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FORUM-9-2018

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Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

09 |18

KVB FORUM

SPEKULATIONSOBJEKT MVZ

Wie die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen voranschreitet PATIENTENORIENTIERUNG: Volkskrankheit Osteoporose

KVB INTERN: Vertreterversammlung fordert mehr Vertrauen in die Selbstverwaltung

TELEMATIKINFRASTRUKTUR: Neue TI-Komponenten auf dem Markt

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Dr. med. Krombholz

Vorsitzender des Vorstands Dr. med. Schmelz

1. Stellv. Vorsitzender des Vorstands Dr. med. Ritter-Rupp

2. Stellv. Vorsitzende des Vorstands

Ihr KVB-Vorstand

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

von einem „Goldkorn der Gesundheitsreform“ sprach die damalige Bundesgesundheits- ministerin Ulla Schmidt bereits im Jahr 2002 in Bezug auf die Möglichkeiten medizinischer Versorgungszentren (MVZ). Im Jahr 2004 wurde deren Existenz dann im GKV-Modernisie- rungsgesetz verbindlich festgeschrieben. Ulla Schmidt und ihre Mitstreiter versprachen sich dadurch vor allem eine Kostensenkung durch bessere Auslastung der Ressourcen sowie eine abgestimmte Behandlung der Patienten durch mehrere Ärzte verschiedener Fachrich- tungen unter einem Dach. Doch bekanntlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Im Titelthema dieser Ausgabe von KVB FORUM gehen wir der Frage nach, was aus den hehren Zielen des Gesetzgebers in der Realität geworden ist. Um eines vorwegzunehmen: Die MVZ haben nicht dafür gesorgt, dass die ambulante Versorgung komplett umgekrempelt wurde. Weder haben sie die Einzelpraxen in großem Stil abgelöst, noch haben sie in den ländlichen Regionen Ver- sorgungslücken geschlossen.

Unsere Kritik richtet sich nicht gegen die in MVZ angestellten Kolleginnen und Kollegen, die wertvolle Arbeit leisten. Sie richtet sich auch nicht gegen die Vertragsärztinnen und -ärzte, die in kollegialer Absprache eigene MVZ gründen. Kritisch sehen wir hingegen, wenn Groß- konzerne mit entsprechenden wirtschaftlichen Mitteln und juristischem Know-how reihen- weise Zulassungen aufkaufen, um die ambulante Versorgung weiter zu zentralisieren. Kritisch sehen wir die ausgerechnet von einer SPD-Ministerin in Gang gesetzte und immer weiter zunehmende Kommerzialisierung des Gesundheitssystems mit einer Fokussierung auf am- bulante Leistungen, die für die internationalen Geldgeber auch lukrativ erscheinen. Die nieder- gelassenen Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten in der Fläche haben dabei das Nachsehen. Gerade sie verdienen deshalb mehr Unterstützung durch die Politik. Es müssen ja nicht gleich „Goldkörner“ sein, aber eine Aufhebung der leistungsfeindlichen Budgets wäre schon einmal ein guter Anfang.

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Wichtiges für die Praxis

ZITAT DES MONATS ZAHL DES MONATS

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Prozent der bayerischen Ärzte und Psychotherapeuten sind in einem MVZ tätig.

(Quelle: KVB Arztregister, Stichtag 1. Januar 2018)

„Es kann nicht das Ziel sein, dass es bald nur noch angestellte Ärzte gibt.“

CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner zur ärztlichen Versorgung auf dem Land.

(Quelle: Mittelbayerische Zeitung vom 26. Juli 2018)

RESTLESS LEGS – UNRUHIGE BEINE DIAGNOSE IN PRAXIS UND KLINIK

Am Samstag, den 27. Oktober 2018, findet in der KVB, Elsenheimerstr. 39, München von 9.30 bis 15.00 Uhr die Veranstaltung „Restless Legs – unruhige Beine“ statt. Das Rest- less Legs Syndrom (RLS) gehört hierzulande zu den häufigsten neuro- logischen Krankheitsbildern. Be- troffene klagen über Missempfin- dungen vor allem in den Beinen.

Die Beschwerden treten fast aus- schließlich in Ruhe, besonders heftig vor dem Einschlafen auf.

Die Ursachen sind noch weitge- hend ungeklärt. Hier setzt daher einer der Veranstaltungsschwer- punkte an. Namhafte Experten referieren und diskutieren über mögliche Ursachen sowie über die Erschwernisse der Diagnosestellung in Praxis und Klinik. Auch mögliche Behandlungsansätze sollen vorgestellt werden.

Veranstalter sind die KVB und die Deutsche Restless Legs Vereinigung.

Sie können sich bis 19. Oktober 2018 per E-Mail an Patientenorien- tierung@kvb.de hierzu verbindlich anmelden. Fortbildungspunkte für diese kostenfreie Veranstaltung sind bei der Bayerischen Landesärzte- kammer beantragt. Das Programm finden Sie unter www.kvb.de in der Rubrik Service/Patienten/Termine und Veranstaltungen.

Redaktion

Rechtzeitig an Fortbildungs- nachweis denken

Am 30. Juni 2019 endet für 11.446 Vertragsärzte und 1.591 Vertragspsychotherapeuten der aktuelle fünfjährige Fortbildungszeitraum. Fast 8.000 davon sind noch ohne Fortbildungsnachweis. Für eine rechtzeitige Nachweisführung ist es erforderlich, dass der Fortbildungsnachweis bis zum Ablauf des Fortbildungszeitraums – also innerhalb der Fünf- jahresfrist – tatsächlich bei der KVB eingeht.

Vertragsärzten bietet die Bayerische Landesärzte- kammer (BLÄK) unter www.blaek.de in der Rubrik Fortbildung ein persönliches Fortbildungspunkte- konto an, in dem sämtliche Fortbildungsmaßnah- men erfasst werden und das jederzeit im Mitglieder- bereich „Meine BLÄK“ über den persönlichen On- line-Zugang eingesehen werden kann. Bei erteil- tem Einverständnis übermittelt die BLÄK nach Erreichen von 250 Fortbildungspunkten über eine gesicherte datenschutzrechtskonforme Online- Verbindung eine Statusmitteilung über die erfüllte Fortbildungspflicht an die KVB. Das Einverständnis zur Online-Übermittlung gilt – sofern es zwischen- zeitlich nicht widerrufen wird – für alle nachfolgen- den Fünfjahreszeiträume. Alternativ kann das Fort- bildungszertifikat im Punktekonto selbst ausgedruckt und an die KVB gesendet werden.

Vertragspsychotherapeuten reichen zunächst ihre Teilnahmebescheinigungen zur Anerkennung bei der Bayerischen Psychotherapeutenkammer (PTK Bayern) ein. Im Mitglieder-Login kann das Fortbil- dungskonto eingesehen werden. Auf Antrag, der unter www.ptk.bayern.de in der Rubrik Fortbildung/

Formulare zur Fortbildung mit der „Fobi-Jahres- übersicht“ heruntergeladen werden kann, über- mittelt die PTK Bayern die erforderliche Fortbildungs- bescheinigung an den Vertragspsychotherapeuten.

Der Fortbildungsnachweis wird erbracht, indem diese Bescheinigung an die KVB weitergeleitet wird.

Wichtige Informationen zur Fortbildungspflicht finden Sie unter www.kvb.de in der Rubrik Praxis/

Praxisführung/Fortbildungspflicht.

Claudia Vaith (KVB)

VERTRETERVERSAMMLUNGEN 2018

Die letzte Vertreterversammlung der KVB im Jahr 2018 findet an folgen- dem Termin in der Elsenheimerstraße 39, 80687 München, statt:

„ Samstag, 17. November 2018

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20 Anerkennung für Notärzte Mit Presseterminen und weiteren Aktionen will die KVB die Öffent- lichkeit für die wichtige Arbeit der Notärzte im Freistaat sensibilisie- ren

GESUNDHEITSTELEMATIK 21 Potenziale elektronischer

Gesundheitsplattformen Diskussionsforum beleuchtet Möglichkeiten einer elektroni- schen Vernetzung zum Austausch medizinischer Behandlungsdaten zwischen niedergelassenen Ärz- ten, Psychotherapeuten, Kranken- häusern und anderen Akteuren des Gesundheitswesens 16 „MVZ sind noch eine Rarität“

Dr. med. Hildgund Berneburg verrät im Interview, welche Rolle MZV bei der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen spielen

17 „Fatale Entwicklung“

Der oberfränkische Augenarzt Dr. med. Peter Heinz sieht die Politik in der Pflicht, Großkonzerne vom Betreiben eines MVZ auszu- schließen

KVB INTERN

18 Mehr Vertrauen in die Selbstverwaltung

Vertreterversammlung der KVB fordert weniger Einmischung der Politik in die Belange der Selbst- verwaltung

TITELTHEMA

6 14 Jahre MVZ – Zeit für eine Bestandsaufnahme

Zwischenbilanz der Einflussnahme medizinischer Versorgungszentren auf die ambulante Versorgung seit Verankerung im SGB V 13 MVZ: Analysen zeigen ein

differenziertes Bild

Überblick über die Ist-Situation in Bayern, wonach MVZ-Gründungen seit 14 Jahren kontinuierlich zu- nehmen

15 „Zehn Jahre zu spät“

Interview mit Dr. med. Peter Deinlein zu den Vor- und Nachtei- len von MVZ für die hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen

Besonders in den kapitalintensiven Bereichen werden MVZ immer häufi- ger von Investoren gegründet, die keinen fachlichen Bezug zur medizi- nischen Versor- gung haben

6

Die Vertreter- versammlung stärkte Mitte Juni in München dem Vorstand für den planmäßig ver- laufenden Rollout des Bereitschafts- dienstes in Bayern weiterhin den Rücken

18

Am Standort

Furth im Wald teilen sich der- zeit zehn Notärz- te den Dienst. Im Rahmen eines KVB-Presseter- mins wurde ihr Engagement nun gewürdigt

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ARZNEIMITTELTHERAPIE- SICHERHEIT

32 NOAK: Engmaschige Führung notwendig?

Mögliche Wechselwirkungen beim Einsatz von NOAK und Antiarrhyth- mika – Update zur aktuellen Forschungslage bei der Behand- lung kardialer und vaskulärer Erkrankungen

35 LESERBRIEFE KURZMELDUNGEN

36 Fünfter „Dialog Gesundheits- wirtschaft“

36 „Selbsthilfe trifft Psycho- therapie“

37 Neues Gesetz für psychisch Kranke

37 IMPRESSUM

38 KVB SERVICENUMMERN PRÜFUNG

26 Neue Abrechnungsprüfungs- Richtlinien

Überblick über die wesentlichen Änderungen der zum 1. April 2018 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband angepass- ten Abrechnungsprüfungs-Richt- linien

VERSORGUNG FÖRDERN 29 Region Ingolstadt: Kinder- und Jugendpsychiater gesucht

KVB bietet finanzielle Förder- möglichkeiten für niederlassungs- interessierte sowie bereits nieder- gelassene Kinder- und Jugend- psychiater

PATIENTENORIENTIERUNG 30 Volkskrankheit Osteoporose

Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e. V. bietet Informa- tionen und Unterstützung für die etwa acht Millionen Betroffenen in Deutschland an

22 Bayerischer Tag der Telemedizin

Fachkongress wartet in München unter dem Motto „Grenzen über- winden mit Telemedizin“ mit viel- fältigem Programm und hoch- karätigen Referenten auf 23 LMU-Projektkurs:

„Telemedizin bei COPD“

Kooperation mit der KVB ermög- licht BWL-Studenten der Ludwig- Maximilians-Universität in Mün- chen Einblicke in das Thema Telemedizin sowie in medizini- sche Hintergründe der COPD

IT IN DER PRAXIS

24 Weitere TI-Komponenten und KVB-Infoveranstaltungen

Update zum aktuellen Stand der Anbietersituation mit Blick auf die Zulassung neuer TI-Komponenten

Weniger als ein Viertel aller Osteoporosefälle werden frühzeitig diagnostiziert und behandelt

30 22

Der Bayerische Tag der Telemedi- zin hat sich inzwi- schen als Pflicht- termin für Interes- sierte im süd- deutschen Raum etabliert

Das neue Psy- chisch-Kranken- Hilfe-Gesetz ver- spricht bayern- weit ein niedrig- schwelliges psy- chosoziales Hilfe- angebot

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V

orbild für das MVZ waren – ausgehend von den Gesetzesmaterialien und den Hinweisen in der Literatur [1]

– die Polikliniken der ehemaligen DDR. So wurden die MVZ auch als fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen definiert, in denen Ärzte, die in das Arztregister ein- getragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.[2] Dass Vertragsärzte vom Gesetzgeber berücksichtigt wurden, ist in erster Linie der Unions-Fraktion von CDU/

CSU zu verdanken. Denn nach der ursprünglichen Idealvorstellung der damaligen rot-grünen Regierungs- koalition war das MVZ als ärztlich geleitete Einrichtung nur mit ange- stellten Ärzten geplant. Erst über sogenannte Konsensverhandlungen im Sommer 2003 zwischen der Regierungskoalition und der Oppo- sition konnte erreicht werden, dass MVZ auch von Vertragsärzten ge- gründet werden und diese auch als Leistungserbringer in einem MVZ tätig werden können. So gesehen

war das MVZ von Anfang an keine Versorgungsform, die auf den frei- beruflich tätigen Vertragsarzt zu- geschnitten und ausgerichtet war.

Auch wenn es kurz vor „Tores- schluss“ gelungen ist, Vertragsärz- ten den Betrieb eines MVZ zu er- möglichen, zieht sich die vom Ge- setzgeber ursprünglich geplante Konzeption eines MVZ ausschließ- lich mit angestellten Ärzten wie ein roter Faden durch die Entwick- lungsgeschichte dieser Einrich- tung.

Es gibt kaum eine vertragsärztliche Versorgungsform, die so kontrovers diskutiert wird und auch die Sozialgerichte so beschäftigt wie das medizinische Versor- gungszentrum (MVZ). Dieses wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) im Jahr 2004 eingeführt. In diesem Artikel soll der Versuch unternommen werden, im Sinne einer Zwischenbilanz darzustellen, welche Entwicklung das MVZ seit seiner Verankerung im SGB V durchlaufen hat und welchen Einfluss es auf die vertragsärztliche Versorgung nimmt.

14 JAHRE MVZ – ZEIT FÜR EINE BESTANDSAUFNAHME

Der Gesetzgeber sieht verschie-

dene MVZ- Varianten vor.

Eine davon ist das sogenannte

„Angestellten MVZ“, in dem ausschließlich angestellte Ärzte tätig sind und das mit 75 Prozent aller medizinischer Versorgungs- zentren in Deutschland die häufigste Form darstellt.

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Erwerb von Arztstellen durch ein MVZ

Bereits die Gründung eines MVZ in einem gesperrten Planungs- bereich wird vom Gesetzgeber in erster Linie so ausgestaltet, dass das betreffende MVZ nach seiner Zulassung mit angestellten Ärzten arbeiten muss. So sind im SGB V ausdrücklich zwei Varianten vor- gesehen, wie ein MVZ in einem gesperrten Planungsbereich Arzt- stellen erwerben kann. Zum einen kann ein Vertragsarzt laut Paragraf 103 Absatz 4a Satz 1 SGB V auf seine Zulassung verzichten, um sich von dem jeweiligen MVZ anstellen zu lassen. Zum anderen kann sich auch ein MVZ auf eine ausgeschrie- bene Vertragsarztpraxis bewerben und im Falle einer Auswahlentschei- dung zu seinen Gunsten den Ver- tragsarztsitz übernehmen und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Ein- richtung weiterführen (Paragraf 103 Absatz 4c Satz 1 SGB V). Auch Vertragsärzte können ein MVZ gründen, ihre Zulassung in ein MVZ einbringen und als Vertragsärzte im MVZ tätig werden – dies war ja einer der Erfolge der Konsensverhand- lungen im Gesetzgebungsverfahren.

Diese im allgemeinen Sprach- gebrauch als „Freiberufler MVZ“

bezeichnete Variante wurde in den ersten Jahren auch durchaus an- genommen. Sie spielt aber schon seit längerer Zeit nahezu keine Rolle mehr. Von allen zum Stichtag 31. Dezember 2016 bundesweit 2.490 zugelassenen MVZ werden lediglich 102 MVZ in der „Freibe- rufler Variante“ betrieben, also et- was mehr als vier Prozent.[3]

Auch die sogenannten „Misch MVZ“, also MVZ, in denen Vertragsärzte und angestellte Ärzte gemeinsam tätig sind und die sich überwiegend in Alleinträgerschaft von Vertrags- ärzten befinden, sind mit rund 20 Prozent aller zum 31. Dezember

2016 zugelassenen MVZ ebenfalls von eher untergeordneter Bedeu- tung.[4]

„Angestellten MVZ“ auf dem Vormarsch

Ganz anders stellt sich die Situation bei den MVZ dar, die ausschließ- lich angestellte Ärzte beschäftigen.

Diese übernehmen mit fast 75 Pro- zent den Löwenanteil der vertrags- ärztlichen Versorgung durch MVZ.

Gut die Hälfte dieser reinen „An- gestellten MVZ“ wird von Kranken- häusern betrieben. Zum 31. Dezem- ber 2016 befinden sich 994 von insgesamt 1.855 „Angestellten MVZ“ in der Trägerschaft eines Krankenhauses. In diesen MVZ werden durchschnittlich 7,6 Ärzte tätig, sodass allein die „Kranken- haus MVZ“ bundesweit insgesamt mehr als 7.500 Ärzte im Angestell- tenstatus beschäftigen.[5]

Dass die Krankenhäuser, wie den oben dargestellten Zahlen zu ent- nehmen ist, durchaus rege von der MVZ-Gründungsbefugnis Gebrauch machen, ist nachvollziehbar. So eröffnet ein MVZ die Option, an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen und zwar unabhängig vom Vorliegen gesetz- licher Ermächtigungstatbestände.

Auch verfügt ein Krankenhaus in der Regel über die für ein MVZ not- wendige Infrastruktur. Und auch der Gesetzgeber hat ein wenig nachge- holfen, indem er im Zuge des zum 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Vertragsarztrechtsänderungsgeset- zes (VÄndG) die in Paragraf 20 Ab- satz 2 Ärzte-Zulassungsverord- nung normierte Inkompatibilität einer gleichzeitigen Tätigkeit als Krankenhausarzt und Vertragsarzt aufgehoben hat. Dass er dies nicht zuletzt deshalb getan hat, um Krankenhäusern die Gründung von MVZ zu erleichtern, belegt folgen- de Passage in der entsprechenden Gesetzesbegründung:

„Durch die Zulassung der Kranken- häuser als Gründer von medizini- schen Versorgungszentren in Para- graf 95 Absatz 3 Satz 1 zweiter Halb- satz SGB V hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er eine enge Verzahnung von Krankenhäusern und medizinischen Versorgungs- zentren anstrebt. Diese enge Ver- zahnung durch Trägeridentität kann jedoch nur dann wirtschaftlich sinn- voll ausgestaltet werden, wenn es dem Träger auch gestattet ist, die personellen Ressourcen optimal zu nutzen und das Personal sowohl im Krankenhaus als auch im medizini- schen Versorgungszentrum einzu- setzen.“[6]

Vor dem Hintergrund, dass ganz grundsätzlich eine Verzahnung des ambulanten und stationären Sektors unter vielen Gesichts- punkten als sinnvoll anzusehen ist und mit Blick darauf, dass auch in einem „Krankenhaus MVZ“ nur Ärzte tätig werden dürfen, die im Arztregister eingetragen sind, also regelhaft über den Facharztstatus verfügen, mag man die große An- zahl von „Krankenhaus MVZ“

möglicherweise als unkritisch an- sehen.

Schutz vor Kapitalinteressen Andererseits ist aber auch zu be- achten, dass der Gesetzgeber schon mit der Einführung der MVZ ebenfalls großen Wert auf die Unabhängigkeit medizinischer Ent- scheidungen von Kapitalinteressen gelegt hat.[7] Aus diesem Grund wurde mit dem GMG der Kreis der zur Gründung eines MVZ Befugten auf diejenigen beschränkt, die auf- grund von Zulassung, Ermächti- gung oder Vertrag an der medizini- schen Versorgung der Versicher- ten teilnehmen. So sollten „medi- zinfremde“ Kapitalinteressen aus den MVZ und somit auch aus der vertragsärztlichen Versorgung herausgehalten werden. Wie sich

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aber aus der Gesetzesbegründung zu dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen GKV-Versorgungs- strukturgesetz (GKV-VStG) ergibt, war der Gesetzgeber in diesem Punkt wohl ein wenig blauäugig.

So wird dort unter anderem aus- geführt, dass die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, dass besonders in den kapitalintensiven Bereichen wie der Labormedizin oder der operierenden Augenheil- kunde MVZ immer häufiger von Investoren gegründet werden, die keinen fachlichen Bezug zur medi- zinischen Versorgung haben, son- dern allein Kapitalinteressen ver- folgen. In den MVZ, die von sol- chen Investoren gegründet werden, besteht die Gefahr, dass medizini- sche Entscheidungen von Kapital- interessen beeinflusst werden. Bei- spielhaft wird ausgeführt, dass Kapitalgeber zum Beispiel durch den Kauf eines Pflegedienstes oder eines Hilfsmittelerbringers die Voraussetzungen zur Gründung von MVZ im gesamten Bundes- gebiet erfüllen können.[8]

Ausgehend von dieser Problem- beschreibung hat der Gesetzgeber mit dem GKV-VStG den Kreis der zur Gründung eines MVZ befugten Leistungserbringer erheblich ein- geschränkt. Nach dem mit dieser neuerlichen Gesundheitsreform in Paragraf 95 SGB V neu eingefügten

Absatz 1a können MVZ nur noch von zugelassenen Ärzten, von zu- gelassenen Krankenhäusern oder von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Er- mächtigung an der vertragsärztli- chen Versorgung teilnehmen, ge- gründet werden. Keine Befugnis zur Gründung eines MVZ haben nunmehr insbesondere Heil- und Hilfsmittelerbringer. Ausnahme sind lediglich Erbringer nicht ärztlicher Dialyseleistungen nach Paragraf 126 Absatz 3 SGB V. Unzweifelhaft hat der Gesetzgeber mit seinem

„numerus clausus“ der MVZ-Grün- dungsberechtigten verhindert, dass ein Investor allein dadurch, dass er zum Beispiel ein Sanitätshaus erwirbt, ein MVZ gründen und unter profitorientierten Gesichtspunkten betreiben kann.

Dennoch darf bezweifelt werden, ob es dem Gesetzgeber mit seinen bis- herigen „Nachbesserungen“ ge- lungen ist, das übergeordnete Ziel zu erreichen, die medizinische Be- handlung in MVZ vor der Einfluss- nahme rein gewinnorientierter Ka- pitalunternehmen zu schützen. Zwar ist es einem kapitalstarken Konsor- tium seit dem GKV-VStG nicht mehr möglich, über den Erwerb eines Heil- oder Hilfsmittelerbringers, also – um beim Beispiel zu bleiben – über den Kauf eines Sanitätshauses ein MVZ zu gründen. Nach wie vor ist

es aber nicht ausgeschlossen, dass ein entsprechend potenter „Inves- tor X“ anstelle eines Hilfsmitteler- bringers nunmehr ein gründungs- befugtes Krankenhaus erwirbt oder sich zumindest die Mehrheit der Gesellschaftsanteile dieses Kranken- hauses sichert. Gründet nun die- ses Krankenhaus ein MVZ, be- herrscht der beispielhaft genannte

„Investor X“ nicht nur das Kranken- haus, sondern auch das von die- sem gegründete MVZ.

Auch der Ansatz des Gesetzgebers, über eine Einschränkung der Or- ganisationsformen eines MVZ Ein- flussnahmen von Kapitalgebern zu verhindern, hilft nur bedingt weiter.

Zwar hat der Gesetzgeber im glei- chen Atemzug mit der Einschrän- kung des Gründerkreises einen abschließenden Katalog hinsicht- lich der Gesellschaftsformen, in denen ein MVZ betrieben werden kann, formuliert und dabei hervor- gehoben, dass er nunmehr die Aktiengesellschaft als mögliche Organisationsform eines MVZ aus- geschlossen hat. Insbesondere damit werde – so die entspre- chende Gesetzesbegründung [9] – die Unabhängigkeit ärztlicher Ent- scheidungen von reinen Kapital- interessen gewährleistet. Aber auch dies ist nicht ganz zutref- fend. So ist es zum Beispiel wei- terhin nicht ausgeschlossen, dass ein gründungsbefugtes Kranken- haus, das von einer Aktiengesell- schaft getragen wird und dessen Hauptaktionär ein großes Finanz- konsortium ist, zum Betrieb eines MVZ nun anstelle einer weiteren Aktiengesellschaft eine „Ein-Mann- GmbH“ gründet, mit dem vom Ge- setzgeber gerade nicht gewünsch- ten Ergebnis, dass der hinter dem Krankenhaus stehende Hauptaktio- när auch über die Geschicke des MVZ bestimmt.

Wie die obigen Beispiele zeigen, kommt es für ein Zurückdrängen Trotz Nach-

besserungen bleibt fraglich, inwieweit es dem Gesetzgeber gelungen ist, die medizinische Behandlung in MVZ vor der Einflussnahme rein gewinn- orientierter Kapitalinteressen zu schützen.

(9)

oder gar einen Ausschluss „medi- zinfremder“ Kapitalinteressen da- her weniger auf den Kreis der MVZ- Gründer oder die Gesellschafts- form an, in der ein MVZ betrieben wird. Entscheidend ist vielmehr, dass durch entsprechende gesetz- liche Regelungen sichergestellt wird, dass unabhängig von seiner Gesellschaftsform ein MVZ nur zu- lassungsfähig ist, wenn die Mehr- heit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte der MVZ-Trägergesell- schaft in den Händen von Vertrags- ärzten liegt. Als Blaupause für eine solche gesetzliche Änderung könn- ten die Vorgaben der in der Muster- Berufsordnung geregelten „Ärzte- gesellschaft“ (Paragraf 23a M-BO) herangezogen werden, die genau für den Fall, dass Ärzte in einer ju- ristischen Person des Privatrechts tätig werden wollen (also zum Bei- spiel in einer GmbH), die Minimal- anforderungen an die Binnenstruk- tur einer solchen Gesellschaft vor- geben.

Stärkung der Freiberuflichkeit Sollte sich der Gesetzgeber zu einer solchen Regelung entschlie- ßen, könnte dies recht schnell dem immer wieder erhobenen Vorwurf, ein allein aus profitorientierten Motiven erfolgendes „Aufkaufen“

von Vertragsarztsitzen durch ein MVZ stelle eine Gefahr für die Frei- beruflichkeit dar, den Wind aus den Segeln nehmen. Schließlich ist es ja der Gesetzgeber selbst, der na- hezu im Rahmen jeder Gesundheits- reform die Freiberuflichkeit der niedergelassenen Ärzte als ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen umschreibt. Freiberuflich- keit bedeutet in diesem Sinne die selbstständige Tätigkeit im Gegen- satz zu einer Tätigkeit im Angestell- tenverhältnis. Nur beispielhaft soll folgende Passage aus dem Koali- tionsvertrag der 18. Legislatur- periode zitiert werden:

„Die Freiberuflichkeit der nieder- gelassenen Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte und Psychotherapeutinnen und Psycho- therapeuten ist unverzichtbares Element für die flächendeckende ambulante Versorgung. Sie ist Ga- rant für die Diagnose- und Thera- piefreiheit und für die freie Arzt- wahl.“[10]

In diesem Sinne würde eine Rege- lung, die ganz allgemein den Vor- rang niederlassungswilliger Ärzte bei Praxisausschreibungsverfahren sicherstellt, einen erheblichen Bei- trag zur Stärkung der Freiberuflich- keit leisten. Eine solche Gesetzes- änderung ließe sich wohl auch rela- tiv einfach umsetzen. So hat der Gesetzgeber bereits im Rahmen des GKV-VStG zum Schutz der frei- beruflich tätigen Ärzte einen Nach- rang von solchen MVZ festgeschrie- ben, die nach dem 31. Dezember 2011 zugelassen werden und sich kurz gesagt nicht in Händen von Ärzten befinden. Ausgehend von dieser schon bestehenden Rege- lung dürfte es nur noch ein kleiner Schritt sein, bei Praxisausschrei- bungsverfahren niederlassungs- willigen Ärzten gegenüber allen MVZ – und zwar unabhängig von deren Gründungszeitpunkt und der Zusammensetzung ihrer Träger- gesellschaft – das Primat einzu- räumen. Eine solche Regelung wä- re umso wichtiger, als der Gesetz- geber in der Vergangenheit im Zu- sammenhang mit den MVZ doch auch einige Bestimmungen erlassen hat, die mit dem Ziel – Stärkung der Freiberuflichkeit – nur schwer in Einklang zu bringen sind.

Bereits mit dem VÄndG hat sich der Gesetzgeber von seiner ursprüng- lichen Konzeption des MVZ auch als „Steigbügel“ für den Umstieg junger Ärzte in die vertragsärztliche Versorgung verabschiedet. Jeden- falls hat er die Regelung, wonach in einem MVZ angestellte Ärzte

nach einer mindestens fünfjährigen Tätigkeit einen Anspruch auf Zu- lassung haben, ersatzlos gestrichen.

Auch die seit dem GKV-VStG be- stehende Möglichkeit, eine Ange- stelltenstelle in eine Zulassung (zurück)umzuwandeln, ist nur be- dingt geeignet, ehemals angestell- ten Ärzten eine Zulassung als Ver- tragsarzt zu eröffnen. Denn ob es zu einer solchen Statusumwand- lung (von der Anstellung in die Zu- lassung) kommt, hängt allein von dem anstellenden MVZ ab. Nach den bisherigen Erfahrungen wird von der Möglichkeit derartiger Statusumwandlungen eher selten Gebrauch gemacht. Es wäre daher überlegenswert, ob den angestell- ten Ärzten, die an einer Niederlas- sung interessiert sind, nach einem bestimmten Zeitraum wieder die Möglichkeit eröffnet wird, sich für eine Niederlassung in freier Praxis zu entscheiden. Sofern ab einer be- stimmten Anzahl der beschäftigten Ärzte ein „Ausbluten“ des MVZ nicht zu befürchten ist, könnte der Gesetzgeber eine solche Option in Betracht ziehen.

„Konzeptbewerbung“:

Niederlassungswillige außen vor Als besonders problematisch stellt sich für niederlassungswillige Ärzte die mit der letzten großen Gesund- heitsreform – dem GKV-Versor- gungsstärkungsgesetz aus dem Jahr 2015 – erfolgte Modifikation des Auswahlverfahrens bei einer Praxisausschreibung dar, die ge- meinhin als „Konzeptbewerbung“

bezeichnet wird. Ausgehend von der Gesetzesbegründung ist hier- unter zu verstehen, dass sich ein MVZ, auch ohne einen bestimm- ten Arzt benennen zu müssen, um einen ausgeschriebenen Vertrags- arztsitz bewerben kann. Ausrei- chend ist vielmehr, dass das MVZ darlegen kann, die ausgeschrie- bene Praxis beziehungsweise das

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jeweilige Fachgebiet ergänze ein besonderes Versorgungsangebot des MVZ. So kann sich ein MVZ beispielsweise allein mit der Erklä- rung, es beabsichtige ein Kopfzent- rum einzurichten, um einen ausge- schriebenen HNO-Sitz bewerben, ohne zum Zeitpunkt der Bewer- bung über einen entsprechend ge- eigneten Facharzt zu verfügen, der diese Arztstelle in dem MVZ fortführen könnte, ja sogar ohne sich bislang überhaupt um einen solchen Facharzt bemüht zu haben.

In einer solchen Konstellation liegt es dann – so die gesetzliche Rege- lung – im Ermessen des Zulassungs- ausschusses, ob anstelle der sonst bei einer Praxisausschreibung maß- geblichen Auswahlkriterien, wie zum Beispiel die berufliche Eignung, das Approbationsalter oder die Dauer der ärztlichen Tätigkeit, allein die Ergänzung des besonderen Ver- sorgungsangebots des MVZ zu berücksichtigen ist. Mit anderen Worten: Entscheidet sich der Zu- lassungsausschuss für die „Kon- zeptbewerbung“, sind automatisch alle anderen niederlassungswilligen Ärzte, die die Praxis vor Ort weiter- führen wollen, außen vor. Oder um es noch weiter zuzuspitzen: Ein zulassungswilliger Arzt kann noch so qualifiziert und geeignet für die Übernahme eines ausgeschriebe- nen Vertragsarztsitzes sein. Darauf kommt es überhaupt nicht an, wenn der Zulassungsausschuss dem Ver- sorgungskonzept des MVZ den Vor- rang einräumt. Ob und inwieweit eine derartige Privilegierung von MVZ gegenüber niederlassungs- willigen Ärzten mit dem in Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) nor- mierten Gleichbehandlungsgebot beziehungsweise mit dem durch Artikel 12 GG geschützten Recht der Berufswahl- beziehungsweise Berufsausübungsfreiheit vereinbar ist, darf bezweifelt werden.

Losgelöst von dem scharfen Schwert des Verfassungsrechts stellen sich

auch im Übrigen eine Vielzahl von Rechtsfragen, die erhebliche Zwei- fel an der Rechtmäßigkeit der Rege- lung zur „Konzeptbewerbung“ auf- kommen lassen. So stellt sich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt das MVZ einen Arzt für die erwor- bene Arztstelle zu benennen hat.

Dies insbesondere mit Blick auf den in der Bedarfsplanung gelten- den Grundsatz, wonach in einem überversorgten Planungsbereich keine Arztstellen auf Vorrat gehal- ten werden dürfen.[11] Und noch drängender: Wie ist es zu bewerten, wenn nach dem Zuschlag für die Konzeptbewerbung das MVZ die zu- gesprochene Arztstelle nicht reali- sieren kann, weil sich beispiels-

weise herausstellt, dass der im Nachgang benannte anzustellende Arzt sich im Sinne von Paragraf 21 Ärzte-ZV wegen gesundheitlicher Gründe als ungeeignet für die Aus- übung der vertragsärztlichen Tätig- keit erweist oder das MVZ schlicht- weg keinen entsprechenden Fach- arzt findet? Wie ist es in einer sol- chen Konstellation um den Rechts- schutz der abgelehnten Mitbewer- ber bestellt?

BSG: „Drei-Jahres-Regelung“

Es ist davon auszugehen, dass über kurz oder lang die Frage der Recht- mäßigkeit der „Konzeptbewerbung“

das Bundessozialgericht (BSG) be-

schäftigen wird. Wie sich dieses positionieren wird, ist trotz aller oben kurz angesprochenen Rechts- bedenken schwer vorherzusagen.

Eines kann man aber bereits jetzt feststellen: Das BSG misst vor dem Hintergrund der Bedarfsplanung und der damit verbundenen Ein- schränkung, sich überall als Ver- tragsarzt niederlassen zu können, den Interessen zulassungswilliger Ärzte ein nicht unerhebliches Ge- wicht bei. So hat das BSG im Mai 2016 in einer bemerkenswerten Entscheidung [12] der Spruchpraxis vieler Zulassungsausschüsse einen Riegel vorgeschoben, wonach ein Vertragsarzt, nachdem er auf seine Zulassung zum Zwecke der Anstel-

lung bei einem MVZ verzichtet hatte, von dem betreffenden MVZ alsbald (zum Beispiel nach ein bis zwei Quartalen) durch einen ande- ren angestellten Arzt (in der Regel durch den Wunschkandidaten des MVZ) nachbesetzt werden konnte.

Seit dieser BSG-Rechtssprechung ist die Variante des Arztstellen- erwerbs über den Weg des Zulas- sungsverzichts nur unter der er- schwerten Bedingung möglich, dass ein Vertragsarzt mit dem Ver- zicht auf seine Zulassung die Ab- sicht haben muss, selbst als ange- stellter Arzt mindestens drei Jahre in dem MVZ, zu dessen Gunsten er auf seine Zulassung verzichtet hatte, tätig zu werden. Scheidet er Eine gesetzliche

Regelung, die den Vorrang niederlassungs- williger Ärzte bei Praxisausschrei- bungsverfahren sicherstellt, könnte einen erheblichen Beitrag zur Stärkung der Freiberuflichkeit leisten.

(11)

vor Ablauf dieser drei Jahre aus dem MVZ aus, verliert das MVZ grund- sätzlich das Recht, diese Arztstelle nachzubesetzen. Lediglich wenn der ursprünglich zugelassene Arzt seinen Tätigkeitsumfang innerhalb der geforderten drei Jahre alters- bedingt allmählich reduzieren will oder wenn er die Absicht, drei Jahre im MVZ tätig zu sein, aufgrund von zwingenden Umständen, die ihm zum Zeitpunkt seines Zulassungs- verzichts nicht bekannt waren, nicht realisieren konnte, wie zum Beispiel einer Erkrankung, kann laut BSG gleichwohl ein Nachbesetzungs- recht bestehen.

Es ist nachvollziehbar, dass diese Entscheidung von den MVZ-Betrei- bern, aber auch abgabewilligen Ver- tragsärzten heftig kritisiert wurde und immer noch wird. Anderer- seits – und das war für das BSG entscheidend – stellte die bisherige Spruchpraxis eine Umgehung des regelhaften Praxisausschreibungs- verfahrens dar. Wenn ein MVZ – wie bei der „Zulassungsverzichts- variante“ – dadurch privilegiert wird, dass der Zulassungsausschuss, ohne eine Auswahlentscheidung treffen zu müssen, dem MVZ die Genehmigung zur Anstellung des verzichtenden Vertragsarztes er- teilen muss, ist im Gegenzug mit Blick auf die berechtigten Interes- sen niederlassungswilliger Ärzte die entsprechende Rechtsgrund- lage restriktiv auszulegen. Mit einer solch engen Auslegung ist ein als- baldiges Austauschen und Nach- besetzen des angestellten Arztes, der über den Weg des Zulassungs- verzichts in das MVZ gelangt ist, nicht vereinbar.

Aber auch im Rahmen anderer Rechtsstreite, in denen es um den Erwerb oder die Nachbesetzung von Arztstellen eines MVZ ging, hat das BSG – im Gegensatz zu den betroffenen MVZ – eine eher restriktive Position bezogen. So

hat es zum Beispiel festgestellt, dass ein MVZ eine frei gewordene Arztstelle nicht unbefristet nach- besetzen kann, sondern dies grund- sätzlich innerhalb von sechs Mona- ten zu erfolgen hat. Wird diese Frist nicht eingehalten, fällt die Arzt- stelle – so das BSG – grundsätz- lich weg. Begründet hat der Senat diese Entscheidung in erster Linie mit dem Ziel der Bedarfsplanung, Überversorgung abzubauen. Diese Zielsetzung sei bedeutsam und gelte insbesondere in Hinblick auf Neubewerber, die durch Zulassungs- beschränkungen in ihrem Grund- recht aus Artikel 12 Absatz 1 GG betroffen sind.[13]

Die „Konzeptbewerbung“ steht streng genommen auch in Wider- spruch zu einer wohnortnahen, flächendeckenden Versorgung.

Wenn sich der Zulassungsaus- schuss für das „Konzept“ des MVZ entscheidet, kommen – wie be- reits ausgeführt – Ärzte, die die ausgeschriebene Praxis vor Ort fortführen wollen, per se nicht mehr zum Zug. Dies kann gerade in ländlich geprägten, großflächi- gen Planungsbereichen für die Patienten zu einer empfindlichen Erhöhung der Wegstrecken führen.

Beitrag zur flächendeckenden Versorgung?

An dieser Stelle bietet es sich an, sich ganz grundsätzlich der Frage zuzuwenden, welchen Beitrag MVZ zu einer wohnortnahen flächen- deckenden Versorgung überhaupt leisten beziehungsweise leisten können. Es ist unbestritten, dass auch MVZ Filialen betreiben kön- nen, aber allein ausgehend von der Begrifflichkeit „Versorgungszent- rum“ und der vom Gesetzgeber mit dem MVZ verbundenen Vor- stellung einer vertragsärztlichen Versorgung „aus einer Hand“ und

„unter einem Dach“ [14], erscheint diese Frage berechtigt. Auf Basis

der bundesweiten Statistiken der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) zur räumlichen Vertei- lung von MVZ liegt die Schluss- folgerung nahe, dass diese einen eher geringen Beitrag zur flächen- deckenden Versorgung leisten. So ergaben die Auswertungen der KBV zum Stichtag 31. Dezember 2016, dass 47,5 Prozent aller zugelasse- nen MVZ in Kernstädten, weitere 39 Prozent in Ober- oder Mittelzen- tren und lediglich 13,5 Prozent al- ler zugelassenen MVZ in ländlichen Gemeinden betrieben werden.[15]

MVZ-Gründungsbefugnis auch für KVen

Möglicherweise haben diese Zahlen den Gesetzgeber veranlasst, mit dem GKV-VSG den Kommunen die Befugnis zur Gründung von MVZ einzuräumen. In der entsprechen- den Gesetzesbegründung findet sich hierzu lediglich der lapidare Satz, dass dies (gemeint ist die MVZ-Gründungsbefugnis) den Kommunen ermögliche, aktiv die Versorgung in der Region zu be- einflussen und zu verbessern. Aber losgelöst von den Motiven des Ge- setzgebers stellt dies einen Para- digmenwechsel dar. Denn mit dem Recht der Kommunen, ein MVZ zu gründen, ist der im Sommer 2003 gefundene Konsens, wonach die

„öffentliche Hand“ von der Grün- dung eines MVZ ausgeschlossen sein soll, aufgekündigt worden.

Konsequenterweise müssten nun- mehr auch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), bei denen es sich genauso wie bei den Kommu- nen um Körperschaften des öffent- lichen Rechts handelt, die Berech- tigung zur Gründung eines MVZ erhalten. Wenn schon Kommunen MVZ gründen dürfen, dann doch wohl auch die KVen, die den ge- setzlichen Auftrag für die Sicher- stellung der vertragsärztlichen Ver- sorgung übertragen bekommen ha- ben. Eine entsprechende Gesetzes-

(12)

änderung, mit der die KVen den Kommunen, was die Gründung von MVZ anbelangt, gleichgestellt wer- den, drängt sich nahezu auf.

Die Frage der Disziplinargewalt Ebenso erscheint in Bezug auf die Wahrnehmung des Sicherstellungs- auftrags eine weitere gesetzliche Anpassung diskussionswürdig, wenn nicht sogar notwendig: Nach wie vor besteht nämlich für die KVen keine Möglichkeit, gegen einen MVZ-Träger disziplinarisch vorzugehen. Lediglich die im MVZ tätigen Vertragsärzte und die im MVZ beschäftigten angestellten Ärzte – vorausgesetzt deren Arbeits- vertrag sieht einen Beschäftigungs- umfang von mindestens zehn Wo- chenstunden vor – sind Mitglieder der jeweiligen KV und unterfallen daher deren Disziplinarbefugnis.

Dies ist ein unbefriedigender Zu- stand, da mit der Verantwortung für die organisatorischen Abläufe und die korrekte Gestaltung der Leis- tungserbringung sowie der Verant- wortung für die ordnungsgemäße Abrechnung ganz wesentliche ver- tragsärztliche Pflichten dem MVZ selbst, also seinem Rechtsträger, obliegen.[16] Will die KV bei der Verletzung einer dieser Pflichten gegen das MVZ vorgehen, bleibt ihr mangels KV-Mitgliedschaft des MVZ-Rechtsträgers als einzige Sanktionsmöglichkeit „lediglich“

die Beantragung einer Zulassungs- entziehung.[17] Diese kommt aber nur bei einer gröblichen Pflichtver- letzung in Betracht und auch nur dann, wenn durch diese Pflichtver- letzung – vereinfacht gesagt – das Vertrauen in eine weitere Zusam- menarbeit mit dem jeweiligen MVZ zerstört ist. Alle anderen „nieder- schwelligeren“ Pflichtverletzungen können von der KV gegenüber dem MVZ-Rechtsträger hingegen nicht geahndet werden. Dies erschwert nicht nur die Wahrnehmung des Sicherstellungsauftrags und die Er-

füllung der Gewährleistungspflicht, also der Pflicht der KV gegenüber den Krankenkassen zu gewährleis- ten, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen ent- spricht. Hierdurch werden vielmehr auch die MVZ gegenüber den Ver- tragsärzten in einer nicht nachvoll- ziehbaren Weise bessergestellt.

Fazit

Der Gesetzgeber hat mit dem MVZ eine neue Versorgungsform geschaffen, die seit ihrer Veranke- rung in der vertragsärztlichen Ver- sorgung eine beachtliche Entwick- lung durchlaufen hat. Insbesondere das „Angestellten MVZ“ scheint für viele MVZ-Gründer die attrak- tivste Variante zu sein. Sie profi- tiert sicherlich auch davon, dass gerade junge Ärzte – nicht zuletzt wegen der mit einer freien Nieder- lassung verbundenen wirtschaft- lichen Risiken, aber auch der über- bordenden Regulierung der vertrags- ärztlichen Tätigkeit – zunehmend mehr an einer ärztlichen Tätigkeit in einem Anstellungsverhältnis inter- essiert sind. Soweit der Gesetz- geber darüber hinaus das MVZ in der Angestelltenvariante noch weiter zu befördern versucht, indem er den MVZ die Möglichkeit einer sogenannten „Konzeptbewerbung“

einräumt, dürfte die Grenze zu einer nicht mehr gerechtfertigten Privilegierung allerdings über- schritten sein.

Wie auch immer: Die vom Gesetz- geber von Anfang an verfolgte Grundkonzeption, die MVZ den Polikliniken der ehemaligen DDR nachzubilden, scheint sich verwirk- licht zu haben. Allerdings mit einem nicht ganz unerheblichen Unter- schied: Während es sich bei den Polikliniken der ehemaligen DDR um reine „Staatsbetriebe“ handel- te, hat der Gesetzgeber mit seiner Konzeption des MVZ als einer Ein-

richtung, in der Gründer und Leis- tungserbringer auseinanderfallen können und Gründer auch juristi- sche Personen wie eine Kranken- haus-GmbH sein können, vom Grundsatz her jedem Kapitalgeber die Möglichkeit verschafft, über ein MVZ, genauer gesagt über den

„Aufkauf“ eines gründungsbefug- ten Leistungserbringers, an der vertragsärztlichen Versorgung teil- zunehmen. Auch wenn derzeit von dieser Option wohl noch nicht in großem Stil Gebrauch gemacht wird, könnte der Gesetzgeber die- ses Problem umfassend lösen, in- dem er die Zulassung eines MVZ davon abhängig macht, dass die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte immer in den Händen von Vertragsärzten liegen muss.

Daneben sollte der Gesetzgeber auch weiterhin die freiberufliche Tätigkeit als einen Grundpfeiler der vertragsärztlichen Versorgung stärken und zulassungswilligen Ärzten den Weg in eine Niederlas- sung als Vertragsarzt in eigener Praxis soweit als möglich ebnen.

Eine Regelung, die im Rahmen eines Praxisausschreibungsver- fahrens den Vorrang des nieder- lassungswilligen Arztes gegenüber allen MVZ vorsieht, wäre in diesem Sinne sicherlich ein klares und deutliches Signal.

Andreas Pavlovic (Rechtsabteilung der KVB)

Das Literaturverzeichnis zu diesem Artikel finden Sie unter www.kvb.de in der Rubrik Service/Mitglieder- Informationen/KVB FORUM/

Literaturverzeichnis.

(13)

S

o zeigt sich seit 14 Jahren eine kontinuierliche Zunah- me von MVZ im Freistaat.

Allein zwischen Januar 2014 und August 2018 kamen 228 neue MVZ ins System (siehe Grafik 1).

Noch ist die knappe Mehrheit aller MVZ in der ausschließlichen Trägerschaft von Vertragsärzten (siehe Grafik 2). Die Tendenz zeigt jedoch: Der Anteil der MVZ in aus- schließlicher Trägerschaft von Krankenhäusern steigt überpro- portional.

Im Gegensatz zur gängigen Mei- nung, dass in MVZ wegen der fle- xibleren Arbeitszeiten eher Ärztin- nen arbeiten, sind in Wirklichkeit sogar 62 Prozent der 3.564 in

Die Fachabteilungen der KVB haben aus den vorliegenden Daten zu medizini- schen Versorgungszentren (MVZ) einen Überblick über die tatsächliche Situa- tion im Freistaat zusammengestellt. Neben der Darstellung des Status quo liegt der Fokus darauf, Tendenzen nachzuzeichnen, um auf eventuelle Schieflagen und Probleme reagieren zu können.

MVZ: ANALYSEN ZEIGEN EIN DIFFERENZIERTES BILD

MVZ nach Trägerschaft Vertragsärzte Krankenhäuser Mischformen Sonstige

Grafik 2 Quelle: KVB

MVZ tätigen Mediziner Männer (siehe Grafik 3).

Ein deutlicher Unterschied zeigt sich bei der durchschnittlichen Anzahl der Ärzte pro MVZ je nach Trägerschaft (siehe Grafik 4). Offen- sichtlich splitten die MVZ in Träger- schaft eines Krankenhauses ihre vorhandenen Stellen öfter auf (siehe Grafik 5).

Vergleicht man die im MVZ tätigen Ärzte mit denjenigen Ärzten in frei- beruflicher Tätigkeit, fällt auf, dass im MVZ durchweg die Anstellungen mit weniger als zwanzig Stunden dominieren (siehe Grafik 5).

Wenig verwunderlich ist die Alters- verteilung in MVZ, Berufsausübungs-

gemeinschaften (BAG) und Einzel- praxen (EP). Da die Berufseinsteiger vermehrt in MVZ zu finden sind, ist deren Altersdurchschnitt am geringsten (siehe Grafik 6).

Insbesondere im obersten (ab 60 Jahre) und im untersten Segment (bis 45 Jahre) sind die Unterschiede zwischen MVZ und Einzelpraxen am deutlichsten (siehe Grafik 7).

Die Auswertung der KVB zeigt, dass nahezu alle Fachrichtungen in MVZ vertreten sein können, wo- bei Hausärzte und fachärztlich tä- tige Internisten die beiden größten Gruppen bilden (siehe Grafik 8).

Redaktion

309 (50,7 %) 186

(30,5 %) (13,4 %)82 33 (5,4 %) Anzahl MVZ

Grafik 1 Quelle: KVB

0 100 200 300 400 500 600 700 800

1.1.2014 1.1.2015 1.1.2016 1.1.2017 1.1.2018 1.8.2018

382 398 432

504

578 610

(14)

MVZ: Verteilung nach Geschlecht Männer Frauen

Grafik 3 Quelle: KVB

38 %

62 %

Grafik 5 Quelle: KVB

Anteil der Ärzte je Tätigkeitsumfang im MVZ tätig als/beim Vertragsarzt tätig

Anstellung

< 10 Stunden

Anstellung 10 < 20 Stunden

Anstellung 20 < 30 Stunden

Anstellung 30 < 40 Stunden

hälftige

Zulassung volle Zulassung 26,4

1,5 31,0

23,5

15,5

5,2 7,5 0,8 4,5 2,7 8,9

72,5

Angaben in Prozent

Durchschnittsalter Ärzte je Betriebsstättenart

Grafik 6 Quelle: KVB

51,7

MVZ

53,1 55,6

Angaben in Jahren

BAG EP

Anzahl Ärzte nach Bedarfsplanungsarztgruppen im MVZ

Grafik 8 Quelle: KVB

Hausärzte Fachärztlich tätige Internisten Chirurgen Orthopäden Augenärzte Anästhesisten Frauenärzte Radiologen Laborärzte Psychotherapeuten Neurochirurgen Nervenärzte Nuklearmediziner Urologen Strahlentherapeuten Pathologen Physikalische- und Rehabilitations-Mediziner Kinderärzte Hautärzte Humangenetiker HNO-Ärzte nicht beplant Transfusionsmediziner Kinder- und Jugendpsychiater

472 465 332 281 253 230 230 218 181 172 117 96 78 76 75 61 55

36 34 32 30 23 13 4 Anteil Ärzte nach Alter

unter 45 Jahre 45 bis 49 Jahre 50 bis 54 Jahre 55 bis 59 Jahre ab 60 Jahre

Grafik 7 Quelle: KVB

Angaben in Prozent MVZ

BAG EP

27,5 15,5 17,1 17,3 22,6

24,8 24

16,7 15,4

19,1

14,4 11 17,6 21,2 35,8

Durchschnittliche Anzahl Ärzte je MVZ

Grafik 4 Quelle: KVB

7,3

5,0

Krankenhausträger Vertragsärztliche Trägerschaft

Anzahl in Personen

(15)

Herr Dr. Deinlein, in den Medien werden MVZ gerne als Allheil- mittel für die hausärztliche Ver- sorgung im ländlichen Bereich ge- sehen. Teilen Sie diese Meinung?

„Ja“, aus ärztlicher Sicht können Kooperationen hilfreich sein, Ver- sorgungsprobleme zu lösen. Aber auch „nein“, da die Personen die dies fordern – insbesondere Politi- ker – oft nicht wissen, was die regel- mäßig geäußerte Forderung nach kommunalen MVZ eigentlich bedeu- tet. Eine Kommune kann sicherlich Investor und Vermieter einer Immo- bilie sein. Doch das Betreiben eines MVZ würde die Kompetenzen so mancher Verwaltung überfordern und den Gemeindehaushalt even- tuell in Schieflage bringen. Das Betreiben eines MVZ sollte Ärzten übelassen bleiben. Dies ist meiner Meinung nach die optimale Lösung, damit eine patientenorientierte Versorgung und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können.

Welche Vorteile hat eine Einzel- beziehungsweise Gemeinschafts- praxis gegenüber einem MVZ?

Abhängig von den örtlichen Gege- benheiten und dem individuellen Charakter eines Arztes kann auch eine Einzelpraxis weiterhin ein Erfolgsmodell sein. Patienten und das Praxisteam können vom per- sönlichen Kontakt profitieren. Die Kontinuität der Patientenbetreu- ung kann leichter gewahrt und der sozialmedizinische Kontext eher berücksichtigt werden. Generell

bin ich jedoch ein Vertreter von Kooperationen – in welcher Form auch immer. Aber selbst Einzel- praxen können in bestimmten Be- reichen miteinander kooperieren.

Da eine Gemeinschaftspraxis in ein MVZ umgewandelt werden kann – und auch umgekehrt – sehe ich zu- mindest in der hausärztlichen Ver- sorgung hier keine großen Unter- schiede. Außer, dass eine überörtli- che Gemeinschaftspraxis auch über die Planungsbereichsgrenzen hinweg Filialpraxen führen kann.

Die Strukturen sind enorm flexibel geworden und Versorgungsmodelle können mit unterschiedlichen Rechtsformen realisiert werden.

Wo sollte sich die Politik tatsäch- lich mehr engagieren, um die ambulante Versorgung auf dem Land zu sichern?

Es sollte an jeder medizinischen Fakultät in Bayern ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet wer- den. Die Lehrpraxen der Universi- täten sollten gerade auch in den unterversorgten Gebieten zu fin- den sein – und nicht nur im Speck-

gürtel von Großstädten. Um einen Ort für eine spätere Praxisnachfolge attraktiver zu machen, können mo- derne, barrierefreie Praxisräume geschaffen und die Strukturen auch bereits ansässigen Ärzten zu guten Konditionen zur Verfügung gestellt werden. Dies könnte auch ein Lö- sungsansatz für die ungleiche Ver- teilung mancher Arztgruppen in den Großstädten sein. Die aktuellen För- derungsmöglichkeiten bei der Nie- derlassung sind meiner Meinung nach gut. Aber einige wichtige Schritte sind gefühlt zehn Jahre zu spät ein- geleitet worden. Sonst gäbe es Teile dieser Diskussion gar nicht.

Welche Eigenschaften sollten junge Kollegen mitbringen, wenn sie sich für eine Nieder- lassung als Hausarzt auf dem Land interessieren?

Eigentlich die, die für eine ärztliche Tätigkeit generell notwendig sind:

Fachwissen, Empathie und Idealis- mus sollten Grundvoraussetzung sein. Im zwischenmenschlichen Bereich sollte man den Patienten auf Augenhöhe begegnen. Bei den aktuell günstigen Rahmenbedingun- gen für die Niederlassung auf dem Land ist eher Neugierde notwendig als Mut. Die Goldgräberstimmung ist jedoch noch nicht ausgebrochen, deshalb bieten sich jungen Kollegen viele spannende Möglichkeiten.

Herr Dr. Deinlein, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Markus Kreikle (KVB)

Über die Frage nach den Vor- und Nachteilen medizinischer Versorgungszentren (MVZ) insbesondere für die hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen hat sich KVB FORUM mit Dr. med. Peter Deinlein, Facharzt für Allgemeinmedizin, unterhalten, der in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis in Kemnath tätig ist.

„ZEHN JAHRE ZU SPÄT“

Peter Deinlein ist Mitglied der KVB-Vertreter- versammlung und Landes- delegierter im Bayerischen Hausärzte- verband.

(16)

Frau Dr. Berneburg, welche Aus- wirkungen hat es für Patienten mit psychischen Erkrankungen, ob sie in einer Einzelpraxis oder in einem MVZ behandelt werden?

In einer Einzelpraxis oder Praxis- gemeinschaft haben die Patienten stets einen kontinuierlichen direk- ten Kontakt zum Arzt oder zum Psy- chologischen Psychotherapeuten.

Die Patienten müssen ihre besteh- enden wiederkehrenden Symptome nicht immer erneut berichten und können problemlos an die alten Ereignisse und Symptome anknüp- fen, was auch die Beziehungsfähig- keit stärkt. Die MVZ haben eine Struktur, die sich für die kontinuier- lichen, zeitlich hochfrequenten Therapiesitzungen anscheinend nicht eignet. Es fällt auch auf, dass es in MVZ eine hohe Fluktuation bei den Angestellten gibt, was eine gleichbleibende Betreuung und Be- handlung der Patienten erschwert.

Warum sollten sich Großkonzerne – international in anderen Bran- chen ganz üblich – nicht ins Ge- sundheitswesen einkaufen?

Ob wir diesen Prozess aufhalten können, kann ich nicht beurteilen.

Ob es dann aber noch um eine Be- handlung eines „Leidenden“ gehen wird, ist die Frage. Heute gewinnt man manchmal den Eindruck, dass es bei der Therapie eines Kranken nicht mehr primär um die Behand- lung und Genesung geht, sondern um den Gewinn, der durch die

Krankheit erwirtschaftet werden kann. Ich würde hier sogar von einer „Kommerzialisierung der Er- krankung“ sprechen. Das Ziel sollte aber immer eine Therapie nach ethisch-moralischen Maßstäben sein, natürlich mit einer angemes- senen Honorierung.

Oft wird behauptet, Familie und Beruf ließen sich im MVZ besser miteinander verbinden.

Das sehe ich nicht so. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man sich mit einer eigenen Praxis selbst eine gute Struktur geben kann. Ich war 16 Jahre Klinikangestellte mit Voll- zeitanstellung und leitenden Funk- tionen. Auch Jobsharing, eine Zwei- drittel- und Dreiviertelanstellung boten nicht die Familienfreundlich- keit wie eine ambulante Tätigkeit in eigener Praxis.

Dienen die MVZ für jüngere Kollegen auch als Einstieg in die Niederlassung?

Diese Hypothese sehe ich nicht bestätigt. Die neuen Niederlassun- gen, ob mit einem ganzen oder halben Sitz, finden in der psychi- schen Versorgung meist in eigener Einzelpraxis statt. Es gibt zwar Praxisgemeinschaften. Gemein- schaftspraxen sind jedoch schon seltener und MVZ eher noch eine Rarität. Gegründet werden MVZ, um Sitze zu erhalten oder zu über- nehmen, um damit vor allem ein wirtschaftlich arbeitendes Zentrum zu errichten.

Wo sollte sich die Politik tat- sächlich mehr engagieren, um die ambulante Versorgung auf dem Land zu sichern?

Ein MVZ im ländlichen Bereich ist meist ein Versuch der Verwaltung des Mangels. Aus meiner Sicht werden MVZ deshalb keine we- sentlichen Verbesserungen in der Versorgung bringen. Auch die Poli- kliniken in der ehemaligen DDR, mit denen die MVZ ja oft verglichen werden, haben keine bessere Ver- sorgung erreicht. Statt sich um die Rentabilität von MVZ zu kümmern, sollte die Politik ihr Augenmerk viel mehr auf eine Stärkung der psych- iatrischen und psychosomatischen Versorgung in der Fläche legen.

Frau Dr. Berneburg, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Martin Eulitz (KVB)

Medizinische Versorgungszentren (MZV) spielen bei der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen noch keine so große Rolle, wie dies in anderen Bereichen der Fall ist. Dr. med. Hildgund Berneburg – seit 1994 niedergelassen in Würzburg als Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie – liefert im Interview Erklärungen dafür.

„MVZ SIND NOCH EINE RARITÄT“

Hildgund Berneburg befürchtet eine zunehmende Kommerziali- sierung der Erkrankungen.

(17)

Herr Dr. Heinz, ein Versorgungs- zentrum mit vielen Ärzten, kurzen Patientenwegen und gemein- sam genutzten Einrichtungen – was kann man dagegen haben?

Dagegen habe ich gar nichts. Der Grundgedanke hinter den MVZ – eine umfassende Versorgung mit Ärzten mehrerer Fachrichtungen unter einem Dach – war und ist an sich nicht verkehrt. Aber was sich daraus entwickelt hat, ist fatal. De facto bieten viele MVZ vor allem lukrative technische und operative Leistungen an, um damit hohe Ren- diten für ihre Geldgeber abzuwer- fen. Gerade die Praxen konserva- tiv tätiger Fachärzte geraten so ins Hintertreffen. Es gibt zunehmend Fachgruppen, in denen lukrative, extrabudgetär vergütetete und vor allem operative Leistungen von einigen MVZ, die bereits jetzt von ausländischen Investoren finan- ziert werden, erbracht werden.

Dass sich Großkonzerne und Fondsbetreiber international ein- kaufen, ist in anderen Branchen gang und gäbe. Warum nicht auch im Gesundheitswesen?

Weil die gesundheitliche Versor- gung der Menschen kein Wirt- schaftszweig wie jeder andere ist.

Die Stärke des deutschen Gesund- heitssystems ist die flächen- deckende, wohnortnahe Versor- gung der Bürger. Durch den Wett- bewerb unter den sogenannten

„Leistungserbringern“, den die Politik mit zahlreichen Gesetzes- vorhaben in Gang gesetzt hat, nimmt die Kommerzialisierung

ständig zu, Versichertengelder fließen an ausländische Kapital- gesellschaften und die originäre ärztliche Tätigkeit am Patienten wird immer weiter entwertet. Um für Investoren attraktiv zu sein, müs- sen sich MVZ ständig vergrößern.

Ein solch großes Unternehmen kann daher kaum noch von einzel- nen Ärzten übernommen werden.

Welche Folge hat das für die Versorgung?

Sind den Investoren die Renditen zu niedrig, suchen sie sich neue Betätigungsfelder oder verlassen den deutschen Markt ganz. Nach- dem es hier um dringend benötig- te medizinische Leistungen geht, müsste der Staat einspringen und mit viel Geld die Versorgung sicher- stellen und eventuell neue Struk- turen aufbauen.

Ist es nicht ein Vorteil der MVZ, dass sich junge Ärzte hier in der ambulanten Versorgung als Angestellte versuchen können, bevor sie sich niederlassen?

Durchaus. Wer in einem MVZ arbeitet, sieht ja auch, welche Möglichkeiten sich im Umkreis bieten und kann eventuell eine Nische finden, in der es sich mit der eigenen Praxis gut wirtschaf- ten und leben lässt. Aber auf der anderen Seite kaufen die großen MVZ die Vertragsarztsitze vom Markt, sodass die jungen Kollegen kaum die Möglichkeit haben, in Konkurrenz zu treten.

Wie ließe sich diesen Fehl- entwicklungen Einhalt gebieten?

Die Politiker sind sich der Proble- me ja bewusst. Aber es herrscht große Unsicherheit, wie man mit der Thematik umgehen soll. Zum einen sind Veränderungen immer nur langfristig möglich, Stichwort Bestandsschutz. Zum anderen muss natürlich alles rechtssicher abgewickelt werden. Das ist so komplex, dass sich selbst in den Ministerien kaum jemand rantraut.

Dabei gäbe es durchaus Vorschläge:

Zum Beispiel könnte man die Zahl der angestellten Ärzte in einem MVZ in Abhängigkeit von der Zahl der ärztlichen Partner begrenzen.

Oder dem MVZ die Vertragsarzt- sitze nicht für immer überlassen, sondern diese nach dem Aus- scheiden eines MVZ-Arztes neu ausschreiben. Es gibt also Hand- lungsspielraum.

Herr Dr. Heinz, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Martin Eulitz (KVB)

Der oberfränkische Augenarzt Dr. med. Peter Heinz wirft einen kritischen Blick auf die Rolle der medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und erläutert, warum er die Politik in der Pflicht sieht, in diesem Bereich regulierend einzugreifen.

„FATALE ENTWICKLUNG“

Peter Heinz be- fürchtet, dass die Kommerzialisie- rung bei der Gründung und Inbetriebnahme von MVZ weiter zunimmt.

(18)

B

evor die VV-Delegierten zur regulären Tagesordnung übergehen konnten, hatte die VV-Vorsitzende Dr. med. Petra Reis-Berkowicz noch ein besonde- res Anliegen. Nachdem der lang- jährige Justiziar der KVB, Dr. jur.

Herbert Schiller, in Kürze seinen Ruhestand antreten wird, dankte

Reis-Berkowicz ihm für seinen jahr- zehntelangen Einsatz im Dienst der Ärzteschaft. Auch im Namen des Vorstands der KVB sprach Reis- Berkowicz ihren Dank aus und hob Schillers Verdienste im Rahmen einer kurzen Ansprache hervor.

Vor 30 Jahren kam Herbert Schil- ler als juristischer Mitarbeiter der Justiziare in die KVB. Zuvor war er im Bayerischen Sozialministerium mit der Rechtsaufsicht über die Sozialversicherungsträger befasst.

In der KVB wurde er Anfang 1990

zum Justiziar bestellt, bei der Bay- erischen Landesärztekammer über- nahm er ein Jahr später ebenfalls die Funktion des Justitiars. Im Jahr 2007 wurde ihm zugleich die Lei- tung der Rechtsabteilung der KVB übertragen. Hier setzte der Augs- burger vor allem auf eine starke Dienstleistungsorientierung in der

Rechtsabteilung, um die sehr unter- schiedlichen Anfragen und An- sprüche von Selbstverwaltung und Verwaltung rasch und zielgerichtet bearbeiten zu können.

Mit stehendem Applaus wurde Schiller von den VV-Mitgliedern und KVB-Verwaltungsmitarbeitern zu seinem Abschied gewürdigt.

Ernste politische Themen Bei ihrer anschließenden Eröffnungs- rede ging die VV-Vorsitzende auf

die Bedenken der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Hin- sicht auf die aktuellen bundespoli- tischen Entwicklungen ein. „Unsi- cherheit, Ratlosigkeit und Ärger“

herrschten laut Reis-Berkowicz unter der Ärzteschaft in Bezug auf die Digitalisierung des Gesund- heitswesens. Mit dem Aufbau der Telematikinfrastruktur (TI) seien nicht nur ein hoher organisatori- scher Aufwand für die Praxen, sondern zudem auch unklare Kos- ten verbunden. Deshalb forderte die VV in mehreren Anträgen, dass eine Übernahme aller in Zusammen- hang mit der TI anfallenden Kosten durch die Krankenkassen gewähr- leistet sein muss. In Sachen Bereit- schaftsdienst stärkte die große Mehrheit der VV dem Vorstand bei der weiteren, bislang planmäßig verlaufenden Umsetzung des Roll- outs in Bayern den Rücken.

Wunschdienstplanung als Ziel Das Thema Weiterentwicklung des Bereitschaftsdienstes nahm im Vortrag von Dr. med. Wolfgang Krombholz, dem Vorstandsvorsit- zenden der KVB, einen breiten Raum ein. Wie er erklärte, seien inzwischen 80 Prozent Bayerns, sowohl von der Fläche als auch von der Bevölkerungszahl her, auf die neue Systematik mit zentral gelegenen Bereitschaftspraxen sowie einem separaten Fahrdienst umgestellt. Über 1.000 Poolärzte

Bei der Vertreterversammlung (VV) der KVB Mitte Juni in München standen vor allem die Themen Bereitschaftsdienst und Digitalisierung im Mittelpunkt. Für Kritik in der VV sorgten insbesondere die zunehmenden Eingriffe der Politik in die Belange der Selbstverwaltung.

MEHR VERTRAUEN IN DIE SELBSTVERWALTUNG

Abschied in der Vertreterver- sammlung:

KVB-Justiziar Herbert Schiller (Zweiter von rechts) im Kreise des Vorstands und der VV-Vor- sitzenden.

(19)

stünden zur Verfügung, um Dienste zu übernehmen. Mit der Wunsch- dienstplanung habe man eine Mög- lichkeit geschaffen, damit sich jeder niedergelassene Arzt einen akzep- tablen Zeitraum für die Dienste aus- suchen könne. „Unser Ziel: Die Teil- nahme am Bereitschaftsdienst soll eines Tages auf Freiwilligkeit basie- ren“, so Krombholz.

Ein weiteres wichtiges Thema in seiner Rede war die Kritik am ge- planten Arztinformationssystem.

Krombholz sieht in diesem vom Gesetzgeber intendierten Informa- tionstool für die Praxen das große Risiko, dass dadurch seitens der Krankenkassen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Ärzte genommen würde. Zudem könne die exzellente Wirkstoffvereinba- rung in Bayern, die Regresse in Bezug auf Arzneimittelverschrei- bungen in Bayern obsolet gemacht hatte, in Gefahr geraten und durch neue, intransparente Prüfmechanis- men ersetzt werden.

Aufhebung der Budgetierung Wie der erste stellvertretende KVB- Vorstandsvorsitzende Dr. med.

Pedro Schmelz in seiner Rede dar- legte, gab es im Jahr 2017 rund 32 Millionen Behandlungsfälle in den fachärztlichen Praxen in Bayern.

Das überwiegende Gros davon konnte dank vorausschauender Planung ohne eine Fallzahlzuwachs- begrenzung ausgezahlt werden.

„Unser Ziel bleibt jedoch die Auf- hebung der Budgetierung. Aber dies ist ein steiniger Weg“, so Schmelz.

Ausführlich ging er auf die Schwie- rigkeiten beim Aufbau der TI ein, denn es gäbe nach wie vor noch keinen echten Markt auf der Seite der TI-Anbieter. „Für dieses Markt- versagen kann und darf die Politik nicht die Ärzteschaft verantwort- lich machen“, erklärte Schmelz und forderte eine stärkere Berück-

sichtigung der Versorgungsrealitä- ten bei allen politischen Planungen.

Deutliche Kritik äußerte er auch an der Forderung aus dem Koalitions- vertrag nach einer Erhöhung der Wochensprechstundenzeiten in den Praxen von 20 auf 25 – „eine Ignoranz gegenüber der Realität“, so der erste stellvertretende KVB- Vorstandsvorsitzende. Denn bereits

heute arbeiteten die Vertragsärzte weit über 50 Stunden pro Woche.

Mit ihrer Vorstellung von einer Aus- weitung der Sprechstundenzeiten mische sich die Politik in die Be- lange der ärztlichen Selbstverwal- tung ein und versuche, an Stellen zu steuern, an denen dies weder sinnvoll noch zweckmäßig sei.

BayPsychKHG: Staatsregierung bessert nach

Die zweite stellvertretende Vor- standsvorsitzende der KVB, Dr.

med. Claudia Ritter-Rupp, zog in ihrer Ansprache ein erstes Fazit der vor einem Jahr eingeführten Psychotherapie-Reform. Diese habe ein flexibleres Angebot an Sprech- stunden und Möglichkeiten der Akuttherapie sowie eine Vereinfa- chung des Antrags- und Gutach- terverfahrens gebracht. In Folge der Reform sei zwar die Wartezeit auf ein Erstgespräch gesunken, nicht jedoch die Wartezeit auf einen Richtlinien-Psychotherapie-

platz. Außerdem habe sich ge- zeigt, dass die Krankenkassen in zunehmendem Maße Anträge zur Kostenerstattung ablehnten. Dies sei nicht korrekt, so Ritter-Rupp, denn nach wie vor gäbe es in be- gründeten Fällen einen Anspruch der Versicherten auf Kostenerstat- tung für ihre Psychotherapie.

Beim Thema Bayerisches Psychisch- Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsych- KHG), wies die zweite stellvertre- tende Vorstandsvorsitzende dar- auf hin, dass die Staatsregierung das geplante Gesetz an vielen wesentlichen Stellen nachgebes- sert habe. Ritter-Rupp zeigte sich erleichtert, dass der breite Protest und auch die von der KVB geäußer- te Kritik am Entwurf des BayPsych- KHG damit erfolgreich war.

Birgit Grain (KVB)

Die Politik neh- me immer mehr Einfluss auf das Geschehen in den Praxen, so die Kritik der VV.

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