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Archiv "Sind die Kinder gut versorgt, freut sich der Chef" (02.07.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Wenn beide Elternteile arbei- ten, dann wirken sich Sorgen und Verpflichtungen, die sich durch den Nachwuchs ergeben, auf die Pro- duktivität aus. Das ist eines der Hauptergebnisse einer Untersu- chung im Auftrag des Magazins

„Fortune" unter 400 amerikani- schen Berufstätigen mit Kindern un- ter 12 Jahren.

Danach fehlten 41 Prozent der befragten Eltern während eines Vierteljahres mindestens einen Ar- beitstag, weil sie ein krankes Kind versorgen oder bei einer Schulveran- staltung anwesend sein mußten.

Doch auch wenn die Kinder gesund sind, beeinflussen sie die Arbeitshal- tung ihrer Eltern.

Diese haben oft Schuldgefühle:

Conrad Lung, 37, Vizepräsident ei- nes großen Sportbekleidungsherstel- lers und Vater einer einjährigen Tochter, dessen Frau ebenfalls be- rufstätig ist: „Ich hatte dauernd Schwierigkeiten, mich auf meine Ar- beit zu konzentrieren. Ich stellte mir immer meine weinende Tochter vor, und dieses Bild verließ mich nicht."

Lung wurde erst sorgloser, als die Großeltern das Babysitting übernah- men.

Gedankliche Abwesenheit, aber auch häufige Telefonate mit den Kindern sowie Mittagspausen, die für sie verlängert werden, summie- ren sich für die amerikanischen Un- ternehmen zu Millionen-Dollar-Ver- lusten.

Die Zweifel und Schuldgefühle von berufstätigen Eltern sind laut

„Fortune" groß. Selbst diejenigen, die sich die beste Betreuung für ihre Kinder leisten, fürchten, daß diese nicht die warmherzige, gezielte Auf-

merksamkeit ihrer eigenen Kindheit ersetzen kann.

Mehr und mehr fragen sich of- fensichtlich amerikanische Eltern, ob eine bessere Bezahlung oder ein klangvollerer Titel wirklich ein zu- rückgelassenes, weinendes Klein- kind oder einen verstockten Halb- wüchsigen aufwiegen können.

Väter empfinden nach „For- tune" noch stärker als Mütter, daß ihr Beruf das Familienleben beein- trächtigt. Sie sind auch eher bereit, auf den beruflichen Aufstieg zu ver- zichten, wenn dieser mit noch weni- ger Zeit für die Familie verbunden ist.

Um ihre Schuldgefühle zu lin- dern, zwacken Eltern also Arbeits- zeit für die Kinder ab, „cutting cor- ners in the job" nennen das die

Amerikaner. Daran wird sich ange- sichts der Entwicklung in den USA so schnell nichts ändern. Die Schul- buch-Familie, in der Vater arbeitet und Mutter zu Hause bei den Kin- dern bleibt, ist pass. Häufig müssen beide Elternteile aus finanziellen Gründen arbeiten. Ein Sechstel der Familien muß mit einem Elternteil leben, so daß die Betreuung der Kinder durch Fremde meist unum- gänglich ist.

Zum Vergleich: Auch in der Bundesrepublik liegt der Anteil der Alleinerziehenden bereits bei einem Sechstel. Und auch hier sind in gut 40 Prozent der Familien beide El- tern erwerbstätig.

Die „Fortune"-Studie zeigt, daß viele amerikanische Eltern Schwierigkeiten haben, besonders Kleinkinder in gute Hände zu ge- ben. In Amerika ist man inzwischen der Auffassung, daß Kinderbetreu- ung nicht allein ein Problem der El- tern ist. Ellen Galinsky, eine der Verantwortlichen für die Studie, fin- det: „Es ist ein institutionelles Pro- blem. Die Familie hat sich schneller verändert als die Institutionen, auf die sie vertraut."

Rund 3000 amerikanische Un- ternehmen sehen inzwischen ihre Verantwortung — und die betriebs- wirtschaftliche Notwendigkeit, hel- fend einzugreifen. Sie finanzieren Plätze in „day care centers" zu ei- nem gewissen Prozentsatz oder bau- en solche Centers nahe dem Unter- nehmen selbst. Andere Firmen übernehmen für verschiedene For- men von Kinderbetreuung einen Anteil der Kosten. Manche bieten auch Schulungen an, damit Eltern lernen, wie man gute Betreuer für sein Kind findet.

Auch für kranke Kinder wird in- zwischen gesorgt. Manche Unter- nehmen finanzieren ganze Kinder- abteilungen für kranken Nachwuchs in den day care centers. Andere en- gagieren Krankenschwestern, die zu den Kindern nach Hause kommen Das ist billiger, als wenn Vater oder Mutter einen Tag zu Hause bleiben.

Doch wenn den Eltern so auch manche Sorge abgenommen wird — die Sozialwissenschaftler sind noch nicht zufrieden: Sie fragen sich, was für eine Generation mit Stellvertre-

Sind die Kinder gut versorgt, freut sich der Chef

Was beeinflußt die Leistungsfähigkeit und das psychische Wohl- befinden von Arbeitern und Angestellten? Ein guter Manager hätte bisher geantwortet: Die Arbeitszeit, das Verhältnis zu Vor- gesetzten, die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Wenn man einer Studie aus den USA glauben darf, dann müßte er aber noch et- was ganz anderes antworten, nämlich: die Einschätzung, ob die eigenen Kinder während der Arbeitszeit gut betreut werden.

Foto: Jahreszeitenverlag

Dt. Ärztebl. 84, Heft 27, 2. Juli 1987 (21) A-1889

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ter-Eltern da heranwächst. Einzelne amerikanische Studien sind nach

„Fortune" widersprüchlich. Letzt- lich ist ungeklärt, ob Kinder, die hauptsächlich von ihren Eltern be- treut werden, anderen überlegen sind.

Wie spannend das Thema auch ist — in der Bundesrepublik Deutsch-

Nur jeder sechzehnte der mehr als 5400 in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Ärzte aus ande- ren europäischen Ländern stammt aus Österreich oder der Schweiz.

260 österreichischen und 73 Schwei- zer Ärzten stehen beispielsweise al- lein 657 griechische Ärzte gegen- über. Auf diese etwas grotesken Zahlenverhältnisse machte der Hauptgeschäftsführer der Bundes- ärztekammer, Dr. Heinz-Peter Brauer, bei der diesjährigen Konsul- tativtagung der deutschsprachigen Ärzteorganisationen in Würzburg aufmerksam. Die Freizügigkeit der Ärzte, die seit etwa zehn Jahren zwi- schen den EG-Ländern gang und gä- be ist, sollte zwischen den deutsch- sprachigen Nachbarländern doch wohl erst recht möglich sein.

An den Ärzten liegt es sicherlich nicht. Diese seit 1952 jährlich statt- findenden Treffen der Ärztekam- mern aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, Liechtenstein und Südti- rol beweisen immer wieder, wie leicht und unkompliziert Ärzte mit- einander auskommen, wenn es kei- ne sprachlichen Verständigungs- schwierigkeiten gibt. Gelegentliche Verständnisschwierigkeiten — verur- sacht durch Unterschiede in den Ge- sundheitssystemen trotz weitgehend ähnlicher sozialer und politischer Strukturen — führen zwischen be- freundeten Nachbarn höchstens zu anregenden Diskussionen und zur fruchtbaren Überprüfung eigener Standpunkte.

So wurde zum Beispiel freimütig darüber diskutiert, ob nicht das Ko- stenerstattungsprinzip in der Kran- kenversicherung der ärztlichen Frei-

land scheint sich keiner dafür zu in- teressieren. Untersuchungen aus dem Wirtschaftsleben liegen nicht vor. Beim „Institut der deutschen Wirtschaft" beispielsweise fand sich weder Literatur noch eine Abtei- lung, die sich für das Thema interes- sierte. Obwohl es um viel Geld ge- hen könnte. Sabine Dauth

beruflichkeit besser entspreche als das Sachleistungssystem. Professor Hans Joachim Sewering setzte sich nachdrücklich für das deutsche Sachleistungssystem ein, das die Be- ziehungen zwischen Patient und Arzt von allen finanziellen Erwä- gungen freihalte und das auf einer ganz anderen Ebene liege als die Freiberuflichkeit des Arztes. Öster- reicher und Schweizer widerspra- chen: das Sachleistungssystem führe zur Übertherapie, verhindere Ko-

„Die Landräte der Römer bauten Badehäuser, unsere errichten Kran- kenhäuser — bei denen sind aber die Folgekosten höher.”

Dr. Ingrid Hasselblatt-Diedrich bei der Würzburger Tagung

stentransparenz, mache den Arzt zum „Erfüllungsgehilfen der Sozial- versicherung"; dagegen wieder Se- wering: Eben davor wird der Arzt durch seine Kassenärztliche Vereini- gung geschützt .. .

Im Rahmen der Darstellung ak- tueller gesundheitspolitischer Ent- wicklungen berichteten aus der Bun- desrepublik der Präsident der Bun- desärztekammer, Dr. Karsten Vil- mar, , über die bevorstehende Struk- turreform und die KBV-Vorstands- mitglieder Dr. Karl Hans Metzner über die kassenärztliche Bedarfspla- nung und Dr. Ulrich Oesingmann über die EBM-Reform. Die vier Jahre lang vorbereitete Novellierung des schweizerischen Krankenversi- cherungsgesetzes dürfte noch Ge- genstand eines Referendums wer- den.

Sehr instruktiv geriet eine drei- seitige Darstellung — Dr. Richard Piaty (Österreich), Dr. Ingrid Has- selblatt-Diedrich (Deutschland) und Dr Hans Rudolf Sahli (Schweiz) — über Kosten und Leistungsdaten im Krankenhaus. Gemeinsames Fazit:

Es gibt zwar überall komplizierte Fi- nanzierungstheorien, praktisch aber fast undurchschaubare „Systeme" — handfeste Orientierungsdaten über die medizinischen Leistungen und die dafür notwendigen Aufwendun- gen stehen kaum zur Verfügung.

Zum Komplex In-vitro-Fertili- sation/Embryonenforschung/Gen- technologie referierte unter ande- rem Dr. Erwin Odenbach von der Bundesärztekammer. Zum Thema AIDS bezog Professor Dr. Dr. Sieg- fried Borelli, München, in sein Re- ferat den bayerischen Maßnahmen- katalog ein; der Präsident der Ver- bindung der Schweizer Ärzte, Dr.

Karl Zimmermann, demonstrierte eine neue Informationsmappe, die für Ärzte und Lehrer bestimmt ist.

Es gab eine eingehende Aussprache auch über die schwierigen rechtli- chen, menschlichen und ärztlichen Probleme im Zusammenhang mit AIDS.

Nur kurz angerissen wurde ein Thema, das bei der nächstjährigen Konsultativtagung in Österreich aus- führlich behandelt werden soll:

Über die in allen deutschsprachigen Ländern bestehenden Weiterbil- dungsordnungen hinaus werden zu- nehmend zusätzliche Fachkunde- Nachweise oder andere Qualifika- tionen als Berechtigung für die Er- bringung spezialärztlicher Leistun- gen verlangt. Die Sache droht un- übersichtlich zu werden, anderer- seits kann man die Entwicklung we- gen der überall geforderten Quali- tätssicherung wohl kaum mehr zu- rückschrauben. In der Schweiz ist das Problem insofern aktuell, als das

„Freizügigkeitsgesetz" novelliert werden soll, das jeden schweizeri- schen Arzt berechtigt, in der ganzen Eidgenossenschaft ärztlich tätig zu werden. Es sichert also die Freizü- gigkeit der Ärzte zwischen den Kan- tonen, die wohl unerläßlich ist für ein modernes Gesundheitswesen — allerdings stammt dieses Gesetz aus dem Jahre 1877! gb

Fruchtbare Diskussionen beim Treffen deutschsprachiger Ärzte

A-1890 (22) Dt. Ärztebl. 84, Heft 27, 2. Juli 1987

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