H
ydroxyethylstärke (HES) ist wie Dextran und Gelatine ein künstlicher kolloidaler Plas- maersatzstoff, wobei HES nur etwa ein Siebtel vom natürlichen kolloidalen Plasmaersatzstoff Albu- min kostet (38, 40). HES wird zur The- rapie und Prophylaxe einer Hypovol- ämie bei Blut- und Plasmaverlusten im Zusammenhang mit Operationen, Verletzungen und auch im Rahmen ei- ner akuten normovolämischen Hämo- dilution zur Fremdbluteinsparung bei chirurgischen Eingriffen benutzt.In der Vergangenheit wurde HES häufig bei Patienten mit zerebralen Durchblutungsstörungen zur Hämo- dilutionsbehandlung eingesetzt. Das ausschließlich auf eine Senkung der Vollblutviskosität ausgerichtete Kon- zept der isovolämischen Hämodiluti- on erwies sich in den bisherigen klini- schen Studien als unwirksam und wurde inzwischen wieder verlassen (2, 13, 16, 17, 20, 21). Das weiterent- wickelte Konzept der hypervolämi- schen Volumentherapie versucht, ne- ben einer Optimierung rheologischer Parameter zusätzlich die zerebrale Perfusion über eine Steigerung des Blutdrucks und Herzzeitvolumens zu erhöhen (10–12, 14, 22, 31, 35). Eine aussagekräftige Studie zur klinischen Wirksamkeit einer hämodynamisch ausgerichteten, hypervolämischen Volumentherapie, welche die heute geltenden Studienanforderungen (zum Beispiel Zeitfenster < 6 Stun- den) erfüllt, steht bislang aus.
Beim Einsatz von HES ist zu be- achten, daß zwischen den einzelnen HES-Präparationen erhebliche Un- terschiede in der Beeinträchtigung des Gerinnungssystems bestehen, die vom chemischen Aufbau abhängen.
Chemischer Aufbau
HES ist eine hochpolymere Glu- koseverbindung, die aus der hochver- zweigten Stärkekomponente Amy- lopektin gewonnen wird. Ursprüng- lich erfolgte die Charakterisierung der Stärkelösungen lediglich durch die Angabe der Ausgangsmolekül- masse, das heißt, durch das in vitro be- stimmte mittlere Molekulargewicht.
Die alleinige Angabe der Ausgangs- molekülmasse ist jedoch unzurei- chend, da HES in vivo in unterschied- lichem Ausmaß gespalten wird (37).
In Abhängigkeit vom Substitutions- grad und vom C2/C6-Hydroxyethylie- rungs-Verhältnis variiert die Ge- schwindigkeit des enzymatischen Ab- baus und somit die Dauer des Ver- dünnungseffektes. Dabei wird eine HES um so langsamer gespalten, je höher der Substitutionsgrad und das C2/C6-Verhältnis sind (25–27).
HES 200/0,5 hat beispielsweise eine Ausgangs-Molekülmasse von 200 000 Dalton und einen Substituti- onsgrad von 0,5. Das C2/C6-Verhält- nis kann je nach Hersteller zwischen 6 und 13 liegen.
Pharmakokinetik
Unsere Arbeitsgruppe untersuch- te bei 50 Patienten mit zerebralen Durchblutungsstörungen die Effekte einer zehntägigen Volumentherapie mit fünf verschiedenen HES-Präpara- tionen (25–27, 34). Bei 6 Prozent HES 200/0,62 betrug die infundierte Ge- samtdosis 420 g, bei 10 Prozent HES 200/0,62 betrug sie 500 g, und bei der niedermolekularen 6 Prozent HES 70/0,5 (ehemals 6 Prozent HES 40/0,5) wurden insgesamt 450 g verabreicht.
Um den Einfluß des C2/C6-Verhältnis- ses zu untersuchen, verwendeten wir ferner zwei Präparationen mit 10 Pro- zent HES 200/0,5 mit einem C2/C6- Verhältnis von 6 und 13 in einer Gesamt- dosis von jeweils 750 g. Von den un- tersuchten Stärkelösungen wird die hochsubstituierte HES 200/0,62 am langsamsten abgebaut. Die Molekül- masse liegt in vivo mit 120 000 Dalton deutlich höher als bei den Vergleichs- präparaten. Die erschwerte Eliminati- on dieser Makromoleküle hat eine Kumulation zur Folge, die zu einem Anstieg der Serumkonzentration bis auf 25,3 g/l und zu einer Erhöhung der Plasmaviskosität führt. Das HES
Blutungskomplikationen durch Hydroxyethylstärke sind vermeidbar
Johannes Treib
1Anton Haaß
1Gerhard Pindur
2Ernst Wenzel
2Klaus Schimrigk
1Hydroxyethylstärke (HES) wird in vivo enzymatisch gespal- ten. Daher sagt die Ausgangs-Molekülmasse nichts über die In-vivo-Molekülmasse aus. Diese ist von klinischer Rele- vanz, da der Faktor VIII/von-Willebrand-Faktor bei Ver- wendung einer HES mit einer hohen In-vivo-Molekülmasse in Richtung eines erworbenen von-Willebrand-Syndroms beeinträchtigt wird. So beobachten wir bei einer schwer spaltbaren, hochsubstituierten HES 200/0,62 im Verlauf ei-
ner zehntägigen Volumentherapie eine 80prozentige Ab- nahme des Faktors VIII/von-Willebrand-Faktors. Leicht spaltbare HES 200/0,5 oder niedermolekulare HES 70/0,5 führen hingegen zu keiner relevanten Abnahme der Gerin- nungsfaktoren. Hinzu kommt, daß HES mit einer niedrigen In-vivo-Molekülmasse auch die Thrombozyten und das retikuloendotheliale Symptom (RES) weniger beeinflußt und zudem günstigere rheologische Eigenschaften besitzt.
1Neurologische Klinik (Direktor: Prof. Dr.
med. Klaus Schimrigk), Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg
2Abteilung für Hämostaseologie und Transfu- sionsmedizin (Direktor: Prof. Dr. med. Ernst Wenzel), Universitätskliniken des Saarlan- des, Homburg
200/0,5-Präparat mit einem hohen C2/C6-Verhältnis wird langsamer ge- spalten als HES 200/0,5 mit einem niedrigen C2/C6-Verhältnis
und besitzt daher mit 95 000 Dalton auch eine höhere In- vivo-Molekülmasse als das Vergleichspräparat, das eine In-vivo-Molekülmasse von 84 000 Dalton hat (25). Die am zehnten Tag bestimmte Serumkonzentration lag da- her bei HES 200/0,5 mit einem hohen C2/C6-Verhältnis mit 12,0 g/l doppelt so hoch wie bei dem Vergleichspräparat (5,8 g/l). HES 200/0,5 wird so- mit um so langsamer elimi- niert, je höher ihr C2/C6-Ver- hältnis ist. HES 70/0,5 ändert ihre Ausgangsmolekülmasse von 60 000 Dalton in vivo kaum. Ein Anstieg der Serumkonzentration als Aus- druck einer Kumulation schwer abbaubarer Großmo-
leküle tritt bei dieser Substanz daher nicht auf. Die am letzten Therapietag bestimmte Serumkonzentration be- trug mit 2,6 g/l fast nur ein Zehntel der bei der schwer spaltbaren HES 200/0,62 bestimmten Konzentration.
Verdünnungseffekt
Der Verdünnungseffekt von HES kann am Hämatokritverlauf ver- folgt werden. Demnach führt sechs Prozent HES 200/0,62 im Verlauf der von uns durchgeführten Langzeithä-
modilution zu einer 14,3prozentigen Hämatokritabnahme, während 10 Prozent HES 200/0,62 zu einer
19,0prozentigen Abnahme führte. Die beiden HES 200/0,5-Präparate senken den Hämatokrit um rund 22 Pro- zent. Die niedermolekulare 6 Prozent HES 70/0,5 führte zu einer 16,0prozentigen Häma- tokritabnahme. Demnach weist HES 200/0,62 unter Berücksichtigung der verab- reichten Dosis den anhal- tendsten Verdünnungseffekt auf. Der Verdünnungseffekt von HES 70/0,5 ist recht hoch, obwohl hier lediglich eine sechsprozentige Lö- sung verabreicht wurde. Der Verdün- nungseffekt ist je- doch weniger von der
Größe der Moleküle als von der Zahl der onkotisch wirk- samen Moleküle abhängig.
Beeinflussung des Gerinnungssystems
Ein wesentlicher Grund für die bisherige Limitierung der Maximaldosis von HES auf 20 ml/kgKG/Tag ist die Gefahr von Blutungs- komplikationen, die nach
Infusion größerer Volumina (> 1000 ml) wiederholt beobachtet wurden (Tabelle 2).
Exakte Zahlen zur Inzidenz der- artiger Blutungskomplikationen lie- gen bislang nicht vor, da es sich bei den bisherigen Literaturangaben fast ausschließlich um Kasuistiken han- delt. Bei den Blutungskomplikatio- nen handelte es sich in der Mehrzahl der Fälle um vereinzelt tödlich verlau- fende Nachblutungen, die entweder postoperativ oder nach einer hyper- volämischen Infusionsbehandlung des Vasospasmus bei einer Subarach- noidalblutung (SAB) auftraten.
Eine der wenigen systematischen Untersuchungen wurde von Trumble et al. durchgeführt (32, 33, 39). Die Autoren konnten bei der Vasospas- musbehandlung von 26 Patienten mit einer Subarachnoidalblutung nach- weisen, daß HES 480/0,7 (Heta- starch) im Verlauf einer mehrtägigen Volumentherapie zu einem signifi-
kanten 29prozentigen Anstieg der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) führte, während bei den mit Albumin behandelten Patienten kein signifi- kanter PTT-Anstieg beobachtet wur- de. Bei sechs der 14 mit HES 480/0,7 behandelten Patienten traten dabei Blutungskomplikationen auf, die von den Autoren auf die PTT-Erhöhung zurückgeführt wurden.
Hämostaseologische Untersu- chungen ergaben, daß die unter HES 480/0,7 beobachteten Blutungskom- plikationen Folge eines erworbenen
M E D I Z I N ZUR FORTBILDUNG
45 40 35 30 25 20 15 10 5 0
6 % HES 70/0,5
10 % HES 200/0,5 (a)
10 % HES 200/0,5 (b)
6 % HES 200/0,62
10 % HES 200/0,62 Tag 1
Tag 5 Tag 10
% Grafik 2
Prozentänderung der PTT im Verlauf einer zehntägigen HES-Vo- lumentherapie; HES 200/0,5 (a) hat ein C2/C6-Verhältnis von 6, HES 200/0,5 (b) ein C2/C6-Verhältnis von 13
10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80
6 % HES
70/0,5 10 % HES
200/0,5 (a) 10 % HES
200/0,5 (b) 6 % HES
200/0,62 10 % HES 200/0,62 Tag 1
Tag 5 Tag 10
% Grafik 3
Prozentänderung des Faktors VIII: C im Verlauf einer zehntägigen HES-Volumentherapie; HES 200/0,5 (a) hat ein C2/C6-Verhältnis von 6, HES 200/0,5 (b) ein C2/C6-Verhältnis von 13
XII XI
IX PF-3
VIII/vWF
PF-3 X
Prothrombin V
Fibrinogen
Fibrin
Quick PTT
Thrombinzeit VII
Intrinsisches System Extrinsisches System
HES Grafik 1
Störung des intrinsischen Systems der Gerinnung mit Anhebung der PTT infolge einer Beeinträchtigung des Faktors VIII/von-Wille- brand-Faktors (vWF) durch HES mit einer hohen Molekülmasse
von-Willebrand-Syndroms sind (Gra- fik 1). Strauß und Mitarbeiter erkann- ten, daß mittelmolekulare HES 264/0,5 (Pentastarch) das Gerin-
nungssystem weit weniger beinträch- tigt als HES 480/0,7 (23). Hierfür spricht auch, daß thoraxchirurgischen Patienten nach Gabe von hochmole- kularer HES 450/0,7 mit durchschnitt- lich 890 ml einen signifikant höheren Blutverlust aufwiesen als die mit HES 200/0,5 behandelten Patienten (660 ml) (5). Außerdem erhielten die mit HES 450/0,7 behandelten Patienten drei Blutkonserven infundiert, während die mit HES 200/0,5 behan- delten Patienten mit einer Konserve auskamen.
Zwischen den einzelnen Substan- zen zeigten sich erhebliche Unter- schiede bei der Beeinflussung der ak- tivierten partiellen Thromboplastin- zeit (aPTT). Bei Gabe von HES 70/0,5 und schnell spaltbarer HES 200/0,5 kam es auch im Verlauf einer zehn- tägigen Volumentherapie zu keiner nennenswerten, über den Verdün- nungseffekt hinausgehenden Beein- trächtigung der aPTT. Bei Verwen- dung von zehn Prozent HES 200/0,62 betrug der aPTT-Anstieg hingegen 43 Prozent (Grafik 2).
Die bei HES 200/0,62 bezie- hungsweise schwer spaltbarer HES 200/0,5 zu beobachtende verlängerte aPTT-Zeit zeigt eine Störung im in- trinsischen System der Gerinnung an,
die im wesentlichen auf eine Beein- trächtigung des Faktor VIII/von-Wil- lebrand-Faktor-Komplexes zurück- geführt werden konnte (28). So wurde
der hämostaseologische Grenzwert von 30 Prozent des Faktor VIII/von- Willebrand-Faktor-Komplexes bei wiederholter Infusion der hochsubsti- tuierten zehn Prozent HES 200/0,62 regelmäßig unterschritten (34). Hin- gegen beinträchtigen die schnell
spaltbare HES 200/0,5 und HES 70/0,5 den Faktor VIII:C, das von- Willebrand-Faktor-Antigen und den Ristocetin-Kofaktor auch in hö- heren Dosen kaum (26, 27).
Die Abnahme des Faktor VIII/
von-Willebrand-Fak- tor-Komplexes fällt nach unseren Unter- suchungen um so stärker aus, je höher die Dosis, die Aus- gangsmolekülmasse, das C2/C6-Verhältnis und vor allem der Substitutionsgrad ei- ner Stärke sind, da für die Gerinnungs- störung in erster Li- nie der Anteil an schwer eliminierba- ren Großmolekülen verantwortlich ist (25–27, 34). Das Aus- maß der Gerinnungs- störung hängt dabei entscheidend von der Therapiedauer ab, da die Abnah- me des Faktor VIII/von-Willebrand- Faktor-Komplexes insbesondere bei HES 200/0,62 mit jedem Behand- lungstag zunimmt (Grafik 2 bis 5). Der Applikationsform dürfte ebenfalls ei-
20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80
6 % HES
70/0,5 10 % HES
200/0,5 (a) 10 % HES
200/0,5 (b) 6 % HES
200/0,62 10 % HES 200/0,62 Tag 1
Tag 5 Tag 10
% Grafik 4
Prozentänderung des von-Willebrand-Ristocetin-Kofaktors im Ver- lauf einer zehntägigen Hydroxyethylstärke-Volumentherapie;
HES 200/0,5 (a) hat ein C2/C6-Verhältnis von 6, HES 200/0,5 (b) ein C2/C6-Verhältnis von 13
10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 90
6 % HES
70/0,5 10 % HES
200/0,5 (a) 10 % HES
200/0,5 (b) 6 % HES
200/0,62 10 % HES 200/0,62 Tag 1
Tag 5 Tag 10
% Grafik 5
Prozentänderung des von-Willebrand-Faktor-Antigens im Verlauf einer zehntägigen Hydroxyethylstärke-Volumentherapie; HES 200/0,5 (a) hat ein C2/C6-Verhältnis von 6, HES 200/0,5 ( b) ein C2/C6-Verhältnis von 13
Tabelle 1
Eigenschaften von Hydroxyethylstärke
Hochmolekulare HES Nachteil: – Gerinnungsstörungen z. B. Plasmasteril (HES 450/0,7) – Verschlechterung
US-Hetastarch (HES 480/0,7) rheologischer Parameter – Beeinträchtigung des
retikuloendothelialen Systems Vorteil: – langanhaltender Volumeneffekt Schwer spaltbare, Nachteil: – Gerinnungsstörungen
mittelmolekulare HES – Verschlechterung z. B. Elohäst (HES 200/0,62) rheologischer Parameter
– Beeinträchtigung des
retikuloendothelialen Systems Vorteil: – langanhaltender Volumeneffekt Schnell spaltbare, Vorteil: – kaum Gerinnungsstörungen mittelmolekulare HES – leichte Verbesserung z. B. Hemohes (HES 200/0,5) rheologischer Parameter
HAES-steril (HES 200/0,5) – mittlere Wirkdauer
niedermolekulare HES Vorteil: – fast keine Gerinnungsstörungen z. B. Rheohes (HES 70/0,5) – rasche Verbesserung
rheologischer Parameter – gute Steuerbarkeit
ne gewisse Rolle zukommen, da bei ei- ner kontinuierlichen Infusion auf- grund des gleichmäßigen Abbaus der HES-Moleküle mit geringeren Verän- derungen zu rechnen ist als bei einer Schnellinfusion.
Die Reduktion der Thrombopla- stinzeit nach Quick war bei Verwen- dung von HES 200/0,62 mit einer 20prozentigen Abnahme am stärk-
sten ausgeprägt. Bei Verwendung von schnell spaltbarer HES 200/0,5 oder HES 70/0,5 konnte am Ende der Behandlung keine signifikante Be- einträchtigung des Quick bestimmt werden.
Eine Verkürzung der Thrombin- zeit und eine Senkung der Fibrino- genkonzentration wurde in der Lite- ratur nach einmaliger Gabe von
Dextran oder Stärke bereits mehr- fach beschrieben. Diese Effekte sind wahrscheinlich auf eine beschleunig- te Fibrinpolymerisation zurückzu- führen. Für die Hämostase sind sie von untergeordneter Bedeutung.
Im Verlauf einer zehntägigen Vo- lumentherapie beobachten wir bei HES 200/0,62 die stärkste Abnah- me (–39,4 Prozent), während HES
M E D I Z I N ZUR FORTBILDUNG
Tabelle 2
Blutungskomplikationen unter Hydroxyethylstärke (Literaturübersicht)
Autoren Land HES Indikationen Volumen Dauer Komplikationen
(Tage)
Abramson (1) USA Hetastarch perioperativer 0,25–0,5 2 Nachblutung
480/0,7 Volumenersatz l/die
Baldassarre et al. (3) B Plasmasteril Vasospasmus- 2,5 l 3 Hämatom
450/0,7 behandlung bei Subarachnoidalblutung
Bianchine (4) USA Hetastarch Vasospasmus- Tage Blutungen
480/0,7 behandlung bei Subarachnoidalblutung
van den Brink (6) NL Elohäst Vasospasmus- 10,3–16,5 l 7–12 intraoperativer
200/0,62 behandlung bei Blutverlust und
Subarachnoidalblutung Nachblutung
Cully et al. (7) USA Hetastarch perioperativer 2 l 7 Stunden intraoperative
480/0,7 Volumenersatz intrazerebrale
Blutung Dalrymple et al. (8) GB Hetastarch Plasmaexpander > 1,5 l/die Blutungen
480/0,7
Damon et al. (9) USA Hetastarch Vasospasmus- 0,5–1,75 l/die 6 Nachblutung 480/0,7 behandlung bei
Subarachnoidalblutung
Lockwood et al. (15) USA Hetastarch perioperative 2 l 2 26 Stunden
480/0,7 Volumengabe postoperativ
Nachblutungen
Penner et al. (18) CH 270/0,5 präoperative Gabe 1 l 24 Stunden
postoperativ Nachblutungen
Sanfelippo et al. (19) USA Hetastarch 1 l/die Zahnfleisch-
480/0,7 bluten
10 Tage nach HES-Gabe
Symington (24) USA Hetastarch Vasospasmus- 1–2 l/die 5 5 Tage
480/0,7 behandlung bei anhaltende
Subarachnoidalblutung Nachblutungen
Trumble et al. (39) USA Hetastarch Vasospasmus- Nachblutungen
480/0,7 behandlung bei Subarachnoidalblutung
200/0,5 mit einem niedrigen C2/C6- Verhältnis und niedermolekulare Stärke zu keiner relevanten Ände- rung von Thrombinzeit und Fibrino- genkonzentration führen.
Die Faktoren II, V, VII, IX und X wurden nicht über den Verdün- nungseffekt hinausgehend beein- trächtigt (34). Die Faktoren XI und XII wurden durch die höhersub- stituierte Stärke auf etwa die Hälf- te des Ausgangswertes reduziert.
Dies weist darauf hin, daß sich die Störung des intrinsischen Sy- stems nicht auf den Faktor VIII/
von-Willebrand-Faktor-Komplex be- schränkt. Durch Verwendung von HES 70/0,5 oder schnell spaltbarer HES 200/0,5 lassen sich relevante Abnahmen der Faktoren XI und XII vermeiden. Im Vergleich zu Dextran führt HES nur zu einer geringen Be- einflussung der Thrombozyten, wo- bei nach unseren Untersuchungen schnell spaltbare HES 200/0,5 und HES 70/0,5 den geringsten Einfluß besitzen (30).
Beurteilung der unterschiedlichen HES
Hochmolekulare HES 450/0,7 beziehungsweise 480/0,7 sind schwer spaltbar und besitzen folglich einen lang anhaltenden Verdünnungsef- fekt. Bei Infusion höherer Volumina (> 1 000 ml) kann es über eine Ab- nahme des Faktor VIII/von-Wille- brand Faktor-Komplexes zu Blu- tungskomplikationen kommen (Ta- belle 1 und 2). Aufgrund ihrer hohen In-vivo-Molekülmasse beeinflussen derartige HES zudem Thrombo-
zyten, rheologische Parameter und wahrscheinlich auch das RES ungün- stig (23, 29, 33, 36).
Schwer spaltbare, mittelmoleku- lare Stärken (HES 200/0,62 oder HES 200/0,5 mit einem hohen C2/C6-Ver- hältnis) besitzen ähnliche Eigenschaf- ten wie HES 450/0,7. Sie besitzen ebenfalls einen lang anhaltenden Ver- dünnungseffekt. Für eine höherdo- sierte oder wiederholte Volumengabe sind sie gleichfalls nicht zu empfehlen, da es aufgrund der erschwerten Elimi- nation zu einer Kumulation schwer abbaubarer Großmoleküle kommt.
Schnell spaltbare, mittelmolekulare Stärken (HES 200/0,5 mit einem nied- rigen C2/C6-Verhältnis) werden in vi- vo rasch zu günstigen Molekülgrößen abgebaut und besitzen dann Eigen- schaften wie niedermolekulare HES.
Im Verlauf einer Langzeittherapie kommt es daher weder zu einer Ku- mulation noch zu einer klinisch rele- vanten Erhöhung der Blutungsnei- gung oder einer Verschlechterung rheologischer Parameter.
Niedermolekulare HES 70/0,5 besitzen bereits initial eine günstige Molekülgröße. Nach unseren Unter- suchungen haben sie die günstigsten rheologischen Eigenschaften. Weder in einer Tagesdosis von 3 000 ml noch bei wiederholter Gabe beobachteten wir eine über den Verdünnungseffekt hinausgehende Beeinträchtigung des Gerinnungssystems. Eine Volumen- therapie ist bei Verwendung dieser HES aufgrund der schnelleren rena- len Ausscheidung besser steuerbar.
Um einen konstanten Volumeneffekt sicherzustellen, sollte die Volumen- gabe wenn möglich kontinuierlich er- folgen.
Praktische Konsequenzen
Bei Infusion größerer Volumina (> 1 000 ml) oder bei wiederholten Infusionen sollten hochmolekulare HES 450/0,7 oder schwer spaltbare HES 200/0,62 beziehungsweise HES 200/0,5 mit einem hohen C2/C6-Ver- hältnis nicht mehr verwendet wer- den. Statt dessen sollten schnell spalt- bare HES 200/0,5 oder niedermole- kulare HES 70/0,5 eingesetzt werden.
Dabei ist zu beachten, daß der Ver- dünnungseffekt bei Verwendung der- artiger HES-Präparationen kürzer anhält als bei schwer spaltbaren HES.
In Zukunft sollte von den Herstellern auch das C2/C6-Verhältnis angege- ben werden oder besser noch eine standardisiert bestimmte In-vivo- Molekülmasse.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1997; 94: A-2326–2330 [Heft 37]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Prof. Dr. Ernst Wenzel, auch ordentliches Mit- glied der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft, dankt im Namen aller Auto- ren den Kolleginnen und Kollegen, die Ver- dachtsfälle über Blutungen durch Hydroxyethyl- stärke der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft mitgeteilt haben.
Anschrift für die Verfasser
Priv.-Doz. Dr. med Johannes Treib Neurologische Klinik
Universitätskliniken des Saarlandes Oscar-Orth-Straße
66421 Homburg
Um die Rate der vertikalen Übertragung des HI-Virus von der Mutter auf den Säugling zu verrin- gern, wird eine Behandlung der Schwangeren und des Neugebore- nen mit Azidothymidin unabhängig von serologischen Parametern wie Höhe des Plasmaspiegels der HIV-1- RNA oder der CD4+-Zellzahlen empfohlen. Dies zeigte eine plazebo- kontrollierte Studie mit 402 Mutter-
Kind-Paaren, bei der die Rate der vertikalen Übertragung bei dieser Behandlung bei 7,6 Prozent lag im Vergleich zu 22,6 Prozent bei Gabe eines Plazebos. Dieser Schutzeffekt zeigte sich unabhängig von der Men- ge der HIV-1-RNA im mütterlichen Serum zum Zeitpunkt des Studien- beginns oder bei der Entbindung oder der Zahl der CD4+-Lympho- zyten. Die Autoren machten bei der
Veröffentlichung keine Aussage über die Art der Entbindung (Sectio
oder vaginal). silk
Sperling RS, Shapiro DE, Coombs RW et al.: Maternal viral load, zidovudine treat- ment, and the risk of transmission of hu- man immunodeficiency virus type 1 from mother to infant, N Engl J Med 1996; 335:
1621–1629.
Dr. Sperling, Mount Sinai Medical Cen- ter, Box 1173, 1 Gustave Levy Place, New York, NY 10029, USA.