Minijobs und Ich-AG‘s - Chance oder Falle?
beim AKAA-Symposium
„Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt - Gewinner und Verlierer“
am 28. November 2003 in Saarbrücken
Dr. Claudia Weinkopf
Institut Arbeit und Technik Wissenschaftszentrum NRW
Arbeit und Technik
Gliederung
!
„Neue“ Arbeitsformen im Hartz-Kontext
!
Ich-AG‘s
" Regelungen, Inanspruchnahme, Chancen und Risiken
!
Mini- und Midijobs
" Regelungen, aktueller Stand, Chancen und Risiken
!
Fazit
Institut Arbeit und Technik
„Neue“ Arbeitsformen im Hartz-Kontext
Vorschläge der Hartz-Kommission betreffen
!
Reform und Modernisierung der Arbeitsverwaltung
!
aber auch diverse neue Förderinstrumente vor allem zur Ausweitung „kleiner“ bzw. gering
bezahlter Beschäftigung
" Personal-Service-Agenturen
" Ich-AG‘s
" Minijobs und Gleitzone („Midijobs“)
#Zielsetzungen u.a. mehr Beschäftigung + Umwandlung von Schwarzarbeit
Arbeit und Technik
Ich-AG: Regelungen
! verstärkte Förderung von Gründungen durch zuvor Arbeitslose durch „Existenzgründungszuschuss“
" „1-Mensch-Unternehmen“ (Ausnahme: Familien-AG)
" „Business“-Plan nicht erforderlich
" Gewinn max. 25.000 € pro Jahr
" Förderung über max. 3 Jahre - pro Monat
$ 600 € im ersten Jahr
$ 360 € im zweiten Jahr
$ 240 € im dritten Jahr
" Versicherungspflicht
$ Rentenversicherung: ca. 230 €
Kranken- und Pflegeversicherung: ca. 190 €
Institut Arbeit und Technik
Ich-AG: Bisherige Inanspruchnahme
(September 2003)!
Vergleichsweise hohe Inanspruchnahme
" 61.847 Ich-AG‘s
!
Strukturelle Merkmale der Gründer/innen
" 31,6 % in Ostdeutschland
" 40,2 % Frauen
" 13,6 % über 50-Jährige
" 9,6 % unter 25-Jährige
" 12 % zuvor Langzeitarbeitslose
!
bislang keine Angaben zu Tätigkeiten
Arbeit und Technik
Ich-AG: Chancen und Risiken
Chancen
! mehr „kleine“ Existenzgrün- dungen
! Alternative zur Arbeits- losigkeit
! „Rückkehroption“ bei Schei- tern
! kostengünstige Dienst- leistungsangebote
! mehr Nachfrage
! Umwandlung von Schwarz-
Risiken
! schlechte Vorbereitung + mangelnde Eignung
! hohe Gefahr des Scheiterns
! Selbstausbeutung
! keine ausreichende Existenzsicherung
! Verdrängung bestehender Arbeitsplätze
! Preisdumping
! Förderung neuer Schwarz-
Institut Arbeit und Technik
Mini- und Midijobs: Neuregelungen im Überblick
! Erhöhung der Einkommensgrenze auf 400 €
! keine Abgaben und Steuern der Beschäftigte
" auch bei einem Minijob in Nebenbeschäftigung
! Erhöhung der Pauschalabgabe der Unternehmen auf 25 %
! Sonderregelung für Privathaushalte: 12 %
! Einführung einer Gleitzone zwischen 400,01 und 800 €
" arbeitnehmerseitige SV-Beiträge gestaffelt von 4 % bis zum normalen Satz (rund 21 %)
! Steuerliche Förderung von Dienstleistungen für Privathaushalte
" für Minijobs, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, Dienstleistungsagenturen
Arbeit und Technik
Minijobs: Aktueller Stand
(September 2003)! 5,875 Millionen Minijobs (Angaben der Bundesknappschaft)
! Steigerung gegenüber September 2002 um 1,775 Millionen oder gut 43 %
# Beschäftigungswunder Minijobs?
! Bundesanstalt für Arbeit relativiert (Pressekonferenz Gerster am 6. November 2003):
" Zuwachs geht fast ausschließlich auf Nebentätigkeiten zurück
" zahlreiche Fälle von Umwandlung wg. Erhöhung der Einkommensgrenze von 325 auf 400 €
Institut Arbeit und Technik
Minijobs: Chancen und Risiken
Chancen
! zusätzliche Beschäftigung
! Legalisierung von Schwarzarbeit
! einfacher Berufseinstieg
! zusätzlicher Nebenver- dienst
! zusätzliche Einnahmen der Sozialversicherung
Risiken
! Verdrängung bestehender Jobs
! Einnahmeverluste der Sozialversicherung
! keine Existenzsicherung
! schlechte soziale Absicherung
! arbeitsrechtliche Nachteile
! Benachteiligung von Frauen
Arbeit und Technik
Fazit (1)
!
Netto-Beschäftigungseffekte unklar
!
Einnahmeverluste insbesondere bei den Sozialversicherungen
" Kreis der Beitragszahler/innen wird kleiner
" Kompensation durch Netto-Beschäftigungszuwachs
fraglich
!
Eigenständige Existenzsicherung kaum möglich
!
Mittelfristige Auswirkungen noch offen
" weitere Berufschancen und soziale Absicherung der
Betroffenen
Institut Arbeit und Technik
Fazit (2)
Letztlich entscheidende Frage:
Erweisen sich die „neuen“ Beschäftigungs- verhältnisse in der Praxis eher
" als Chance - d.h. Sprungbrett in „große“
(existenzsichernde) Beschäftigung ODER
" als Falle / Sackgasse?
$ dauerhaft geringer Verdienst
$ kurze Arbeitszeiten und unqualifizierte Tätigkeit
$ geringe Aufstiegschancen