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Periphere diabetische Neuropathie: Schmerztherapie und Lebensqualität

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Academic year: 2022

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ARS MEDICI 122017

STUDIE REFERIERT

Nach Angaben des US-amerikanischen Center for Disease Control and Preven- tion entwickelt sich bei 30 bis 50 Pro- zent aller Diabetespatienten eine dia - betische periphere Neuropathie, die neben Taubheitsgefühlen und Paräs- thesien auch häufig mit Schmerzen ver- bunden ist.

Julie Waldfogel vom Johns Hopkins Hospital in Baltimore (USA) und ihre Arbeitsgruppe untersuchten in einem systematischen Review die Wirksam- keit und Sicherheit von Medikamenten zur Behandlung diabetisch bedingter neuropathischer Schmerzen. Ergän-

zend evaluierten sie die Lebensqualität im Zusammenhang mit der medika- mentösen Behandlung.

Im Rahmen ihres Reviews werteten die Forscher einen im Jahr 2014 publizier- ten systematischen Review (57 rando- misierte, kontrollierte Studien) aus. Er- gänzend analysierten sie 24 neuere veröffentlichte und 25 neuere unveröf- fentlichte Studien. Die Beobachtungs- zeiträume aller Studien waren kürzer als 6 Monate.

Antikonvulsiva

Aus der Gruppe der Antikonvulsiva er- wiesen sich Pregabalin und Oxcarbaze- pin (Trileptal®) zur Linderung diabeti- scher neuropathischer Schmerzen als wirksamer im Vergleich zu Plazebo.

Beide Medikamente wiesen eine ge- ringe Effektstärke auf.

Die Antikonvulsiva Gabapentin (Neu- rontin®und Generika), Topiramat (To- pamax®und Generika), Valproinsäure (Depakine®und Generika), Lacosamid (Vimpat®) und Lamotrigin (Lamiktal® und Generika) linderten diese Schmer- zen dagegen nicht wirksamer als Pla- zebo.

Zu Zonisamid (Zonegran®) und Car- bamazepin (Tegretol® und Generika) lag jeweils nur eine Studie vor. Daher konnte die Effektivität dieser Substan- zen nicht beurteilt werden.

Antidepressiva

In einer Netzwerkmetaanalyse (Review von 2014) und in zwei neueren Studien erwies sich die Medikamentenklasse der Serotonin-Norephedrin-Wieder- aufnahmehemmer (SNRI) mit hoher Effektstärke als wirksamer im Ver-

gleich zu Plazebo. In weiteren Studien waren Duloxetin (Cymbalta®und Ge- nerika) und Venlafaxin (Efexor® und Generika) mit hohen Effektstärken ver- bunden.

Die Substanzklasse der trizyklischen Antidepressiva wies eine moderate Ef- fektstärke auf. Imipramin (in der Schweiz seit 2017 nicht mehr im Han- del) zeigte in zwei Studien Wirksam- keit. Die Effektivität der Einzelsubstan- zen Desipramin (in der Schweiz nicht mehr im Handel) und Amitriptylin (Sa- roten®, Limbitrol®) konnte aufgrund unzureichender Evidenz nicht beurteilt werden.

Opioide

Im Review von 2014 wurden Opioide bei diabetischen neuropathischen Schmerzen als unwirksam eingestuft.

Im Rahmen ihres Updates analysierten Waldfogel und ihre Kollegen separat die analgetische Wirksamkeit typischer und atypischer Opioide. Das typische Opioid Oxycodon (z.B. Oxycontin®) zeigte im Hinblick auf die Linderung von diabetischen neuropathischen Schmerzen keine Wirksamkeit. Atypi- sche Opioide mit dualem Wirkmecha- nismus – wie Tramadol (Tramal®und Generika) und Tapentadol (Palexia®) – waren dagegen mit moderater Effekt- stärke wirksam.

Topische Substanzen und weitere Wirkstoffe

Mit topischem Capsaicin (0,075%) wurde bei diabetischen neuropathi- schen Schmerzen keine Schmerzlinde- rung erzielt. Die Effektivität eines Cap- saicin-Schmerzpflasters (Qutenza®, 8%) konnte aufgrund unzureichender Evi- denz nicht beurteilt werden.

Botulinumtoxin (z.B. Botox®) erwies sich in zwei neuen Studien bei mittlerer bis hoher Effektstärke als wirksamer im Vergleich zu Plazebo. Dextrome- thorphan (z.B. Bexin®, Calmerphan®) und Mexiletin (nicht im AK der Schweiz) wurden als nicht wirksam ein- gestuft. Zu den Cannabinoiden Nabi- lon (nicht im AK der Schweiz) und Nabiximols (nicht im AK der Schweiz) lag keine ausreichende Evidenz zur Be- urteilung der Wirksamkeit vor.

Nebenwirkungen

Unter allen wirksamen Medikamenten kam es bei mehr als 9 Prozent der Stu-

Periphere diabetische Neuropathie:

Schmerztherapie und Lebensqualität

In einem systematischen Review erwiesen sich die Serotonin-Norephedrin- Wiederaufnahmehemmer (SNRI) Duloxetin und Venlafaxin sowie die Antikon- vulsiva Pregabalin und Oxcarbazepin bei diabetischen neuropathischen Schmerzen als wirksam. Mit trizyklischen Antidepressiva, atypischen Opio i- den und Botulinumtoxin wurde ebenfalls eine Schmerzlinderung erzielt.

Die Lebensqualität der Patienten konnte aufgrund unzureichender Doku- mentation nicht beurteilt werden.

Neurology

SNRI wie Duloxetin und Venlafaxin sind bei diabetischen neuropathischen Schmerzen mit einer hohen Effekt- stärke verbunden.

Botulinumtoxin weist eine moderate bis hohe Effektstärke auf.

Trizyklische Antidepressiva wie Imipra- min und atypische Opioide wie Trama- dol und Tapentadol sind mit moderater Effektstärke wirksam.

Die Antikonvulsiva Pregabalin und Oxcarbazepin weisen bei diabetischen neuropathischen Schmerzen eine geringe Effektstärke auf.

Als unwirksam erwiesen sich Gabapen- tin, Topiramat, Valproinsäure, Lacos - amid und Lamotrigin sowie Oxycodon, topisches Capsaicin (0,075%), Dextro- methorphan und Mexiletin.

MERKSÄTZE

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dienteilnehmer zu Behandlungsabbrü- chen aufgrund unerwünschter Wirkun- gen. Unter SNRI und Antikonvulsiva wurden am häufigsten Schwindel, Übelkeit und Schläfrigkeit beobachtet.

Bei einer Behandlung mit trizyklischen Antidepressiva litten die Patienten vor allem an Mundtrockenheit, Schläfrig- keit und Insomnie. Bei atypischen Opioiden traten Obstipation, Übelkeit und Schläfrigkeit als häufigste uner- wünschte Wirkungen auf.

Diskussion

In 32 Studien wurde die Lebensqualität der Patienten evaluiert. Die Ergebnisse wurden jedoch unzureichend doku- mentiert, sodass keine Schlussfolgerun- gen bezüglich der Veränderungen im Zusammenhang mit der medikamentö- sen Behandlung möglich waren.

Des Weiteren bemängeln Waldfogel und Kollegen, dass langfristige Wir- kungen und Toxizitäten aufgrund der kurzen Beobachtungszeiten nicht un- tersucht werden konnten. Dies ist ihrer Ansicht nach vor allem im Zusammen- hang mit atypischen Opioiden von Be- deutung. Diese haben sich zwar in den Kurzzeitstudien als wirksam erwiesen.

In Richtlinien wird jedoch wegen man- gelnder Evidenz zur langfristigen Wirk- samkeit und aufgrund des hohen Miss- brauchsrisikos von einer dauerhaften

Anwendung abgeraten.

Petra Stölting

Quelle: Waldfogel JM et al.: Pharmacotherapy for diabe- tic peripheral neuropathy pain and quality of life: a syste- matic review. Neurology 2017, Mar 24, pii: 10.1212/WNL.

0000000000003882; doi: 10.1212/WNL.0000000000003882.

Interessenlage: Die Autoren der referierten Studie er- klären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

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