Institut Arbeit und Technik
Vortrag im Rahmen der Fachtagung
„Dienstleistungen für Kinder -
Handlungsfelder und Perspektiven“
„Neue Kompensatorik -
Neue Ansätze zur Lösung eines alten Problems?“
Karin Esch
Gelsenkirchen, 18. März 2003
Institut Arbeit und Technik
Aufbau des Vortrags
• Das Beziehungs- und Interaktionssystem Kinder - Eltern - Schule/KiTa und
öffentliche Förderung
=> Situationsbeschreibung
• Strategie zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen:
„NEUE KOMPENSATORIK“
=> Abgrenzungen zur „alten Kompensatorik“
=> Prämissen der „neuen Kompensatorik“
=> Handlungsempfehlungen
Institut Arbeit und Technik
Die Situation
Institut Arbeit und Technik
Das Beziehungs- und Interaktionssystem von Kindern und Jugendlichen
Kinder/
Jugendliche Kinder/
Jugendliche
Kita Schule
Kita Schule Eltern/Familie Eltern/Familie
Weitere direkte Bezugs-
personen (Freunde, Erzieher
etc.) Weitere direkte Bezugs-
personen (Freunde, Erzieher
etc.)
Staatliche Förderung
Weitere indirekte Bezugsfaktoren
( Medien, Mode Werbung etc.) Weitere indirekte Bezugsfaktoren
( Medien, Mode Werbung etc.)
Soziales Umfeld
(Milieu) Soziales
Umfeld (Milieu)
Spezifische prof.
Unterstüztung
(EZB, Psych. etc)
Spezifische prof.
Unterstüztung
(EZB, Psych. etc)
Direkte Beziehung Mögliche Beziehung
Institut Arbeit und Technik
Die Situation von Kindern in Deutschland
• Jedes 5. Kind in Deutschland ist arm
• Fertilitätsquote liegt bei 1,3 Kindern
=> Bevölkerungsbestandserhaltend wären 2,4 Kinder
• Mangelnde Bildungsinfrastruktur
=> insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund
=> insbesondere für Kinder im Elementarbereich
=> insbesondere für Kinder in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf
Institut Arbeit und Technik
Image des Sozialraums
Materielle Infrasturktur des
Sozialraums
Werte- und Norm- verhalten
im Sozialraum
Lebenssituation/qualität des Kindes
Externe Effekte, die das Aufwachsen von
Kindern und Jugendlichen bedingen
Institut Arbeit und Technik
Die Situation von Familien in Deutschland
• Wandel der traditionellen Familienstruktur
=> Steigender Anteil an Patchworkfamilien
• Mangelnde flexible Kinderbetreuung
• Kinder sind in Deutschland ein Armutsrisikio
=> insbesondere für geringqualifizierte Frauen
• Die in Familien geleistete Arbeit liegt über dem 1,5fachen Volumen der Arbeit im Erwerbssektor
=> Erhebliche Steuer- und Leistungsungerechtigkeit
Institut Arbeit und Technik
Die Situation von Bildungseinrichtungen in Deutschland I
Bildungseinrichtugen orientieren sich primär an der Vermittlung von „hard facts“ statt „soft skills“
=> Elementarbereich wird noch immer zu wenig als Bildungsbereich beachtet
=> Insbesondere bei „schwierigen“ Schülerinnen und Schülern ist diese Grundhaltung problematisch
Konsequenz:
Junge Erwachsene - insbesondere aus Milieus der Unterschicht - verfügen häufig über keine Kompetenzen zur Lebensbewältigung
Institut Arbeit und Technik
Die Situation von Bildungseinrichtungen in Deutschland II
Massive Schnittstellendefizite zwischen den einzelnen Bildungssegmenten
=> vom Elementar- bis zur beruflichen Weiterbildung
=> Vorhandenes Wissen über Fördermöglichkeiten des Kindes/Jugendlichen geht verloren
=> Mangelnde Vernetzung zwischen
Bildungseinrichtungen und unterstützender Infrastruktur (bspw. Schulen und Bibliotheken oder KiTa und Erziehungsberatungsstellen)
Institut Arbeit und Technik
Die Situation der in der Kinder- und Jugendhilfe
Staatl.
Förderung Staatl.
Förderung
• Mangelndes Controlling der Zielerfüllung bspw. durch ein prozessorientiertes Bench- marking
• Mangelnde Nachhaltigkeit von innovativen Förderprogrammen und -projekten
• Mangelnde passgenaue Dienstleistungs-
angebote für Kinder, Jugendliche und Eltern
• Staatliche Transferzahlungen nach dem
„Gießkannenprinzip“
=> Unterstützung des tradierten geschlechts- spezifischen Rollenverhaltens
Institut Arbeit und Technik
Die Konsequenzen
Institut Arbeit und Technik
• Die Situationsbeschreibungen als Heraus- forderung und Chance der Neuorientierung begreifen
• „Problemlage“ ist strukturell gewachsen
=> Lösungen können nur langsam wachsen
• Strategie zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen:
„NEUE KOMPENSATORIK“
Fazit
Institut Arbeit und Technik
Wurzeln der
kompensatorischen Erziehung/Bildung I
• Erste Überlegungen des Ansatzes zu Beginn der 60er Jahre in USA
Ziel: Soziale Benachteiligung durch spezifische Bildungsangebote kompensieren
• In Deutschland gewinnt kompensatorische Erziehung Ende der 60er Jahren an Aufwind
Erkenntnis: Schichten einer Gesellschaft repro- duzieren sich selbst
Institut Arbeit und Technik
Scheitern der kompensatorischen Bildungsmaß- nahmen Ende der 70er Jahre
Ursachen:
• Fehlende Nachhaltigkeit der Projekte
=> Programme zu teuer (wahrscheinlich tragen wir aber heute die sozialen Folgelasten)
=> Legitimationsdefizit durch mangelnde Evaluation
• Orientierung der Maßnahmen am Mittelschichts- niveau
=> Nivellierung sowohl der Ober- als auch der Unterschicht
Wurzeln der
kompensatorischen Erziehung/Bildung II
Institut Arbeit und Technik
Befähigung des Individuums ein eigen- verantwortliches Leben zu führen
=> unabhängig des Geschlechts,
=> unabhängig der sozialen, ethnischen und ethischen Herkunft
Ziel der neuen Kompensatorik
Institut Arbeit und Technik
„Ungleiches ungleich behandeln“
=> Bedürfnisorientierte, zielgruppenspezifische Förderung von sozial Benachteiligten
=> Empowerment des Individuums zur Lebensbe- wältigung; d.h. keine Mittelschichtorientierung
=> Erhöhte Fördermittelzuweisung in Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf
Prämissen der neuen Kompensatorik I
Institut Arbeit und Technik
Erweiterter Bildungs- und Erziehungsbegriff
=> Bildung und Erziehung ist die Aufgabe von Eltern, Gesellschaft, privaten und staatlichen Bildungs- institutionen (Komplementäritätsaspekt)
=> Bildung und Erziehung sind eine untrennbare Einheit (im Sinne von „education“)
=> Schule = Schüler + Lehrer + Dritte als „critical friends“
=> Bildung ist ein ganzheitliches System, dass sich vom Kindergarten bis zum Seniorenstudium hindurch zieht (lebensbegleitendes Lernen)
Prämissen der neuen Kompensatorik II
Institut Arbeit und Technik
Handlungsemfehlungen für das Politikfeld
Bildung und Erziehung
Institut Arbeit und Technik
• Präventive und Kurative Maßnahmen gleichzeitig beginnen
=> Defizite beheben und gar nicht erst aufkommen lassen
• Synergieeffekte durch Vernetzung der Akteure aus Bildungs-, Jugend-, und Familienbereich
=> Experimentelle Gestaltungsprojekte / Externe Moderation
Handlungsempfehlungen I
Institut Arbeit und Technik
•
Offensive Integrationspolitik
=> Sprachförderung aller
nicht-deutschsprachigen Mitbürger
• Kontinuierliche Qualitätssicherung in allen Bildungssegmenten
=> Benchmarking und Frühwarnsysteme in allen Bildungssegmenten
Handlungsempfehlungen II
Institut Arbeit und Technik Vielen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit!
Bei Rückfragen:
Karin Esch
Institut Arbeit und Technik
im Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen
Forschungsschwerpunkt Bildung und Erziehung im Strukturwandel - BEST Munscheidstr. 14
45886 Gelsenkirchen Tel.: 0209/ 1707-283 Telefax: 0209-1707-110 E-Mail: esch@iatge.de
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