Wer Alaska, den 49. Bun- desstaat der USA, als Ur- laubsziel wählt, möchte vor allem unberührte Natur erle- ben. Die meisten Touristen fahren in den Denali Natio- nal Park, der den mit 6 194 m höchsten Berg Nordameri- kas, den Mount Denali (früher Mount McKinley), beherbergt. Nur wenige Rei- sende wissen, daß sich an der Grenze zum kanadischen Yu- kon-Territorium der größte Nationalpark der Vereinigten Staaten befindet. Der Wran- gell-St. Elias National Park hat eine Fläche von 40 000 qkm. In ihm liegen neun der 16 höchsten Gipfel der USA.
Er schließt sich nahtlos an den kanadischen Kluane Na- tional Park an.
Die Berge, die „Wran- gells“, sind vulkanischen Ur- sprungs. Lediglich der Mount Wrangell ist heute noch aktiv.
An wolkenlosen Tagen ist sei- ne Rauchfahne zu sehen, die vom Nordkrater nahe dem Gipfel herrührt. Der Wran-
gell-St. Elias National Park ist touristisch bisher nur wenig erschlossen. Es gibt dort kaum Hotels und Lodges und lediglich zwei schlecht ausge- baute Straßen. Somit wird die Region zunächst vom Mas- sentourismus verschont blei- ben und sich ihre Ursprüng- lichkeit bewahren können.
Wer den Einklang mit der Na- tur sucht und bereit ist, dieses reizvolle Gebiet auf eigene Faust zu erkunden, dem sind jedoch alle Tore geöffnet, und er wird feststellen, daß doch noch Regionen auf dieser Erde existieren, die von der menschlichen Zivilisation ausgespart geblieben sind.
Am besten läßt man sich mit einem Buschflugzeug in die Wildnis bringen und nach vereinbarter Zeit wieder ab- holen. Dies sollte man von McCarthy aus tun, schon um diesen nostalgisch anmuten- den Ort kennenzulernen.
Um McCarthy zu errei- chen, fährt man zunächst die gleichnamige Straße ent- lang, die am Kennicott River endet. Der Fluß wird in ei- ner handbetrie- benen Seilbahn überquert. Vom anderen Ufer ist es nur noch ein kurzer Fuß- marsch bis Mc- Carthy. Der Ort selbst hat ledig- lich 25 ständige Bewohner. Vie- le der Holzhäu- ser stammen noch aus der Zeit, als die Kupfermine im 10 km entfern- ten Kennicott aktiv war. Da- mals kamen die Arbeiter nach McCarthy, um zu trinken, eine Frau zu finden und um in die
Kirche zu gehen. Beide Orte entstanden, nachdem reiche Kupfervorkommen im Gebiet um Kennicott entdeckt wur- den. Um das Kupfer transpor- tieren zu können, baute man eine Eisenbahnstrecke zur Küstenstadt Cordova. 1938 mußte die Mine in Kennicott aufgrund fallender Kupfer- preise geschlossen werden.
Auch den Eisenbahnverkehr stellte man ein. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden insgesamt 600 000 Tonnen Kupfererz ab- gebaut.
Skilanglauf
Heute ist Kennicott eine Geisterstadt. An die Blüte- zeit des Ortes erinnern nur noch einige Ruinen, die auf eigene Gefahr auch von in- nen besichtigt werden dürfen.
Neben Kupfer wurde auch Gold im Gebiet des heu- tigen Wrangell-St. Elias Na- tional Park gefunden, vor al- lem in der nördlicher gelege- nen Nabesna-Region.
Noch sehenswerter als die wenigen kleinen Orte entlang der beiden Straßen ist die vielfältige Landschaft des Wrangell-St. Elias National Park. Vor allem Bergsteiger fühlen sich immer wieder an- gezogen. Für sie bieten die Bergriesen, Gletscher, Eisfel-
der und steilen Felswände unzählige Möglichkeiten. Die Favoriten bezüglich Bergex- peditionen sind Mount Drum, Mount Sanford, Mount Blackburn und Mount St.
Elias. Wassersportler finden gute Möglichkeiten zum Rafting und Kajakfahren, vorwiegend auf dem Copper- und Chitina-Fluß. In den Monaten März bis Mai sind die Bedingungen zum Ski- langlauf optimal. Wer schließlich einfach die wun- derbare Landschaft und die Tierwelt genießen möchte, der kommt selbstverständlich auch auf seine Kosten. An den Küstenabschnitten kann man Seelöwen und Seerobben se- hen. In den meisten Flüssen und Seen gibt es vor allem in den Sommermonaten Lachse und andere Fische.
Die Wahrscheinlichkeit, Dall- Schaf, Bergziege, Karibou, Elch, Grizzly- oder Schwarz- bär zu sehen, ist groß.
Insbesondere bei der Be- gegnung mit Tieren sollte man immer bedenken, daß diese Wildnis noch zu den wenigen verbliebenen Gebieten auf der Erde gehört, in denen der Mensch lediglich Gast ist, und er sollte sich entsprechend verhalten. Zu den Grundre- geln gehört, einen angemesse- nen Abstand zu den Tieren zu halten und jeglichen Kontakt der Tiere mit menschlicher Nahrung und Nahrungsresten zu vermeiden. Entsprechende Vorkehrungen dienen auch der eigenen Sicherheit. Insbe- sondere Bären greifen den Menschen in der Regel nur aus Gründen des „Freßnei- des“, oder wenn sie sich be- drängt fühlen, an. Und ob- wohl die meisten Bären im Wrangell-St. Elias National Park kleiner sind als ihre Ver- wandten in den ausgedehnten Küstenregionen Alaskas, wa- ren diese „schmalen Bären“
den Besuchern, die ihnen be- gegneten, immer noch groß genug! Dr. Helga Schubert A-115 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 3, 17. Januar 1997 (47)
V A R I A REISE
Alaska
Im Wrangell-St. Elias National Park
Buschtelefon an der handbetriebenen Seilbahn über den Kennicott-Fluß Fotos (2): H. Schubert
Tony Zak, ein Bewohner McCarthys