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Erhöhen Sonnenschutzmitteldas Krebsrisiko?

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Academic year: 2022

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I N T E R V I E W I N T E R V I E W

Sonenschutzmittel sollen akuten und chronischen licht- bedingten Hautschäden vor- beugen. Sie gelten dabei als Ergänzung zu den vorran- gigen Schutzmassnahmen:

Vermeidung übermässiger Sonnenexposition und Tragen von körperbedeckenden Textilien. Über Nutzen und Risiken von Sonnenschutz- mitteln sprachen wir mit Dr. chem. Hans-Jürg Furrer.

ARS MEDICI: Welche Indikationen gibt es für Sonnenschutzmittel, welche Hautschäden sollen durch sie verhin- dert werden?

Furrer:Durch die UV-B-Absorption ver- hindern Sonnenschutzmittel das Verbren- nen der Haut, also den Sonnenbrand. Das bedeutet, dass damit die so genannten Sofortreaktionen beziehungsweise Schäden verhindert werden können. Gleichzeitig ist bekannt, dass übermässige UV-B-Bestrah- lung im Kindesalter zu Spätschäden, wie Hautkrebs, führen kann. Dank den in Son- nenmitteln enthaltenen UV-A-Absorbern können weitere Spätschäden verhindert werden, zum Beispiel das Elastosesyndrom,

die Epidermisatrophie oder Teleangiektasien und auch grundsätzlich alle aktinisch beeinflussten Hautschädigungen, die zur frühzeitigen Hautalterung führen.

ARS MEDICI: Es wurde der Verdacht geäussert, dass Sonnenschutzmittel das Krebsrisiko womöglich sogar er- höhen können. Womit wird dieser Verdacht begründet und wie ist der aktuelle Diskussionsstand?

Furrer: Einige wenige Dermatologen äussern über die Presse die Befürchtung, dass Sonnenschutzmittel das Krebsrisiko erhöhen. Sie gehen dabei vom Ansatz aus, dass sich die sonnenhungrige Bevöl- kerung durch den Gebrauch von Sonnen- schutzmitteln in falscher Sicherheit wiegt und sich zu extremem Umgang mit der Sonne verleiten lässt. Diese Theorie wird von der Fachwelt mehrheitlich nicht ge- teilt, vielmehr wird den Verbrauchern seit vielen Jahren empfohlen, Sonnenschutz- mittel mit hohen Faktoren anzuwenden, um das Hautkrebsrisiko zu vermindern.

Hätte sich die obenerwähnte These durchgesetzt, würde das grundsätzlich dazu führen, dass die Wirksamkeit von Lichtschutzpräparaten bezweifelt würde und dadurch weniger Schutzprodukte an- gewendet würden.

ARS MEDICI: Gibt es denn überhaupt prospektive Untersuchungen, die zei- gen, dass Sonnenschutzmittel vor Hautkrebs schützen?

Furrer: Bei vielen Melanomen ist ein di- rekter Zusammenhang mit der Sonnenex- position nicht zu erkennen. Bei Kindern gilt heute allerdings als erwiesen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen häufi- gen, schweren Sonnenbränden und der Entwicklung pigmentierter Nävi besteht, die dann zum Melanom führen können.

Wiederholte Sonnenbrände in der Kind- heit erhöhen das Melanomrisiko um das Zehnfache. Bei richtiger Anwendung von Sonnenschutzmitteln (aufgetragene Menge, Sonnenexposition unter der minimalen Erythemdosis usw.) können Sonnen- brände verhindert werden und damit Folgeschäden wie Keratosen und Haut- karzinome. Auch beim Erwachsenen ist erwiesen, dass gute Sonnenschutzpro- dukte UV-Licht-bedingte Schäden verhin- dern können, dies gilt sowohl für akute wie auch für chronische Schädigungen des Hautorgans.

ARS MEDICI: Welche Anforderungen müssen an ein Sonnenschutzmittel gestellt werden und woran kann man seine Qualität erkennen?

Furrer: Ein Sonnenschutzmittel soll so- wohl den UV-B- wie den UV-A-Bereich des Lichtes absorbieren. Dies bedingt eine ausgewogene Auswahl an zugelassenen UV-B- und UV-A-Filtern. Die bei hohen Faktoren relativ hohe Konzentration an Filtersubstanzen muss galenisch optimal

Erhöhen Sonnenschutzmittel das Krebsrisiko?

Ein Interview mit Hans-Jürg Furrer zur Wirksamkeit und Anwendung von Lichtschutzpräparaten

Dr. Hans-Jürg Furrer

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in eine Sonnenmilch oder eine Sonnen- creme eingearbeitet werden. Zusätzlich wird heute meist eine Wasserresistenz des Sonnenmittels verlangt und erwartet. Eine qualitativ optimale Sonnenschutzcreme absorbiert über 95 Prozent der UV-B- Bestrahlung und ebenfalls über 95 Pro- zent der UV-A-Strahlung. Gleichzeitig ist die Creme wasserresistent. Alle erwähn- ten Prüfungen sollten nach COLIPA*-Me- thoden beziehungsweise -Empfehlungen oder aber nach australischem Standard durchgeführt werden. Die Qualität des Sonnenschutzmittels lässt sich auch an der Galenik – Klebrigkeit, Verteilbarkeit und so weiter – erkennen.

ARS MEDICI: Derzeit gibt es unseres Wissens keine allgemein akzeptierte Methode zur Prüfung der UV-A- Schutzwirkung. Wie lassen sich denn momentan diesbezüglich überhaupt Rückschlüsse über die Tauglichkeit von Sonnenschutzmitteln ziehen?

Furrer: Es gibt zwei in Europa akzep- tierte Prüfmethoden für den UV-A-Schutz.

Erstens die bereits erwähnte australische Methode, welche in Europa weit gehend anerkannt ist und zweitens die so ge- nannten PPD- und IPD-Methoden, welche in Frankreich angewendet werden. Ver- mutlich wird COLIPA in Zukunft den aus- tralischen Standard empfehlen oder stan- dardisieren.

ARS MEDICI: In der Leitlinie der deut- schen Gesellschaft für Dermopharma- zie vom 2. April 2003 heisst es wört- lich: «Eine genormte und akzeptierte europäische Methode (zur Prüfung der UV-A-Schutzwirkung, Red.) gibt es bisher nicht.» Ist diese Stellung- nahme überholt?

Furrer:Nein, nach wie vor hat COLIPA keine europäischen Normen erlassen.

ARS MEDICI: Welche Rolle spielen Antioxidanzien respektive Flavonoide als Teil von Sonnenschutzmitteln?

Furrer:Antioxidanzien wirken als Radi- kalfänger und werden in qualitativ hoch- stehenden Präparaten verwendet. Freie Radikale können zu Hautschädigungen beitragen oder bereits erfolgte Schädi- gungen verstärken.

ARS MEDICI: Kinder sind besonders gefährdet, einen Sonnenbrand zu entwickeln. Was ist bei ihnen speziell zu beachten? Gibt es besondere An- forderungen an die Sonnenschutzmit- tel, etwa hinsichtlich Parfümierung oder allergener Inhaltsstoffe?

Furrer: Für Kinder gelten die bereits er- wähnten Punkte speziell, da die Haut noch wesentlich empfindlicher ist als beim Erwachsenen und deshalb besonders guter Schutz notwendig ist. Oft wird bei den Sonnenschutzpräparaten für Kinder auf chemische Filter vollständig verzichtet, und es werden ausschliesslich physika- lische Filter eingesetzt. Bei diesen Filtern beruht die Wirksamkeit nicht auf chemi- schen Vorgängen – wie der Absorption von bestimmten Wellenlängen –, sondern ausschliesslich auf physikalischen Vorgän- gen wie der Streuung und Reflektion des Lichtes. Die Auswahl der Inhaltsstoffe soll auf Kinderhaut abgestimmt sein, auf Par- fümierung und Farbstoffe sollte verzichtet werden (z.B. Sonnencreme Kids 25).

ARS MEDICI: Sonnenschutzmittel kön- nen lokale Nebenwirkungen hervor- rufen, wie akute oder chronisch- kumulative irritative Kontaktderma- titiden; ausserdem sind allergische Kontaktdermatitiden als Spättyp-Re- aktion möglich. Wie häufig kommt das vor?

Furrer:Sonnenschutzmittel gehören zu den Kosmetikprodukten mit den höchs- ten Risiken hinsichtlich Allergien oder irri- tativer Reaktionen. Dieser Effekt beruht auf der hohen Konzentration an chemi- schen Filtersubstanzen. Aus der Literatur ist bekannt, welche Filter ein eher höheres Potenzial zur Auslösung einer allergischen Reaktion aufweisen. Eine optimale Aus- wahl der Filter reduziert das irritative und allergisierende Potenzial. Trotz des eben Gesagten sind die Nebenwirkungen, in Relation zur gebrauchten Menge an

Sonnenschutzprodukten, sehr gering. Das Benefit/Risk-Verhältnis zu Gunsten des Sonnenschutzproduktes lässt diesbezüg- lich keine Alternative zu.

ARS MEDICI: Was ist zu tun, wenn es zu unerwünschten Hautreaktionen kommt?

Furrer:Tritt bei einer Verbraucherin oder einem Verbraucher eine Reaktion auf, kann mittels Epikutantest beim Hautarzt eruiert werden, welche Substanz Auslöser der Reaktion ist. Durch das Wechseln des Sonnenschutzmittels kann dann allenfalls die Reaktion vermieden werden.

ARS MEDICI: Welche Sonnenschutz- mittel sind bei Mallorca-Akne oder polymorpher Lichtdermatose (PLD) geeignet?

Furrer: Es existiert Literatur, die zeigt, dass emulgatorfreie und/oder fettfreie Pro- dukte das Risiko von polymorphen Licht- dermatosen und Mallorca-Akne vermin- dern. Bei zu solchen Reaktionen neigenden Personen kann deshalb ein fett- und emul- gatorfreies Gel (Sonnengel 10) oder eine emulgatorfreie/fettarme Milch (All Day 20+

oder All Day 15) abgegeben werden.

ARS MEDICI: Haben alle Sonnenschutz- mittel ein Haltbarkeitsdatum und ist nach Ablauf der Haltbarkeitsfrist noch eine Wirksamkeit vorhanden?

Furrer: Die Angabe des Haltbarkeits- datums ist nach neuer europäischer Ge- setzgebung bei Produkten, welche über 30 Monate haltbar sind, nicht mehr vorge- sehen. Die Kosmetikindustrie deklariert ab März 2005 sämtliche Produkte mit der so- genannten PAO (Period After Opening).

Qualitativ hochstehende ungeöffnete Son- nenschutzprodukte sollen auch nach über drei Jahren noch ihre Wirkung haben. Der Abbau der Filter (bei Verwendung von mo- dernen Filtersubstanzen) ist gering. Trotz- dem scheint eine Haltbarkeit von drei Jahren für den Verbraucher von Sonnenschutz- mitteln empfehlenswert und ausreichend.

Die Fragen stellte Uwe Beise

Interessenlage: Dr. Hans-Jürg Furrer ist Tech- nischer Direktor der Firma Louis Widmer SA.

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Sonnenschutzmittel gehören zu den Kosmetikprodukten mit den höchsten Risiken hinsichtlich Aller-

gien oder irritativer Reaktionen.

Dennoch sind die Nebenwirkungen insgesamt selten.

* COLIPA ist der Dachverband der euro- päischen Kosmetikhersteller

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