 Abs 3 ElWOG.

26 Vgl K. Oberndorfer in Hauer/Oberndorfer § 16 ElWOG Rz 1. 27 Vgl Art 1 lit a Stromhandels-VO.

(16)

6 Übertragungsnetzbetreiber adressiert sind.28 Ergänzend legt Art 15 Stromhandels-VO den Übertragungsnetzbetreibern Informationspflichten im Rahmen des Engpassmanagements auf.29 Weitere Regelungen für das Engpassmanagement und die Kapazitätsvergabe sind in den sogenannten Engpass-Leitlinien in Anhang I der Stromhandels-VO vorgegeben. Der Vollzug der Stromhandels-VO und der auf Grundlage dieser Verordnung erlassenen Leitlinien erfolgt durch die nationalen Regulierungsbehörden.

Gem Art 16 Abs 1 Stromhandels-VO sind Nachfrageüberschüsse nach Übertragungskapazitäten an den Grenzkuppelstellen prinzipiell mit nichtdiskriminierenden, marktorientierten und nichttransaktionsbezogenen Methoden zu bewältigen. Die gewählten Methoden sollen wirksame wirtschaftliche Signale an alle Marktteilnehmer und beteiligten Übertragungsnetzbetreiber aussenden.30 Kapazität, die einmal zugewiesen wurde, darf gem Art 16 Abs 2 Stromhandels-VO nur als ultima ratio gekürzt werden. Als weitere Vorgabe statuiert Art 16 Abs 3 Stromhandels-VO, dass allen Marktteilnehmern unter Berücksichtigung der Netzsicherheit stets die maximale Übertragungskapazität zur Verfügung zu stellen ist. Art 16 Abs 4 und 5 Stromhandels-VO ergänzen diese Bestimmung und enthalten eine Kapazitätsrückgabepflicht – für den Fall, dass Marktteilnehmer zugewiesene Kapazität nicht nutzen möchten – sowie das Saldierungsgebot.31 Damit soll die optimale Ausschöpfung der verfügbaren Kapazität sichergestellt werden. Art 16 Abs 6 Stromhandels-VO regelt schließlich die Verwendung der Erlöse, die im Rahmen des Engpassmanagements anfallen.

Die in der Stromhandels-VO enthaltenen allgemeinen Grundsätze für das grenzüberschreitende Engpassmanagement werden durch die in Anhang I niedergelegten Engpass-Leitlinien konkretisiert.32 Die Engpass-Leitlinien sind in sechs Kapitel unterteilt.33 Für die regionale Zusammenarbeit der Übertragungsnetzbetreiber und Regulierungsbehörden werden im dritten Kapitel sieben geografische Regionen zur Koordinierung des

28 Die Vorgaben erstrecken sich nicht auf innerstaatliche Engpässe. Das ergibt sich aus den

Begriffsbestimmungen in Art 2 Stromhandels-VO, vgl auch K. Oberndorfer in Hauer/Oberndorfer, §19 ElWOG Rz 5.

29

Vgl König, Engpassmanagement 186.

30

Das bedeutet, dass Übertragungsnetzbetreiber bei der Kapazitätsvergabe primär das Kraftwerk in Anspruch nehmen sollen, das die geringsten Grenzkosten aufweist. Damit soll ein Ausgleich oder gegebenenfalls eine Angleichung der Stromhandelsgroßpreise erzielt werden, vgl Dieckmann, Engpassmanagement 61.

31

Vgl dazu 4.3.3.

32 Es handelt sich dabei um Leitlinien iSd Art 18 Stromhandels-VO, dazu sogleich im nächsten Abschnitt. 33 Das 1. Kap der Engpass-Leitlinien enthält allgemeine Bestimmungen, das 2. Kap Vorgaben für

Engpassmanagementmethoden, das 3. Kap Angaben zur Koordinierung, das 4. Kap bezieht sich auf den Zeitplan für den Marktbetrieb, das 5. Kap beinhaltet Transparenzvorgaben und das 6. Kap Bestimmungen zur Verwendung der Engpasserlöse.

(17)

7 Engpassmanagements festgesetzt:34 Österreich ist derzeit Teil der Regionen Central Eastern Europe (CEE)35 und Central Southern Europe (CSE).36 Zudem bestehen enge Verknüpfungen mit der Region Central Western Europe (CWE).37

2.1.3. CACM-VO und FCA-VO

Die CACM-VO und die FCA-VO sind Leitlinien iSd Art 18 Stromhandels-VO und enthalten Vorschriften über die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement.38 Diese unionsrechtsspezifischen Regulierungsinstrumente dienen der Förderung des Elektrizitätsbinnenmarkts,39 indem sie konkrete technische Standards zur Harmonisierung der Vorschriften für den grenzüberschreitenden Stromhandel vorgeben und damit zur Konstruktion eines einheitlichen Marktdesigns beitragen.40 Die Umsetzung der Verordnungen erfolgt anhand eines konkreten Zeitplans und obliegt im Regelfall den Übertragungsnetzbetreibern.41 Es ist eine Differenzierung zwischen Netzkodex- und Leitlinienverfahren vorzunehmen, wobei die Europäische Kommission in der Praxis mittlerweile in vielen Fällen Netzkodizes vom Netzkodex- ins Leitlinienverfahren überleitet und auch die CACM-VO und die FCA-VO auf diesem Weg verabschiedet hat.42

Das Netzkodexverfahren ist in Art 6 ff Stromhandels-VO geregelt und folgt einer Prioritätenliste der Europäischen Kommission zu den in Art 8 Abs 6 Stromhandels-VO genannten Bereichen.43 Vereinfacht gesagt besteht der Prozess zur Entwicklung von Netzkodizes aus drei grundlegenden Stufen: Die Kommission beauftragt gem Art 6 Abs 2 Stromhandels-VO ACER, innerhalb von sechs Monaten eine nicht bindende Rahmenleitlinie für die Entwicklung eines Netzkodex vorzulegen. Danach beauftragt die Europäische

34 Die Regionen sind seither adaptiert worden.

35 Gemeinsam mit Polen, Deutschland, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn und Slowenien. 36 Gemeinsam mit Frankreich, Deutschland, Slowenien, Italien, Griechenland sowie der Schweiz als

Beobachterland.

37 Die Region umfasst Frankreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Deutschland. Die Anknüpfung war

bisher durch die gemeinsame Preiszone mit Deutschland gegeben. Im Zuge der Trennung der Stromhandelspreiszone ist die vollständige Eingliederung in die Region geplant, vgl

https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/15052017_DE_AU.html?nn=2657 78 (11.07.2017); http://press.e-control.at/News_Detail.aspx?id=49436&menueid=1830 (11.07.2017).

38 Die Verordnungen ergänzen die Engpass-Leitlinien, vgl 33. Erwägungsgrund CACM-VO. Sie sind

unmittelbar anwendbar.

39 Gleiches gilt für den Erdgasbinnenmarkt, vgl 15. Erwägungsgrund VO 2009/715/EG über die Bedingungen

für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen.

40 Vgl 6. Erwägungsgrund Stromhandels-VO.

41 Dabei sind den Übertragungsnetzbetreibern gewisse Fristen vorgegeben.

42 Vgl Weyer in Bien/Ludwigs, 147f. Die Vollziehung der CACM-VO und der FCA-VO kommt damit

gleichfalls den nationalen Regulierungsbehörden zu.

(18)

8 Kommission ENTSO-E gem Art 6 Abs 6 Stromhandels-VO, innerhalb eines Jahres einen Netzkodex vorzulegen.44 Der Netzkodex hat der von ACER ausgearbeiteten Rahmenleitlinie zu entsprechen, die damit de facto verbindliche Wirkung hat.45 Art 6 Abs 9 Stromhandels-VO untermauert dies, da er besagt, dass ACER den Netzkodex der Kommission erst vorzulegen hat, nachdem sie sich davon überzeugt hat, dass der Netzkodex der Richtlinie entspricht. ACER steht es hierbei offen, die Annahme des Netzkodex zu empfehlen. Abschließend ist es der Kommission überlassen, ob sie den vorgelegten Netzkodex annimmt bzw unter Angabe von Gründen ablehnt.46 Das ursprüngliche Konzept der Europäischen Kommission hat vorgesehen, Netzkodizes auf freiwilliger Basis zu belassen. Im Regelfall erhalten die Netzkodizes aber heute durch Verabschiedung im sogenannten Komitologieverfahren47 als Regelungsverfahren mit Kontrolle nach Art 5a des Komitologiebeschlusses rechtsverbindlichen Charakter, vorausgesetzt es erfolgt keine Überleitung ins Leitlinienverfahren.48

Leitlinien werden gleichermaßen im Komitologieverfahren verabschiedet.49 Die Bereiche, für welche die Kommission Leitlinien erlassen kann, sind in Art 18 Abs 1 bis 3 Stromhandels-VO gelistet. Das beinhaltet ausdrücklich auch jene Gebiete, für die Netzkodizes konzipiert werden können. Voraussetzung für die Erlassung einer Leitlinie ist dabei stets, dass die Leitlinie ein Mindestmaß an Harmonisierung bewirkt, das zur Erreichung der Ziele der Verordnung erforderlich ist, und dass das für die Zweckerreichung erforderliche Maß nicht überschritten wird.50 Bisher sind lediglich die CACM-VO und die FCA-VO als Leitlinien erlassen worden.51

44

Vgl Gräper/Schoser in Jones3, Rz 12.3f.

45

Vgl Ermacora in Jones3, Rz 7.42; Urbantschitsch, ÖJZ 2009, 852.

46

IdR folgt die Erlassung eines Netzkodex diesem Prozedere. Gem Art 6 Abs 11 Stromhandels-VO kann die Kommission unter gewissen Umständen auch von sich aus oder auf Empfehlung von ACER einen Netzkodex für die in Art 8 Abs 6 Stromhandels-VO aufgezählten Bereiche erlassen.

47

Das Komitologieverfahren erlaubt es der Kommission, in bestimmten Fällen detaillierte Regelungen in einem vereinfachten Verfahren zu erlassen. Der Vertrag von Lissabon hat das Verfahren reformiert und in Art 290 und Art 291 AEUV neue Formen der Rechtssetzung durch die Kommission eingeführt. Frühere Ermächtigungen zum Komitologieverfahren bleiben aber in Kraft, bis sie aufgehoben werden, vgl Achenbach in Bergmann5, 585f;

Gräper/Schoser in Jones3, Rz 12.11ff; Weyer in Bien/Ludwigs, 141ff. Kritisch zur anhaltenden Nutzung des Komitologieverfahrens als Regelungsverfahren mit Kontrolle nach Art 5a des Komitologiebeschlusses vgl Weiß in Baur/Salje/Schmidt-Preuß2, Kap 12 Rz 36, 39.

48

Vgl Gräper/Schoser in Jones3, Rz 12.62. Ins Detail vgl Weyer in Bien/Ludwigs, 137ff. Kritisch vgl

Pritzsche/Reimers in Baur/Salje/Schmidt-Preuß2, Kap 17 Rz 13.

49 Vgl Art 23 Abs 2 Stromhandels-VO. 50 Vgl Art 18 Abs 5 Stromhandels-VO.

51 Weitere Leitlinien zu den Themen “Electricity Balancing” und “Electricity transmission system operation“

sind in Planung, vgl http://ec.europa.eu/energy/en/topics/wholesale-market/electricity-network-codes

(19)

9 Die CACM-VO und die FCA-VO regeln unterschiedliche Aspekte derselben Materie.52 Zielsetzung der Verordnungen ist die Schaffung eines klaren Rechtsrahmens für ein effizientes Engpassmanagementsystem.53 Zentraler Regelungsgegenstand der CACM-VO ist die Kapazitätsvergabe für den kurzfristigen Marktzeitbereich (Day-Ahead, Intraday). Die FCA-VO stellt indessen die Rahmenbedingungen für die Vergabe langfristiger zonenübergreifender Kapazität auf. Dazu bezieht sich die Verordnung vielerorts auf die in der CACM-VO geregelten Sachverhalte. Weitere Vorgaben betreffen ua die Kapazitätsberechnung,54 institutionelle Regelungen für den Vergabeprozess55 sowie die ausschließlich in der CACM-VO enthaltenen Vorschriften bzgl der Konfiguration der Gebotszonen56 und gemeinsamer Entlastungsmaßnahmen im Rahmen des kurzfristigen Engpassmanagements.57

2.2. Nationale Rechtsgrundlagen

Elektrizitätsrecht ist eine Querschnittmaterie, dh die Kompetenzen splittern sich auf Bund und Länder auf.58 Der für das Elektrizitätsrecht zentrale kompetenzrechtliche Tatbestand in Art 12 Abs 1 Z 5 B-VG ordnet an, dass die Grundsatzgesetzgebung Bundessache ist und die Länder für die Erlassung der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung des Elektrizitätswesen zuständig sind, soweit es nicht unter Art 10 B-VG fällt.59 Kompetenzdeckungsklauseln – etwa in § 1 ElWOG oder § 1 E-ControlG60 – erweitern die Bundeskompetenzen zulasten der Länder und ermächtigen den Bund in Durchbrechung der Kompetenzordnung zur Erlassung, Aufhebung und Vollziehung der einschlägigen

52

Die in der FCA-VO enthaltenen Bestimmungen sind ursprünglich als Bestandteil des CACM-Netzkodex konzipiert worden. Auf Entscheidung der Europäischen Kommission hin hat ACER – auf Basis der Vorgaben der CACM-Rahmenleitlinie – einen separaten Netzkodex für die langfristige Kapazitätsvergabe ausgearbeitet, vgl König, Engpassmanagement 253.

53

Vgl 3. Erwägungsgrund CACM-VO; idS auch 3. Erwägungsgrund FCA-VO.

54 Vgl Art 14ff CACM-VO; Art 8ff FCA-VO. 55 Vgl Art 36ff CACM-VO; Art 28ff FCA-VO. 56 Vgl Art 32ff CACM-VO.

57

Vgl Art 35 CACM-VO.

58 Vgl Hauer in Hauer/Oberndorfer, § 1 ElWOG Rz 2; ders in Hauer ua, 140; ders in Nowotny/Parak/Scheucher,

61; Pichler, Elektrizitätsrecht2 40; Schanda, Energierecht3 § 1 ElWOG; Potacs/Rogatsch in Holoubek//Potacs I3, 858f; Raschauer, Handbuch 30. Zur breiten Kritik in der Literatur an der nicht mehr zeitgemäßen Kompetenzteilung vgl Metzler, Bilanzgruppensystem 9 FN 67.

59 Vgl Pauger/Pichler, Elektrizitätsrecht2 40; Raschauer, Handbuch 33f; ders in Holoubek/Boltz, 135. Lediglich

zwei Tatbestände, die Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen inklusive Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet, sowie das Starkstromwegerecht, soweit sich Leitungsanlagen auf mindestens zwei Länder erstrecken, fallen in die Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes (Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG), vgl Raschauer, Handbuch 35; ders in Holoubek/Boltz, 137. Bisweilen stützen sich Bestimmungen auch auf die Kompetenztatbestände „Zivilrechtswesen“ (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) und „Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland“ (Art 10 Abs 1 Z 2 B-VG), vgl Pauger/Pichler, Elektrizitätsrecht2 40;

Metzler, Bilanzgruppensystem 9f.

(20)

10 Bestimmungen.61 Die das Engpassmanagement betreffenden einfachgesetzlichen Vorschriften im ElWOG sind jedoch nicht von diesen Sonderkompetenzen umfasst. Sie stützen sich mit Ausnahme einiger allgemeiner Bestimmungen62 auf Art 12 Abs 1 Z 5 B-VG.63 Weitere – zunächst unverbindliche64 – Vorgaben für das Engpassmanagement sind in den TOR festgelegt.

2.2.1. ElWOG

Das ElWOG stellt die zentrale Rechtsgrundlage für das nationale Engpassmanagement dar. Es enthält in erster Linie Vorschriften für das kurzfristige Engpassmanagement. Die Zuständigkeit zum Engpassmanagement liegt bei dem Regelzonenführer,65 den Übertragungsnetzbetreibern66 und den Verteilernetzbetreibern.67 Regelzonenführer, Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber sind von Gesetzes wegen zu gleichen Maßen dazu verpflichtet, Engpässe im Netz zu ermitteln und Maßnahmen zur Engpassbewältigung zu setzen. Die verfügbaren Instrumente variieren: Während im Hinblick auf die Betreiber von Übertragungsnetzen und die Verteilernetzbetreiber erst durch Rückgriff auf die TOR68 ersichtlich wird, welche Maßnahmen gesetzt werden sollen, ist der Gesetzestext in Bezug auf den Regelzonenführer ergiebiger. Sofern für die Engpassbeseitigung erforderlich, ist der Regelzonenführer berechtigt, die Erzeuger im Dienste

61

Vgl Pauger/Pichler, Elektrizitätsrecht2 40; Raschauer, Handbuch 41; Hauer in Hauer/Oberndorfer, § 1 ElWOG Rz 7f; ders in Nowotny/Parak/Scheucher 62; Metzler, Bilanzgruppensystem 10.

62 ZB in Bezug auf die Aufsicht oder das Verwaltungsstrafrecht. 63 Vgl Hauer in Hauer/Oberndorfer, § 1 ElWOG Rz 6.

64

Vgl etwa Hauer in Hauer/Oberndorfer, § 7 ElWOG Rz 39; ders, FS Wimmer 182f; Abel ua, JRP 2008, 234. Ausführlicher dazu sogleich 2.2.2.

65 Vgl §§ 23 Abs 2 Z 5, 23 Abs 9 ElWOG. § 7 Z 60 ElWOG definiert den Regelzonenführer als denjenigen, der

für die Leitungs-Frequenz-Regelung in einer Regelzone verantwortlich ist. Formell ist Österreich in drei Regelzonen geteilt: in die Regelzone „Ost“ (Bereich der Austrian Power Grid AG, kurz APG), die Regelzone „Tirol“ (Bereich der TIWAG-Netz-AG) und die Regelzone „Vorarlberg“ (Bereich der VKW-Übertragungsnetz AG). Seit dem 1.01.2012 besteht materiell allerdings nur mehr eine Regelzone, für die die APG als Regelzonenführer fungiert, vgl Metzler, Bilanzgruppensystem 47f; vgl

https://www.apg.at/de/news/aktuelles/2011/12/22/VKW (11.07.2017).

66 Vgl § 40 Abs 1 Z 11 ElWOG. Ein Übertragungsnetzbetreiber ist gem § 7 Z 70 ElWOG derjenige, der für den

Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Übertragungsnetzes und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage nach Übertragung von Elektrizität zu befriedigen, verantwortlich ist. Während das ElWOG noch von drei Übertragungsnetzbetreibern spricht, gibt es mittlerweile nur noch zwei Übertragungsnetzbetreiber: die APG und die Vorarlberger Übertragungsnetz GmbH (VÜN), vgl

https://www.entsoe.eu/about-entso-e/inside-entso-e/member-companies/Pages/default.aspx (11.07.2017).

67

Vgl § 45 Z 12 ElWOG.

(21)

11 des Engpassmanagements zur Leistungserbringung aufzufordern.69 Grundlage dafür kann entweder eine vertragliche Vereinbarung mit den betroffenen Erzeugungseinheiten70 oder eine einseitige Anordnung des Regelzonenführers sein.71 Der Vollzug des ElWOG fällt in die Zuständigkeit der österreichischen Regulierungsbehörde, der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control).72 Die Besorgung der Aufgaben bzgl des Engpassmanagements erfolgt prinzipiell durch den Vorstand.73

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Gesetzgeber die Vorschriften für das Engpassmanagement relativ allgemein gehalten hat und die Regelung weder im Hinblick auf die Zuständigkeitsverteilung noch auf die zum Einsatz kommenden Instrumente ins Detail geht.74 Das sticht insb im Vergleich mit Deutschland hervor, das in den letzten Jahren ein mehrstufiges Regelungssystem installiert hat.75

Zum einen kann das darauf zurückgeführt werden, dass innerstaatliche Engpassmanagementmethoden im Regelfall kurzfristiger Natur sind. Kurzfristiges Engpassmanagement weist eine weniger komplexe Systematik als langfristiges Engpassmanagement auf und erfordert daher einen weniger detaillierten Rechtsrahmen. Da die Vorgaben für das langfristige Engpassmanagement aus Praktikabilitätsgründen ausschließlich auf unionsrechtlicher Ebene festgesetzt worden sind,76 ist der Regelungsbedarf für die nationalen Gesetzgeber somit im Allgemeinen geringer. Zum anderen weist der österreichische Elektrizitätsmarkt eine andere Struktur auf als sein deutsches Äquivalent. Die Erzeugungsstruktur hat einen geringeren Dezentralisierungsgrad und der Bedarf zur Setzung

69

Diese Maßnahme steht grundsätzlich nur dem Regelzonenführer zu. Eine Ausnahme stellen das Oö ElWOG und das WelWG dar, die gleichartige Befugnisse für die Verteilernetzbetreiber vorsehen, vgl §§ 40 Z 11, 40 Z 11a Oö ElWOG; § 38 Abs 1 Z 16 WelWG. Es ist zu überlegen, ob die Regelungen mit der Grundsatzgesetzgebung vereinbar sind, vgl idS Raschauer in Hauer, 156. Wenn die Grundsatzgesetzgebung eine bestimmte Frage offen lässt, ist nach ständiger Rechtsprechung des VfGH im Zweifelsfall von einer ausführungsoffenen Regelung auszugehen, vgl VfSlg 3649/1959, 14.322/1995, 15.279/1998, 19.016/2010; dazu auch Wiederin in Holoubek/Korinek10, Art 15 Abs 6 B-VG Rz 11f; Raschauer, Handbuch 37f. Da der Grundsatzgesetzgeber an keiner Stelle präzisiert, welche Instrumente den Verteilernetzbetreibern zur Engpassbeseitigung zur Verfügung stehen, steht die Grundsatzgesetzgebung den Ausführungsbestimmungen nicht entgegen. Es ist daher davon auszugehen, dass die vorliegenden Regelungen zulässig sind.

70 Vgl § 23 Abs 2 Z 5 ElWOG. 71

Vgl § 23 Abs 9 ElWOG.

72

Vgl §§ 2 Abs 1, 21 Abs 1 Z 1 E-ControlG.

73 Vgl § 7 Abs 1 E-ControlG.

74 Vgl Hauer, FS Wimmer 193; idS auch Raschauer in Hauer, 157. Im ElWOG wird zB an mehreren Stellen

lapidar von „Maßnahmen“ zur Engpassbewältigung gesprochen, vgl §§ 23 Abs 2 Z 5, 40 Z 11, 45 Z 12 ElWOG.

75

Vgl exemplarisch König, Engpassmanagement 361ff; Hamdorf, Verteilungsentscheidung 316ff; Wendt, Kapazitätenengpässe 53ff; Bundesnetzagentur, 3. Quartalsbericht 2015 41ff.

76 Grund dafür ist, dass langfristige Engpassmanagementmethoden im Regelfall zur Bewirtschaftung

engpassbehafteter Interkonnektoren zwischen den nationalen Elektrizitätsnetzen angewendet werden und eine einheitliche Rechtsgrundlage auf europäischer Ebene den Handel erleichtert. Zudem fördert die Harmonisierung der entsprechenden Verfahren die Entstehung des europäischen Elektrizitätsbinnenmarkts.

(22)

12 von Engpassmanagementmaßnahmen ist bisher in weitaus geringerem Ausmaß gegeben gewesen, sodass weniger Notwendigkeit für ein detaillierteres Regelungssystem besteht.77 Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bisher schlichtweg keine Notwendigkeit zur Ausarbeitung differenzierterer Vorschriften hinsichtlich der angesprochenen Aspekte gesehen hat und die bestehende Regelung als ausreichend erachtet.

Bei den für das Engpassmanagement als solches einschlägigen Bestimmungen handelt es sich mit Ausnahme der Verfassungsbestimmung in § 23 Abs 9 ElWOG ausschließlich um Grundsatzbestimmungen. Somit ist die Ausführungsgesetzgebung der Länder wesentlich.78 Dennoch erfolgt die Untersuchung grundsätzlich anhand der Grundsatzgesetzgebung, nachdem die Ausführungsgesetze vielfach nur eine wortwörtliche bzw sinnesgleiche Wiedergabe der Grundsatzbestimmungen darstellen.79 Eine Behandlung ausführungsgesetzlicher Bestimmungen erfolgt daher lediglich dort, wo der Regelungsinhalt Abweichungen aufweist.

2.2.2. TOR

Die TOR sind ein technisches Regelwerk, das den reibungslosen Netzbetrieb sicherstellen soll.80 Sie sind mehrteilig und enthalten an verschiedenen Stellen Vorgaben für das Engpassmanagement, sei es in Hinblick auf Begriffsdefinitionen81 oder die Vorgehensweise bei Leitungsüberlastungssituationen.82 Die TOR sind gem § 22 Z 2 ControlG von der E-Control in Zusammenarbeit mit den Betreibern von Elektrizitätsnetzen im Zuge der Erledigung der Regulierungsaufgaben für die Betreiber und Nutzer von Netzen zu erarbeiten und diesen zur Verfügung zu stellen.

Wiewohl die TOR auf der Homepage der E-Control unter der Rubrik „Marktregeln“ geführt werden, handelt es sich dabei im Gegensatz zu den sonstigen Marktregeln um keine

77 Vgl ACER/CEER, Annual Report 2015 27. 78

Zum Verhältnis Grundsatz- /Ausführungsgesetzgebung vlg zB Raschauer, Handbuch 37f; Pauger/Pichler, Elektrizitätsrecht2 41ff; Wiederin in Holoubek/Korinek10, Art 15 Abs 6 B-VG Rz 5ff.

79 Vgl Hauer in Nowotny/Parak/Scheucher 64. Das ist dadurch bedingt, dass der Grundsatzgesetzgeber den

Ausführungsgesetzgebern wenig Ermessensspielraum zugestanden hat. Nicht von ungefähr sprechen die gegenständlichen Bestimmungen in §§ 23 Abs 2, 40 Abs 1, 45, 66 ElWOG davon, dass die Ausführungsgesetze „Pflichten aufzuerlegen haben“ bzw „zu verpflichten haben“, vgl Pauger/Pichler, Elektrizitätsrecht2

§ 23 ElWOG Anm 1.

80 Vgl TOR, Teil A, 4. 81 Vgl TOR, Teil A, 27, 43. 82

Vgl TOR, Teil B, 26 für Vorgaben an die Betreiber von Netzen mit einer Nennspannung ≥ 110 kV bzw TOR, Teil C, 12 für Vorgaben an Betreiber von Netzen mit einer Nennspannung unter 110 kV.

(23)

13 Marktregeln iSd § 7 Z 24 ElWOG.83 Die TOR sind vielmehr technische Vorschriften ohne normativen Charakter.84 Dies wird zum einen durch die Formulierung des § 22 Z 2 E-ControlG impliziert, wonach die TOR den Netzbetreibern und -nutzern „zur Verfügung zu stellen“ sind.85

Zum anderen hat der Gesetzgeber die Verbindlichkeit der TOR in keiner gesetzlichen Vorschrift normiert.86 Die TOR entfalten allerdings in Zusammenhang mit der Auslegung unbestimmter technikrechtlicher Gesetzesbegriffe Wirkung, da sie den Stand der Technik wiedergeben.87 Insoweit sie für das Engpassmanagement relevante Inhalte behandeln, finden sie daher im Rahmen dieser Untersuchung Berücksichtigung.

83 Der Rechtscharakter der (sonstigen) Marktregeln ist umstritten, vgl bspw Kossuth, Marktregeln im

Energiemarkt – Entstehung und Änderung, ÖZW 2003, 78ff; Müller, Regulatorisches Softlaw: Abschied vom traditionellen Rechtsschutz?, ÖJZ 2010, 24ff; Stockenhuber, Die Rechtsgrundlagen der Marktregeln und ihre Einordnung in das Rechtsquellensystem, in Mayer (Hrsg), Hauptfragen des Elektrizitätswirtschaftsrecht (2003) 1; Raschauer, Handbuch 139ff; Damjanovic in Holoubek/Boltz, 133ff.

84

Vgl Hauer in Hauer/Oberndorfer, § 7 ElWOG Rz 39; Hauer, FS Wimmer 182f; Abel ua, JRP 2008, 234.

85 Vgl Schneider, Regulierungsrecht I 270f; Damjanovic in Holoubek/Boltz, 126.

86 Vgl Hauer, FS Wimmer 183; Damjanovic in Holoubek/Boltz, 126. Den TOR kommt lediglich dann

Rechtsverbindlichkeit zu, wenn ein entsprechender Verweis in den AGB erfolgt, vgl Hauer in Hauer/Oberndorfer, § 7 ElWOG Rz 39; Schneider, Regulierungsrecht I 271.

87 Vgl Hauer in Hauer/Oberndorfer, § 7 Rz ElWOG 38; Schneider in Regulierungsrecht I 271; Sternig,

Versorgungssicherheit 165. K. Oberndorfer erklärt die Verbindlichkeit der TOR als Sorgfaltsmaßstab und Verhaltensordnung über die Pflicht des Übertragungsnetzbetreibers nach § 40 Abs 1 Z 11 ElWOG zu einem sicheren, leistungsfähigen und zuverlässigen Netzbetrieb, der durch die Einhaltung der TOR erreicht wird, vgl K.

(24)

14

3. Grundlegende Aspekte 3.1. Physikalische Grundlagen

Elektrizität ist ein Sekundärenergieträger, der durch die Umwandlung von Energie aus Primärenergieträgern88 in Kraftwerken „erzeugt“ wird.89 Eine Speicherung ist nur in geringem Ausmaß möglich und aus ökonomischer Sicht nur bedingt sinnvoll. Stromerzeugung und –verbrauch bzw die Einspeisung und Entnahme elektrischer Energie müssen daher zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht sein, um eine stabile Elektrizitätsversorgung zu gewährleisten.90 Da eine exakte Bedarfsprognose im Voraus nicht möglich ist, muss die Erzeugungsstruktur so aufgebaut sein, dass der Verbrauch auch in Spitzenlastzeiten befriedigt werden kann, sodass sich der Einsatz bestimmter Erzeugungseinheiten bspw ausschließlich auf den Ausgleich von Lastschwankungen beschränkt.91

Bei Elektrizität handelt es sich um einen leitungsgebundenen Energieträger, dh der Transport vom Erzeuger bis zum Endkunden erfolgt über Leitungen. Diese Leitungen sind in Elektrizitätsnetzen organisiert, die ihrerseits Teil eines der europäischen Verbundnetze sind.92 Die Netze werden im Regelfall auf vier unterschiedlichen Spannungsebenen betrieben. Die Höchstspannungsebene (220 kV oder 380 kV) ist auf den überregionalen und europaweiten Stromtransport ausgelegt und ist Teil des Übertragungsnetzes. Die grenzüberschreitenden Verbindungsleitungen, über die die nationalen Übertragungsnetze miteinander verbunden sind, werden dabei als Grenzkuppelstellen oder Interkonnektoren bezeichnet.93 Das Übertragungsnetz umfasst neben der Höchstspannungs- auch die Hochspannungsebene (110 kV). Bei den darunter liegenden Mittelspannungs- (6 kV bis 60 kV) und Niederspannungsnetzen (230 V oder 400 V) handelt es sich um Verteilernetze, über die der Strom zu den Kunden transportiert wird.94

88 ZB Kohle, Erdgas, Wind- und Wasserkraft, vgl Raschauer, Handbuch 1; Hauer in

Hauer/Pabel/Leitl-Staudinger/Mayrhofer, 135.

89

Vgl Hamdorf, Verteilungsentscheidung 264f; Pichler, Hoheitliche Preisfestsetzung 17.

90

Vgl Sternig, Versorgungssicherheit 3f.

91 Vgl Dieckmann, Engpassmanagement 28.

92 Vgl Wendt, Kapazitätsengpässe 4. Aus technischen Gründen gibt es mehrere Verbundnetze in Europa. Neben

dem zentraleuropäischen UCTE-Verbundnetz, dem Österreich angehört, gibt es das NORDEL-Netz, das UKTSOA-Netz und das IPS/UPS-Netz. Seit 2009 hat ENTSO-E die Koordinierung des UCTE-Übertragungsnetzes über. Die einzelnen europäischen Verbundnetze sind asynchron zueinander und können daher nach derzeitigem Stand noch nicht zusammengeschlossen werden, vgl https://www.energie-lexikon.info/europaeisches_verbundsystem.html (11.07.2017); Schoser in Jones3, Rz 8.5ff.

93

Vgl Gruber, Grenzüberschreitende Stromlieferungen 39f.

(25)

15 Während die Stromerzeugung bis zu einem gewissen Maß an den Verbrauch angepasst werden kann, ist die Kapazität der Elektrizitätsleitungen grundsätzlich technisch beschränkt.95 Insoweit die Nachfrage nach Kapazität – bspw aufgrund von Preisdifferenzen auf den Großhandelsmärkten, die den Handel zwischen den Marktteilnehmern erhöhen – das verfügbare Angebot übersteigt, treten Netzengpässe auf.96

3.2. Netzengpass

Ein Netzengpass liegt vereinfacht gesagt stets dann vor, wenn aufgrund unzureichender Kapazitäten eine Leitungsüberlastung im Netz eintritt oder unmittelbar einzutreten droht. Prinzipiell kann jedes Netzelement von einem Engpass betroffen sein.97 Netzengpässe können daher sowohl im nationalen Elektrizitätsnetz als auch auf grenzüberschreitenden Verbindungsleitungen auftreten. Grenzkuppelstellen sind vor dem Hintergrund der Zunahme der grenzüberschreitenden Stromhandelsgeschäfte vergleichsweise öfter betroffen, weshalb dazu detailliertere Bestimmungen aufliegen.98

Die Stromhandels-VO definiert Netzengpässe in Art 2 Abs 2 lit c Stromhandels-VO als eine Situation, in der eine Verbindung zwischen nationalen Übertragungsnetzen wegen unzureichender Kapazität der Verbindungsleitungen und/oder der betreffenden nationalen Übertragungsnetze nicht alle Stromflüsse im Rahmen des von den Marktteilnehmern gewünschten internationalen Handels bewältigen kann. Die Definition gibt anschaulich die Charakteristika einer Netzüberlastungssituation im grenzüberschreitenden Kontext wieder: Ein Engpass an den Interkonnektoren ist zumeist dadurch bedingt, dass das gewünschte Handelsvolumen die verfügbaren Netzkapazitäten übersteigt. In Anbetracht der Zentrierung auf engpassbehaftete grenzüberschreitende Verbindungsleitungen lässt diese Begriffsbestimmung gemeinsam mit der Definition der Verbindungsleitung99 den Rückschluss zu, dass die Engpassmanagement-Vorschriften der Stromhandels-VO

95 Die Berechnung der tatsächlich verfügbaren Übertragungskapazität gestaltet sich relativ komplex, weil die

Übertragungsnetzbetreiber verschiedene externe Faktoren wie zB Ringflüsse oder die Blindleistung berücksichtigen müssen, damit der Eintritt von Netzengpässen vermieden werden kann, vgl Dieckmann, Engpassmanagement 28ff.

96 Vgl Beienburg in Zenke/Schäfer2, § 23 Rz 4.

97 Ein System kann allerdings auch so konzipiert sein, dass kein Engpass auftreten kann. Ein solches System

wird als „Kupferplatte“ bezeichnet. Einfach gesagt wird die Netzinfrastruktur auf ein Level ausgebaut, in dem Engpässe nur noch in einem sehr eingeschränkten Ausmaß auftreten. Nachteil eines derartiges Systems ist, dass die Netzkosten um ein Vielfaches höher ausfallen als in einem System, das Engpässe erlaubt, vgl Egerer ua, DIW Wochenbericht 2015, 184.

98

Vgl Consentec/Frontier Economics, Analysis 4.

(26)

16 ausschließlich für den Umgang mit Engpässen zwischen den nationalen Übertragungsnetzen konzipiert sind.100

Die Engpassdefinition der TOR101 berücksichtigt im Vergleich dazu in erster Linie Leitungsüberlastungen im nationalen Netz und legt den Fokus auf technische Kriterien. Ein Engpass im Netz besteht demzufolge dann, wenn durch die vorhandenen oder prognostizierten Leistungsflüsse Grenzwertüberschreitungen im elektrischen System/von Betriebsmitteln oder Verletzungen des betrieblichen (n-1)-Kriteriums tatsächlich auftreten oder aufzutreten drohen und somit den Betrieb des elektrischen Systems gefährden.102 Das betriebliche (n-1)-Kriterium ist ein netztechnischer Sicherheitsstandard, der 2004 von UCTE im Operation Handbook festgesetzt worden ist und in allen Staaten, die Teil des UCTE-Verbundnetzes sind, Geltung hat. Es besagt, dass die Netzsicherheit bei störungsbedingtem Ausfall eines beliebigen Betriebsmittels – bspw eines Transformators oder Generators – weiterhin gewährleistet sein muss, ohne dass eine Überlastung der übrigen Betriebsmittel eintritt. Das (n-1)-Kriterium wird in den nationalen Systemregeln konkretisiert.103 Nach den TOR liegt eine Verletzung des (n-1)-Kriteriums in Netzen mit einer Nennspannung ≥ 110 kV dann vor, wenn nach störungsbedingten Ausfällen von Betriebsmitteln dauerhafte Grenzwertverletzungen104 in Hinblick auf Netzbetriebsgrößen und von Betriebsmittelbeanspruchungen, Versorgungsunterbrechungen, Folgeauslösungen, Stabilitätsverluste von Erzeugungseinheiten oder die Notwendigkeit zur Adaption vereinbarter Transportdienstleistungen auf- bzw eintreten.105

Bei der Engpassdefinition der TOR wird begrifflich treffend zwischen dem tatsächlichen und dem drohenden Eintritt einer Verletzung des (n-1)-Kriteriums differenziert. Ein bereits erfolgter Störungseintritt ist als physischer Engpass106 zu qualifizieren, während das bloße Vorliegen einer Gefährdungssituation einen ökonomischen Engpass darstellt. Der ökonomische Engpass unterscheidet sich von dem physischen Engpass insofern, als dass diese

100 Vgl K. Oberndorfer in Hauer/Oberndorfer, § 19 ElWOG Rz 5. 101

Der österreichische Gesetzgeber hat den Begriff „Engpass“ an keiner Stelle definiert und scheint den Gehalt als bekannt vorauszusetzen. Vor diesem Hintergrund bleibt nur der Rückgriff auf die TOR.

102 Vgl TOR, Teil A, 27.

103 Vgl Dieckmann, Engpassmanagement 57.

104 Eine Grenzwertverletzung liegt vor, wenn eine beobachtete Größe den als zulässig definierten Wertebereich

verlässt, vgl TOR, Teil A, 31.

105 Vgl TOR, Teil A, 43f.

106 Die CACM-VO verwendet stattdessen den Begriff physikalischer Engpass und definiert damit nach Art 2 Z

18 eine netztechnische Situation, in der vorhergesagte oder aufgetretene Lastflüsse nicht mit den thermischen Grenzwerten der Netzelemente und den Spannungsgrenzwerten oder den Winkelstabilitätsgrenzwerten des elektrischen Energiesystems übereinstimmen.

(27)

17 Art von Engpass für den Netzbetreiber bereits im Fahrplan ersichtlich ist. Der Netzbetreiber ist daher in der Lage, die Netzüberlastung mittels netzbezogener Maßnahmen oder einer Anpassung des gegenständlichen Fahrplans noch rechtzeitig vor Eintritt der Leitungsüberlastung abzuwenden. Im Falle eines physischen Netzengpasses ist die Verletzung eines Netzsicherheitsstandards hingegen bereits eingetreten, wenn der Netzbetreiber den Engpass erkennt, sodass die Engpassbeseitigung nur noch reaktionär erfolgen kann.107

Ein weiteres gängiges Differenzierungsmerkmal verschiedenartiger Engpässe ist die Abstellung auf die Auftrittsdauer und -frequenz eines Engpasses. Es wird zwischen kurzfristigen und strukturellen Engpässen unterschieden. Kennzeichen eines kurzfristigen bzw temporären Engpasses ist, dass die Netzüberlastung unerwartet und punktuell eintritt.108 Die TOR führen einen solchen Engpass auf unvorhersehbare Situationen wie Störungen, massive Änderungen der Erzeugung im Zuständigkeitsbereich eines Netzbetreibers oder aber auch Ringflüsse zurück.109 Das Gegenstück sind langfristige bzw strukturelle Engpässe.110 Gem Art 2 Ziffer 19 CACM-VO handelt es sich bei einem strukturellen Engpass um einen Engpass im Übertragungsnetz, der eindeutig festgestellt werden kann, vorhersehbar ist, geografisch über längere Zeit stabil bleibt und unter normalen Bedingungen des elektrischen Energiesystems wiederholt auftritt. Diese Begriffsbestimmung bezieht sich vorwiegend auf grenzüberschreitenden Übertragungsleitungen, wo Engpässe zumeist auf die im Verhältnis zum durchschnittlichen Kapazitätsbedarf zu knappe Kapazität der betreffenden Verbindungsleitungen zurückzuführen sind und der Engpass daher im Regelfall relativ beständig ist. Im nationalen Bereich werden mittel- und langfristige Netzengpässe hingegen vorwiegend durch (zeitlich begrenzte) Revisions- und Reparaturarbeiten verursacht.111

In der österreichischen Literatur wird zum Teil eine weitere Unterscheidung vorgenommen. Engpässe werden danach differenziert, ob sie technischer oder rechtlicher Natur sind.112 Ein technischer Engpass liegt demzufolge vor, wenn sämtliche Kapazitäten durch die tatsächliche Netznutzung ausgelastet sind.113 Ein rechtlicher Engpass wird hingegen

107

Vgl König, Engpassmanagement 40f.

108 Vgl König, Engpassmanagement 42. Im Folgenden wird nur noch die Bezeichnung „kurzfristiger Engpass“

genutzt.

109 Vgl TOR, Teil A, 27. Zur Problematik von Ringflüssen in eng vermaschten Netzen vgl 4.3.1. 110

Vgl Dieckmann, Engpassmanagement 59f. Im Folgenden wird nur noch die Bezeichnung „struktureller Engpass“ verwendet.

111 Vgl TOR, Teil A 27.

112 Vgl K. Oberndorfer in Hauer/Oberndorfer, § 15 ElWOG Rz 11, § 20 Rz 3f; Schneider, Regulierungsrecht I

550; Gruber, Grenzüberschreitende Stromlieferungen 46, 262.

(28)

18 durch die vollständige Reservierung der verfügbaren Kapazitäten verursacht.114 Da im grenzüberschreitenden Bereich heutzutage Kapazitätsallokationsmechanismen die Regel sind, kommt die Problematik eines rechtlichen Engpasses – die primär im Netzzugangsverweigerungsverfahren gegriffen hat – kaum mehr vor.115

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Engpässe im Elektrizitätsnetz immer dann auftreten, wenn die verfügbare Übertragungskapazität nicht ausreicht, um die gewünschten Stromflüsse zu bewältigen. Abhängig davon, ob der Engpass unerwartet oder mit einer gewissen Frequenz auftritt, wird dabei zwischen kurzfristigen oder strukturellen Netzengpässen differenziert. Weitere Unterscheidungen zielen darauf ab, ob die Leitungsüberlastung schon eingetreten ist oder noch präventiv abgewendet werden kann und ob der Engpass technisch oder rechtlich bedingt ist. Dabei ist der konkrete Auslöser für das Entstehen eines Engpasses relativ einfach zu identifizieren – die punktuell unzureichende Leitungskapazität –; die Gründe, weshalb die europäischen Elektrizitätsnetze die angefragten Stromflüsse vermehrt nicht mehr bewältigen können, sind dagegen vergleichsweise schwieriger auszumachen.

3.2.1. Ursachen für die Zunahme von Netzengpässen

Die europäischen Elektrizitätsnetze sind erst seit einigen Jahren mit dem gehäuften Auftreten von Engpässen konfrontiert. Im Wesentlichen ist diese Entwicklung auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zunächst ist die Nachfrage nach Verbindungskapazitäten in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Das ist zum einen Begleiterscheinung zweier Zielsetzungen der Europäischen Union, der Energiewende und der Förderung des grenzüberschreitenden Stromhandels.116 Zum anderen hat der private und gewerbliche Stromverbrauch in den EU-28 von 1990 bis 2013 um 28,1% zugenommen.117 Gleichzeitig ist der Netzausbau nicht schnell genug vorangeschritten, um mit diesen Entwicklungen Schritt halten zu können, sodass vermehrt Netzüberlastungssituationen auftreten.118

114 Vgl K. Oberndorfer in Hauer/Oberndorfer, § 20 ElWOG Rz 4.

115 Die Regulierungskommission ist in den letzten Jahren mit keinem derartigen Fall befasst gewesen, vgl

https://www.e-control.at/de/recht/entscheidungen/entscheidungen-regulierungskommission (11.07.2017).

116

Vgl VÜN, Netzentwicklungsplan 2016 3.

117 Vgl http://www.eea.europa.eu/data-and-maps/indicators/overview-of-the-electricity-production-1/assessment

(11.07.2017).

118 IdS bereits 2004 vgl Dummer/Popelka, e&i elektrotechnik und informationstechnik 2004, 421. Schon damals

haben sich die (negativen) Auswirkungen der Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte auf den regulären Netzbetrieb bemerkbar gemacht.

(29)

19 Die Energiewende geht auf das Ziel der Europäischen Union zurück, den unionsweiten Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 mindestens zu 20% aus erneuerbaren Energieträgern zu speisen und diesen Anteil bis 2030 auf 27% zu erhöhen.119 Die Erzeugungsstruktur hat sich durch diese Entwicklung grundlegend verändert, da die Standortwahl beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger nicht mehr primär anhand netztechnischer Überlegungen, sondern basierend auf den natürlichen Gegebenheiten – und somit dezentral – erfolgt, um den größtmöglichen Output zu erzielen. Damit sind verschiedene Herausforderungen verbunden.

Einerseits muss der Strom immer größere räumliche Distanzen überbrücken, um zum Verbraucher zu gelangen, sodass die Transportkapazitäten um ein Vielfaches mehr beansprucht werden.120 Gerade in Deutschland hat sich bspw in Folge der Energiewende ein starkes Nord-Süd-Gefälle – zwischen Erzeugungs- und Verbraucherzentren – ergeben, dem der innerdeutsche Netzausbau erheblich hinterherhinkt.121 In Österreich ist diese Problematik zwar noch nicht in einem vergleichbaren Ausmaß gegeben, darf aber gleichwohl nicht unterschätzt werden. Die Windkraftproduktion hat sich von ca 1.000 MW im Jahr 2010 auf 2.400 MW bis Ende 2015 mehr als verdoppelt und soll in den nächsten fünf Jahren auf bis zu 3.000 MW anwachsen. Für die Photovoltaik sind ebenso weitere 1.200 MW geplant. Dieser rasante Zuwachs an EE-Anlagen erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass künftig auch im österreichischen Netz vermehrt Netzengpässe auftreten.122

Andererseits hat die prioritäre Behandlung erneuerbarer Energieträger zur Folge, dass die Anzahl konventioneller Kraftwerke stetig abnimmt. Das ist darauf zurückzuführen, dass die wirtschaftliche Rentabilität konventioneller Kraftwerke aufgrund des gesetzlichen Einspeisevorrangs123 und der staatlichen Subventionierung erneuerbarer Energien stark gesunken ist. Dazu kommt, dass konventionelle Erzeugungseinheiten vielfach nicht die gleiche Einspeiseleistung wie Windenergie- oder Photovoltaikanlagen erreichen können.124 Aus ökonomischer Hinsicht sind Stilllegungen also durchaus nachvollziehbar. Allerdings kommt konventionellen Kraftwerken erhebliche Bedeutung in Hinblick auf die

119

Vgl Europäische Kommission, Energieunion 2015 2ff.

120

Vgl Dummer/Popelka, e&i elektrotechnik und informationstechnik 2004, 421; König, Engpassmanagement 48.

121 Vgl Bundesnetzagentur, 2. Quartalsbericht 2015 5. 122 Vgl APG, Netzentwicklungsplan 2016 8, 19. 123

Das sogenannte „Winterpaket 2016“ der Europäischen Union sieht den Wegfall des Einspeisevorrangs bis auf

wenige Ausnahmen vor, vgl kritisch

https://www.bmlfuw.gv.at/service/presse/umwelt/2016/161130Winterpaket.html (11.07.2017).

124 Vgl APG, Netzentwicklungsplan 2016 7. Eine große Anzahl an stillgelegten konventionellen Kraftwerken

kann aber unter verhältnismäßig kurzer Vorlaufzeit im Bedarfsfall/bei einer Erholung der Strompreise wieder ans Netz gehen, vgl E-Control, Monitoring Report Versorgungssicherheit 2015 12.

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