Darstellungssatz von Riesz in vollst¨ andig regul¨ aren R¨ aumen
Carina P¨oll 0726726
Wintersemester 2012
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
2 Definitionen und Resultate aus der Topologie 1
3 Der Darstellungssatz von Riesz in vollst¨andig regul¨aren R¨aumen 2
4 Literatur 10
1 Einleitung
Ziel ist es den Darstellungssatz von Riesz f¨ur vollst¨andig regul¨are R¨aume zu formulieren und zu beweisen. Die aus der Analysis 3 Vorlesung bekannte Version des Darstellungs- satzes von Riesz gilt f¨ur lokal-kompakte Hausdorff-R¨aume. Es seienX ein topologischer Raum, K das System der kompakten Mengen und B=B(X) die σ-Algebra der Borel- Mengen von X.
Darstellungssatz von Riesz. Es seien X ein lokal-kompakter Hausdorff-Raum und I: Cc(X)→K eine positive Linearform. Dann esistiert genau ein Radon-Maß µ: B→ [0,∞], so dass
I(f) = Z
X
f dµ, und das Maß µ erf¨ullt
µ(K) = inf{I(f) :f ∈Cc(X), f ≥χK} f¨ur alle K ∈K, µ(A) = sup{µ(K) :K ⊂A, K ∈K} f¨ur alle A ∈B.
2 Definitionen und Resultate aus der Topologie
Zun¨achst werden wichtige Begriffe definiert, die f¨ur den Darstellungssatz von Riesz sp¨ater verwendet werden. Zur Erinnerung einige Definitionen aus der Analysis 2.
Definition 2.1. SeiXeine nichtleere Menge undT ⊂ P(X) ein System von Teilmengen von X. Erf¨ullt T die folgenden Eigenschaften
1. ∅ ∈ T,X ∈ T.
2. F¨urO1, O2 ∈ T gilt O1∩O2 ∈ T.
3. IstI eine Indexmenge und Oi ∈ T, i∈I, so folgt ∪i∈IOi ∈ T
so heißtT eine Topologie aufX. Die Elemente vonT heißen offene Mengen und (X,T) heißt topologischer Raum.
Definition 2.2. Sei (X,T) ein topologischer Raum und x ∈ X. Eine Menge U ⊆ X heißt Umgebung von x, wenn es eine offene Menge O ∈ T gibt mit x ∈ O ⊆ U. Der Umgebungsfilter von x wird mit U(x) bezeichnet und ist die Menge aller Umgebungen von x.
Definition 2.3. Ein topologischer Raum (X,T) heißt T2-Raum oderHausdorff-Raum, wenn es zu je zwei Punkten x, y ∈ X mit x 6= y, disjunkte offene Mengen Ox und Oy
gibt, sodassx∈Ox, y ∈Oy.
Definition 2.4. Sei (X,T) ein topologischer Raum. Eine Menge A ⊆ X heißt abge- schlossen, wenn Ac offen ist.
Definition 2.5. Ein System {Ui: i ∈ I} offener Teilmengen von X heißt eine offene Uberdeckung¨ von A ⊂ X, falls A ⊂ S
i∈IUi. Eine Teilmenge J der Indexmenge I heißt eine Teil¨uberdeckung, fallsS
i∈JUi eine ¨Uberdeckung vonA ist.
Definition 2.6. Eine TeilmengeK eines topologischen Raumes X heißtkompakt, wenn jede offene ¨Uberdeckung eine endliche Teil¨uberdeckung besitzt.
Satz 2.7. Jede kompakte Teilmenge eines Hausdorff-Raums ist abgeschlossen.
Satz 2.8. In einem Hausdorff-Raum lassen sich zwei disjunkte kompakte Mengen A, B trennen. Das heißt es gibt disjunkte offene MengenOAundOB, sodassA⊂OA, B ⊂OB. Definition 2.9. Ein topologischer Raum (X,T) heißtregul¨ar, wenn sich abgeschlossene MengenA und einpunktige Mengen{x}mit x /∈A trennen lassen, das heißt es existiert Ox, OA∈ T :A ⊂OA, x∈Ox, Ox∩OA=∅.
Definition 2.10. Es sei (X,T) ein topologischer Raum. X heißt vollst¨andig regul¨ar, wenn es zu jedem a ∈ X und jeder abgeschlossenen Menge F ⊂ X mit a /∈ F eine stetige Funktionf: X →[0,1] gibt mit f(a) = 0 und f|F ≡1.
Satz 2.11. Jeder vollst¨andig regul¨are Raum ist regul¨ar.
Definition 2.12. Ein topologischer Raum (X,T) heißt normal, wenn sich abgeschlos- sene Mengen A, B trennen lassen, das heißt es existiert OA, OB ∈ T : A ⊂ OA, B ⊂ OB, OB∩OA =∅.
Definition 2.13. X heißt lokal-kompakt, wenn jedes a∈ X eine kompakte Umgebung hat.
Satz 2.14. Jeder normale Hausdorff-Raum ist vollst¨andig regul¨ar.
Satz 2.15. Jeder lokal-kompakte Hausdorff-Raum ist vollst¨andig regul¨ar.
3 Der Darstellungssatz von Riesz in vollst¨ andig regul¨ aren R¨ aumen
F¨ur den ganzen Abschnitt gelten folgende Bezeichnungen:
Es seienX ein topologischer Raum,K,Odas System der kompakten bzw. offenen Men- gen undB=B(X) die σ-Algebra der Borel-Mengen vonX, also die kleinsteσ-Algebra, die Oenth¨alt. Ferner seienC(X) der Raum der stetigen Funktionen f: X→K, Cb(X) der Raum der beschr¨ankten Funktionen aus C(X) und C+(X) bzw. Cb+(X) die Menge
der nicht-negativen Elemente von C(X) bzw. Cb(X). Im Folgenden bezeichnet K den Skalark¨orper und χA ist die Indikatorfunktion auf A.
Zun¨achst werden einige Eigenschaften von Maßen definiert.
Definition 3.1. Es seienA⊃B eine σ-Algebra undµ: A→[0,∞] ein Maß.
(a) µheißtlokal endlich, wenn zu jedemx∈X eine offene UmgebungU von xexistiert mit µ(U)<∞. Ein lokal endliches Maßµ: B→[0,∞] heißt ein Borel-Maß.
(b) Eine MengeA∈A heißt von innen regul¨ar, falls
µ(A) = sup{µ(K) :K ⊂A, K ∈K},
und µheißt von innen regul¨ar, wenn alle A∈A von innen regul¨ar sind.
(c) Eine MengeA∈A heißt von außen regul¨ar, falls
µ(A) = inf{µ(U) : U ⊃A, U ∈O},
und µheißt von außen regul¨ar, wenn alle A∈A von außen regul¨ar sind.
(d) Eine MengeA∈Aheißtregul¨ar, wenn sie von innen und außen regul¨ar ist. Sind alle A∈A regul¨ar, so nennt man µregul¨ar.
(e) Ein von innen regul¨ares Borel-Maß heißt ein Radon-Maß.
Es gilt als Folgerung der Definition 3.1:
Lemma 3.2. Es seien A⊃B eine σ-Algebra und µ: A→[0,∞] ein Maß.
(a) Ist µ lokal-endlich, so hat jedes K ∈ K eine offene Umgebung U mit µ(U) < ∞.
Insbesondere ist µ(K)<∞ f¨ur alle K ∈K.
(b) Jedes endliche Radon-Maß ist regul¨ar.
(c) Ist µ ein Radon-Maß, so ist jedes K ∈K von außen regul¨ar.
Beweis. (a) Ist K ∈ K, so hat jedes x ∈ K eine offene Umgebung Ux mit µ(Ux) <∞, daµlokal-endlich ist. Da K kompakt ist, wird K von endlich vielen Ux ¨uberdeckt, also
µ(K)≤µ [
i∈I
Uxi
!
≤X
i∈I
µ(Uxi)<∞, mit xi ∈K f¨ur alle i∈I und |I| ist endlich.
(b) Sei A ∈ B. Da µ ein Radon-Maß ist, ist Ac von innen regul¨ar, das heißt, f¨ur alle
ε >0 existiert eine kompakte Menge K ⊂Ac mit µ(Ac)−µ(K)≤ ε. Nun ist µ(Ac) = µ(X)−µ(A), also gilt µ(X\K)−µ(A)≤ε und X\K ist eine offene Umgebung vonA.
Also ist A von außen regul¨ar. Damit ist jedesA ∈B regul¨ar.
(c) Wegen (a) gilt, dass K eine offene Umgebung U mit µ(U) < ∞ besitzt. Da µ von innen regul¨ar ist, existiert zu ε > 0 eine kompakte Menge L ⊂ U\K mit µ(L) ≥ µ(U\K)−ε. Nun ist V :=U\L eine offene Umgebung von K mit
µ(V) = µ(U)−µ(L)≤µ(U)−µ(U\K) +ε =µ(K) +ε.
Somit gilt µ(K) = inf{µ(V) : V ⊃K, V ∈O}, was zu zeigen war.
Folgendes Lemma wird sp¨ater in Beweisen n¨utzlich sein.
Lemma 3.3. Es seien X ein vollst¨andig regul¨arer Hausdorff-Raum, K ⊂ X kompakt und U eine offene Umgebung von K. Dann existiert eine stetige Funtkion ϕ: X →[0,1]
mitϕ|K = 1, ϕ|Uc = 0.
Beweis. Da X vollst¨andig regul¨ar ist, existiert zu jedem x ∈ K ein stetiges ϕx: X → [0,1] mit ϕx(x) = 1, ϕx|Uc = 0 (da U eine offene Umgebung von K ist, kann dasselbe U f¨ur alle x ∈ K verwendet werden). Die Mengen Vx := {x ∈ X: ϕx > 12} bilden eine offene ¨Uberdeckung von K. Da K kompakt ist, existieren endlich viele x1, . . . , xn ∈ K so dassVx1, . . . , Vxn bereits ganzK ¨uberdecken. Die Funtkionψ := max(2ϕx1, . . . ,2ϕxn) ist stetig auf X mit ψ|K >1,ψ|Uc = 0. Daher leistetϕ:= min(ψ,1) das Verlangte.
Bemerkung: ϕist beschr¨ankt.
Definition 3.4. Eine Linearform I: Cb(X) → K ist positiv, wenn I(f) ≥ 0 f¨ur alle f ∈Cb+(X).
Fragestellung: Ist eine positive Linearformen I: Cb(X) → K durch ein Radon-Maß darstellbar?
Gesucht wird also ein Radon-Maßµ, das I darstellt gem¨aß I(f) =
Z
X
f dµ, f ∈Cb(X). (1)
Lemma 3.5. Angenommen es existiert ein Radon-Maß µ, das (1) erf¨ullt, so ist dieses eindeutig.
Beweis. Zu zeigen: Unter der Voraussetzung der Darstellbarkeit von I existiert nur ein darstellendes Radon-Maß µ. Es sei µ ein Radon-Maß auf B mit (1). Es wird µ(K) = inf{I(f) : f ∈Cb(X), f ≥χK}f¨ur alleK ∈Kbewiesen um die Eindeutigkeit zu zeigen.
Da f¨ur jedes K ∈ K und f ∈ Cb(X) mit f ≥ χK offenbar I(f) ≥ µ(K) ist, gilt µ(K) ≤ inf{I(f) : f ∈ Cc(X), f ≥ χK}. Es bleibt
”≥“ zu zeigen. Dazu seien K ∈ K,
ε >0. Nach Lemma 3.2(c) gibt es eine offene UmgebungU vonK mitµ(U)≤µ(K)+ε, und nach Lemma 3.3 existiert einf ∈Cb(X) mit χK ≤f ≤χU. Nun folgt:
I(f) = Z
X
f dµ≤ Z
X
χUdµ=µ(U)≤µ(K) +ε,
und daε >0 und f ∈Cb(X) beliebig war, folgt µ(K)≥inf{I(f) : f ∈Cc(X), f ≥χK}.
Also ist µ(K) = inf{I(f) :f ∈Cb(X), f ≥χK} f¨ur alle K ∈K bewiesen.
Somit istµ auf K eindeutig bestimmt und, da alle A ∈B von innen regul¨ar sind, ist µ eindeutig.
Es bleibt die Frage der Existenz eines Radon-Maßesµf¨ur die gegebene LinearformI zu diskutieren. Dazu wird der Ansatz
µ0(K) := inf{I(f) : f ∈Cb(X), f ≥χK} f¨ur alle K ∈K (2) verwendet.
Es folgen einige grundlegende Eigenschaften vonµ0:
Lemma 3.6. Es seienX ein vollst¨andig regul¨arer Hausdorff-Raum,I:Cb(X)→Keine positive Linearform, und µ0 sei gem¨aß (2) definiert. Dann gilt:
(K.1) 0≤µ0(K)≤µ0(L)<∞ f¨ur alle K, L ∈K mit K ⊂L.
(K.2) µ0(K∪L)≤µ0(K) +µ0(L) f¨ur alle K, L∈K.
(K.3) µ0(K∪L) = µ0(K) +µ0(L) f¨ur alle K, L∈K mit K∩L=∅.
(KO) Zu jedem K ∈K und ε > 0 existiert eine offene Umgebung U von K so dass f¨ur alle kompakten L⊂U gilt:
µ0(L)≤µ0(K) +ε.
Beweis. (K.1) Zun¨achst gilt, dass aufgrund der Positivit¨at von I auch µ0 ≥ 0 ist. Die Endlichkeit folgt, da I nach K abbildet. Nach Lemma 3.3 existiert ein f ∈ Cb(X) mit f ≥χL. Genauso gilt es existiert ein g ∈Cb(X) mitg ≥χK. Da f¨ur alle h∈Cb(X), die h ≥ χL erf¨ullen, auch h ≥ χK gilt, ist inf{I(h) : h ∈ Cb(X), h ≥ χK} ≤ inf{I(h) : h ∈ Cb(X), h≥χL} und die Behauptung folgt.
(K.2) Sindf,g ∈Cb(X),f ≥χL,g ≥χK, so istf+g ∈Cb(X) und f+g ≥χL+χK ≥ χK∪L, also
µ0(K∪L)≤I(f +g) =I(f) +I(g),
wobei das Ungleichheitszeichen wegen der Definition von µ0 gilt und die Gleichheit, da I linear ist. Da die Ungleichung f¨ur alle f, g gilt, ist sie auch f¨ur das Infimum g¨ultig,
woraus die Behauptung folgt.
(K.3) Wegen (K.2) ist nur noch
”≥“ zu zeigen. Dazu sei h ∈ Cb(X) mit h ≥ χK∪L. Offenbar ist U := Lc eine offene Umgebung von K, und nach Lemma 3.3 existiert ein stetiges ϕ: X → [0,1] mit ϕ|K = 1, ϕ|Uc =ϕ|L = 0. Nun liegen f := hϕ (also f(x) :=
h(x)·ϕ(x), wobei · die Multiplikation in K ist), g :=h(1−ϕ) (alsog(x) =h(x)·(1− ϕ(x)) in Cb(X), f ≥χK, g ≥χL, f+g =h, und es folgt:
I(h) = I(f) +I(g)≥µ0(K) +µ0(L).
Da die Ungleichung f¨ur beliebige h ∈ Cb(X) mit h ≥ χK∪L gilt, ist sie auch f¨ur das Infimum g¨ultig und es folgt µ0(K∪L)≥µ0(K) +µ0(L).
(KO)Laut Definition vonµ0 existiert zu jedemK ∈Kund zu jedemδ >0 einf ∈Cb(X) mit f ≥χK und I(f) ≤µ0(K) +δ. Offenbar ist U :={x∈X: f(x)> 1+δ1 } eine offene Umgebung vonK. F¨ur jedes kompakte L⊂U ist (1 +δ)f ≥χL und daher
µ0(L)≤I((1 +δ)f) = (1 +δ)I(f)≤(1 +δ)(µ0(K) +δ) =µ0(K) +δ(µ0(K) +δ+ 1).
Durch Wahl von δ so klein, dass δ(µ0(K) +δ+ 1)< ε gilt, folgt die Behauptung.
Folgendes Lemma besagt, dass µ0 eine Straffheitsbedingung erf¨ullt:
Lemma 3.7. Es seienX ein Hausdorff-Raum und µ0: K→[0,∞)eine Mengenfunktion mit den Eigenschaften (K.1)-(K.3), (KO) aus Lemma 3.6. Dann gen¨ugt µ0 folgender Straffheitsbedingung:
(S) F¨ur alle K, L∈K mit K ⊂L ist
µ0(L)−µ0(K) = sup{µ0(C) : C⊂L\K, C ∈K}.
Beweis. F¨ur alle kompakten Mengen C ⊂ L\K ist K ∪ C ⊂ L, K ∩ C = ∅, also µ0(K) +µ0(C) = µ0(K∪C)≤µ0(L), nach(K.3) und(K.1). Somit istµ0(L)−µ0(K)≥ µ0(C) f¨ur alle kompakten C, also gilt die Ungleichung auch f¨ur das Supremum. Daher braucht f¨ur (S) nur noch
”≤“ bewiesen zu werden.
Dazu sei ε >0. Wegen (KO) existiert eine offene UmgebungU von K, so dass
µ0(H)≤µ0(K) +ε f¨ur alle H⊂U, H ∈K. (3) Nun ist L⊂Kc∪U, wobeiKc,U offen sind.
Zun¨achst wird gezeigt, dass kompakte Mengen C ⊂ Kc, D ⊂ U existieren, so dass C∪D=L.
Die MengenL\Kc=K undL\U sind disjunkte kompakte Mengen im Hausdorff-Raum, haben also disjunkte offene UmgebungenV, W:
K ⊂V, L\U ⊂W, V ∩W =∅.
Nun sindC :=L\V,D:=L\W kompakt,C ⊂L\K ⊂Kc,D⊂U, C∪D= (L\V)∪(L\W) = L\(V ∩W) = L, also leisten C, D das Verlangte.
Mit den MengenC,Dvon vorher ist nunµ0(L) = µ0(C∪D)≤µ0(C) +µ0(D) aufgrund von (K.2). Also folgt
sup{µ0( ˆC) : ˆC ⊂L\K, Cˆ ∈K} ≥µ0(C)≥µ0(L)−µ0(D)≥µ0(L)−µ0(K)−ε, daD Ungleichung (3) erf¨ullt. Da ε beliebig war, gilt die Ungleichung
”≤“ in (S).
Satz 3.8. Fortsetzungssatz. Es seien X ein Hausdorff-Raum und µ0: K → [0,∞) eine Mengenfunktion mit der Eigenschaft (S). Dann gestattetµ0 genau eine Fortsetzung zu einem von innen regul¨aren Maß µ: B→[0,∞], und zwar gilt f¨ur alle A ∈B
µ(A) = sup{µ0(K) : K ⊂A, K ∈K} (4) Beweis. In 1., Seite 332.
Mit diesem Satz folgt: µ0 l¨asst sich zu einem von innen regul¨aren Maß µ: B → [0,∞]
fortsetzen und
µ(A) = sup{µ0(K) : K ⊂A, K ∈K} f¨ur alle A∈B. (5) Dieses Maß µ ist endlich, denn f¨ur jedes K ∈ K ist µ0(K) ≤ I(χX). Also ist nach (5) µ(X)≤I(χX)<∞, da I nach K abbildet.
Zusammenfassung der bisherigen Resultate: Zu jeder positiven LinearformI: Cb(X)→ Kexistiert gem¨aß (2), (5) ein endliches Radon-Maß µ: B→[0,∞).
In Satz 3.10 wird gezeigt, dass unter geeigneten Zusatzbedingungen dieses Maß µ die LinearformI im Sinn von (1) darstellt.
Lemma 3.9. Es seien X ein vollst¨andig regul¨arer Hausdorff-Raum, I : Cb(X) → K eine positive Linearform und µ das durch (2), (5) definierte endliche Radon-Maß auf B. Dann ist Cb(X)⊂ L1(µ), und es gilt:
Z
X
f dµ ≤I(f) f¨ur alle f ∈Cb+(X) (6) Beweis. Es ist zu zeigen, dass f¨ur alle f ∈ Cb+(X) R
Xf dµ ≤ I(f) gilt. Sei u = Pm
j=1αjχAj, α1, . . . , αm > 0, A1, . . . , Am ∈ B disjunkt, eine nicht-negative Treppen- funtktion mitu≤f. AlleAj,j = 1, . . . , m, haben wegen der Endlichkeit vonµendliches Maß. Zu vorgegebenem 0< ε <min(α1, . . . , αm) existieren daher kompakteKj ⊂Aj mit µ(Aj)−ε≤µ(Kj), aufgrund der Definition von µ. Die disjunkten kompakten Kj haben
disjunkte offene Umgebungen Uj, j = 1, . . . , m, da X ein Hausdorff-Raum ist. Uj kann als Teilmenge der offenen Umgebung {x∈ X: f(x) > αj −ε} von Kj gew¨ahlt werden.
Zu jedemj = 1, . . . , mexistiert wegen Lemma 3.3 ein ϕj ∈Cb(X) mit χKj ≤ϕj ≤χUj. Dann ist
g :=
m
X
j=1
(αj−ε)ϕj ∈Cb+(X), und g ≤f (aufgrund der Konstruktion).
Da I monoton ist, gilt
I(f)≥I(g) =
m
X
j=1
(αj−ε)I(ϕj)≥
m
X
j=1
(αj−ε)µ(Kj)≥
≥
m
X
j=1
(αj −ε)(µ(Aj)−ε) = Z
X
u dµ−ε
m
X
j=1
(αj+µ(Aj)−ε).
Da die Ungleichung f¨ur alle ε > 0 g¨ultig ist, folgt R
X u dµ≤I(f) f¨ur alle Treppenfunk- tionen u ≤f. Also gilt es auch f¨ur eine Folge von Treppenfunkionen un → f, n → ∞, womit R
Xf dµ ≤I(f). Somit ist die Behauptung gezeigt.
Es gilt also f¨ur alle f ∈ Cb+(X), dass R
Xf dµ < ∞, das heißt Cb+(X)⊂ L1(µ). Da f in L1(µ) liegt genau dann, wenn R
X|f|dµ <∞ ist, gilt Cb(X)⊂ L1(µ).
Satz 3.10. Darstellungssatz von Riesz f¨ur Cb(X). Es seien X ein vollst¨andig regul¨arerer Hausdorff-Raum, I : Cb(X) →K eine positive Linearform und µ das durch (2), (5) definierte endliche Radon-Maß. Dann istCb(X)⊂ L1(µ), und folgende Aussagen sind ¨aquivalent:
(a) I wird durch µ dargestellt gem¨aß I(f) =
Z
X
f dµ f¨ur alle f ∈Cb(X). (7) (b) µ(X) = I(χX).
(c) Zu jedem ε > 0 existiert ein K ∈ K, so dass I(f) < ε f¨ur alle f ∈ Cb(X) mit 0≤f ≤1, f|K = 0.
Ist eine dieser Bedingungen erf¨ullt, so ist µ das eindeutige Radon-Maß auf B mit (7).
Beweis. (a) ⇒ (b): Setze f =χX in (7).
(b) ⇒ (a): Es gen¨ugt (7) f¨ur 0 ≤ f ≤ 1 zu zeigen, da wenn f(X) ⊆ [a, b] durch f(x) =˜ f(x)−ab−a der Bildbereich von ˜f im Intervall [0,1] enthalten ist. Nach Lemma 3.9 ist Cb(X)⊂ L1(µ), und es gilt (6). F¨ur die andere Richtung wendet man (6) aufχX −f ∈ Cb+(X) an und erh¨alt
µ(X)− Z
X
f dµ= Z
X
(χX −f)dµ≤I(χX −f) =I(χX)−I(f).
Aufgrund von (b) folgtI(f)≤R
Xf dµ, und somit folgt (a).
(b) ⇒ (c): Sei ε > 0. Aufgrund der Definition von µ gibt es ein K ∈ K mit µ(K) >
µ(X)−ε. F¨urf ∈Cb(X), 0≤f ≤1,f|K = 0, gilt gem¨aß(b)µ(X)−I(f) =I(χX−f)≥ µ(K) > µ(X)−ε, wobei das erste Ungleichheitszeichen aufgrund der Definition von µ gilt, also I(f)< ε.
(c) ⇒ (b): Nach (6) ist µ(X) ≤I(χX), so dass nur noch
”≥“ zu zeigen ist. Dazu seien ε >0 und K ∈K zuε gem¨aß (c) bestimmt. Sei nung ∈Cb+(X), 0≤g ≤1,g|K = 1, so dass I(g)≤µ(K) +ε. Dann ist nach (c)
I(χX) = I(g) +I(χX −g)≤µ(K) + 2ε≤µ(X) + 2ε.
Da ε >0 beliebig war, folgt die Behauptung.
Eindeutigkeit: siehe Lemma 3.5.
Satz 3.10 gilt sinngem¨aß auch f¨ur Linearformen I auf ganz C(X). Diese Aussage ist Thema von Satz 3.12
Lemma 3.11. Sind X ein vollst¨andig regul¨arer Hausdorff-Raum, I: C(X) → K eine positive Linearform, f ∈ C+(X) und fn := min(n, f) f¨ur alle n ∈ N, so gibt es ein n0 ∈ N, so dass I(f) =I(fn) f¨ur alle n ≥ n0. Sind insesondere I, J: C(X) → K zwei positive Linearformen, die auf Cb(X) ¨ubereinstimmen, so ist I =J.
Beweis. F¨ur jede Wahl reeller λn > 0 gilt g := P∞
n=1λn(f −fn) ∈ C+(X). g existiert da die Reihe lokal endlich ist (da f¨ur alle x ∈X ein M ∈N existiert, sodass f(x)≤M in einer Umgebung von x ⇒ f −fn = 0 in der Umgebung von x f¨ur alle n ≥ M). Aus PN
n=1λn(f −fn) ≤ g folgt PN
n=1λn(I(f)−I(fn)) ≤ I(g) f¨ur alle N ∈ N (und es gilt I(f)−I(fn)≥0 f¨ur alle n ∈N), deshalb konvergiert die Reihe P∞
n=1λn(I(f)−I(fn)).
Insbesondere gilt λn(I(f)−I(fn)) → 0 f¨ur n → ∞. Da λn beliebig war, existiert ein n0 ∈N mit I(f) =I(fn) f¨ur alle n≥n0.
Die zweite Behauptung folgt, da I(h) = I(hn) = J(hn) = J(h), h ∈ C(X), hn ∈ Cb(X).
Bemerkung: fn ist beschr¨ankt f¨ur allen ∈N.
Satz 3.12. Darstellungssatz von Riesz f¨ur C(X). Ist X ein vollst¨andig regul¨arer Hausdorff-Raum, so gilt der Darstellungssatz 3.10 entsprechend f¨ur positive Linearfor- men I: C(X)→K, wenn man ¨uberall Cb(X) durch C(X) ersetzt.
Beweis. Zur Einschr¨ankung I|Cb(X) geh¨ort ein endliches Radon-Maß µ gem¨aß (2), (5) und nach Lemma 3.9 gilt (6). Es gilt sogar
Z
X
f dµ≤I(f) f¨ur allef ∈C+(X).
Dazu seienf ∈C+(X), n0 ∈N wie in Lemma 3.11 undfn := min(n, f). Es gilt Z
X
fndµ≤I(fn) = I(f) f¨ur alle n≥n0.
Da fn eine monoton steigende Folge von Funktionen ist, die gegen f konvergiert, gilt mit dem Satz der monotonen Konvergenz
Z
X
f dµ= lim
n→∞
Z
X
fndµ≤I(f).
Insbesondere folgt C(X)⊂ L1(µ). Zum Beweis ist noch zu zeigen, dass aus (7) I(f) =
Z
X
f dµ, f ∈C(X)
folgt. Dazu wird f zuerst in den Positvteilf+ := max{f,0} und den Negativteilf− :=
max{−f,0} zerlegt. Es gilt f =f+−f− und insbesondere I(f) = I(f+)−I(f−). Da f+ und f− inC+(X) liegen kann Lemma 3.11 angewendet werden und es gilt
I(f+) = I(fn+) = Z
X
fn+dµ= Z
X
f+dµ f¨ur alle n≥max{n+0, m+}
wobein+0 wie in Lemma 3.11 f¨urf+ gew¨ahlt wird und aufgrund der monotonen Konver- genz f¨ur jedes ε >0 einm+ existiert, sodass
R
Xf+dµ−R
Xfn+dµ
< εf¨ur allen ≥m+. Analog existierenn−0 und m−, sodass
I(f−) =I(fn−) = Z
X
fn−dµ= Z
X
f−dµf¨ur allen ≥max{n−0, m−}.
Daraus folgt
I(f) = I(f+)−I(f−) = Z
X
f+dµ− Z
X
f−dµ= Z
X
f dµ.
Eindeutigkeit folgt, da wennJ(f) :=R
Xf dµ,f ∈C(X) eine weitere Linearform ist, gilt aufgrund der Eindeutigkeit aufCb(X) aus Satz 3.10I =J auf Cb(X). Mit Lemma 3.11 folgt nun I =J aufC(X).
4 Literatur
1. Elstrodt, J¨urgen. Maß-und Integrationstheorie. 2010. Springer.
2. Kaltenb¨ack, Michael. Analysis 2 (Vorlesungsskriptum).
3. Kaltenb¨ack, Michael. Analysis 3 (Vorlesungsskriptum).