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ie SPD-regierten Länder rechnen mit „kaum steuerba- ren Folgen für die gesundheit- liche Infrastruktur in den Ländern und die Arbeitsplätze im Gesundheitswesen“, sollten die Ge- setzentwürfe zur Neuordnung der ge- setzlichen Krankenversicherung ohne Abstriche umgesetzt werden.Infolge der Koppelung von Bei- tragssatzsteigerungen mit erhöhten Direktbeteiligungen der Patienten werde die solidarisch finanzierte Ab- sicherung des Krankheitsrisikos aus- gehöhlt. Krankenkassen, bei denen sich relativ schlechte Risiken häufen, würden in den Ruin getrieben wer- den. Durch die im Koalitionsentwurf vorgesehene Interventionsmechanik mit außerordentlichem Kündigungs- recht der Versicherten bei Beitrags- satzerhöhungen würden die guten Ri- siken die Kasse fluchtartig wechseln, die schlechten Risiken würden der Krankenkasse die Treue halten, was weitere Beitragsanhebungen unver- meidlich mache, heißt es im SPD-An- trag. Dadurch würden insbesondere die Regionalkassen in den neuen
Bundesländern betroffen werden.
Die SPD-regierten Länder befürch- ten zudem, daß bisher zentrale Ele- mente des Regelleistungskatalogs der GKV, unter anderem die häusliche Krankenpflege, die Rehabilitation, Physiotherapie und Gesundheitsför- derung, Zug um Zug aus dem Pflicht- leistungskatalog ausgegrenzt und in den Bereich der Gestaltungsleistun- gen verlagert werden. Dadurch würde die bewährte Versorgungsstruktur zerstört werden.
Überhaupt kritisierten die SPD- regierten Länder die Tatsache, daß entgegen der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern die Ko- alitionsentwürfe zustimmungsfrei konzipiert worden sind, eine nach ih- rer Ansicht kaum tragfähige Basis für eine zukunftsweisende Weiterent- wicklung des Gesundheitssicherungs- systems und eine Mißachtung eines Verfassungsorgans, des Bundesrates.
Wegen der zum 1. Januar 1997 vorge- schriebenen Beitragssatzsenkung um 0,4 Prozentpunkte und der Pflicht, ausgeglichene Etats vorzulegen, sei es
„perfide“, von Gestaltungsspielräu- men zu reden, stellte Barbara Wackernagel-Jakobs (SPD), die neu amtierende Gesundheitsministerin des Saarlandes, fest. Die GMK be- kräftigte, daß der Risikostrukturaus- gleich und der Zwang, Ausgaben zu drosseln, nicht zu einer Ausgrenzung von bestimmten Leistungssegmenten aus dem Pflichtleistungskatalog der GKV führen dürften. Die Länder be- tonten auch, daß auch die Gestal- tungsleistungen durchforstet werden müßten und gegebenenfalls Ein- schnitte erfolgen sollten. Als „Mittel der Wahl“ werden Mengenbegren- zungen, die Fortführung der Ausga- bendeckelung (Budgetierung) oder die Erstellung eines Indikationskata- logs erwähnt.
Einstimmig forderte die Gesund- heitsministerkonferenz die Bundesre- gierung auf, ein Gesetz vorzuberei-
ten, um Frauen besser entschädigen zu können, die in der ehemaligen DDR mit einem Hepatitis-C-ver- seuchten Serum behandelt wurden.
Zur Zeit seien 7 000 Frauen mit dem Serum in Kontakt geraten; bisher sei- en 2 500 Krankheitsfälle bekannt.
Die GMK sicherte Rücken- deckung für das unter der Feder- führung der schleswig-holsteinischen Gesundheitsministerin Heide Moser (SPD) Mitte November gestartete Pi- lotprojekt zum Haschischverkauf in Apotheken, um Kenntnisse darüber zu erhalten, ob die Märkte in weichen und harten Drogen auf diesem Weg getrennt werden könnten.
Eine Lanze für Qualität
Einstimmig war das Votum zum Thema: „Qualität im Gesundheitswe- sen.“ Die GMK postuliert einen ziel- gerichteten Ressourcen-Einsatz, der einen hohen Qualitätsanspruch mit einem Kostenmanagement verbindet.
Es müsse bei knappen Ressourcen ge- prüft werden, ob alle Leistungen, die im gesetzlichen System erbracht wer- den, auch aus fachlicher Sicht erfor- derlich sind, ob die Formen der Ar- beitsteilung und -abläufe effektiv und effizient sind und ob die Qualität der erbrachten Leistungen dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entspricht.
Die von der Ärzteschaft getragene
„Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medi- zin“ (Köln) sollte um Vertreter der Pflege- und anderen Heilberufe er- gänzt und auf eine gesetzliche Grund- lage gestellt werden.
Als Aufgaben der Arbeitsge- meinschaft werden genannt:
– Bestandsaufnahme und Analy- se von Qualitätsdefiziten;
– Durchführung spezifischer For- schungs- und Entwicklungsvorhaben;
– Dokumentation qualitätsbezo- gener Materialien und Verfahren;
– Entwicklung von Methoden des Qualitätsmanagements (zum Bei- spiel Einführung ergebnisorientierter Vergütungsformen);
– Entwicklung von Qualitätsstra- tegien und Richtlinien für bereichs- spezifische und -übergreifende Qua- litätsverfahren. Dr. Harald Clade A-3245
P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 49, 6. Dezember 1996 (29)