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P H Y S I K I M A L LTA G

42 Physik Journal 17 (2018) Nr. 4 © 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

E

in Fahrradhelm schützt bei Unfällen vor Kopfverletzungen – das weiß jedes Kind. Tatsäch- lich trugen 2016 drei Viertel aller Kinder unter zehn Jahren beim Radfahren einen Helm. Doch mit zunehmendem Alter werden Rad- fahrer helmmüde: 90 Prozent der Senioren fahren oben ohne. Und das, obwohl die Helme mittlerweile auch in ansprechenden Designs zu haben sind – ohne Abstriche bei der Sicherheit.

Fahrradhelme verhindern Schädelfrakturen und andere Kopf- verletzungen. Bei den modernen Konstruktionen hat sich ein dreila- giger Aufbau durchgesetzt: Außen sorgt eine dünne Kunststoffschale für eine glatte Oberfläche. Dadurch verhakt sich der Helm beim Auf- prall nicht, sondern gleitet ab. Das bremst die auftretende Beschleuni- gung. Üblicherweise liegt darunter eine zentimeterdicke Schicht Poly- styrol. Dieses Deformationsma- terial fungiert als Knautschzone.

Bei einem Aufprall wird das aufge- schäumte Material zusammenge- drückt und reduziert die Geschwin- digkeit um 50 bis 70 Prozent – der Rest wird elastisch gespeichert und sorgt für einen leichten Rückprall.

Außerdem verteilen Schale und Deformationsmaterial die Aufprall- kräfte.

Das Material bildet keine ge- schlossene Hülle wie bei einem Motorradhelm. Die Öffnungen dienen beim Fahren dazu, den Kopf zu belüften. Beim flächigen Aufprall auf die Straße erlauben die schmalen Rippen eine größere Deformation als eine geschlossene Oberfläche. So kommt es bei einem heftigen Aufschlag zwar immer noch zu Prellungen und eventuell Gehirnerschütterungen. Frakturen und andere tödliche Verletzungen bleiben häufig aber aus. Fahrrad- helme senken das Verletzungsrisiko deutlich. In verschiedenen Studien finden sich Angaben zwischen 30

und 80 Prozent – abhängig von der Datengrundlage und der genauen Fragestellung.

Die Polsterung als innenliegende Schicht erhöht nicht den Schutz, sondern den Trage komfort. Dieser Aufbau ist ein Kompromiss aus Kosten, Gewicht und Sicherheit.

Optimal für die Sicherheit wäre ein vielschichtiger Aufbau aus unter- schiedlichen Materialien. Nimmt deren Härte von außen nach innen immer weiter zu, verringert sich die Energie des Aufpralls auf dem Weg zum Kopf stufenweise, bis sie vollständig umgewandelt ist. Diese Lösung wäre aber sehr schwer, Ma- terialien und Herstellung zu teuer für ein Massen produkt.

Einige Designer experimentie- ren mit völlig anderen Materia lien.

Beispielsweise kommt eine Kon- struktion mit einer Außen hülle aus Holz und Gurten aus Kamihimo- Papierband sowie einer Polsterung aus Cellufoam, einer Art Schaum- stoff auf Basis von Zellu losefasern, nur mit natürlichen Materialien aus. Interessant ist auch ein Falt- helm aus Papier, der als EcoHelmet an Leihradstationen in den USA vertrieben werden soll. Auseinan- dergefaltet legt er sich als Halbkugel um den Kopf, zusammengefaltet passt er in die Hosentasche. Die filigrane Waben struktur dämpft

Schicker Schutz

Von den jährlich rund 60 000 Fahrradunfällen in Deutschland enden etwa 400 tödlich.

Helme reduzieren das Verletzungsrisiko.

Kinder tragen beim Radfahren in der Regel einen Helm und sind dadurch bei Sturz oder Unfall gut geschützt.

Pressmaster/Shutterstock

Abb. 1 Beim Test nach DIN-Norm fällt der Fahrradhelm aus vorgegebener Höhe auf einen Amboss. Eine Kugel aus

Aluminium dient als Dummy für den Kopf. Der Helm muss den Aufprall unbe- schadet überstehen.

a

–73 ms –36 ms +5 ms +27 ms

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

45 30 15 0 –15 –30 –45

Bundesanstalt für Straßenwesen

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© 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 17 (2018) Nr. 4 43 den Aufprall und verteilt die Kräfte

ähnlich gut wie das gängige Poly- styrol. Allerdings halten die Waben bei Regen maximal vier Stunden lang dicht. Darum eignet sich das Konzept gut für die kurze Fahrt mit dem Leihrad, nicht aber für längere Touren.

Wie gut ein Helm schützt, hängt davon ab, welche Beschleunigung er bei einem Anprall – so der Fachausdruck – zulässt. Sie darf gemäß der DIN-Norm EN 1078 das 250-Fache der Erdbeschleunigung nicht überschreiten. Was zunächst als sehr hoher Grenzwert erscheint, entpuppt sich als durchaus realis- tisch: Helm und Kopf bremsen in etwa zehn Millisekunden von unge- fähr 20 km/h auf Null ab. In Europa kommen nur Fahrradhelme auf den Markt, welche die DIN-Norm er- füllen. Sie regelt beispielsweise auch die Eigenschaften des Verschlusses und wie die Qualität zu prüfen ist.

Bei einem Falltest sitzt der Helm auf einem 4,5 kg schweren Prüfkopf aus Aluminium und prallt mit einer Geschwindigkeit von 5,42 m/s auf einen Amboss (Abb. 1). Das si- muliert einen Radfahrunfall ohne äußere Einwirkung mit einem Tempo von knapp 20 km/h und mit einem Fall aus et- wa 1,5 m Höhe. Im

Schwerpunkt des Prüfkopfs sitzt ein triaxialer Beschleunigungssensor, wie man ihn auch in Smartphones findet. Aus den drei Messwerten für die verschiedenen Raumrichtungen ergibt sich die Gesamtbeschleu- nigung. Die Helme müssen den Test in einem Temperaturbereich von –20 bis +50 °C bestehen. Das schränkt die Auswahl des Mate-

rials stark ein.

Unfallstatistiken haben gezeigt, dass

Radfahrer bei schweren Unfällen meist mit Autos zu- sammenstoßen – eine Situation, welche die DIN-Norm bei der

Sicherheitsprüfung bisher nicht

berücksich- tigt. Aus Kollisionen

von Dummys auf Fahrrädern mit Autos weiß man, dass Verletzungen oft im Bereich der Schläfen oder am Hinterkopf auftreten (Abb. 2).

Das Tragen eines Helms kann dann Verletzungen nicht vollständig verhindern, erhöht aber die Über- lebenschancen. Neben Notbrems- assistenten, die sich immer häufiger in Autos finden, könnten leicht veränderte Karosserien das Risiko tödlicher Unfälle für Radfahrer reduzieren.

Unabhängig davon sollte der Griff zum Helm beim Radfahren so selbstverständlich werden wie das Anschnallen im Auto. Für den Schutz ist es dabei gleichgültig, ob man zu einem teuren Helm in schi- ckem Design oder zu einer güns- tigen Variante greift – solange man ihn beim Radfahren nur auf dem Kopf trägt. #)

Bernd Müller Abb. 2 Crashtests haben gezeigt, dass

Radfahrer meist mit dem Kopf auf der Windschutzscheibe des Autos aufschla-

gen. Helme verhindern dann nicht alle Verletzungen, insbesondere wenn die Fahrzeugsäule getroffen wird.

Bundesanstalt für Straßenwesen

EcoH elmet

#) Ich danke Daniel Hus ter von der Bundes- anstalt für Straßenwesen für hilfreiche Informa- tionen.

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