angestellten Ärzte, die von dem nicht zu versteuernden Arbeitgeberanteil pro- fitiert haben, mit den übrigen Arbeit- nehmern bei der Rentenbesteuerung gleichgestellt werden dürften, müssten die Selbstständigen, die ihre Beiträge überwiegend aus ihrem versteuerten Einkommen bezahlt haben, besser ge- stellt werden. Das würde auch für jene Arbeitnehmer gelten, die sich zusätz- lich in der RV freiwillig abgesichert ha- ben. Das sachliche Problem der Neure- gelung besteht darin, in der langen Übergangszeit zu einer angemessenen Differenzierung der zu versteuernden Rentenbeträge zu kommen, um Dop- pelbesteuerungen zu vermeiden. Bei der steuerlichen Freistellung der Bei- träge dürfte der Gesetzgeber vorsichtig vorgehen, um die Steuerausfälle zu be- grenzen.
Anrechnung von Erziehungszeiten?
Für Unruhe in den Versorgungswerken sorgen Forderungen aus dem Kreis der weiblichen Versicherten, die darauf zie- len, Frauen mit Kindern wie in der RV durch die Anrechnung von Erziehungs- zeiten zu begünstigen. Die Arbeitsge- meinschaft der Berufsständischen Ver- sorgungswerke (ABV) wendet sich je- doch nachdrücklich gegen jede Auswei- tung der Umverteilung innerhalb des Systems, was den Eigentumsschutz der Rentenansprüche und Anwartschaften mindern müsste; dieser gelte allein für Leistungen, die durch Beitragszahlun- gen begründet würden. Im Übrigen sei die Förderung der Kindererziehung nicht Aufgabe der RV oder anderer Alterssicherungssysteme, sondern eine Aufgabe der Gesamtgesellschaft. Der Bund zahlt seit 2001 jährlich etwa 11,5 Milliarden Euro für Beiträge zur An- rechnung von Kindererziehungszeiten;
für drei Jahre Kindererziehung sum- miert sich dies im Durchschnitt auf rund 15 340 Euro im Einzelfall. Diese Förderung kommt aber nur den Ver- sicherten der RV, nicht aber den Mit- gliedern der Versorgungswerke zugute.
Darin sehen die Versorgungswerke eine Benachteiligung ihrer Mitglieder. Im- mer nachdrücklicher setzt sich die ABV daher dafür ein, dass der Bund entspre-
chende Beiträge für die Kindererzie- hung auch für die Mitglieder der Ver- sorgungswerke zahlt. Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass die Versorgungs- werke Kinderbetreuungszeiten einge- führt haben, die vor allem jene Frauen sichern, die während der Zeit der Kin- dererziehung berufsunfähig werden.
Als eine Benachteiligung der ange- stellten Freiberufler wird angesehen, dass diese nicht wie alle anderen Ar- beitnehmer und die Beamten in die Förderung nach der so genannten Rie- ster-Rente einbezogen worden sind.
Dabei wird sich auch bei den Versor- gungswerken die Rentendynamik ver- ringern.
Gegen den Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung verstößt auch die wieder geltende Regelung der Bei- tragsbemessung in der Krankenver- sicherung der Rentner (KVdR). Die Begünstigung bei der Beitragsbemes- sung, die seit 1993 auf Pflichtmitglieder der Krankenversicherung begrenzt war, erhalten jetzt auch Versicherte, die in der zweiten Hälfte ihres Erwerbs- lebens zu neun Zehntel freiwillig in einer gesetzlichen Kasse versichert wa- ren. Das Gesetz knüpft die günstige Beitragsregelung aber zusätzlich an die Bedingung, dass eine Rente der ge- setzlichen Rentenversicherung bezo- gen wird. Damit bleiben die Bezieher von Renten der Versorgungswerke von der KVdR ausgeschlossen, es sei denn, sie bezögen daneben noch eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das schafft soziale Probleme, vor al- lem bei jüngeren Freiberuflern, die von einer Invaliditätsrente ihres Versor- gungswerkes leben. Die Krankenkas- sen zählen andererseits die Renten der Versorgungswerke zu den beitrags- pflichtigen Einnahmen. Das alles hat keine Logik. Es bleibt die Hoffnung auf den Gesetzgeber. Diese sollte je- doch nicht hoch angesetzt werden, da die Politik darüber nachdenkt, wie der Gesetzlichen Krankenversicherung zu- sätzliche Einnahmen zu verschaffen sind. Bis eine Verfassungsbeschwerde gegen die Ungleichbehandlung bei der Beitragsbemessung für die Betroffe- nen Erfolg haben könnte, dürfte der Gesetzgeber der Beitragsbegünstigung in der KVdR schon den Garaus ge- macht haben. Walter Kannengießer
P O L I T I K
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A1948 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 28–29½½½½15. Juli 2002
Deutscher Frauenrat
Frauen sind anders krank als Männer
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ür eine geschlechtergerechte Ge- sundheitspolitik und -versorgung setzt sich der Deutsche Frauenrat, die Bundesvereinigung von 52 Frauen- verbänden und -organisationen, ein.Der Tatsache, dass Frauen anders krank sind als Männer, werde in der Gesundheitsversorgung immer noch zu wenig Rechnung getragen, betonte die stellvertretende Vorsitzende des Frau- enrats, Dr. med. Ursula Hansen. Der Gender-Ansatz, das heißt die grund- sätzliche Berücksichtigung geschlechts- spezifischer Unterschiede, müsse in al- len Bereichen der Medizin über die klassische Frauenheilkunde hinaus Ein- gang finden.
Dies reiche von der geschlechtsspezi- fischen Anamneseerhebung, Diagnose- stellung und Therapie bis hin zu einer entsprechend veränderten medizini- schen Ausbildung und Ausrichtung der Forschung. Hansen verwies darauf, dass Frauen sich auch in der Wahrnehmung von Gesundheit und Krankheit sowie in der Inanspruchnahme von gesundheit- lichen Versorgungsleistungen von Män- nern unterscheiden.Als Beispiel nannte sie die unterschiedliche Symptomatik beim Herzinfarkt.Weil Frauen nicht die
„klassischen“ männlichen Symptome aufwiesen, werde bei ihnen ein Infarkt oft zu spät erkannt.
Damit diese unterschiedlichen An- sätze ausreichend berücksichtigt wer- den, ist es für Dr. med. Ursula Sottong vom Deutschen Ärztinnenbund unab- dingbar, dass die entscheidenden Posi- tionen in Forschung und Lehre ge- schlechtergerecht besetzt werden. Sie fordert deshalb, Instrumente zur För- derung von Frauen in Führungs- und Leitungspositionen (Quorum, Bundes- gremienbesetzungsgesetz, Checklisten) verpflichtend in der Medizin zu etablie- ren. Es liege im Interesse aller, auch im Interesse der Männer, den Frauen den Weg in die Chefetagen zu ebnen, um so eine geschlechtsdifferenzierte und viel- leicht auch menschengerechtere Medi- zin zu etablieren. Thomas Gerst