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Archiv "Nichttumorbedingte Schmerzen: Wie man Opioide richtig anwendet" (08.07.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 27

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8. Juli 2011 A 1541 NICHTTUMORBEDINGTE SCHMERZEN

Wie man Opioide richtig anwendet

Eine Essenz der S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen“ von 16 Fachgesellschaften

M

orphin und andere Opioide sind wesentliche Stützen in der Therapie von postoperativen und Tumorschmerzen. Ihre Anwen- dung bei chronischen nichttumorbe- dingten Schmerzzuständen ist jedoch umstritten. Nach einem Konsensus- statement im Jahr 2002 (3) haben 16 Fachgesellschaften eine S3-Leitlinie erstellt (2, 4, www.uni-duesseldorf.

de/AWMF/ll/041-003.htm), die auf einer Meta analyse der bis Oktober 2007 vorliegenden Literatur beruht.

Die Empfehlungen beziehen sich dabei auf die damals mit einer aus- reichenden Datenlage versehenen Wirkstoffe Tramadol und Codein (WHO-Stufe 2) sowie für Morphin, Oxymorphon, Oxycodon und Fen- tanyl (WHO-Stufe 3).

Sind Opioide auch bei chronischen nichttumorbedingten Schmerzen (CNTS) wirksam?

Die Effektivität von Opioiden bei chronischen nichttumorbeding- ten Schmerzen ist für eine Anwen- dungsdauer zwischen drei Wochen und drei Monaten durch randomi- siert kontrollierte Studien belegt (LONTS A1).

Bei welchen CNTS ist ihre Wirkung belegt?

Die Effektivität von Opioiden ist bei Rückenschmerzen, bei Gelenk- schmerzen und bei neuropathischen Schmerzen belegt (LONTS A9). Da- mit kann entgegen früheren Annah- men das Therapieangebot für neu - ropathische Schmerzen um Opioide erweitert werden.

Ein Wirkungsnachweis von Opioi- den bei chronischem Kopfschmerz ist bisher nicht gelungen.

Gibt es Belege für die Wirk- samkeit für Daueranwendungen (länger als 90 Tage)?

Zulassungsstudien für Opioide sind für eine Therapie über drei Mo- nate vorgeschrieben; aus diesen Stu- dien resultieren weitestgehend die

Daten für die Effektivität über drei Monate. Für über diese Zeit hinaus- gehende Daueranwendungen stehen nur unkontrollierte klinische Studien mit lückenhaften Datenangaben zur Verfügung. Deshalb sollten bei länger dauernden Therapien eine Überprü- fung der fortbestehenden Wirksam- keit unter ärztlicher Anleitung und Kontrolle mit geeigneten Maßnah- men (Anamnese, Schmerztagebuch, Auslassversuch, Opioidreduktion) er- folgen (LONTS A6, A8, D11).

Es kann sinnvoll sein, für diese Überprüfung einen in der Opiatthe- rapie erfahrenen Schmerztherapeu- ten hinzuzuziehen. Eine hohe Zahl an Therapieabbrechern bei Dauer- anwendung von Opioiden legt die regelmäßige Wiederholung dieser Prüfung nahe (Noble 2010).

Wie klinisch bedeutsam ist die Wirkung opioidhaltiger An - algetika bei CNTS?

Bei chronischen nichttumorbe- dingten Schmerzen haben Mono- therapien mit Opioiden ebenso wie nichtmedikamentöse Monotherapien nur begrenzte spezifische Effekte (LONTS A7); erst zusammen mit dem unspezifischen Effekt ergibt sich ein klinisch bedeutsamer Ef- fekt von 25 Einheiten auf der Skala null bis 100.

Welche sekundären Thera- pieziele wie Verbesserung von Funktionalität oder Schlaf wer- den erreicht?

Verbesserungen der körperlichen Funktionalität und des Schlafs sind belegt (LONTS Al2, A13), eine Ver- besserung der messbaren Lebens- qualität war dagegen nicht nach- weisbar (LONTS A11).

Vergleich der Wirkungsstär- ke von Opioiden der Stufen 2 und 3 und Nichtopioiden beim CNTS.

Die mittlere Wirkungsstärke der Opioide der Stufen 2 und 3 gegen- über Placebo waren vergleichbar und

lagen in randomisierten kontrollierten klinischen Studien nicht signifikant über der Wirkungsstärke der Nicht - opioide (LONTS A3 f). Aufgrund der unterschiedlichen Einschlusskriterien und des Fehlens direkter Vergleiche zwischen Opioiden unterschiedlicher Wirkstärken und Nichtopioiden soll- ten daraus keine auf alle Anwen- dungssituationen zu verallgemeinern- de Schlüsse gezogen werden.

Es wird empfohlen, sich bei der Wahl einer Substanz nach patien- tenspezifischen medizinischen Grün- den (zum Beispiel Risikofaktoren), dem Nebenwirkungsprofil von Medi- kamenten (zum Beispiel bei NSAR) und dem Krankheitsbild zu richten (LONTS B1ff.).

Eine Empfehlung zur bevorzug- ten Anwendung von Opioiden bei CNTS lässt sich aus den vorliegen- den Studien nicht mit einer besse- ren langanhaltenden analgetischen Wirkung begründen.

Sollte bei CNTS zwischen Stufe-2- und Stufe-3-Opioiden unterschieden werden?

Die mittlere Wirkungsstärke der Stufe-2- und Stufe-3-Opioide ist vergleichbar (LONTS A3 f.). Je- doch bestehen deutliche Unter- schiede hinsichtlich einzelner Ne- benwirkungen. Stufe-2-Opioide sind überlegen hinsichtlich Übelkeit, Obstipation, Sedierung, Pruritus, Erbrechen und Müdigkeit (LONTS Keyquestion 38). Über ein unter- schiedliches Abhängigkeitspoten- zial von Stufe-2- und Stufe-3-Opio - iden kann keine Aussage getroffen werden.

Schlussfolgerung für die tägliche Praxis

Opioide haben in der Therapie chronischer nichttumorbedingter Schmerzen einen unbestreitbaren Stellenwert. Eine medikamentöse Monotherapie kann jedoch, ebenso

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8. Juli 2011 sätzliche Kontraindikation für Opi -

oide für diese Patientengruppe ab- zuleiten. Zu prüfen ist immer die individuelle Gegebenheit.

Eine Schmerztherapie mit Opi - oiden bei CNTS muss nach der der- zeitigen Datenlage regelmäßig – zu- mindest alle drei Monate – überprüft werden. Die Indikation zur weiteren Opioidtherapie ist vom Ergebnis der Überprüfung abhängig.

LITERATUR

1. Noble M, Treadwell JR, Tregear SJ, et al.:

Long-term opioid management for chronic noncancer pain. Cochrane Database Syst Rev 2010:CD006605.

2. Reinecke H, Sorgatz H: S3-Leitlinie LONTS – Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen. Schmerz 2009; 23: 440–7.

3. Sorgatz H, Hege-Scheuing G, Kopf A, et al.:

Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht- tumorbedingten Schmerzen. Dtsch Arztebl 2002; 99(33): 2180–5.

4. Tölle TR, Treede RD, Zenz M: Langzeitan- wendung von Opioiden bei nicht tumorbe- dingten Schmerzen (LONTS). Schmerz 2009; 23: 437–9.

Verfasser:

Prof. Dr. med. Esther Pogatzki-Zahn (Münster), Dr.

med. Bernhard Arnold ( Dachau), Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe (Göppingen), Prof. Dr. med.

Joachim Nadstawek (Bonn), Prof. Dr. med. Rolf- Detlef Treede (Mannheim), PD Dr. med. Michael A.

Überall (Nürnberg), Prof. Dr. med. Wolfgang Kop- pert (Hannover)

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Wolfgang Koppert, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover,

Koppert.Wolfgang@mh-hannover.de

wie andere Monotherapien, immer nur partielle Therapieeffekte bei chronischen nichttumorbedingten Schmerzen bewirken. Die Einbin- dung der Opioidanwendung in ein multimodales Therapie konzept ist zur Steigerung der Schmerzlinde- rung in vielen Fällen erforderlich.

Eine Empfehlung für den Einsatz bestimmter Opioidanalgetika oder Nichtopioidanalgetika bei Patienten mit CNTS kann aus den verfügbaren Daten nicht abgeleitet werden, viel- mehr ist bei diesen Patienten eine in- dividuelle Therapieauswahl aus den verfügbaren Wirkstoffen erforderlich.

Die fehlenden Aussagen in der Literatur zur Langzeittherapie mit Opioiden bei CNTS erlauben es aber auch nicht, daraus eine grund-

Erster Kostimulationsblocker zur Immunsuppression nach Nieren- transplantationen – Bristol-Myers- Squibb hat die Zulassung für Nulojix® (Belatacept) erhalten, ein neues Biolo- gical zur Prophylaxe der Abstoßungsre- aktion nach Nierentransplantation. Be- latacept ist das erste Molekül mit einem neuen Wirkmechanismus bei Nieren- transplantationen seit zehn Jahren.

Durch die selektive Wirkweise im Im- munsystem bei der Prophylaxe der Trans - plantatabstoßung hilft Belatacept die Nierenfunktion aufrechtzuerhalten.

Nujolix ist ein lösliches Fusionspro- tein und ein selektiver T-Zell-Kostimu- lationsblocker, der an CD80 und CD86 auf Antigen-präsentierenden Zellen bindet. Als Resultat wird die CD28-ver- mittelte Kostimulation von T-Zellen blo- ckiert. In vitro inhibiert Belatacept die T-Lymphozyten-Proliferation und die Syn - these der Zytokine Interleukin-2, Inter- feron-γ, Interleukin-4 und TNF-α. Akti- vierte T-Zellen sind die Hauptvermittler bei einer immunologischen Abstoßung.

Einführung des Avonex®PenTM – Die Basistherapie der multiplen Sklerose mit Interferon beta-1a intramuskulär als Avonex®, das nur einmal wöchent- lich angewendet wird, kann nun mit Hilfe eines neuen Pens vom Patienten

selbst appliziert werden. Der Autoinjek- tor des Unternehmens Biogen ist zu- nächst in der Packungsgröße Avonex- Pen 30 µg mit vier Fertigpens (ent- spricht einer Monatspackung) erhält- lich. Ab Herbst soll zusätzlich eine Drei- monatspackung zur Verfügung stehen.

Hizentra® zur subkutanen Immun- globulinsubstitution – Für die The - rapie von Patienten mit primären und sekundären Immundefekten steht nun- mehr Hizentra von CLS-Behring zur Verfügung. Die gebrauchsfertige Lö- sung ist das erste subkutane Immun- globulin mit einer hohen IgG-Konzen- tration von 20 Prozent. Dadurch verrin- gern sich Infusionsvolumen und Infusi- onsdauer. Darüber hinaus kann Hizen- tra durch die Stabilisierung mit L-Prolin über die gesamte Laufzeit von derzeit 24 Monaten bei Raumtemperatur gela- gert werden.

Eliquis® zur Thromboseprophylaxe – Der Wirkstoff Apixaban ist als Eliquis® für die Prophylaxe venöser Thrombo- embolien bei erwachsenen Patienten nach elektiver Hüft- oder Kniegelenk - ersatzoperation zugelassen worden.

Eliquis ist ein oraler, direkter Faktor-Xa- Inhibitor, der gemeinsam von Bristol- Myers-Squibb und Pfizer entwickelt

wurde. Das Antikoagulanz soll erstma- lig innerhalb von von zwölf bis 24 Stun- den nach der Operation eingenommen werden. Eliquis wird in der Dosierung von 2,5 mg zweimal täglich verabreicht und erfordert kein routinemäßiges Thrombozyten- oder Lebermonitoring und in der Regel keine Dosisanpas- sung. Die Behandlungsdauer beträgt nach Hüftgelenkersatz 32 bis 38 Tage, nach Kniegelenkersatz zehn bis 14 Tage.

Simponi® erhält lndikationserweite- rung – MSD gibt bekannt, dass die Eu- ropäische Kommission eine neue Indi- kation für Simponi (Wirkstoff: Golimu- mab) zur Behandlung der aktiven und fortschreitenden Psoriasis-Arthritis ge- nehmigt hat. Demzufolge reduziert Go- limumab die durch Röntgenaufnahmen nachweisbare Progressionsrate peri- pherer Gelenkschädigungen bei Patien- ten mit polyartikulären symmetrischen Subtypen der Psoriasis-Arthritis.

Simponi ist als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat zur Be- handlung der aktiven und fortschreiten- den Psoriasis-Arthritis bei Erwachse- nen indiziert, wenn das Ansprechen auf eine vorausgegangene antirheumati- sche Basistherapie unzureichend ge-

wesen ist. EB

KURZ INFORMIERT

Anmerkung:

Die Aussagen dieses Artikels wurden auf Grundlage der Kern- aussagen der S3-Leit- linie LONTS durch die Vorstände der Deut- schen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS), der Deutschen Gesell- schaft für Schmerzthe- rapie (DGS) und des Berufsverbandes der Schmerztherapeuten in Deutschland e.V.

(BVSD) konsentiert.

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