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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
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Nr. 18/2010 2. Juni 2010
DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Deutschland: Wachstum ohne neue Jobs!
Die Weltwirtschaft wächst wieder. Dank massiver Kon- junkturspritzen in Nordamerika und Asien. Die USA wer- den 2010 und 2011 um je 3,2 % wachsen, Japan um 3 % und nächstes Jahr um 2 %. Die Arbeitslosigkeit dürfte damit bis 2011 auf 8,9 % in den USA und 4,7 % in Japan sinken. Dafür nehmen beide Länder zunächst größere Haushaltsdefizite in Kauf. Die USA haben 2009 und 2010 eine Neuverschuldung in Höhe von rund 11 % des BIP aufgenommen. In Japan herrscht eine ähnliche Philoso- phie. Höheres Wachstum und der Abbau der Arbeitslosig- keit haben Vorrang vor Schuldenabbau. Denn im Auf- schwung ist der Haushalt besser und einfacher zu sanie- ren.
Die Europäer und vor allem die Deutschen ticken anders.
Ihre Hauptsorgen sind Staatsverschuldung und Inflation, selbst wenn – wie derzeit – die Preise sinken. Die Grie- chenland-Krise hat sie in ihrer Philosophie bestärkt. Nun soll überall in Europa gespart werden. Nun kündigt jedes Land ein kräftiges Sparprogramm an. Vorgestern Grie- chenland, gestern Spanien und morgen Italien und Deutschland. Folglich bleiben die Prognosen für die Euro- Zone und Deutschland deutlich unter den amerikanischen oder japanischen Werten. Von Schwellenländern wie Chi- na und Brasilien ganz zu schweigen. Und woher kommt das Wachstum?
Die Eurozone wird 2010 um 1,2 % und 2011 um 1,8 % wachsen, also 2 % bzw. 1,4 % niedriger als die USA.
Deutschlands Wirtschaft wird 2010 um 1,9 % und 2011 sogar um 2,1 % wachsen. Die Inflation soll 2011 nur bei 1 % liegen. Aber Verschuldung und Arbeitslosigkeit wer- den steigen, obwohl die Bundesregierung spart und sich eine Schuldenbremse auch in der Euro-Zone wünscht.
Deutschland wächst, weil Nordamerikaner und Schwellen- länder wie China und Brasilien sich verschulden, um zu
wachsen. Dass davon auch besonders deutsche Maschi- nenbauer profitieren, ist selbstredend. Der Kampf um den
Titel des Export-Weltmeisters hat wieder begonnen. Expor- te als der einzige Motor unseres Wachstums machen uns von ausländischen Märkten abhängig. Geraten sie in Schwierigkeiten, so sind die Verwerfungen für die deut- sche Wirtschaft größer, ohne dass wir etwas Nennenswer- tes unternehmen können. Denn die chronische Schwäche der Inlandsnachfrage in Deutschland wird sich laut OECD weiter fortsetzen. Folglich exportieren immer mehr als wir importieren. So entstehen Ungleichgewichte wie wir in der Euro-Zone sehen. Damit aber steigen die Schulden unserer Kunden im Ausland. Nicht zuletzt durch staatliche Enthalt- samkeit werden immer weniger in- und ausländische Produkte gekauft. Folglich lohnt es sich immer weniger zu investieren. Es entstehen weniger neue Jobs. Schwache Nachfrage bei uns bewirkt bei unseren ausländischen Handelspartnern weniger Einnahmen, um damit in ihren Ländern zu investieren und unsere Maschinen nachzufra- gen. Der Teufelskreis ist vorprogrammiert. Deutschland muss konsumieren und noch mehr importieren. Mit dem Sparwahn tun wir uns und unseren europäischen Partnern keinen Gefallen.
Jobloses Wachstum
-Veränderungen in Prozent gegenüber Vorjahr-
1,0 7,2 0,0 2,8 6,7
-4,9 7,4 -3,3 0,2 5,0
1,9 7,6 -5,4 1,3 6,0
2,1 8,0 -4,5 1,0 7,2
Quelle: OECD Economic Outlook 05/2010
2008 2009 2010 2011
BIP-Veränderung
zum Vorjahr Arbeitslosigkeit
ILO-Standard Haushaltssaldo
zum BIP Inflation Leistungsbilanzsaldo
zum BIP