• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Tätigkeitsbericht: Viel abgestimmt, nicht alles geschafft" (10.06.2011)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Tätigkeitsbericht: Viel abgestimmt, nicht alles geschafft" (10.06.2011)"

Copied!
5
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1298

wäre eine Überforderung der Ärzte, wenn wir die gesamte Prävention in der Praxis leisten sollen“, erklärte Rudolf Henke. Außerdem bedarf es dem Ärztetag zufolge öffentlicher Forschungsprogramme, um die be- stehenden Maßnahmen der Ge- sundheitsvorsorge zu evaluieren und die Faktoren einer gesunden Kindesentwicklung systematisch zu erforschen. „Bislang wissen wir noch zu wenig über die etablierten Präventionskonzepte und die regio- nalen Versorgungsstrukturen“, be- dauerte Dr. med. Thomas Fisch- bach, Ärztekammer Nordrhein.

Mehrere Delegierte beklagten in diesem Zusammenhang das geringe Engagement von Politik und Kran- kenkassen. „Obwohl die Primärprä- vention gesamtgesellschaftlich von großer Bedeutung ist, wird sie oft vernachlässigt“, meinte Prof. Dr.

med. Joachim Grifka von der Bay- rischen Landesärztekammer. Auch die Krankenkassen berücksichtig- ten sie nicht ausreichend. „Warum wird eine Rückenschule beispiels- weise nicht in der Schule angebo- ten?“, fragte er. Prof. Dr. med.

Eberhard Keller von der Sächsi- schen Landesärztekammer berich- tete von seinen vielfältigen Be - mühungen, Unterstützung durch Politik und Krankenkassen für sein Präventionsprogramm CresNet, ein Kinderärztenetzwerk zur Früher- kennung von Wachstums- und Ent- wicklungsstörungen, in Sachsen zu erhalten. „Es war vergeblich. Kas- sen und Politik zuckten nur mit den Achseln.“

In einem weiteren Beschluss for- derten die Delegierten eine zielgrup- pengerechte und qualitätsgesicherte Ausgestaltung der Präventionsange- bote der Krankenkassen. „Die bis - herigen Evaluationsdaten des GKV- Spitzenverbandes belegen, dass mit den bestehenden verhaltensbezoge- nen Angeboten der Krankenkassen die eigentlichen Zielgruppen kaum erreicht werden“, erklärten die Dele- gierten. Deshalb sollten sich nieder- gelassene Ärzte sowie Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes stär - ker an lebensweltbezogenen Maß- nahmen der Gesundheitsförderung

beteiligen dürfen. ■

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

TÄTIGKEITSBERICHT

Viel abgestimmt, nicht

N

un, das hat schon Tradition bei Ärztetagen: letzter Tag eines viertägigen Verhandlungsma- rathons, nur noch wenige Stunden Zeit, bis die Halle geräumt werden muss – und noch 124 Anträge zum TOP VI: Tätigkeitsbericht, die ab- gestimmt werden müssen. Meist schaffen die Delegierten dieses Ar- beitspensum tatsächlich noch, aber dieses Mal war die Zeit zu knapp.

Trotz Redezeitbegrenzung auf zwei Minuten und verkürztem Verfahren mit maximal zwei Wortbeiträgen zu einem Antrag war noch vor der Hälfte der abzustimmenden Anträ- ge Schluss der Veranstaltung. Der große Rest, darunter Anträge zu Bürokratieabbau, Arbeitszeit, Arz- nei- und Betäubungsmitteln sowie Kindergesundheit, wurde im Ge-

samtpaket an den Vorstand der Bun- desärztekammer (BÄK) zur weiteren Befassung überwiesen. Unglücklich wird man darüber bei der BÄK nicht gewesen sein, entging man so einer erneuten Debatte um die elektro - nische Gesundheitskarte (eGK). So lag ein Antrag von 26 Delegierten aus sieben Landesärztekammern ge- gen die Einführung der elektro - nischen Gesundheitskarte vor, da auch die nach der Bundestagswahl vorgenommene Neukonzeption des Projekts nicht den ärztlichen An - forderungen und den Ablehnungs - beschlüssen der Ärztetage von 2008 bis 2010 entspreche.

Ein von acht Vorstandsmitglie- dern der Bundesärztekammer und mehreren Delegierten eingebrach- ter Entschließungsantrag hingegen Zu einer Vielzahl von Themen lagen zum Abschluss des Deutschen Ärztetages Anträge vor.

(2)

warb für eine weitere kritische Be- gleitung der Einführung einer Tele - ma tik infra s truk tur durch die Ärzte- schaft. Durchgesetzt habe sich die BÄK in „für die Zukunft des Arzt- berufs höchst wichtigen Punkten“:

ausschließlich dezentrale und frei- willige Speicherung von Notfallda- ten auf der eGK, dezentrale Spei- chermedien als fester Bestandteil der Telematikinfrastruktur, kein Zwang für die Arztpraxen, mit dem Patientendatensystem online zu ge- hen, sowie Einbeziehung eines ärzt- lichen Beirats in die Entwicklung und Testung der Anwendungen.

Unter TOP VI noch abgestimmt wurden in den am Freitagnachmit-

tag verbliebenen zwei Stunden die Themenblöcke Qualitätssicherung, Gesundheitsberufe, Menschenrech- te, Allgemeinmedizin und hausärzt- liche Versorgung, vertragsärztlicher Bereich/Sozialgesetzbuch V sowie Ausbildung. Verabschiedet wurden zudem die Anträge zum Thema Prä- vention und Rehabilitation, das be- reits mit dem Referat von Prof. Dr.

med. Zepp gegen Mittag diskutiert worden war. Das Thema Versor- gungsforschung war wegen seiner haushaltsrechtlichen Relevanz be- reits tags zuvor behandelt worden.

Versorgungsforschung – Auch künftig wird sich die Bundesärzte- kammer auf dem Gebiet der Versor- gungsforschung engagieren. Die De- legierten des 114. Deutschen Ärzte - tages stimmten ohne Diskussion dem Beschlussantrag des BÄK-Vor- stands zur „Verstetigung der Aktivi- täten zur Versorgungsforschung“ zu.

Dieser sieht vor, sich im Bereich der Versorgungsforschung künftig auf die Vergabe von Expertisenaufträ- gen sowie die Durchführung von Symposien mit begleitender Veröf- fentlichung weiterer Bände des „Re- ports Versorgungsforschung“ zu be- schränken. Originäre Forschungs- förderung soll es dagegen nicht mehr geben. Damit sinkt die jähr - liche Belastung des BÄK-Haushalts von bisher 750 000 Euro um etwa zwei Drittel.

Prof. Dr. med. Peter C. Scriba, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, zeigte sich zufrieden mit den Ergeb- nissen der bisher durchgeführten Versorgungsforschungsprojekte. Im Förderzeitraum 2006 bis 2011 seien mehr als 50 Einzelprojekte in Auf- trag gegeben worden. Deren Ergeb- nisse seien in zahlreichen Fachzeit- schriften veröffentlicht worden. Es sei eine „außerordentlich erfolgreiche Initiative“ der Ärzteschaft gewesen, und es spreche alles dafür, in den Bemühungen fortzufahren. Für Scri-

ba war die Initiative auch deshalb er- folgreich, weil die Versorgungsfor- schung inzwischen von anderen Stellen massive Förderung erfahre.

Qualitätssicherung – Der Zeit- druck, unter dem die Delegierten ab- stimmen, zieht gelegentlich eine et- was skurril anmutende Beschluss - lage nach sich. Nach den vorange- gangenen ausführlichen und auch guten Debatten über wichtige The- men der deutschen Ärzteschaft kann man zum Schluss schon einmal ein wenig ins Schleudern geraten. So geschehen etwa bei der Abstimmung der Anträge zum Thema Qualitäts - sicherung. Vom Vorstand der BÄK lag ein Entschließungsantrag zum Thema sektorenübergreifende Quali- tätssicherung (sQS) vor. Hierin wird zwar durchaus Kritisches zur Hand- habung der sQS durch den Gemein- samen Bundesausschuss (G-BA) aus - geführt, gleichzeitig aber die stimm- berechtigte Beteiligung der BÄK am G-BA gefordert, um die ärztliche Kompetenz in das Verfahren der sQS einbringen zu können. Nach kritischen Ausführungen von Dr.

med. Martin Bolay, Ärztekammer Westfalen-Lippe, zur Verständlich- keit des Vorstandsantrags wurde der Antrag ohne Abstimmung an den Vorstand zurücküberwiesen. Wenig später stimmten die Delegierten dann einem Antrag zu, der die BÄK auf ein Engagement gegen die „Ak- tivitäten des G-BA im Rahmen der sogenannten sektorenübergreifen- den Qualitätssicherung“ verpflich- tet. Diese sei „eine Gefahr für die freie ärztliche Berufsausübung“. Es handele sich hierbei „um planwirt- schaftliche Bestrebungen mit dem Ziel der totalen Kontrolle und Nor- mierbarkeit ärztlicher Tätigkeit“.

Gesundheitsberufe – Auf größere Gegenliebe bei den Delegierten stieß der Entschließungsantrag des BÄK- Vorstands zur Kooperation der Ge- sundheitsberufe. Dieser Antrag stellt eigentlich mehr eine Standortbe- stimmung der Ärzteschaft zu diesem gesundheitspolitisch aktuellen und wichtigen Thema dar. Verstärkt solle zukünftig „auf die Synergie der Kompetenzen, die Zusammenarbeit im Team sowie den Abbau der Kon-

alles geschafft

TOP VI: Tätigkeitsbericht FAZIT

Konzentration auf das Wesentliche: BÄK-Versorgungsforschung wird weitergeführt.

Kooperation mit den Gesundheitsberufen soll besser werden, strukturierte Fortbildung der MFA soll gefördert werden.

Forderung nach mehr Flexibilität bei Medizinstudierendenauswahl; bestehende Möglichkeiten sollen genutzt werden.

(3)

A 1300

kurrenz zwischen den Berufen ge- setzt werden. Der Druck auf die An- passung der Kooperationsstrukturen werde derzeit noch erhöht „durch den Fachkräftemangel in einigen Gesundheitsberufen sowie Engpässe in der flächendeckenden ambulanten ärztlichen Versorgung“. Der Antrag beschreibt die Möglichkeiten und Grenzen einer verbesserten Koope- ration zwischen den Gesundheits - berufen. Die in den vergangenen Jahren entwickelten Fortbildungs - angebote für Medizinische Fach - angestellte (MFA) sollten genutzt werden, um diese zur Übernahme zusätzlicher Funktionen und dele- gierbarer Aufgaben zu befähigen.

Die MFA solle zur „Partnerin im ambulanten therapeutischen Team aufgewertet“ werden. Die niederge- lassenen Ärzte müssten „in Wahr- nehmung ihrer Führungsrolle bei der Kompetenzentwicklung von Mitarbeitern verstärkt den Fortbil- dungsgedanken bei ihren Mitarbei- terinnen fördern und sie gezielt zu Fortbildungsmaßnahmen anhalten“.

Verwiesen wird in diesem Zusam- menhang auf die von BÄK und Landesärztekammern entwickelte breite Palette von Fortbildungsan- geboten, die zu einem modularen Fortbildungskonzept für MFA aus- gebaut worden sei. Deutlich spra- chen sich die Delegierten gegen die Substitution ärztlicher Leistung aus. Es dürfe nur zur „Übertragung delegierbarer nicht originär ärztli- cher Tätigkeiten im ambulanten und stationären Bereich kommen“.

Menschenrechte – Hier gab es breite Zustimmung zu der von De- legierten der Ärztekammer Berlin eingebrachten Forderung an die Bundesregierung, die bei der medi- zinischen Versorgung von Men- schen ohne legalen Aufenthaltssta- tus vorgeschriebene Meldepflicht öffentlicher Stellen an die Auslän- derbehörde aufzuheben. Aus Angst vor Entdeckung würden statuslose Migranten oft das ihnen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuste-

hende Recht auf gesundheitliche Versorgung nicht wahrnehmen, denn bei geplanten ambulanten oder stationären Behandlungen sei die vorherige Beantragung der Leistungen durch den Patienten beim Sozialamt erforderlich.

Nach dem Willen der Mehrheit der Delegierten soll die Bundesre- gierung künftig dafür Sorge tragen, dass kranke und traumatisierte Men- schen in Abschiebehaft zu Haft - beginn von speziell fortgebildeten Ärzten untersucht werden, um eine Verschlechterung des Gesundheits- zustands in der Haft zu verhindern.

Besser als bisher sollen die Ärzte in die Lage versetzt werden, mit den vielfältigen Erscheinungsfor- men der Gewalt – physischer und psychischer Art, insbesondere ge- genüber Kindern, Partnern und älte- ren Menschen, in Form der Folter bei Asylsuchenden –, mit denen sie häufig bei der Berufsausübung kon- frontiert würden, umzugehen. Lan- desärztekammern und Deutscher Fakultätentag werden aufgefordert, dies in ihren Fortbildungsangebo- ten respektive im Medizinstudium stärker zu berücksichtigen.

Ausbildung/Medizinstudium – An- gesichts des bestehenden Ärzteman- gels forderten die Delegierten, künf- tig die Auswahl der Studienbewer- ber im Fach Medizin flexibler zu

Es ist mir eine Freude und Ehre zugleich, Ihnen noch

einmal über die Initiative Versorgungsforschung referieren zu dürfen.

Peter C. Scriba, Wissenschaftlicher

Beirat der BÄK

Hand aufs Herz: Wer von Ihnen hat beim ersten Lesen diesen Antrag verstanden?

Martin Bolay zum Vorstandsantrag zur Qualitätssicherung

(4)

gestalten. Die BÄK solle die medi - zinischen Fakultäten in die Pflicht nehmen, die bestehenden Möglich- keiten bei der Studienplatzvergabe sinnvoller als bisher zu nutzen und die Auswahl von Studienbewerbern vermehrt über das Auswahlverfah- ren an den Hochschulen vorzuneh- men, heißt es in einem Beschluss.

Bis zu 60 Prozent der Studienplätze in der Medizin könnten direkt über die Universitäten vergeben werden.

Von der Möglichkeit, dabei erwei - terte Auswahlkriterien einzusetzen, machten die Fakultäten bisher je- doch nur unzureichend Gebrauch.

Die Delegierten begründeten ih- ren Beschluss damit, dass ein forma- lisiertes Verfahren, wie es von der Stiftung für Hochschulzulassung durchgeführt wird, den individuellen Fähigkeiten eines Bewerbers nicht gerecht werden könne. Die Fokus- sierung auf Schulnoten sei zu einsei- tig und sollte nicht das hauptsächli- che Merkmal für die Eignung zum Arztberuf darstellen. Neben kogniti- ven Fähigkeiten seien in besonderer Weise ebenfalls soziale und empa- thische Kompetenzen notwendig.

Bei der Studienplatzvergabe sollten auch vor Studienbeginn abgeleistete Praktika, ein freiwilliges soziales Engagement oder eine bereits abge- schlossene Berufsausbildung stärker als bisher berücksichtigt werden.

Über individuelle Eignungsgesprä- che könnten die Universitäten Zu- gangskriterien über die Abiturnote und die Wartezeit hinaus berücksich- tigen. „Ein gutes Abitur verspricht ein gutes Studium, aber die soge- nannten weichen Faktoren sind ebenfalls wichtige Voraussetzungen für den Arztberuf“, betonte Prof. Dr.

med. Jan Schulze, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer.

Allerdings gebe es darüber keine Kohortenstudien und damit keinen Beweis, dass nach weichen Faktoren ausgesuchte Studenten später die besseren Ärzte seien.

In einem weiteren Beschluss sprach sich der Deutsche Ärztetag für Änderungen im Kapazitätsrecht beim Medizinstudium aus. Die be- stehenden Vorgaben seien nicht mehr zeitgemäß, sondern behinder- ten sogar eine verbesserte Ausbil- dung, meinten die Delegierten. Sie

schlugen vor, die bundesweit ein- heitlichen Betreuungsrelationen mittels Curricularnormwerten zu reformieren und den Universitäten die Möglichkeit zu geben, sich bei der medizinischen Ausbildung in einen Qualitätswettbewerb zu bege- ben. Zudem forderten sie, in die klinische Ausbildung von Medizin- studierenden auch außeruniversi - täre, insbesondere ambulante Ver- sorgungseinrichtungen mit einem günstigeren Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Lernen- den einzubeziehen. Dies dürfe nicht länger als „unzulässige Niveaupfle- ge“ diskreditiert oder durch Anhe- bung der Zulassungs- und Ausbil- dungszahlen sanktioniert werden.

Auch den Prüfungsmodus möchte der 114. Deutsche Ärztetag geändert wissen. So forderten die Delegierten das Bundesministerium für Gesund- heit auf, die Approbationsordnung zu ändern und wieder den schriftli- chen Teil des Zweiten Abschnitts der ärztlichen Prüfung vor das prakti- sche Jahr (PJ) zu verlagern. Das bis- lang nach dem PJ stattfindende schriftliche „Hammerexamen“ er- mögliche es nämlich nicht, die theo- retischen Kenntnisse der Studieren- den vor der praktischen Ausbildung am Patienten zu überprüfen.

Hausärztliche Versorgung – Ein- dringlich warnte der 114. Deutsche Ärztetag in Kiel vor drohenden Ver-

Ganz zum Schluss des Deutschen Ärztetages gab es noch einen wei- teren Abschied. BÄK-Präsident Montgomery dankte dem Ende Ju- ni aus dem Amt scheidenden Hauptgeschäftsführer der Bundes- ärztekammer, Prof. Dr. med. Chris- toph Fuchs, für die nunmehr 21 Jahre an der Spitze der BÄK-Ge- schäftsstelle. Bereits am 4. Febru- ar 2010 hatte Fuchs seinen 65.

Geburtstag gefeiert; danach führte er die Geschäfte noch bis zur Wahl des neuen BÄK-Präsidenten und seiner beiden Stellvertreter weiter, wohl um diesen einen optimalen Start mit einem Hauptgeschäfts- führer ihrer Wahl zu ermöglichen.

Mit einer kurzen Rede bedankte sich Fuchs für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und erin- nerte die Delegierten an die ärztlichen Essentials Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung:

„Ich stehe das letzte Mal an diesen Mikrofo- nen und möchte mich einfach nur bedanken da- für, dass Sie mich betraut haben und mir Vertrau- en geschenkt haben, über einen Zeitraum von 21 Jahren die operativen Geschäfte der Bundesärz- tekammer zu leiten. Ohne Ihr Vertrauen, ohne Ih- ren Rückhalt und ohne die unglaubliche Unter- stützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle wären die Erfolge, die vielleicht im Einzelnen zu verzeichnen waren, nicht möglich gewesen. Ich habe mich einfach mit den Mitar- beitern an das Credo gehalten ,Gestalten statt Verwalten‘ – ein Credo, das Sie formuliert haben.

Ich möchte auch keine Rückschau halten, ich möchte Sie nur ermuntern, die Politik zu fordern und von ihr zu fordern – und dies vielleicht auch als Selbstverpflichtung zu verstehen –, die Attrak- tivität des Arztberufs zu erhöhen, und dies insbe- sondere für die nachrückende Ärztegeneration, so dass eben diese Generation Freude hat, in die ku- rative Medizin einzusteigen. Insofern ist das Gan- ze auch verbunden mit dem Wunsch für die Zu- kunft der deutschen Ärzteschaft, dass die Begeis- terung für den Arztberuf als freier Beruf erhalten bleibt und damit auch Interesse und Neugierde geweckt werden für die ärztliche Selbstverwal- tung. Freiberuflichkeit und ärztliche Selbstverwal- tung haben unmittelbar miteinander zu tun, sie bedingen einander. Und so schließe ich mit den Worten des neuen Ehrenpräsidenten, der gesagt hat: ,Ohne Selbstverwaltung ist alles nichts.‘“ TG

CHRISTOPH FUCHS: ABSCHIED NACH 21 JAHREN

Ein Geschenk für den scheidenden Hauptgeschäftsführer; als Haupt- geschenk gibt es im Herbst einen Versorgungsforschungskongress.

(5)

A 1302

sorgungsengpässen in der hausärzt - lichen Versorgung. Schon heute seien etwa drei Viertel der circa 44 000 Hausärzte in Deutschland älter als 50 Jahre, die Zahl jüngerer Hausärz- te sei seit Jahren rückläufig, so dass sich die Probleme bei der Nach - besetzung von Arztsitzen künftig noch verschärfen könnten, erklärten die Delegierten. Finanzielle Anreize und die Entwicklung neuer Arbeits- und Niederlassungsmodelle könnten jedoch dazu beitragen, die hausärzt- liche Versorgung flächendeckend sicherzustellen. Als mögliche Maß- nahmen nannte der Ärztetag Nie - derlassungsberatungen, Ansiedlungs - unterstützung sowie mehr Kinder- gartenplätze und andere Betreuungs- angebote.

Umfragen zeigen, dass sich mehr als 80 Prozent der Hausärzte dort niederlassen, wo sie studiert haben. Deshalb forderten die Dele- gierten die Bundesländer auf, zeit- nah an jeder medizinischen Fakul- tät einen Lehrstuhl für Allgemein- medizin einzurichten. Bislang sei die Allgemeinmedizin an den Uni- versitäten unzureichend repräsen- tiert, obwohl nur damit das Interes- se von Studierenden für die haus- ärztliche Versorgung geweckt wer- den könnte.

Nicht gebilligt wurde vom Ärzte- parlament der Vorschlag des BÄK-

Vorstands, eine vierwöchige Pflicht- famulatur in der Allgemeinmedizin für alle Medizinstudierenden in der Approbationsordnung festzuschrei- ben. „Wir haben bereits eine Pflicht- famulatur im ambulanten Sektor.

Zudem muss die Qualität und nicht die Quantität in der allgemeinmedi- zinischen Ausbildung gestärkt wer- den“, monierte Katharina Kulike, Ärztekammer Berlin, zuvor langjäh- riges Mitglied des Vorstands der Bundesvertretung der Medizinstu- dierenden in Deutschland. Die Dele- gierten gaben ihr recht und strichen den entsprechenden Abschnitt aus dem Antrag.

Als notwendig erachtet der Deut- sche Ärztetag die flächendeckende Etablierung von Weiterbildungsver- bünden. Als weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Weiterbildung schlagen sie die Ge- winnung von erfahrenen Hausärz- tinnen und Hausärzten als Tutoren, die Erarbeitung strukturierter Wei- terbildungspläne durch die Weiter- bildungsstätten und die Weiterbil- dungsverbünde sowie die regel - mäßige didaktische Qualifizierung der weiterbildenden Ärztinnen und Ärzte vor. Nochmals appellierte der 114. Deutsche Ärztetag an die Ver- tragspartner des Förderprogramms Allgemeinmedizin, die Landesärz- tekammern in die Koordinierungs-

stellen einzubeziehen und die Koor- dinierungsstellen möglichst auch dort anzusiedeln.

Vertragsärzte – Den geplanten Stopp der ambulanten Kodierricht- linien bewertete der 114. Deutsche Ärztetag positiv. Er forderte den Gesetzgeber und die Bundesman- telvertragsparteien auf, ihn konse- quent beizubehalten. Angesichts zu erwartender Bürokratiekosten von vielen Hundert Millionen Euro pro Jahr bei bundesweiter Einfüh- rung der Kodierrichtlinien be- fürchten die Delegierten ansonsten eine wesentliche Beeinträchtigung der Patientenversorgung. Kalkula- tionen gingen von einem bürokra- tischen Mehraufwand von mindes- tens einer halben Stunde pro Praxis und Tag aus. Damit würden bun- desweit jährliche Bürokratiekosten von etwa zwei Milliarden Euro entstehen.

Der 116. Deutsche Ärztetag wird vom 28. bis 31. Mai 2013 in Han- nover stattfinden. Die Delegierten votierten einstimmig für den von der neuen Vizepräsidentin der Bun- desärztekammer und der amtieren- den niedersächsischen Kammerprä- sidentin, Dr. med. Martina Wenker, vorgeschlagenen Tagungsort. ■

Thomas Gerst, Heike E. Krüger-Brand, Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

Zum Tätigkeitsbericht des Vorstands der Bundesärztekammer waren sage und schreibe 123 Anträge gestellt, als der Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde. Aber wer darf überhaupt dem Parlament der Ärzteschaft Entschließungen vorlegen? Die in der Geschäftsordnung der Deutschen Ärztetage festgelegte Grundregel lautet: An- träge müssen von zehn stimmberechtigten Abgeordneten unterstützt werden. Das stellt die acht Ärztekammern, die weniger als zehn Delegierte stellen, vor Probleme.

Der Ärztetag in Dresden hatte dem Vorstand deshalb einen Antrag zur Beratung überwiesen, in dem eine Ausnahmeregelung bei der Anzahl der Unterstützungsun- terschriften verlangt wird. Der Vorstand der Bundesärztekammer hat dem Wunsch entsprochen und empfahl eine Änderung der Geschäftsordnung, die Rechtsanwalt Horst Dieter Schirmer, Leiter der gemeinsamen Rechtsabteilung von BÄK und KBV,

erläuterte und die ohne Diskussion mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Die Änderung bezieht sich nur auf Kammern, die auf dem Ärztetag we- niger als zehn Stimmen haben, und nur auf Anträge, die vor Beginn des Ärztetags gestellt werden. Sie können künftig eingebracht werden, wenn sie von allen stimmberechtigten Delegierten dieser Landesärztekammer und ihrem Präsidenten/ihrer Präsidentin unterstützt werden. Stü.

MINDERHEITENSCHUTZ FÜR KAMMERN

TOP V: Änderung des § 11 Absatz 1 der Geschäftsordnung der Deutschen Ärztetage FAZIT

Ärztekammern mit weniger als zehn Delegierten beim Deutschen Ärztetag können künftig Anträge einbringen, sofern alle ihre Delegierten und ihr Präsident zustimmen.

Änderungen der Geschäftsordnung sind ein Fall für die Rechts- abteilung: Justiziar Horst Dieter Schirmer erklärt den Sachverhalt.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Guido Braun, Geschäftsfüh- rer und Justitiar des Landesverban- des Bayern des Marburger Bundes, München, erhielt auf Beschluß des Vorstandes der Bundesärztekammer das

Da erst Ende 1978 ein weiterer Allgemein- arzt seine Praxis ersatzlos aufgegeben hat, ist eine Wiederbesetzung der beiden Praxen dringend erforderlich.. Boxberg,

Maurer setzte sich aktiv für die Errichtung einer zweiten medizini- schen Fakultät in München ein.. Dank seiner Initiative konnte im Ok- tober 1967 der Lehrbetrieb aufge-

In Essen-Borbeck gebo- ren, wuchs Meyer in Beckum auf und ging nach dem Abitur zum Me- dizinstudium nach Münster, Wien und Würzburg, wo er nach dem in Dortmund

Da sich jene Krankheiten des Leibes aus einem Zusammen- wirken von körperlichen, seelischen und sozialen Faktoren ergeben, ist der Arzt angehalten, auch die psy- chischen

Professor Kleinsorge hat sich als Di- rektor und Leiter der medizinischen Forschung der Knoll AG, Ludwigs- hafen, und auf der Grundlage seiner Lehrtätigkeit an der Fakultät für

Man kann sich der These kaum anschließen, daß Mozart als kranker Mann, ein früh dem Tod Geweihter, durchs Leben ging: Kein allmähliches Er- löschen, sondern plötzli- cher

50 % der Medizinstudenten in diesem Land sich fragen (oder bereits für sich darüber ent- schieden haben), ob dieser Be- ruf noch eine Zukunft (in die- sem Lande) hat.. Die Frage