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Der wärmende Bauch des Netzes

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Der wärmende Bauch des Netzes

Susanne von Falkenhausen

Foren, Sites, Networks: die Initiativen häu­

fen sich, mit denen Künstlerinnen sich anschicken, den KUNST­DISKURS selbst zu organisieren. Networks "are micro­intelligi­

ble and macro­incoherent.[...] Networks have no goal. Possible ends are buried in an avalanche of means. [...] Networks [...]

encourage an art of copies sustained by modularity. [...] Networks allow us not to know who, what, where, when, or how."

(Fragmente aus der Antwort von Antoinette La Farge auf die Frage, was ihre "Vision of a yet unknown art" sei, gestellt von Jochen Gerz für sein Web­Forum "Anthology of Art" 2002). Irgendwie unheimlich, diese Vision ­ wäre das zu verstehen als ultimati­

ve Auflösung des abendländischen Subjekts im Nicht­Wissen­Müssen­Wer­Was­Wo?

Oder als das immer schon fade Modell in­

fantiler Regression im wärmenden Bauch des Netzes, infantil auch in der Hoffnung, so dem Imperativ zu entkommen, über Differenz/en, Macht etc. noch nachdenken zu müssen? Das Netz als Schicksal? Oder die Fragmentierung zur kleinstmöglichen Einheit des Administrativen in der/für die Kunst? Meine Begehrlichkeiten, nicht nur bezogen auf Kunst, seien sie ethischer oder

ästhetischer oder anarchischer Art, scheinen da vergleichsweise altbacken zu sein, mit einer zynisch­melancholischen Kehrseite ­ eben 20stes, nicht 21stes Jahrhundert.

Außerdem bekomme ich Ausschlag, wenn ich das Wort "Modul" höre. Allmählich wird es für mich zur Allegorie der Ent­

Verantwortung und der Bürokratisierung.

Modul­Art wäre also nicht meine Vision.

Aber hier, bei dis-positiv. Zur Produktivität von Kunst und Diskurs, wird ja gar nicht nach Visionen gefragt. Viel bescheidener:

Ich, eine jener Aktiven des Kunstdiskurses, die hier auch Exponate sein sollen, werde um ein Statement gebeten über den von mir "erwünschten bzw. erwarteten Fortgang der Kunst" ­ erwünscht? Also doch Vision?

Eher wohl eine freundliche Anfrage, eine Versuchsanordnung zum Thema, wie die Definitionsmacht der/des Diskurses die Produktion von Kunst beeinflusst und vice­

versa. Was passiert in der Kunst, wenn ich, eine Kunstdiskursiererin mit "Definitions­

macht", erkläre, dass Modul­Art nicht mein Begehr sei? Wahrscheinlich wird der Lauf der Dinge außerhalb der Kunst (z.B. die Fortentwicklung der kapillaren Organisation des Sozialen durch Netz­

technologie) die Kunstdiskursiererlnnen wie die Künstlerinnen zwingen, Modula­

rität aufs Begehrenswerteste, Ästhetischste umzudefinieren, schließlich hatte schon das Ornament etwas mit dem Modul zu tun, ja, das Modul hat es eigentlich immer schon gegeben, genau wie die Bürokratie.

Dennoch scheint mir das Modul als Ersatz­

regulativ für das Künstlergenie wenig at­

traktiv. Irgendwie die falsche Vision von Horizontalität und herrschaftsfreiem Raum, zudem unsexy.

Leider ist mir eher danach zumute, spät­

bourgeoise, links­anarchisch und spätfemi­

nistisch versetzte Skepsis gegenüber Zu­

kunftsimaginationen von Kunst zu äußern als positive Setzungen zu dem, was bitte schön Kunst zukünftig leisten solle.

Allzusehr scheinen mir positive Bestim­

mungsversuche vom Duktus wohlmeinen­

den Kunstpolitikergewäschs gefährdet zu sein (Kunst solle "mitten im Leben stehen", oder: politisch aktivieren, emanzipieren u.s.f.). So schöne alte Kategorien wie Phan­

tasie oder Schönheit gar scheinen mittler­

weile in die Hirntätigkeit von Biogenetikern und Nanotechnologen übergegangen zu sein. Ihre Schaffenskraft, ihr ungebremster Erfindungsgeist erscheint heute als die per­

fekte Analogie zum alten Begriff des Künst­

lers. Die Codes, die Tropen, die Phantas­

men dieser Kreativität finden sich in der Science Fiction. Zumindest augenblicklich scheinen Impulse eher von diesen "Life Sciences" in die Kunst zu wandern als um­

gekehrt.

Susanne von Falkenhausen lehrt Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin,

Franz Erhard Walther, Block Blau, 1993, Baumwollstoff- Rondinone, Ugo, Nr. 214 VIERUNDZWANZIGSTERJULIZWEITAUSEND, 2000 - Buetti, Daniele, Looking for Love (Christian Dior) - 1997/2000, 108x183 - Gene Davis, Ohne Titel, 1969, Öl auf Leinwand ­ John McLaughlin, #1 ­ 1962, 1962, Ol auf Leinwand ­ Charlotte Posenenske, 8 Reliefs der Serie C 1967, Stahlblech, gelb, gekan­

tet ­ David Novros, Untitled (silver), 1966, Ol auf Leinwand, 6 Teile, 244 x 246 cm ­ Wolfgang Berkowski, Ablaufsteuerung, 2002, Photo aufAcetat, Plastik, Metall, Glas, Holz, Email, 2 Elemente mit je 2 Teilen ­ Olivier Mosset, Ohne Titel (tic­tac­toe Serie), 2002, Acryl auf Leinwand, 9 Teile ­ Michael Zahn, Untitled (Menü with Sub­Menu), 2002 Acryl auf Plexiglas, 2 Teile.

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4 6 dis-positiv Berlin

Originalveröffentlichung in: Adelberger, Michaela (Hrsg.): Dis-positiv : Zur Produktivität von Kunst und Diskurs. Ein internationales Kunstprojekt von Richard Jochum [Ausstellungskatalog], Berlin 2003, S. 46

Referenzen

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