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Einige Folgerungen aus den Ergebnissen der EmA-Pr¨ ufungen zum WS 2013/14

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Einige Folgerungen aus den Ergebnissen der EmA-Pr¨ ufungen zum WS 2013/14

Michael Grosser

Im Folgenden zeige ich einige typische Probleme im Zusammenhang mit dem Stand der Kenntnisse und F¨ahigkeiten der KandidatInnen auf, wie sie aus den Ergebnissen der Pr¨ufungen zur Vorlesung

”Einf¨uhrung in das mathematische Arbeiten“ (A. Cap, M. Grosser im WS 2013/14) sichtbar werden.

Ich spreche dabei die folgenden Stoffgebiete an (diese Auswahl ist nicht ersch¨opfend, deckt aber die wichtigsten Bereiche — das heißt, die gravie- rendsten Probleme — ab):

1. Beweise mittels vollst¨andiger Induktion 2. Beweise zum Begriff der Injektivit¨at 3. Pr¨aambeln in Definitionen und S¨atzen 4. Logik und Mengenlehre

5. L¨osung von quadratischen Gleichungen 6. Schnitt von zwei Geraden im R3

7. Umgekehrte Kurvendiskussionen

8. Elementare Rechentechniken (sowohl numerisch als auch hinsichtlich des Hantierens mit Termen und Gleichungen).

Zu jedem dieser Punkte greife ich nur gewisse Aspekte heraus, die mir wichtig scheinen. Meine Hinweise erheben in keinem Sinne Anspruch auf Vollst¨andig- keit.

1. Beweise mittels vollst¨andiger Induktion

Hier geht es bei der Pr¨ufung darum, die eigene Kenntnis des Aufbaus und der Funktion eines Induktionsarguments unter Beweis zu stellen. Das Haupt- gewicht bei der Beurteilung liegt daher darin, ob das grundlegende Schema

A(0) ∧ ∀n ∈N:A(n)⇒A(n+ 1)

⇒ ∀n ∈N:A(n)

des Beweises richtig umgesetzt wird (wenn es die Aufgabe so vorschreibt, muss man eventuell auch mit einer anderen Zahl als 0 beginnen, etwa mit 1).

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Oft (immer bei den EmA-Pr¨ufungen) hat die AussageA(n) die Gestalt einer (n als einzige freie Variable enthaltenden) Gleichung L(n) = R(n).

1a. Schema eines Induktionsbeweises

Konkret in Aufgabe = Satz = Behauptung und den Beweis (als

”L¨osung“

der Aufgabe) aufgeteilt sieht diese Umsetzung schematisch dann wie folgt aus [In kleiner Schrift gesetzte Textteile in eckigen Klammern geh¨orennichtzum Beweis, sie dienen nur hier und jetzt zur Erl¨auterung — der griechische Chor !]:

Aufgabe =Behauptung 1: ∀n∈N:A(n) Beweis:

• Induktionsanfang —Behauptung 2a: A(0)

[Hier ist alsoL(0) =R(0) zu zeigen. Das klappt in den meisten Pr¨ufungsarbeiten auch mehr oder weniger einwandfrei.]

• Induktionsschritt — Behauptung 2b: ∀n∈N:A(n)⇒A(n+ 1) [Hier beweist man unter derVoraussetzung A(n) (*) (f¨ur ein gewisses n∈

N) dieBehauptung 3 A(n+ 1) (d.h.L(n+ 1) =R(n+ 1)), im Idealfall wie folgt:]

L(n+ 1) = . . .

= . . .

= . . . (irgendwo hier wird A(n) verwendet)

= . . .

= . . .

= R(n+ 1).

Beachten Sie bitte, dass esdrei(!)deutig ist, von

”der“ Induktionsbehauptung zu sprechen! Das Buch von Schichl/Steinbauer tut dies zwar1, ich will dies jedoch aus den offensichtlichen Gr¨unden unbedingt vermeiden.

Die drei im obigen Schema spezifizierten Behauptungen leben auf hierar- chisch angeordneten verschiedenen Niveaus, sind also gewissermaßen inein- andergeschachtelt wie eine russische Matrjoschka; in der ¨außersten Puppe (Behauptung 1) sitzen allerdings gleichberechtigt nebeneinander zwei weite- re (Behauptungen 2a und 2b), und innerhalb von Behauptung 2b sitzt dann schließlich Behauptung 3.

1Noch dazu in einer vierten Bedeutung, die von den obigen dreien verschieden ist!

Diese beiden Autoren meinen damit die Induktionsvoraussetzung A(n) (ohne Quantor), also offenbar

die Aussage, die f¨ur allenNdurch Induktion zu beweisen ist“.

(3)

1b. Die wichtigsten Typen von Fehlern

Wir werden im Folgenden die h¨aufigsten und gravierendesten Fehler beim Induktionsschritt besprechen: Zuerst einen Fehler an der Stelle, die oben im Schema mit (*) bezeichnet ist (Fehlertyp 1 — ¨außerlich nur eine minima- le Ver¨anderung, die aber genaugenommen den ganzen Beweis torpediert).

Ahnlich verh¨¨ alt es sich beim Fehlertyp 2: Dieser besteht darin, dass die Behauptung mitten in das Beweisargument hineingemischt wird. Fehlertyp 3 schließlich besteht in der einen oder anderen mangelhaften Herleitung der Gleichung L(n+ 1) =R(n+ 1). Zur Illustration von Typ 3 werden wirzwei falsche Varianten A und B des Induktionsschrittes vorf¨uhren, die jedoch nicht als Beweis anzusehen sind und daher jeweils mit 0 Punkten f¨ur die gesamte Induktionsaufgabe bewertet wurden, sowie zwei korrekte Varian- ten C und D, f¨ur die dievolle Punktezahlvergeben wurde (vorausgesetzt nat¨urlich, dass auch sonst in der Beweisaufgabe keine Fehler gemacht wur- den.

1c. H¨aufigkeit des Auftretens der Fehlertypen

Die folgende Tabelle zeigt, wie h¨aufig die oben angef¨uhrten vier Fehlerarten 1, 2, A:=3A, B:=3B auftreten.

Grundmenge Summe 1 2 A B

Abgegebene Arbeiten 435

Induktion nicht bearbeitet 15

Induktion bearbeitet 420

volle 4 Punkte 164

weniger als 4 Punkte 100%=256

H¨aufigkeit Fehlertyp 93 25 21 20 27

Prozentsatz Fehlertyp 34,8%1 9,8% 8,2% 7,8% 10,5%

1 Da in 4 Arbeiten jeweils 2 der angegebenen Fehler auftreten, wird hier der pro- zentuelle Anteil von 89 [betroffenen Arbeiten] und nicht etwa von 93 an 256 an- gegeben.

Das sieht auf den ersten Blick nicht sehr beeindruckend aus: Nur bei etwa einem Drittel der 256 nicht mit vier Punkten bewerteten L¨osungen/L¨osungs- versuche trifft einen der Fehler 1, 2, A, B (Mit-)Schuld am Misserfolg. Warum daher soviel L¨arm um ausgerechnet diese vier?

Dieser Einwand ¨ubersieht einen ganz wesentlichen Umstand: Bei den rest- lichen 65,2% der 256 nicht vollst¨andigen Bearbeitungen wurden nur solche Fehler gemacht, die den AutorInnen zumindest im Nachhinein ohnehin voll- kommen bewusst sind: Rechenfehler, ¨Ubertragungsfehler, unvollst¨andige Be-

(4)

weisteile, ein mehr oder weniger großes Durcheinander et cetera.

Im Gegensatz dazu werden die Fehlerarten 1, 2, A, B von ihren AutorInnen meistens gar nicht als solche erkannt! Die ¨uberwiegende Mehrzahl der betref- fenden KandidatInnen ist der Ansicht, dass sie ohnehin einen einwandfreien Beweis mittels vollst¨andiger Induktion abgeliefert haben — das haben die zahlreichen Gespr¨ache, die ich im Zuge der Einsichtnahmetermine gef¨uhrt habe, klar gezeigt. Dementsprechend war hinsichtlich der Bewertung dieser Aufgabe die ¨Uberraschung und oft auch die Entt¨auschung am gr¨oßten.

Die Fehlertypen 1, 2, A, B ber¨uhren allerdings direkt den eigentlichen Kern der Mathematik als beweisender Wissenschaft: Was ist ein Beweis? Wie funk- tioniert ein Beweis? Was ist in einem Beweis alles

”erlaubt“, was nicht? In- sofern verdienen diese Fehlerarten ungeachtet ihres Gesamtanteils von

”nur“

34,8% dennoch die Aufmerksamkeit, die ich ihnen hier zukommen lassse.

1d. Die vier Fehlerarten im Einzelnen

Fehlertyp 1. Dieser besteht darin, dass an der mit (*) bezeichneten Stelle des Induktionsschrittes im obigen Beweisschema zum Zweck, die Induktions- voraussetzungA(n) (alsoL(n) =R(n)) deutlich zu machen, etwa geschrieben wird:

”Sei nun L(n) = R(n) f¨ur allen ∈N.“

oder auch

”Es gelte nun L(n) =R(n) f¨ur alle n∈N.“

oder

”Wir nehmen nun an, dass L(n) =R(n) f¨ur alle n∈N gilt.“

Jede dieser drei Formulierungen ist allerdings zu 100 Prozent identisch mit Behauptung 1, also mit dem gesamten Satz, in dessen Beweis wir gerade mit- ten drin stecken! Diese Behautpung 1 wird jedoch an der Stelle (*) gemacht, also in der innersten Schicht Nummer 3 des Beweises. Was dort allein richtig w¨are, ist, L(n) = R(n) f¨ur ein gewisses/bestimmtes n ∈ N anzunehmen. Es ist demnach das kleine Wort

”alle“, das diesen ungeheuren Unterschied in der Sache ausmacht.

Alle drei zitierten S¨atze tun also nicht mehr und nicht weniger, als dass mitten im Beweis gesagt wird:

”Wir nehmen jetzt an, dass der ganze Satz ohnehin schon richtig ist“. Hieraus ist klar, dass damit der gesamte Beweis pulverisiert wird: Man kann einen Satz nicht rechtens mittels sich selbst (als Werkzeug

(5)

mitten im Beweis) zeigen; oder: Wenn man den Satz hier schon als richtig annimmt, kann man auch gleich aufh¨oren zu beweisen, dann ist man ohnehin schon am Ziel. — Ungeachtet dieser fatalen Auswirkungen auf den Beweis aus mathematischer Sicht habe ich auf Fehler vom seben beschriebenen Typ 1 nur mit einem teilweisen Punkteabzug reagiert.

Fehlertyp 2. Behauptung 3im Induktionsschritt wird durch die Gleichung L(n+ 1) = R(n+ 1) repr¨asentiert. Das hier auftretende Gleichheitszeichen bezeichne ich als

”heiß“: Es hat insofern einen grundlegenden anderen Stel- lenwert als die anderen Gleichheitszeichen in den Rechnungen des Indukti- onsschritts, als es die Behauptung darstellt, das heißt, das Endziel, das durch einen korrekten Beweis erreicht — das heißt, schlussendlich als wahr nachge- wiesen — werden soll.

Daher ist klar, dass dieses

”heiße“ Gleichheitszeichen, also dasjenige zwischen L(n+ 1) und R(n+ 1), unter keinen Umst¨anden in der eigentlichen Beweis- rechnung auftreten darf. Denn dann w¨are der Beweis ein Zirkelschluss, man w¨urde A(n+ 1) mit Hilfe von A(n+ 1)

”beweisen“, und das z¨ahlt genau gar nichts.

Die Gleichung L(n+ 1) = R(n+ 1) darf eventuell — muss aber nat¨urlich nicht! — vor dem Beginn des eigentlichen Induktionsschritts in einem aus- dr¨ucklichen Quarant¨anekasten

”Zu zeigen ist: . . . “ vorkommen. Vielleicht tun Sie sich dann leichter, wenn sie ihr Endziel schwarz auf weiß vor sich sehen (allerdings geh¨ort das dann auf jeden Fall zum Part des griechischen Chors und ist nicht Bestandteil des Beweises!).

Nach dieser kurzen

”Zu zeigen ist“-Notiz darf das heiße Gleichheitszeichen selbstverst¨andlich aber auf keinen Fall in der Beweisrechnung auftreten. Sie m¨ussen also Behauptung 3 (das

”Zu zeigen“) und den eigentlichen Beweis absolut und striktest trennen. Ein Originalzitat aus einer Pr¨ufungsarbeit des letzten Termins wird Ihnen die Sache illustrieren. Ich versuche dabei, die Zeilenanordnung in etwa zu kopieren; in Wirklichkeit ist allerdings jede der folgenden Rechnungen auf zwei Seiten aufgeteilt.

Damit Sie alles, was im Folgenden zusammengeh¨ort, auf einmal sehen k¨on- nen, nehmen wir etwas leeren Platz auf dieser Seite in Kauf und leisten uns an dieser Stelle einen Seitenumbruch.

(6)

So nicht — ACHTUNG FALSCH!

I.S.:n7→n+1

n+1

X

j=0

(3j + 1) = (3(n+ 1) + 2)((n+ 1) + 1)

2 = (3n+ 5)(n+ 2)

2

= 3n2+ 6n+ 5n+ 10

2 = 3n2+ 11n+ 10

n+1 2 X

j=0

(3j+ 1) =

n

X

j=0

(3j + 1) + (3(n+ 1) + 1) = (3n+ 2)(n+ 1)

2 + (3n+ 4)

= (3n+ 2)(n+ 1) + 2(3n+ 4)

2 = 3n2+3n+2n+2+6n+8

2 = 3n2+ 11n+ 10

2 .

Versuchen Sie, sich dar¨uber Klarheit zu verschaffen, was in diesen beiden Rechnungen passiert (jetzt sind Sie genau in der Situation einer Korrigieren- den!). Sie sehen, das ist zun¨achst gar nicht so einfach.

Steht da nun ein korrekter Beweis des Induktionsschrittes oder nicht? Rein

¨außerlich f¨allt auf, dass beide Rechnungen mit demselben Term beginnen und mit demselben Term aufh¨oren; eigenartig jedenfalls.

Mit der Information, dass die durch Induktion zu beweisende Gleichung Pn

j=0(3j + 1) = (3n+2)(n+1)

2 lautet, k¨onnen Sie k¨onnen aber leicht das

”hei- ße“ Gleichheitszeichen finden: Es ist das allererste unter den insgesamt 9, da es ganz offenbar zwischen L(n+ 1) und R(n+ 1) steht. Die allererste Summe und das allererste Gleichheitszeichen in den obigen Rech- nungen geh¨oren daher auf alle F¨alle ersatzlos gestrichen, koste was es wolle, da sie die Rechnung als Beweis v¨ollig disqualifizieren!Was ubrig bleibt, stellt dann allerdings erfreulicher Weise einen funktionierenden¨ Beweis des betreffenden Induktionsschrittes dar (vergleichen Sie mit Variante D unter Fehlertyp 3). Die Originalversion war allerdings mit der mathema- tischen

”Tods¨unde“ behaftet, in einer (Beweis-)Rechnung noch zu Zeigendes und bereits Akzeptiertes zu vermischen. Ich habe diesen Fehlertyp nach der 50:50-Methode mit 2 von 4 Punkten bewertet, wenn sonst alles in Ordnung war.

(7)

Fehlertyp 3. Wir pr¨asentieren vier Varianten des Induktionsschrittes (NB:

nicht vierBeweise, denn die ersten beiden davon verdienen diese Bezeichnung nicht).

Variante A. Falsch, 0 Punkte

n+1

X

j=0

j(j+ 1) = 1

3(n+ 1)

(n+ 1) + 1

(n+ 1) + 2

n

X

j=0

j(j+ 1) + (n+ 1)(n+ 2) = 1

3(n+ 1)(n+ 2)(n+ 3) n(n+ 1)(n+ 2)

3 + (n+ 1)(n+ 2) = (n2+ 3n+ 2)(n+ 3) 3

n3+ 3n2+ 2n + 3n2+ 9n+ 6

3 = n3+ 3n2+ 2n+ 3n2+ 9n+ 6 3

n3+ 6n2+ 11n+ 6

3 = n3+ 6n2+ 11n+ 6 3

0 = 0 w.A.

Eventuell wird auch die letzte Zeile 0 = 0 weggelassen und das

”w.A.“ gleich zur vorletzten Zeile geschrieben, aber das macht auch keinen Unterschied.

Die Gr¨unde, warum Variante A keinesfalls als Beweis z¨ahlt, werden in den EmA-Briefen

”Gleichungen qu¨alen“ und

”Torten und Beweise“ auf der In- ternetseite www.mat.univie.ac.at/∼michael/ ausf¨uhrlich dargelegt. Auch das Buch von Schichl/Steinbauer ¨außert sich auf Seite 49 in diesem Sinne.

Der Einwand basiert auf der banalen Tatsache, dass die obige Gleichungs- kette — unter Zugrundelegung der allgemein ¨ublichen Konvention, dass die Richtung des logischen Schlussfolgerns mit der Schreib- und Leserichtung

¨

ubereinstimmt (im vorliegenden Fall also von oben nach unten) — die abso- lut nutzlose Implikation

A(n+ 1) ∧ A(n) ⇒ 0 = 0

beweist anstelle der erw¨unschten und f¨ur das Funktionieren der Induktion lebensnotwendigen Implikation

A(n) ⇒ A(n+ 1).

Die obige Konvention l¨asst sich h¨ochstens tempor¨ar durch explizite Zusatzar- gumente außer Kraft setzen, dass es sich bei jedem Schritt um eine sogenann- te ¨Aquivalenzumformung handelt. Dies steht jedoch in einem Stadium eines Lehrgangs, in dem um das Verst¨andnis des Injektivit¨atsbegriffs selbst noch gerungen wird (siehe Punkt 2 dieses Textes) ¨uberhaupt nicht zur Debatte.

(8)

Variante B. Ebenfalls 0 Punkte

n+1

X

j=0

j(j+ 1) =

n

X

j=0

j(j+ 1) + (n+ 1)(n+ 2)

= n(n+ 1)(n+ 2)

3 + (n+ 1)(n+ 2)

= n3+ 3n2+ 2n + 3n2+ 9n+ 6 3

= n3+ 6n2+ 11n+ 6 3

= n3+ 5n2+ 6n+n2+ 5n+ 6 3

= (n+ 1)(n2+ 5n+ 6) 3

= 1

3(n+ 1)(n+ 2)(n+ 3)

= 1

3(n+ 1)

(n+ 1) + 1

(n+ 1) + 2 .

Hier beziehen sich die Einw¨ande auf die Umformungsschritte 5 bis 8 (von den insgesamt 8), insbesondere auf die Schritte 5 bis 7: Diese sind zwar formell richtig (das sieht man ein, wenn man in umgekehrter Richtung rechnet, also von unten nach oben), das f¨uhrt aber die LeserIn an der Nase herum: Hier wird in keiner Weise vermittelt,wieman auf diese Schritte gekommen ist. Es bleibt v¨ollig offen, ob es Eingebung, ein gigantisches Kopfrechen- und Merk- verm¨ogen oder eventuell sogar die Unterst¨utzung einer hilfreichen KollegIn gewesen ist, die diese Schritte inspiriert hat.

F¨ur die doch strenge Bewertung von Variante B meinerseits sind drei Kriteri- en maßgeblich, die sich durch die folgenden Stichworte kennzeichnen lassen:

Nachvollziehbarkeit/Kommunikation; Verst¨andlichkeit f¨ur Durchschnittsstu- dierende; Unabh¨angigkeit von beg¨unstigenden Angaben und gl¨ucklichen Ein- gebungen. Eine ausf¨uhrlichere Darstellung w¨urde den Rahmen dieser Zusam- menstellung sprengen; andererseits will ich mich nicht vor einer Erkl¨arung dr¨ucken. Daher lagere ich den entsprechenden Textteil in einen Anhang aus.

Die Reparatur einer Rechnung gem¨aß Variante B ist grunds¨atzlich m¨oglich mittels einer Umschreibung auf Variante D, siehe unten.

Die strengere Bewertung der Varianten A und B des Fehlertyps 3 (im Ver- gleich zum nur teilweisen Punkteabzug bei den Fehlertypen 1 und 2) liegt darin begr¨undet, dass man aus den Typen 1 und 2 den Beweis im g¨unsti-

(9)

gen Fall allein durch eine Streichung (des Wortes

”alle“ beziehungsweise des

”heißen“ Gleichheitszeichens und eines Terms) retten kann, bei Typ 3 jedoch ohne einen kompletten Um- und Neuaufbau keine Sanierung m¨oglich ist.

Jetzt kommen wir von den fragw¨urdigen zu den einwandfreien Varianten f¨ur den Induktionsschritt.

Variante C. Richtig, volle Punktezahl:

n+1

X

j=0

j(j+ 1) =

n

X

j=0

j(j+ 1) + (n+ 1)(n+ 2)

= 1

3n(n+ 1)(n+ 2) + (n+ 1)(n+ 2)

= 1

3(n+ 1)(n+ 2)·[n+ 3]

= 1

3(n+ 1)(n+ 2)(n+ 3).

Wenn das Herausheben wie in C zu genialisch erscheint oder nicht gelingt, ist man mit der folgenden (

”straightforward“) Variante auf der sicheren Seite:

Variante D. Richtig, ebenfalls volle Punktezahl:

L.S.:

n+1

X

j=0

j(j+ 1) =

n

X

j=0

j(j+ 1) + (n+ 1)(n+ 2)

= n(n+ 1)(n+ 2)

3 + (n+ 1)(n+ 2)

= n3+ 3n2+ 2n + 3n2+ 9n+ 6 3

= n3+ 6n2+ 11n+ 6

3 ;

R.S.: 1

3(n+ 1)

(n+ 1) + 1

(n+ 1) + 2

= 1

3(n+ 1)(n+ 2)(n+ 3)

= (n2+ 3n+ 2)(n+ 3) 3

= n3 + 3n2+ 2n+ 3n2+ 9n+ 6 3

= n3 + 6n2+ 11n+ 6

3 .

⇒ L.S.=R.S.

(10)

2. Beweise zum Begriff der Injektivit¨at

Beim folgenden Text handelt es sich um den einer einschl¨agigen e-Mail vom 30.3.2014 an alle 435 Pr¨ufungsteilnehmerInnen. Der Bequemlichkeit der Lese- rInnen halber inkludiere ich ihn auch in der vorliegenden Zusammenstellung.

In der Pr¨ufungsarbeit zur Vorlesung vom 27. Februar 2014 geht es im zweiten Teil von Aufgabe (1)(b)/Gruppe A beziehungsweise von (3)(b)/Gruppe B um die Situation X →f Y →g Z. Zu zeigen ist im Rahmen dieser Aufgabe:

(A) g◦f injektiv =⇒ f injektiv.

Der Fehler X (begangen von rund 51% aller KandidatInnen) besteht [nun]

darin, statt dem gew¨unschten Beweis von (A) ohne viel Federlesens den Be- weis der (von (A) absolut verschiedenen) Behauptung

(B) f injektiv und g injektiv =⇒ g◦f injektiv.

abzuliefern2.

Sie sehen sofort, dass zwischen (A) und (B) im wesentlichen die Rollen von Voraussetzung (steht vor dem =⇒) und Behauptung (steht nach dem

=⇒) vertauscht sind (wir wollen im Moment davon absehen, dass in (B) auch die Injektivit¨at vong vorkommt; konzentrieren wir uns auf f und g◦f).

Jetzt k¨onnen Sie auch erkennen, wie ich dazu komme, die

”Verwechslung“

von (A) mit (B) mit der Diagnose zu belegen, dass hier offenbar durcheinan- derkommt, was die Voraussetzung und was die Behauptung ist.

Um Ihnen nun das Nachschlagen in meinem Vorlesungsmanuskript (Propo- sition G 4.3.33A) oder ein Nachsehen in den Aufgabenstellungen der Pro- bepr¨ufung oder der Pr¨ufung vom 27.2.2014 (beide samt L¨osungen auf der EmA-Seite mat.univie.ac.at/∼michael/EmA unter

”Pruefungsaufgaben“ be- ziehungsweise

”Probepruefung 140224“) zu ersparen, schreibe ich Ihnen die beiden Beweise unten explizit hin - den gew¨unschten von (A) und den so h¨aufig f¨alschlich stattdessen gelieferten von (B). Sie k¨onnen dann die Unter- schiede leicht erkennen und sollten sie auch sorgf¨altig f¨ur sich analysieren.

Ich schreibe die Beweise so auf, dass sie m¨oglichst kurz und ¨ubersichtlich sind (jedesmal komme ich mit einem Zweizeiler aus!), jedoch derart, dass ich auf jeden Fall die volle Punktezahl vergeben w¨urde.

Damit Sie die beiden Beweise direkt untereinander sehen und so besser ver- gleichen k¨onnen, leisten wir uns jetzt eine neue Seite.

2(B) war bei den Terminen 1 und 3 gefragt (26.11.2013, 9.2.2014), (A) beim Termin 5 am 27.2.2014! Eine gemeine Falle, nicht wahr?

(11)

Zu Beginn noch einmal die beiden Aussagen, um die es geht:

(A) g◦f injektiv =⇒ f injektiv.

(B) f injektiv und g injektiv =⇒ g◦f injektiv.

Beweis von (A). Seien x1, x2 ∈X mit f(x1) = f(x2) . g anwenden =⇒ g(f(x1)) =g(f(x2)) =⇒ (g◦f)(x1) = (g◦f)(x2) g◦f=⇒inj x1 =x2 .

Beweis von (B). Seien x1, x2 ∈X mit (g◦f)(x1) = (g◦f)(x2) =⇒ g(f(x1)) =g(f(x2)) g=inj⇒ f(x1) = f(x2) f=inj⇒ x1 =x2 .

Vergleichen wir nun die beiden Beweise miteinander. Ohne Zweifel weisen sie Ahnlichkeiten auf, sie sind jedoch in einem gewisssen Sinne (n¨¨ amlich was die Richtung des logischen Schließens betrifft) gerade entgegengesetzt zueinan- der. Machen Sie sich jeden einzelnen Schritt klar.

• Die Behauptungen finden Sie jeweils in den Boxen:

(A) ∀x1, x2 ∈X: f(x1) =f(x2) ⇒x1 =x2 (f inj.) (B) ∀x1, x2 ∈X: (g ◦f)(x1) = (g◦f)(x2) ⇒x1 =x2 (g◦f inj.)

Beachten Sie jedoch, dass die Behauptung jeweils auf zwei Boxen aufgeteilt ist, eine am Beginn und eine am Ende des betreffenden Beweises. Warum das?

Die Behauptungen (

”finj.“ beziehungsweise

”g◦f inj.“) sind in beiden F¨allen Implikationen der Bauartp⇒q. Daher bestehen sie Ihrerseits aus einer

”Sub- Voraussetzung“ p (f(x1) =f(x2) beziehungsweise (g◦f)(x1) = (g◦f)(x2)) und der

”Sub-Behauptung“ q (x1 = x2). Damit ist es aber ganz nat¨urlich, dass die Sub-Voraussetzung p am Beginn des Beweises auftritt (sie soll ja verwendet werden) und die Sub-Behauptung q am Ende: Sie soll sich ja zu guter Letzt duch logisches Schließen ergeben — und so ist es auch.

• Die in den beiden Beweisen verwendeten Voraussetzungen finden Sie jeweils in Kleinschrift ¨uber den Folgerungspfeilen, wo sie tats¨achlich zum Einsatz kommen.

Sie k¨onnen Ihr Verst¨andnis von dem hier Gesagten etwa dadurch ¨uberpr¨ufen, dass Sie sich klar zu machen versuchen, was meine handschriftliche Bemer- kung besagen soll, die ich all denen, die statt des verlangten Beweises (A) den Beweis (B) hingeschrieben haben, zu ihren Folgerungspfeilen g=inj⇒ und f=inj⇒ dazugesetzt habe:

”Das haben wir aber hier gar nicht als Voraussetzungen!“

(12)

3. Pr¨aambeln am Beginn von Definitionen und S¨atzen

Sie kennen sicherlich aus dem Schuluntericht die kleinformatigen gelben Re- clam-Ausgaben der diversesten Theaterst¨ucke. Was findet sich in jedem von diesen auf einer passenden Seite, noch bevor es losgeht mit Erstem Akt, Erste Szene?

Na klar: Das Verzeichnis der handelnden Personen.

Was f¨ur ein Drama oder eine Trag¨odie (oder eine Kom¨odie) recht ist, ist f¨ur einen Satz oder eine Definition nur billig.

Wenn daher beispielsweise zu definieren ist, wann eine Funktion injektiv ge- nannt wird, lautet die voranzusetzende Liste der handelnden mathematischen

”Personen“ (ausf¨uhrlich im g¨angigen mathematischen Fachdeutsch) beispiels- weise:

”Seien X und Y Mengen und f eine Funktion von der MengeX in die Menge Y.“

Jetzt kann es losgehen, da erkl¨art worden ist, was unterX, Y, f zu verstehen ist: ”f heißt injektiv, wenn f¨ur alle x1, x2 ∈ X mit f(x1) = f(x2) folgt:

x1 =x2.“

Gl¨ucklicherweise kann man sich die M¨uhe mit der obigen Vorrede mit Hilfe der mathematischen Fachsprache abk¨urzen, denn man hat die Formelnotati- on f :X →Y zur Verf¨ugung, die genau dasselbe besagt.

Ich habe f¨ur mich f¨ur derartige Vorreden die Bezeichnung

”Pr¨aambel“ ein- gef¨uhrt und rede auch mit meinen Studierenden so davon.

Wenn man also etwa bei einer schriftlichen Pr¨ufung ohne einschl¨agigen Punk- teabzug davonkommen will, muss man allen abgefragten Definitionen, S¨atzen etc. ungefragt die Pr¨aambel voransetzen, falls diese nicht schon vom Pr¨ufer auf dem Aufgabenblatt mitgeliefert worden ist. Die Pr¨aambel ist fixer Be- standteil mathematischer S¨atze, Definitionen etc.

Wir Vortragende, BuchautorInnen und Pr¨uferInnen haben uns gedacht, es ist Ihnen doch sicherlich aufgefallen, dass im Buch und in der Vorlesung diese Pr¨aambeln in der Tat ausnahmslos auftreten, und dass Sie es sicherlich eine vern¨unftige Idee finden, das nachzumachen — weil es ja n¨utzlich daf¨ur ist, die folgenden Aussagen zu verstehen. So ganz hat unsere Idee anscheinend aber nicht funktioniert, oder eine ganz erkleckliche Anzahl von Ihnen wollte ganz bewusst die Mathematik revolutionieren und die alte Sitte des Dazusetzens von Pr¨aambeln abschaffen.

(13)

4. Logik und Mengenlehre

Hier ist auff¨allig, dass etwa in einschl¨agigen Beweisen die (formalen) Sprachen der Logik (Buch/Vorlesung Kapitel 3) und der Mengentheorie (Buch/Vorle- sung Kapitel 4) nicht auseinandergehalten werden und dadurch eine große Vielfalt von im Grunde genommen v¨ollig bedeutungslosen Symbolketten ent- steht, wie etwa (f¨ur Mengen A, B, C, Elemente x und eine geeignete Abbil- dung f)

A∧B

f−1(A)∩f−1(B)⇔. . .

f(x)∈A ∩ f(x)∈B, x∈A \ x∈B x∈A∧(¬B∩ ¬C)

A\(x∈C)

A∪(B∩C)⇔A∨(B∧C)⇔(A∨B)∧(A∨C)⇔(A∪B)∩(A∪C) (die letzteren beiden sind Originalzitate aus Pr¨ufungsarbeiten).

Dies alles sind sinnlose (das heisst von mathematischer Bedeutung v¨ollig freie) Mischformen, bei denen sich Symbole aus zwei Sprachen wild durch- einander abwechseln. Nicht beachtet wurden hier jeweils die einfachen, aber goldenen Regeln:

• Mengenoperatoren wie∩,∪,\d¨urfen ausschließlich zwischenMengen stehen.

• logische Operatoren wie ∧,∨,¬ ⇒,⇔ d¨urfen ausschließlich zwischen (im Falle von ¬: vor) Aussagenstehen.

Bemerkung. Die einzig zul¨assigen ¨Uberg¨ange (

”Ubersetzungen“) von der¨ Mengensprache in die der Logik beziehungsweise umgekehrt sind solche der Bauart

(Mengen, Elemente) A, B, x etc. x∈A, A⊆B etc. (Aussagen)

(Aussage(form)) Φ(x) {x: Φ(x)} (Menge)

(14)

5. L¨osen von quadratischen Gleichungen

Hier geht es mir haupts¨achlich darum, dass man auf quadratische Gleichun- gen, die nicht alle drei Terme (etwa ax2, bx, c) enthalten, eben genau nicht mit einer der beiden bekannten L¨osungsformeln losgeht:

• Quadratische Gleichungen der Gestalt ax2 +bx = 0 (mit a 6= 0) l¨ost man nat¨urlich direkt ¨uber x(ax+b) = 0 und erh¨alt x1 = 0, x2 =−ab.

• Quadratische Gleichungen der Gestalt ax2 +c= 0 (mit a 6= 0) bezie- hungsweisex2 =m (das hin¨ubergebrachte ac — also (−ac) — entspricht dem m) machen es einem besonders leicht: Hier sind die L¨osungen x1,2 =±√

m ¨uberhaupt unmittelbar zur Hand.

In den beiden oben genannten F¨allen braucht man die L¨osungsformeln also nicht, und f¨ur diese einfachen F¨alle sind diese Formeln auch nicht gemacht.

Quadratische Gleichungen des ersten Typs traten im Rahmen der EmA- Pr¨ufungen auf bei Kurvendiskussionen auf, etwa bei der Nullstellenberech- nung von g(x) :=x2−2x, und Gleichungen des zweiten Typs bei komplexen Gleichungen wie etwa z2 = 8−6i.

Andreas Cap hat mir allerdings strikt verboten, f¨ur die Verwendung der all- gemeinen Formeln f¨ur quadratische Gleichungen in F¨allen, wo ihr Einsatz wie oben gar nicht erforderlich w¨are, Punkteabz¨uge vorzunehmen. Mit meinem Einwand:

”Richtig allein gen¨ugt nicht, Mathematik muss auch schon bei den EmA-Pr¨ufungen mit ¨Uberblick und Hausverstand (und Faulheit!) gemacht werden“ bin ich bei ihm anscheinend nicht durchgekommen.

Sie k¨onnten nun vielleicht einwenden, dass es in der Tat geistig sparsamer ist, in jedem Fall, also auch bei den oben genannten beiden vereinfachten Spe- zialf¨allen, eine der Formeln anzuwenden - funktionieren tut es ja jedenfalls, und man erspart sich eine Portion Denken, da man sich in jedem Fall rein reflexartig auf dieselbe, automatisiert antrainierte Strategie st¨utzen kann.

Allein damit h¨atten sie ja recht. Der Haken bei der Sache ist allerdings der, dass die L¨osungsformeln komplizierter gebaut sind als die beiden oben an- gegebenen Direktstrategien. Wir erhalten in den beiden in Rede stehenden F¨allen n¨amlich

x1,2 = −b±√

b2−4·a·0 2a

beziehungsweise

x1,2 = −0±√

02−4·a·c

2a .

Da man Rechenfehler diversester Art ja nie geplant oder absichtlich macht, ist ihre Anzahl (abh¨angig von Tagesverfassung, Stress etc.) in etwa proportional

(15)

der Anzahl der Rechenschritte, der L¨ange der auftretenden Formeln sowie — ganz wesentlich! — proportional der Anzahl der auftretenden Vorzeichen. Die am h¨aufigsten auftretende Klasse von Rechenfehlern sind Vorzeichenfehler, und die beiden Minus in den obigen Formeln haben nicht Wenige von Ihnen entscheidende Punkte gekostet..

Ber¨ucksichtigt man dann noch, dass Rechenfehler bei den rechnerischen Auf- gaben in Summe zu den gr¨oßten Punktekillern geh¨oren (sie f¨uhren meist zu großen oder

”unsch¨onen“ Zahlenwerten, die von uns Pr¨ufern nie angepeilt waren, und damit in weiterer Folge h¨aufig sogar zum Aufgeben bei der be- treffenden Aufgabe), sieht der vermeintliche Vorteil der Strategie, immer mit dem doch komplizierteren Universalinstrument draufzuhauen, schon nicht mehr so attraktiv aus.

Im Endeffekt rechnen Sie ja bei einer Pr¨ufung nicht als ganz gew¨ohnliche KonsumentIn und Staatsb¨uergerIn die handgeschriebene Addition einer Kell- nerIn nach, sondern Sie haben sich f¨ur ein Studium der Mathematik entschie- den, das heißt, Sie sind auf den Weg, ein/e Profi zu werden. Und die Anwen- dung von Universal-L¨osungsrezepten in F¨allen, wo sie gar nicht notwendig sind, ist schlicht und einfach unprofessionell — was soll ich sagen, schon nach einigen Monaten Studium nur mehr uncool, peinlich.

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6. Schnitt von zwei Geraden im R3

Hierzu will ich nur einen ganz bestimmten Aspekt der Aufgabenstellung her- ausgreifen, dass von zwei in Parameterdarstellung gegebenen Geradeng und h im dreidimensionalen Raum zu zeigen ist, dass sie einander schneiden, und dass ihr Schnittpunkt zu berechnen ist.

Nun m¨usssen einander zwei (nicht-parallele) Gerade im Raum durchaus nicht schneiden: Sie k¨oennen genausogut als sogenanntes

”Paar windschiefer Gera- den“ aneinander vorbeilaufen. Bei den entsprechenden Aufgaben im Rahmen der EmA-Pruefungen waren die Angaben zu allen derartigen Aufgaben al- lerdings immer so ausget¨uftelt, dass die beiden Geraden in der Tat immer einen Schnittpunkte hatten, also nie windschief waren.

Das hat allerdings Ihnen als Pr¨ufungskandidatIn die M¨oglichkeit er¨offnet, den Beweisauftrag in der Angabe zu ignorieren und nach eingedrilltem Rezept ein gewisses passendes Gleichungssystem zu l¨osen, das auf jeden Fall einen Punkt liefert, und den dann auch als Schnittpunkt zu pr¨asentieren.

In zahlreichen Pr¨ufungsarbeiten war es damit auch schon getan, was aber einen Punkteabzug wegen des fehlenden Beweises zur Folge hatte.

Ich kann mir nun durchaus mehrere Gr¨unde f¨ur das Fehlen des geforderten Beweises vorstellen:

• Zeitmangel

• Den Beweisauftrag in der Angabe einfach zu ¨ubersehen

• Fehlendes Problemverst¨andnis im Sinne von Unverst¨andnis, was mit

”Beweisen Sie . . . “ ¨uberhaupt verlangt war

• Guter Wille und Problembewusstsein vorhanden, aber keine Ahnung, wie man diesen Beweis bewerkstelligen soll

• Der Meinung sein, dass mit der L¨osung des Gleichungssystems trivia- lerweise gezeigt ist, dass es l¨osbar ist, und dass dies schon der Beweis f¨ur die Existenz des Schnittpunktes darstellt

Ich habe nun keine Ahnung, wie sich die wahren Gr¨unde auf die obigen M¨oglichkeiten (und wahrscheinlich noch eine Reihe weiterer) in Wahrheit aufteilen, aber wenn ich mir vergegenw¨artige, wie kurz und einfach der ver- langte Beweis letzten Endes ist, so scheint es mir doch eher so zu sein, dass die meisten gar nicht wussten, was da gemeint ist und worum es da geht, sonst h¨atten sie ja das ganz einfache Argument innerhalb weniger Minuten zu Papier gebracht.

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Ich will hier nun keine großen theoretischen ¨Uberlegungen anstellen, sondern ein ganz einfaches konkretes Beispiel hernehmen, das sehr anschaulich ist und wo man auch ohne Skizze die gesamte Sitution sofort durch- und ¨uberblickt.

Daraus l¨asst sich dann sofort ableiten, was zu tun ist, um den f¨ur die Aufgabe erforderlichen Beweis zu erbringen.

Wir stellen uns den dreidimensionalen Raum (mitx-,y- undz-Achse) vor und darin diex-y-Ebene (unseren

”Fußboden im Erdgeschoß“). In derx-y-Ebene liegen die x-Achse und die y-Achse. Wir heben nun die x-Achse um eine Einheit (parallel) hoch und nennen diese neue Gerade g. Analog heben wir die y-Achse umzweiEinheiten hoch und nennen diese neue Geradeh. Haben einander die x- und diey-Achse urspr¨unglich noch im Ursprung geschnitten, so haben die beiden gehobenen Geradengundhauf Grund der verschiedenen Hubh¨ohen keinen Schnittpunkt mehr: Sie laufen ¨uber-/untereinander weg, sie sind windschief.

Wir wollen nun Gleichungen f¨ur g und h aufstellen und das entsprechende System nach dem bekannten Muster schneiden. Wir erhalten

g :

 x y z

=

 0 0 1

+s

 1 0 0

, h:

 x y z

=

 0 0 2

+t

 0 1 0

,

Das entsprechende Gleichungssystem lautet 0 + 1s= 0 + 0t 0 + 0s= 0 + 1t 1 + 0s= 2 + 0t

Wir haben zwei Unbekannte, s und t. F¨ur deren Berechnung gen¨ugen zwei dieser drei Gleichungen, wir w¨ahlen dazu gleich die erste und die zweite Gleichung. Diese lauten s = 0 und 0 = t. Den Wert von t brauchen wir eigentlich gar nicht, denn wir k¨onnen ja gleich s = 0 in die Gleichung von g einsetzen und erhalten als Schnittpunkt den Punkt S = (0,0,1).

Schnittpunkt? Doch wohl eher nicht, dennSliegt ja in der H¨ohe 1 (wunderbar f¨ur g), aber damit geht sich das gar nicht aus mit h, weil diese Gerade ja konstruktionsgem¨aß waagrecht in H¨ohe 2 verl¨auft.

Anschaulich ist somit klar, dass S nicht

”der“ Schnittpunkt sein kann (wir haben in Wahrheit ja sogar von Anfang an gewusst — per Konstruktion un- serer selbstgebastelten Aufgabe — dass es keinen Schnittpunkt geben kann).

Wieso h¨alt uns also die Rechnung, das heißt unsere Aufl¨osung des Gleichungs- systems, zum Narren? Nun, wir haben f¨ur die Berechung von s und t nur

(18)

die beiden ersten Gleichungen verwendet (die f¨ur die x- und die f¨ur die y- Koordinate). Die dritte Gleichung f¨ur diez-Koordinate haben wir links liegen gelassen, denn die haben wir ja nicht

”gebraucht“ — nicht gebraucht f¨ur die Berechnung vonsundt. Mit dem Ignorieren derz-Gleichung haben wir aller- dings die gesamte Information ¨uber s¨amtlichez-Werte in unserem Schnittpro- blem quasi in den Mist geschmissen: Wir haben uns gewisssermaßen auf einen Standpunkt der Vogelperspektive in großer H¨ohe begeben, aus der man beim senkrechten Hinunterschauen irgendwelche l¨acherlichen H¨ohenunterschiede gar nicht wahrnimmt. In dieser Perspektive sieht der Punkt S = (0,0,1) auf g genauso aus wie der PunktT = (0,0,2) aufh, die PunkteSundT scheinen aus dieser Perspektive von oben zusammenzufallen, und die Geraden schei- nen tats¨achlich einen Schnittpunkt zu haben. In Wahrheit verl¨auft nat¨urlich g durch S und h durch T, wobeiT genau eine Einheit oberhalb vonS liegt.

Damit ist klar, war wir tun h¨atten m¨ussen, um die H¨ohenunterschiede nicht g¨anzlich aus den Augen zu verlieren. Wir h¨atten die beiden folgenden M¨og- lichkeiten gehabt:

• Wir holen die z-Gleichung wieder aus dem Mistk¨ubel heraus und ¨uber- pr¨ufen, ob unsere aus denx- undy-Gleichungen erhaltenen Wertes = 0 und t = 0 diez-Gleichung 1 + 0s= 2 + 0t erf¨ullen. Die Antwort lautet (nat¨urlich) nein, wie man richtig erleichtert feststellt. Die dritte, bei der Berechnung vons und tnicht verwendete Gleichung bringt also im vorliegenden Fall den zun¨achst vernachl¨assigten Aspekt der H¨ohenun- terschiede wieder ins Spiel und macht uns mit aller Deutlichkeit klar, dass kein Schnittpunkt existiert.

• Ebensogut h¨atten wir t in die Gleichung von h einsetzen k¨onnen, um festzustellen, dass das ResultatT = (0,0,2) vonS verschieden ausf¨allt.

Damit h¨atten wir uns nun auch auf diesem Wege ¨uberzeugt, dass wir uns keine Hoffnung auf einen Schnittpunkt zu machen brauchen.

Aus diesen Erfahrungen (und Anschauungen) ergeben sich also letzten Endes unmittelbar zwei M¨oglichkeiten zu beweisen, dass zwei in Parameterdarstel- lung (mit Parametern, sagen wir,sundt) gegebene Geraden im dreidimensio- nalen Raum tats¨achlich einen Schnittpunkt haben: Nachdem man zun¨achst aus einer Auswahl von zwei der drei vorhandenen Gleichungen entsprechende Werte f¨ursundt berechnet hat (dass das gut geht, sagt nochnichtsuber die¨ Existenz eines Schnittpunkts aus!3), macht man einen der beiden folgenden Tests:

3Wenn selbst das schon schief geht, dann sind die beiden Geraden parallel und ver- schieden und haben aus diesem (ganz anderen gearteten) Grund keinen Schnittpunkt.

(19)

• Man pr¨uft, ob die aus den beiden ausgew¨ahlten Gleichungen errech- neten Werte f¨ur s und t auch die dritte Gleichung erf¨ullen. Wenn ja, existiert der Schnittpunkt und kann entweder mittels s aus der Glei- chung von g oder mittelst aus der Gleichung von h berechnet werden.

Wennsund tdie dritte Gleichung nicht erf¨ullen, existiert kein Schnitt- punkt.

• Alternativ setzt man sowohl s in die Gleichung von g ein als auch t in die Gleichung von h. Ergibt sich beide Male derselbe Punkt, dann existiert der Schnittpunkt und es just dieser. Ergeben sich verschiedene Punkte, dann existiert kein Schnittpunkt.

Es ist also kein Zeitproblem, sondern nur ein Gewusst-wie-Problem, sich den Punkt f¨ur den Beweis zu holen: Einfach die dritte Gleichung mit s und t uberpr¨¨ ufen oder den Schnittpunkt sowohl aus der Gleichung f¨ur g als auch aus der f¨ur h zu berechnen. In beiden F¨allen gilt der verlangte Beweis als erbracht.

(20)

7. Umgekehrte Kurvendiskussionen

Hier ist sehr interessant, was aus den Begriffen

”leicht“ und

”schwer“ wird (im Sinne von einfacheren oder schwierigeren Aufgaben), wenn es um die Entschl¨usselung der einzelnen Teile der Angabe zu einer (umgekehrten) Kur- vendisskussion geht.

Um aus den Angaben ein passendes Gleichungssystem fuer die (sagen wir) vier Unbekannten a, b, c, daus dem Ansatzf(x) =ax3+bx2+cx+dheraus- zufiltern, stehen zun¨achst einmal drei Standardtechniken zur Verf¨ugung:

1. f(p) = q erh¨alt man daraus, dass ein gegebener Punkt (p, q) auf dem Funktionsgraphen von f liegt.

2. f0(p) = 0 erh¨alt man aus der Information, dass ein gegebener Wert x=peine Extremstelle von f ist.

3. f00(p) = 0 erh¨alt man aus der Information, dass ein gegebener Wert x=peine Wendestelle von f ist.

Soweit, so gut. Diese drei Techniken beherrschen die meisten Studierenden ganz passabel. Ich habe allerdings bewusst immer darauf geschaut, dass es bei den Aufgaben zu den umgekehrten Kurvendiskussionen (f¨ur die angehenden Profis) auch noch Spezialangaben gibt. Die gleichungsm¨aßige Verwertung dieser Teile der Angabe hat dann allerdings auch immer die gr¨oßten Proble- me verursacht und die meisten Abst¨urze bedingt.

Nun k¨onnte man erwarten, dass f¨ur die Bearbeitung dieser offenbar

”schwieri- gen“ Anteile viel raffiniertere F¨ahigkeiten und Kenntnisse erforderlich waren als die drei oben angegebenen.

Rufen wir uns kurz in Erinnerung, worin diese anscheinend problematischen Angabenteile bestanden haben:

• Termin 1: Anstieg der Tangente in einem Punkt gegeben.

• Termin 2: Graph von f schneidet den Graphen von g(x) := x2 ±2x in dessen Nullstellen. Im Wendepunkt (dort sitzt einer dieser beiden Schnittpunkte, wie sich herausstellt) stehen die Graphen von f und g aufeinander senkrecht.

• Termin 3: Gleichung der Wendetangente gegeben (deren Anstieg ist die zu verwendende Information).

• Termin 4: Die Tangenten an den Graphen von f sind in zwei (vorge- gebenen) Punkten parallel (zu verwerten ist, dass die Anstiege dieser beiden Tangenten somit gleich sind).

(21)

• Termin 5: Eine gegebene Geradeg ist im Punkt (0, y1) Tangente an den Graphen von f und schneidet diesen ¨uberdies noch in einem weiteren Punkt (±2, y2). Zu verwerten ist die Gleichung y =−x±1 von g, um die beiden fehlenden y-Koordinaten zu bestimmen.

Sieht man sich nun diese

”schwierigen“ Angabenteile genauer an, stellt sich sofort heraus, dass man zu ihrer Verwertung ¨uber nicht mehr und nicht we- niger als die folgenden beiden

”Extra-Kenntnisst¨ucke“ verf¨ugen muss:

E1. Ein Punkt P = (p, q) liegt genau dann auf einer Geraden, wenn seine Koordinaten p und q die Gleichung der betreffenden Geraden erf¨ullt.

[Analog f¨ur Kurven, Kreise, Hyperbeln, Ebenen, Kugeln etc.]

E2. Der Anstiegk der Tangente an den Graphen einer Funktionf in einem Punkt (x0, f(x0)) ist durchf0(x0) gegeben, d.h.k=f0(x0) (tausendfach bekannte Skizze!).

Nun liegt aber ganz offen auf der Hand, dass die beiden in E1 und E2 festge- haltenen Tatsachen vielelementarer sind als die oben genannten

”Standard- strategieteile“ 1, 2 und 3. Um 1, 2 und 3 zu verstehen, muss ich ¨uber viel mehr Fachwissen verf¨ugen als im Falle von E1 und E2. E1 und E2 sind viel einfacher gestrickt und sehr anschaulich. Sie sind grundlegend f¨ur 1, 2 und 3 und werden demgem¨aß auch in der Schulevor der Behandlung von 1, 2, und 3 unterrichtet.

Damit sehen wir: Was bei der L¨osung von Aufgaben leichter oder schwerer f¨allt, geht nicht immer Hand in Hand mit Kompliziertheit der auftretenden Begriffe oder mit dem erforderlichen Ausmaß an Fachwissen.

F¨ur mich liegt die Erkl¨arung daf¨ur, dass Vielen die Anwendung von 1, 2 und 3 leichter f¨allt als die von E1 und E2 darin, dass sich 1, 2 und 3 sehr gut als Drill antrainieren lassen, ohne dass man viel daran denken muss, womit man es da eigentlich zu tun hat. E1 und E2 sind zwar von Inhalt und Struktur her einfacher gebaut, aber sie sind gerade auf Grund Ihrer Primitivheit sehr vielseitige Werkzeuge, bei deren Einsatz man sich in jeder Situation ¨uberlegen und plastisch vorstellen muss, was da eigentlich abl¨auft und worauf man eigentlich hinaus will.

Es stimmt im ersten Moment eigentlich ein bisschen traurig, dass gerade das so schwer f¨allt und daher so unbeliebt ist. Aber auf dem Pfad der Profis wird sich das sicherlich bald geben, und vielleicht sind auch f¨ur Sie ¨uber kurz oder lang Eins¨atze von Instrumenten des Typs E1 und E2 interessanter und unterhaltsamer, damit also sympathischer, als die von Standardtools wie 1, 2 und 3.

(22)

8. Elementare Rechentechniken Kurze Vorrede.

Die folgende Zusammenstellung gibt definitiv kein ausgewogenes oder objektives Gesamtbild (im Sinne etwa einer Statistik) des Einsatzes der diversen Rechentech- niken in den Pr¨ufungsarbeiten.

Da ich gezielt Probleme aufzeigen und vor Gefahren warnen will, ¨uberwiegen na- turgem¨aß die Pannen, das Umst¨andliche, das Unpraktische, das Riskante oder sogar das Falsche.

Ich bin ¨ubrigens ¨uberzeugt davon, dass die Ursachen f¨ur zahlreiche der angef¨uhr- ten Schwierigkeiten in der Art und Weise liegen, wie der Schulunterricht abl¨auft beziehungsweise unter den gegebenen Umst¨anden ablaufen muss.

Bemerkenswert und jedenfalls beunruhigend ist einerseits, dass sich ein Großteil der im Folgenden aufgezeigten Probleme auf den Stoff der Unterstufe AHS (5.

bis 8. Schulstufe) bezieht, und dass andererseits sich die Lehramtsstudierenden — k¨unftige LehrerInnen, die doch an Mathematik meistens etwas Positives finden — meinem Eindruck nach auf diesem Sektor gr¨oßeren Schwierigkeiten gegen¨uber se- hen als die Bachelorstudierenden. Dieser pers¨onliche Eindruck basiert aber nicht auf einer quantitativen Auswertung, er spiegelt nur meine subjektive Gesamter- fahrung aus den 435 Korrekturen wider.

Die L¨ange dieses Textes ¨uber elementare Rechentechniken ist mir unter den H¨an- den gewachsen und gewachsen. Urspr¨unglich wollte ich nur auf ein paar Seiten einige Originalzitate aus den Pr¨ufungsarbeiten bringen und mit einigen Kommen- taren versehen, jedoch hat sich schnell herausgestellt, dass es kaum m¨oglich ist, im vorliegenden Zusammenhang mit nur wenigen S¨atzen das jeweils Wesentliche herauszuarbeiten. Also habe ich meinem Schreibfluss nachgegeben und mich in mein Schicksal gef¨ugt. Nehmen sie das Ihre selbst in die Hand.

Rechenfehler in ihrer Gesamtheit sind kein Schicksal.

Wohl kaum hat man einen Einfluss darauf, ob man sich im Einzelfall irrt beziehungsweise einen Fehler macht oder nicht. Es wird nicht viel bewirken, wenn man sich am Pr¨ufungstag beim Fr¨uhst¨uck ganz ganz fest vornimmt:

”Heute werde ich mich nicht verrechnen.“.

Ob Fehler und Irrt¨umer allerdings nur gelegentlich als Ausnahme- erscheinungen passieren oder geh¨auft auftreten, liegt mittelfristig sehr wohl in der eigenen Verantwortung — so unangenehm diese Botschaft auch sein mag.

Man kann diesen H¨aufigkeit n¨amlich sehr wohl mit passenden Techniken beeinflussen — unabh¨angig von Tagesverfassung oder Stress. Mir geht es hier genau um diesen Anteil, der in der eigenen Verantwortung liegt und der

(23)

ganz wesentliche Faktoren beinhaltet, die die Fehlerh¨aufigkeit entscheidend mitbestimmen.

Als die drei wichtigsten m¨ochte ich hier nennen:

1. Den bewussten Umgang mit den Entscheidungen f¨ur den einen und gegen einen anderen Rechen- oder Argumentationsgang.

2. Die Art und Weise, wie man seine Rechnungen und Argumente auf dem Papier organisiert.

3. Die Art und Weise, wie man auf als solche erkannte Fehler reagiert und wie man sie auf dem Papier korrigiert.

Die folgenden Tipps und Hinweise . . .

Nein, die gebe ich Ihnen jetzt noch nicht. Zuerst sehen wir uns eine ordentli- che Kollektion von Beispielen und Anschauungsmaterial an. Danach werden sie besser verstehen, was mit diesen Tipps und Hinweisen gemeint ist.]

8a. Schnellsch¨usse. Damit will ich Aktionen beim L¨osen von Aufgaben bezeichnen, bei denen nicht — wie es vorteilhafter w¨are — kurz innegehalten und ¨uberlegt wird, vor welcher Situation man eigentlich steht und welche Wege derart zum Ziel oder zumindest zum n¨achsten Schritt f¨uhren k¨onnten, sodass man

• sich damit m¨oglichst wenig Arbeit aufhalst

• damit das geringste Risiko eingeht, Fehler zu machen,

sondern bei denen man blitzschnell ein intensiv eingedrilltes Stan- dardverfahren anwendet, das halbwegs auf die gegebene Situation passt.

Wie die folgenden Beispiele zeigen, ist man mit Schnellsch¨ussen nie gut be- dient. Man handelt sich immer mehr Schwierigkeiten damit ein als man sich vom Halse schafft (oder treffender: vom Halse zu schaffen glaubt).

• Sofort eine L¨osungsformel anwenden statt die Gleichung zu vereinfa- chen.

Beim letzten Termin war in Gruppe A die Gleichung 2z2−(6 + 2i)z+ (8 + 6i) = 0

(24)

¨

uber der Grundmenge Czu l¨osen. Der Schnellschuss

”Formel her!“ lie- fert (wenn alles gut geht — viele Vorzeichenfehler in den Pr¨ufungsar- beiten!)

z1,2 = 6 + 2i±√

−32−24i

4 .

Die Alternative

”Durchatmen!“ allerdings zeigt, dass s¨amtliche Koeffi- zienten der gegebenen Gleichung gerade ganze Zahlen sind. Dividiert man die Gleichung4 nach dieser Erleuchtung durch 2, erh¨alt man

z2−(3 +i)z+ (4 + 3i) = 0 und daraus

z1,2 = 3 +i±√

−8−6i

2 .

Beim zugegebenermaßen l¨astigen und fehleranf¨alligen Quadratwurzel- ziehen in C hat man es nun mit Zahlen zu tun, die um einen Faktor 4 kleiner sind als ohne Vereinfachen der Gleichung: Die gr¨oßten Zahlen treten in den beiden Varianten jeweils in 322 + 242 = 1024 + 576 = 1600 = 402 beziehungsweise in 82+ 62 = 64 + 36 = 100 = 102 auf.

Bei 34 von den 93 abgegebenen Arbeiten des letzten Termins wurde die gegebene Gleichung nicht durch 2 dividiert, was jeweils durch die Ver- gabe von 3 (nicht notenwirksamen)

”Peinlichkeitspunkten“ honoriert wurde.

• Einmal gut heißt noch lange nicht immer gut.

Soll man die Gleichung ax = b (mit a 6= 0) nach x aufl¨osen, so bietet sich ohnehin nur die einzige M¨oglichkeit an, beide Seiten der Gleichung durch a zu dividieren; man erh¨alt x= ab.

Perfekt, und nicht mehr verbesserungsf¨ahig.

Diese perfekte Strategie kann aber in gewissen Situationen zu einem v¨ollig unsinnigen Schnellschuss verkommen, wie etwa im folgenden Ori- ginalzitat aus einer Pr¨ufungsarbeit:

3

6x2 = 2

3 ⇒ x2 =

2 3 3 6

= 2·6

3·3

= 12 9

= 4

3, in der folgenden Zeile

.

Hier k¨onnte man allerdings von Anfang an die 36 zu 12 k¨urzen. Stimmt, und deshalb nehmen wir uns lieber ein etwas allgemeineres Beispiel

4Bitte auf keinen Fall:

urzt man die Gleichung“: K¨urzen kann man ausnahmslos Br¨uche; Gleichungen und Vektoren kann man nur durch etwas dividieren.

(25)

her, bei dem die zu Beginn auftretenden Br¨uche nicht gek¨urzt werden k¨onnen (das x2 ersetzen wir der Einfachheit halber gleich auch durch x).

Eine typische derartige Rechnung im Stil so mancher Pr¨ufungsarbeit k¨onnte dann so aussehen:

8 9x= 4

3 ⇒ x=

4 3 8 9

= 4·9 3·8 = 36

24

= 3

2, aber nur manchmal

.

Wenn man jetzt noch mitx2 weiterrechnen muss (etwa inx3 einsetzen) und man hat nicht gek¨urzt, wird es h¨aßlich.

In so einem Fall ist es bei Weitem sinnvoller,

a) die beteiligten Zahlen 8, 9, 4, 3 scharf ins Auge zu fassen, das heißt sich im Unterbewusstsein bereits 8 = 2·2·2, 9 = 3·3, 4 = 2·2 zurechtzulegen;

b) gemeinsame Faktoren auf der linken und der rechten Seite der Gleichung zu eliminieren;

c) und schließlich x

”freizustellen“.

Je nach Kopfrechenkapazit¨at und Tagesverfassung kann das alles im Kopf und/oder auf einen Schlag geschehen:

8 9x= 4

3 ⇒

2

3x= 1 ⇒

x= 2 3.

Vorteile: Gr¨oßte auftretende Zahl ist 9 (und nicht 36 wie oben beim Schnellschuss ohne K¨urzen), kein Doppelbruch, kein sinnloses Ausmul- tiplizieren, nur um dann wieder f¨ur das K¨urzen in Faktoren zu zerlegen.

• Blindw¨utige Anwendung der L¨osungsformel f¨ur die quadratische Glei- chung.

Das hatten wir schon oben unter Punkt 5: Um Gleichungen der Bauart ax2 +bx = 0 oder ax2 = c zu l¨osen, ist es absolut unsinnig (zeitver- geudend und riskant, was das Fehlerpotential betrifft), eine der beiden Standardformeln einzusetzen. Die L¨osungen lauten schlicht x1 = 0, x2 =−ba beziehungsweise x1,2 =±p

ca.

Zusammenfassend l¨asst sich also sagen: Schnellsch¨usse ersparen im ersten Moment ein Nachdenken ¨uber den optimalerweise einzuschlagenden Weg. Sie

(26)

r¨achen sich allerdings wenig sp¨ater durch unn¨otige Kompliziertheit der fol- gendcen Rechnungen (Zeitverlust!) und durch erh¨ohte Auftrittswahrschein- lichkeit von Rechenfehlern.

8b. Einsatz von Doppelbr¨uchen in konkreten Berechnungen mit Zahlen Doppelbr¨uche stellen ein h¨ochst seltsames steinzeitliches Relikt in der Schulmathematik dar. Sie sollten aus dem Schulstoff am besten vollst¨an- dig verbannt werden. Sie sind n¨amlich

• absolut unn¨otig, da man

a bc d

(was ja per Definition nichts Anderes be- deutet als ab : dc) immer, sofort und verlustfrei durch ab·dc ersetzen kann5, und

• uberdies rechnerisch riskant, da es durch die unhandliche Turmschreib-¨ weise leicht zu Fehlern kommt.

F¨ur theoretische Betrachtungen k¨onnen Doppelbr¨uche nat¨urlich sinnvoll sein, so ist etwa der Ohmsche Gesamtwiderstand R einer Parallelschaltung von Ohmschen Widerst¨anden R1 und R2 gegeben durch

R= 1

1 R1 +R1

2

.

Aber auch in solchen Zusammenh¨angen sollte man besser mit mathemati- schen Hausverstand als mit fixen

”Aufl¨osungsformeln“ an die Sache heran- gehen. Da kann einem das Ged¨achtnis schlimme Streiche spielen, wie die Aufl¨osung eines Doppelbruchs gem¨aß

a b c d

= a+d b+c in einer der Pr¨ufungsarbeiten zeigt.

Das wahre Problem in letzterer

”Unformel“ ist ¨ubrigens nicht ein stressbe- dingter Irrtum, da spielen tiefer liegende Ursachen die entscheidende Rolle:

Schuld ist, dass Rechnen offenbar grunds¨atzlich als sinnleeres Regelabspulen erlebt wird (da k¨onnte man schon einmal die falsche Regel erwischen, es gibt ja davon viele und manche schauen sich so ¨ahnlich) anstatt als inhaltlich gebundene Operation: Doppelbr¨uche enthalten nur Multiplikationen und Di- visionen, haben daher immer mit Vervielfachen (das Gleiche ¨ofter nehmen) und Dividieren (in gleiche Teile teilen) zu tun. Wer das im Kopf und zugleich

5Das wird ja in der Schule ohnehin so unterrichtet, und dennoch kommen dort die Doppelbr¨uche unverst¨andlicher Weise zu v¨ollig unsinnigen Ehren.

(27)

im Bauch hat, wird nie auf die Idee kommen, auf diese Weise ein Plus hinein- zumischen — was h¨atte denn dieses bitte mit Vervielfachen oder mit Teilen zu tun?

Als N¨achstes eine Frage an alle eingeschworenen Fans von Doppelbr¨uchen:

Was bedeuten jeweils die beiden Ausdr¨ucke

a bc d

e f

und a

b

c de f

?

Den Auftritt von Doppelbr¨uchen in Schnellsch¨ussen auf Gleichungen der Bau- art ax = b haben wir bereits oben besprochen. hier ist ein weiteres Origi- nalbeispiel aus einer Pr¨ufungsarbeit, wo qu¨alend lange die 27stel durch die Rechnung mitgeschleppt werden, um sich dann letzten Endes in einem Dop- pelbruch aufzut¨urmen:

−12

27x2−24 27x= 0 x·

−12

27x− 24 27

= 0 x1 = 0

−12

27x−24 27 = 0

−12

27x=−24

27 [ich belasse den Vorzeichenfehler]

12

27x= 24 27 x=

24 27 12 27

= 648 324 = 2

Zur letzten Zeile finden sich rechts am Rand die h¨andischen Nebenrechnungen 24·27 = 648 und 27·12 = 324.

Die Berechnungsalternative der Wahl lautet nat¨urlich so: Man multipliziert die erste Gleichung oben mit−27 (im Kopf, wenn man sich dabei sicher ist), dividiert sie durch 12 und erh¨alt (ohne den Vorzeichenfehler von oben)

x2+ 2x= 0 ⇒ x(x+ 2) = 0 ⇒ [x1 = 0] sowie x+ 2 = 0 ⇒ x2 =−2.

Fertig. Kein Bruch, keine Vorzeichentricks, gr¨oßte auftretende Zahl 2.

(28)

Eine weitere Originalkostprobe: Hier l¨auft es gem¨aß

−1

4x2 =−1

2 ⇒ x2 =

1 2 1 4

= 4 2 = 2

1

ab, anstatt die gegebene Gleichung einfach mit −4 zu multiplizieren:x2 = 2.

Schnellsch¨usse wie oben werden sogar in F¨allen wie 7x = 43 angewendet.

Dann erh¨alt man zwar keinen richtigen Doppelbruch, sondern bloß einen

”Eineinhalbbruch“, aber der l¨asst sich ja problemlos zu einem Doppelbruch aufstocken, und dann geht es dahin gem¨aß

x=

4 3

7 =

4 3 7 1

= 4·1 3·7 = 4

21

statt einfach via x = 43 : 7 = 3·74 = 214 . Zu letzterem Beispiel siehe auch die Formeln (2) und (4) im folgenden Punkt 8c.

8c. Formeln ohne Seele. Manche Formeln, die schon in der Unterstufe er- arbeitet werden, sind zahlreichen Studierenden in vielen F¨allen nicht gel¨aufig oder sie stehen ihnen in der Hitze des Gefechts nicht zur Verf¨ugung.

Meiner Meinung nach liegt das nicht am

”zu wenig Lernen“, sondern daran, dass mathematische Formeln von vielen Menschen erlebt und gelernt werden wie die ber¨uhmten

”sinnlosen Silben“ in Ged¨achtnistests.

Unter den Tisch f¨allt hierbei v¨ollig, dass alle Rechenarten eine inhaltliche Bedeutung haben und damit h¨ochst anschaulich mit perfekt eintrainierten Handlungs- und Denkstrategien des Alltagslebens in Beziehung stehen. Nur ist halt leider

”Mathematik etwas ganz anderes als das wirkliche Leben“ f¨ur die Kinder und dann sp¨ater f¨ur die Erwachsenen, das ja mit dem normalen Menschverstand angeblich nur wenig zu tun hat (vielfach erh¨artetes Ergebnis einschl¨agiger Untersuchungen, was Menschen von der Mathematik halten).

Deshalb braucht man auch gar nicht zu versuchen, Mathematisches wie zum Beispiel Formeln mit inhaltlich und ganzheitlich erlebten und erprobten Din- gen in Zusammenhang zu bringen.

Das Gegenteil ist nat¨urlich richtig: Bei Br¨uchen spielen die Rechenarten Mul- tiplikation und Division die Hauptrolle (deswegen hat ¨ubrigens auch die Bruchaddition keine

”sch¨one“ Formel), wobei der Z¨ahler f¨ur das Multipli- zieren (=Vervielfachen=¨ofter immer dasselbe Nehmen) und der Nenner f¨ur das Dividieren (etwas in gleiche Teile teilen) zust¨andig ist.

Allein mit dieser primitiven Gedankenverbindung sind bereits beide

”For- meln“

(1) a

b ·c= a·c

b (2) a

b :d= a b·d

(29)

von der Notwendigkeit befreit, auswendig gelernt zu werden, da sie ja nur das ”mal c“ beziehungsweise das

”durch d“ in die jeweils richtige Schublade stecken.

Auff¨allig ist allerdings, dass Formel (1) der Mehrheit der Studierenden gut vertraut zu sein scheint, w¨ahrend der Bekanntheitsgrad von (2) erschreckend gering ist. Das deutet erneut darauf hin, dass mit den Formeln inhaltlich nichts verbunden wird, dass sie vielmehr als sinnleere Kombination von Sym- bolen gesehen und erlebt werden. Da (2) vielleicht seltener auftritt, merkt man sich diese sinnlose Kombination eben weniger gut. — Ich pers¨onlich kann mir (1) und (2) allerdings ohnehin nur gemeinsam denken, sie stellen f¨ur mich ein zusammengeh¨origes Paar dar, so wie eben

”Z¨ahler“ und

”Nenner“.

Die Kombination dieser beiden ist dann die erste der folgenden Formeln, und die zweite ist nur eine Variante davon:

(3) a b · c

d = a·c

b·d (4) a b : d

c = a·c b·d

Ich konnte es kaum nachvollziehen, dass eine KandidatIn im Zuge der L¨osung der Gleichung 10x = 185 (f¨ur die Bestimmung der x-Koordinate eines Wen- depunktes) Formel Nummer (2) offenbar nicht parat hatte, sehr wohl jedoch Formel (4). Dabei ist letztere eindeutig die Kompliziertere und eindeutig ein Spross von (2) — ja, aber nur, wenn man inhaltlich denkt und f¨uhlt, statt sich m¨uhsam sinnlose Symbolfolgen auswendig zu merken.

Besagte Gleichungsl¨osung erfolgt (auf dem beigehefteten Schmierzettel) mit folgender Nebenrechnung (der offenbar die im Kopf durchgef¨uhrte Umfor- mung zu x= 185 : 10 vorangeht):

18 5 : 10

1 = 18 5 · 1

10 = 18 50.

Damit geht es zur¨uck in die Hauptrechnung, wo inxW = 1850 = 259 letztendlich sogar gek¨urzt wird.

Die Alternative h¨atte darin bestanden, die gegebene Gleichung durch 10 zu dividieren (auf der rechten Seite im Sinne der Formel (2)) oder meinetwegen zun¨achst durch 2 und das Resultat 5x= 95 dann durch 5. Beides h¨atte sofort das Ergebnis 259 geliefert.

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel von als seelenlos erlebten Formeln hat die Aufgabe zur vollst¨andige Induktion des vierten Termins ans Tageslicht gebracht. Dort ging es um die Summe einer geometrischen Reihe, und im Zuge des Induktionsschrittes war das Produkt q2n+2·(1−q2) zu bestimmen. Vom Resultat q2n+2 −q2n+4 bot der erste Term nat¨urlich keine Schwierigkeiten,

(30)

bei der Berechnung von q2n+2 ·q2 jedoch kramten ganz offensichtlich viele verzweifelt in ihren Formelschatzk¨astchen zu den Rechenregeln f¨ur Potenzen.

Die Seele von Potenzen besteht jedoch in der ¨ofteren Wiederholung des glei- chen Faktors in einer Multiplikation; die Rechnung (x·x·x)·(x·x) = x·x·x·x·x kann man weder auswendig lernen, noch vergessen, wenn man diese

”Seele“

kennt. Die voranstehende schlichte Rechnung x2·x3 =x5 gibt einem jedoch sofort die Formel xa·xb = xa+b an die Hand — ja, wenn man sich auf die inhaltliche Bedeutung der mathematischen Objekte einl¨asst, und sich nicht darauf beschr¨ankt, die angesagten Prozeduren mehr oder weniger bewusstlos auszuf¨uhren.

Diese Induktionsaufgabe des vierten Termins war (nicht zuletzt auf Grund der Probleme mit besagter Formel f¨ur die Multiplikation von Potenzen) die mit dem zweitschlechtesten Resultat von allen Terminen: Die jeweiligen Prozentanteile richtiger L¨osungen an allen abgegebenen Arbeiten betrugen 53/56/42/30/12 f¨ur die Termine 1 bis 56.

8d. Mathematische Gegenst¨ande werden nicht als

”Objekte“ erlebt.

Jeder Studierenden ist zweifelsohne klar, dass 18 Zwetschken dividiert durch 3 gerade einmal 6 Zwetschken sind, und dass (abstrakteres Beispiel) 18 Tage dividiert durch 3 (geteilt in drei gleich lange Perioden) 6 Tage sind.

Welche Schl¨usse soll man als Pr¨ufer nun daraus ziehen, dass zur L¨osung etwa der Gleichung 3x = 1831 (klipp und klar: x ist gleich 1831 dividiert durch drei, also 316, ganz so wie bei den Zwetschken oder den Tagen, nur dass wir es hier eben mit Einunddreissigstel zu tun haben) von nicht wenigen Studierenden die folgende Strategie eingeschlagen wird:

x=

18 31

3 =

18 31 3 1

= 18·1 31·3 = 18

93.

Dass dann noch die M¨oglichkeit, hier durch 3 zu k¨urzen und so zu 316 zu gelangen, in der Mehrzahl der F¨alle nicht wahrgenommen wird, setzt der Sache noch eins drauf.

Meiner Meinung nach besteht das Problem darin, dass das arme Einunddreis- sigstel (im Gegensatz zu Zwetschken, Tagen oder vielen anderen durchaus abstrakten Dingen des

”wirklichen“ Lebens) nicht der Status eines

”Dings“

zugestanden wird. Und ohne diesen Status kann man nat¨urlich 18 von diesen

6ur das Ergebnis des letzten Termins als das weitaus schlechteste habe ich keine rechte Erkl¨arung. Die Aufgabe war von der Bauart ¨ahnlich denen der Termine 1, 2 und 3, bloß konnte man beim 5. Termin den Induktionsschritt nicht mit Herausheben eines geeigneten Faktors erledigen. Damit musste man Variante D w¨ahlen, und dabei passierten uberdurchschnittlich h¨¨ aufig die Fehlerarten 2 (warum eigentlich?) und B (nachvollziehbar).

(31)

komischen Un-Dingern auch nicht in 3 Haufen zu je 6 aufteilen — das kann man nur mit Dingen, seien sie nun konkreter oder abstrakter Natur.

8e. Quadratwurzeln ohne Seele. Die Zahl √

3 ist definiert (das heißt:

urspr¨unglich in ihrer Bedeutung erkl¨art) dadurch, dass sie diejenige reelle Zahl ist, deren Quadrat 3 ist. Daher ist √

3√

3 = 3 oder 3 = √ 3√

3 die fundamentalste Rechung mit √

3.

Mir ist 3 = √ 3√

3 deswegen so selbstverst¨andlich wie die Tatsache, dass ich einen 10-Euro-Schein in zwei 5-Euro-Scheine wechseln kann.

Ich bin also geneigt, die Zahl 3 als aus zwei multiplikativen Bausteinen √ 3 bestehend anzusehend. Ich laufe nicht Gefahr, das mit additiven Bausteinen zu verwechseln: Da br¨auchte ich zwei St¨uck zu je 1,5 = 32, um aus beiden zusammen 3 (hier nun als Summe) zu erhalten. Anderes Zahlenbeispiel: Um 6 aus zwei Bausteinen multiplikativ zusammenzusetzen, brauche ich √

6 als Bausteine. Will ich hingegen 6 aus zwei Bausteinen additiv zusammenzuset- zen, brauche ich 3 als jeden dieser Bausteine.

Damit ist jedoch klar, dass ich bei (√

3)3 zuerst an 3√

3 denke und nicht an √

27, denn drei 5-Euro-Scheine sind 15 Euro wert, also

”10 plus 5“ — und nicht

”die H¨alfte von 30 Euro“, bloß weil ein (einzelner) 5er die H¨alfte eines 10ers ist (dieses komischen Umwegsdenken entspr¨ache der Auffassung (√

3)3 =√ 27).

Mit dieser Denk- und Vorstellungsweise habe ich mich aber schon ins Abseits katapultiert, wenn ich mein Rechnen mit dem der meisten KandidatInnen des zweiten Termins vom 19.12.2013 vergleiche. Denn dort geht es ganz anders zu wenn Quadratwurzeln ins Spiel kommen.

Ein Beispiel aus dem ebendiesem zweiten Pr¨ufungstermin: Im Zuge der Be- stimmung der Extremwerte einer Polynomfunktion dritten Grades ist folgen- de Teilaufgabe zu l¨osen:

”Berechnen Sie x aus x2 = 43 (zun¨achst mit dem positiven Wert der Qua- dratwurzel) und setzen Sie den erhaltenen Wert in f(x) = −18x3+12x ein.“

Zwei Schnellsch¨usse: (α) Wurzelziehen aus 43 in der Form x = q4

3 und (β) direkte Verwendung von q

4 3

3

=q

64

27 beim Einsetzen liefert f(x) = −1

8 r4

3

!3

+1 2

r4 3 =−1

8

r64 27

!3

+ 1 2

r4 3,

und bei dieser unhandlichen Sackgasse bleibt es dann vielleicht auch schon.

Zun¨achst einmal sollte man davon ausgehen, dass in q

4

3 sowohl der Z¨ahler

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