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Archiv "Ich habe Fulsheimer" (23.10.2009)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 43

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23. Oktober 2009 A 2131 der Angehörigen viele Ärzte nicht

vorbereitet. Die Alzheimer-Gesell- schaft bemüht sich jedoch um neue Wege: So hat eine Arbeitsgruppe ei- nen Fragebogen für Angehörige entwickelt, den man vor einem Krankenhausaufenthalt der demen- ten Eltern oder des Partners ausfül- len kann. Damit lassen sich den Kli - nikmitarbeitern wichtige Hinweise übermitteln, die nicht bei einer Krankenschwester oder einem Arzt hängen bleiben. Derzeit wird abge- fragt, ob Krankenhäuser die Bögen einsetzen und ob sie hilfreich sind.

Auch bei anderen Veranstaltun- gen rund um den Welt-Alzheimer- tag waren Versorgungsdefizite ein Thema. So kritisierte die noch am- tierende Bundesgesundheitsminis- terin Ulla Schmidt (SPD) auf dem Zukunftsforum Demenz, es gebe

„zu viele Schnittstellenprobleme zwischen Hausärzten, Fachärzten und auch Kliniken“. Sie forderte, eine leitlinienbasierte Versorgung auf den Weg zu bringen. Für mach- bar hielt es Schmidt, die Behand- lungskosten für Demenzkranke stärker im Finanzausgleich zwi- schen den Krankenkassen zu be- rücksichtigen.

Sie bemängelte insbesondere die Versorgung Dementer in Kranken- häusern (siehe auch DÄ, Heft 25/

2009). Die Krankheit werde dort oft nur zufällig in Augenschein genom- men, wenn alte Menschen mit an- deren Beschwerden eingeliefert werden. Dies bekräftigte Prof. Dr.

med. Ingo Füsgen, Geriatrische Kli- nik Wuppertal: „Die Krankheit wird in vielen Häusern gar nicht erfasst.“

Der Geriater monierte ein grund- sätzliches Defizit: Demenz werde tabuisiert und selbst von Ärzten nicht genügend beachtet.

So einig sich die Referenten da- rin waren, dass bei der Demenzbe- handlung Handlungsbedarf bestehe, so uneinig blieben sie bei der Frage, ob Disease-Management-Program- me (DMP) der richtige Ansatz sind.

Für ein DMP Demenz müsse der bisherige Ansatz deutlich erweitert werden, hieß es. Denn der Versor- gungsbedarf gehe über sonst übli- che medizinisch-therapeutische Ele- mente in Chronikerprogrammen hin - aus. Unumgänglich sei es etwa, die

Angehörigen eng in ein Behand- lungskonzept einzubinden.

Der frühere AOK-Vorstandsvor- sitzende, Hans Jürgen Ahrens, be- fürwortet solch ein Konzept. „Ich verspreche mir große Effekte von einem DMP“, sagte er auf dem Zu- kunftsforum Demenz. Erfahrungen der AOK mit Chronikerprogram- men auf anderen Gebieten hätten gezeigt, dass sie sich bewährten.

Patientenseminare zum Angstabbau

Kritisch beurteilte der Referent Dr.

med. Michael Lang ein DMP De- menz. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Ulm lehnt es ab,

„noch ein weiteres Kontrollinstru- ment zu schaffen“. Engagierter am- bulanter Versorgung durch Ärzte und Pflegekräfte sei der Vorzug vor

„überteuerter Bürokratie und staat- lichen Verordnungen“ zu geben.

Langs Einstellung kommt nicht von ungefähr: Vor zehn Jahren gründete er mit Kollegen eine Pa- tientenakademie. In Seminaren ler- nen Patienten und Angehörige, Erkrankungen wie Demenz, Par- kinson oder multiple Sklerose zu verstehen, Angst abzubauen und ein Gefühl der Kontrolle über die Erkrankung zu entwickeln. Ziel sei es, das Empfinden ausgeliefert zu zu sein zu mindern und die Aktivi- tät von Kranken und Angehörigen zu steigern. Über ein bundesweites Neurologennetz versuchen Lang und seine Kollegen, in größerem Umfang Patientenedukation und Angehörigenschulung zu verwirk-

lichen. ■

Sabine Rieser, Nora Schmitt-Sausen Angelika Fuls beschönigt nicht, wenn

sie von ihrer Beziehung zu Ehemann Thomas erzählt, bei dem mit 53 Jah- ren frontotemporale Demenz diagnos- tiziert wurde: von den ersten Irritatio- nen ob seiner Vergesslichkeit, dem Är- ger wegen vieler Auftragsabbrüche, dem Auseinanderdriften der Wahrneh- mung: „Die Aufgabe des Architektur- büros, das Ende seiner Berufstätigkeit, der Verkauf unseres Hauses – das al- les berührte meinen Mann kaum.“

Nach und nach sei er zu einem fremden Menschen geworden: „Mein Mann hatte begonnen, seine Körper- pflege zu vernachlässigen. Ein früher eher wortkarger Mensch redete nun wie ein Maschinengewehr auf mich ein. Ein Mensch, der normalerweise Schwierigkeiten hatte, seine Gefühle zu zeigen, sagte mir plötzlich immer- zu, wie sehr er mich liebe – was doch eine schöne Begleiterscheinung war.“

Ihre Erfahrungen hat sie in „ich ha- be Fulsheimer“ niedergeschrieben.

Darin schildern Ehepartner, Kinder und Eltern, wie sie mit der Demenzerkran- kung als Angehörige umgehen. Eine Ehefrau beschreibt ihre vergeblichen Versuche, weiter mit dem dementen Mann zu leben, und die Suche nach ei- nem Pflegeheim. Eine Tochter schildert

ihre Entwicklung zur Pflegeexpertin. Ei- ne Mutter schreibt vom Kummer über die Demenz des Sohnes.

„ich habe Fulsheimer“ ist zum 20-jährigen Jubiläum der Alzheimer-Gesellschaft Berlin erschienen. Das Buch gibt Angehörigen von Dementen Gesichter und Stimmen. De- ren Beiträge ermuntern, sich umfassend zu infor- mieren und sich mit ande- ren Betroffenen auszu- tauschen. Viele trauen sich das noch nicht, weiß Geschäftsführerin

Christa Matter, schon gar nicht soge- nannte Randgruppen: „Der Beratungs- alltag zeigt, dass Angehörige von de- menzkranken Homosexuellen und Migranten noch sehr selten in die Be- ratungssprechstunde kommen.“

Hingewiesen wurde am Rande der Kooperationstagung zum Thema De- menz zudem auf das Kinder- und Ju- gendbuch „Die blauen und die grauen Tage“ von Monika Feth. Berichte von Angehörigen liegen inzwischen auch zu anderen Erkrankungen vor, so „Das schaffen wir!“ von Sabine Schepp über Familien und Begleiter von Men- schen mit multipler Sklerose. Rie

ICH HABE FULSHEIMER

P O L I T I K

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