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Neue therapeutische Wege auch bei fortgeschrittener Alzheimer-Krankheit

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AN N E G R E T CZ E R N O T TA

Demenzerkrankungen sind ein zent- rales Problem des Gesundheits- und Sozialwesens. Häufigste Form der Demenzen ist die Alzheimer-Krank- heit. Zwar gab es innerhalb der letzten Jahre grosse therapeutische Fort- schritte, am pathogenetischen Mecha- nismus der Krankheit konnten die bisher verfügbaren Medikamente al- lerdings nicht angreifen. An der «Fort- bildung zur Alzheimer-Krankheit» an der Universitätsklinik für Klinische Psychiatrie vom 13. November in Bern diskutierten Experten neue Erkennt- nisse in der Ätiologie der Alzheimer- Krankheit, über diagnostische Krite- rien und neue Behandlungsoptionen.

Das Alzheimer-Forum Schweiz schätzt, dass 6 bis 8 Prozent aller 65-Jährigen und 30 Prozent der über 85-Jährigen von Alz- heimer betroffen sind. «Durch die Um- kehrung der Bevölkerungspyramide könnte es im Jahre 2030 sogar eine Verdoppe- lung der Anzahl dementer Menschen ge- ben», stellte Prof. Dr. W.K. Strik, Direktor der Universitätsklinik für Klinische Psychia- trie mit Gerontopsychiatrischer Abteilung Bern, einleitend an der Fortbildungs-Ver- anstaltung zur Alzheimer Krankheit in Bern fest. Aber die Konsequenzen sind nicht nur medizinischer und sozialer Na- tur. «Je schneller die Beeinträchtigung des Alltags aufgrund der Alzheimer-Krankheit fortschreitet, desto häufiger muss der

Betreuungsstandard neu angepasst wer- den und umso höher sind die Kosten für das Gesundheitssystem», erklärte Strik.

Der genaue Krankheitsmechanismus sei nach wie vor unbekannt,

berichtete Prof. Dr. L.O.

Wahlund, Leiter der Geriat- rischen Klinik am Hud- dinge-Universitätskranken- haus Stockholm: «Zu den zentralen histopathologi-

schen Läsionen der Alzheimer-Demenz (AD) zählen die senilen Plaques und die neurofibrillären Bündel. Die physiologi- sche Bedeutung bleibt allerdings weiter- hin unklar. Für Alzheimer gibt es zudem eine starke genetische Komponente. Das ApoE4-Allell fungiert beispielsweise als Risikofaktor.» Besser belegt, so Wahlund, seien die Beteiligung der Transmitter- systeme, wie das cholinerge System, und die mögliche neurotoxische Wirkung von Glutamat und deren Behandlung.

Neuropsychologische Abklärung – wichtiges diagnostisches Instrument

Veränderungen, die mit einer AD einher- gehen, bestehen in kognitiven Leistungs- einbussen, psychischen Symptomen so- wie psychosozialen Einschränkungen. Die genaue Ermittlung des Ausmasses einer kognitiven Störung ist derzeit das wichtig- ste diagnostische Instru-

ment bei vermuteter De- menz. Indes werde in der Praxis trotz diagnostischer Leitlinien nur ein Bruchteil der Demenzpatienten identifiziert und darum

erst mit Verzögerung adäquat therapiert, kritisierte Dr. Dipl.-Psych. P. Calabrese, Lei- ter der neuropsychologischen Abteilung

und Ambulanz der Universitätsklinik Bo- chum. Deshalb sollte das Hauptaugen- merk in der Primärdiagnostik auf diese Aspekte gerichtet werden. «Häufig stellt sich die Frage, ob Defi- zite wie eine Gedächtnis- störung «natürliche» Al- terserscheinungen sind oder als Vorboten einer demenziellen

Erkrankung zu verstehen sind», meinte Calabrese. In diesem Zu- sammenhang wird das Konzept des MCI (Mild Cognitive Impairment) diskutiert.

Das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen einem MCI und einer Demenz ist die Tatsache, dass MCI-Patienten in ihrer sozialen Kompetenz nicht beeinträchtigt sind. Problematisch ist auch die Abgren- zung zur Depression. Allerdings ist bei Dementen das Arbeitsgedächtnis gestört.

Hingegen bleibe bei Depressiven der Arbeitsspeicher funktionsfähig, nur seien die Patienten leicht ablenkbar, erklärte Calabrese.

Neuer Behandlungsansatz mit Memantine

Dass die neuropsychologische Abklärung wichtig ist, bestätigte auch Prof. Dr. C.W.

Hess, Direktor der neurologischen Univer- sitätsklinik und Poliklinik Inselspital Bern.

«Zur Differenzialdiagnostik bedarf es eines eingehenden Neurosta- tus. Ein MRI kann helfen, andere Ursachen auszu- schliessen, allerdings zeigt es kleinste zerebrale Ver- änderungen nicht auf.»

Weiterhin gehörten ein obligates Screening, unter anderem des Vitamins B12, und die Lues-Serologie dazu, so Hess. Ein neuer Ansatz in der Behand-

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P HARMA F ORUM

Neue therapeutische Wege auch bei fortgeschrittener Alzheimer-Krankheit

Auf den Inhalt der Beiträge in der Rubrik Pharma Forum nimmt die Redaktion keinen Einfluss. Die Verantwortung trägt der Autor oder die auftraggebende Firma.

«Je schneller die Alzheimer-Erkrankung

fortschreitet, desto höher sind die Kosten.»

Prof. Dr. W.K. Strik

«Es wird noch Jahre dau- ern, bis ursächlich wirk- same Medikamente auf

dem Markt sind.»

Prof. Dr. C. Hock

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P HARMA F ORUM

lung von mittelschweren bis schweren De- menzen wurde von Prof. Dr. J. Kornhuber, Direktor der Klinik mit Poliklinik für Psy- chiatrie und Psychotherapie der Univer- sität Erlangen-Nürnberg, vorgestellt. Die nun auch in der Schweiz zugelassene,

kassenpflichtige Substanz Memantine (Ebixa®) greift direkt in den pathogeneti- schen Mechanismus der Demenz ein. Me- mantine ist ein Glutamat-Modulator, der am NMDA(N-Methyl-D-Aspartat)-Rezeptor als nichtkompetitiver Antagonist wirkt.

Bei der Alzheimer-Erkrankung erfolgt die Glutamat-Freisetzung verstärkt. Meman- tine blockiert den NMDA-Kanal partiell, sodass die von Glutamat-vermittelten Lern- und Gedächtnisvorgänge wieder möglich sind, schützt gleichzeitig vor den exzito- toxischen Wirkungen der pathologisch erhöhten Glutatmat-Konzentration und verhindert das chronische Absterben der

Nervenzellen. «Bei der Alzheimer-Krank- heit ‹rauscht› gewissermassen ständig die

‹Leitung›, und Lern- und Erinnerungsim- pulse bleiben ungehört. Memantine ver- bessert die Signalübertragung, bewirkt dadurch eine Verbesserung der Kognition

und ist gleichzeitig neuroprotektiv», er- läuterte Kornhuber. In klinischen Studien unterschied sich Memantine in der Ge- samtheit der unerwünsch- ten Ereignisse nicht von Plazebo (1).

Zukünftige

Therapieentwicklungen

«Mit den Cholinesterasehemmer wurde die erste Hürde in der Behandlung der leichten bis mittelschweren AD genom- men. Mit den NMDA-Rezeptorantagonis- ten steht jetzt auch eine Option zur Be- handlung der mittelschweren bis schweren AD zur Verfügung», berichtete Prof. Dr.

K. Maurer, Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Frankfurt/Main. Wegen der guten Wirk- samkeit der Kombination der beiden Me- dikamentengruppen ist diese eine weitere Option: «In der Studie von Tariot et al. war die Verträglichkeit gut (2). Unter beiden Medikamenten entwickelte sich der ADAS (Alzheimer’s Disease Assessment Scale) positiv», so Maurer.

Und wie sieht die zukünftige Therapie aus?

«Intensiv erforscht werden Strategien zur Beeinflussung der Amyloid-Ablagerun- gen. Neue Ansätze sind eine Hemmung der Sekretasen, synthetische Peptide (so ge- nannte Beta-Sheet-Breaker), NMDA-Ant- agonisten, Antiphlogistika, Statine und die Immunisierung», erklärte Prof. Dr. C. Hock, Chefarzt der Abteilung für psychiatrische Forschung an der Psychiatrischen Univer- sitätsklinik Zürich. «Die Impfung beim Men- schen zeigte beispielsweise in der Phase I

eine gute Verträglichkeit, in der Phase II traten dann gehäuft Meningoenzephaliti- den auf. Die Entwicklung für erste thera- peutische Einsätze ursächlich wirksamer Medikamente wird noch Jahre dauern», stellte Hock abschliessend fest. ●

1. B. Reisberg et al.: The New England Journal of Medicine, 348 (14): 1333–

1341, 2003.

2. P. Tariot et al.: Memantine/donepezil dual-therapy is superior to placebo/done- pezil therapy for moderate to severe Alz- heimer’s disease. Poster presented at the 6th International Conference on Alzhei- mer’s disease, Spain May 2003.

Annegret Czernotta

Weitere Informationen:

Lundbeck (Schweiz) AG Cherstrasse 4 8152 Glattbrugg Tel. 01-874 34 34 Fax 01-874 34 44

«Memantine verbessert die Signalübertragung und dadurch

die kognitiven Fähigkeiten.

Gleichzeitig wirkt es neuroprotektiv.»

Prof. Dr. J. Kornhuber

«Die Prävalenz der Alzheimer- Demenz ist verteilt über die ganze Welt gleich, entscheidend ist allerdings das Durchschnitts-

alter der Bevölkerung.»

Prof. Dr. L.O. Wahlund

«Bei Demenzen ist das Arbeits- gedächtnis gestört. Hingegen ist

bei der Depression der Arbeits- speicher gut, aber der Betroffene

leicht ablenkbar.»

Dr. Dipl.-Psych. P. Calabrese

«In der Abklärung einer Alzheimer-Demenz hilft das MRI,

um andere Ursachen auszuschliessen, aber kleinste

Läsionen zeigt es nicht an.»

Prof. Dr. C.W. Hess

Neue therapeutische Wege

auch bei fortgeschrittener Alzheimer-Krankheit

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