• Keine Ergebnisse gefunden

Die Budgetdisziplin der öffentlichen Haushalte hat sich gegenüber den 1990er-Jahren deutlich verbessert | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Die Budgetdisziplin der öffentlichen Haushalte hat sich gegenüber den 1990er-Jahren deutlich verbessert | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

44 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2014

Spotlight

Die Bruttoschulden1 des Staatssektors der Schweiz ergeben sich aus den Schulden des Bundes, der Kantone, der Gemeinden und der öffentlichen Sozialversicherungen.

Die Schulden der Sozialversicherungen wer- den massgeblich durch die Arbeitslosen- versicherung (ALV) bestimmt. Da die ALV hauptsächlich beim Bund verschuldet ist, werden die Schulden der Sozialversicherun- gen im Rahmen der Konsolidierung zum Sektor Staat grösstenteils eliminiert. Des- halb lassen sich die Schulden des Staates nä- herungsweise als Summe der Schulden von Bund, Kantonen und Gemeinden darstellen.

Die Budgetdisziplin der öffentlichen Haushalte hat sich gegenüber den 1990er-Jahren deutlich verbessert

Eine wichtige Kennzahl zur Beurteilung der Finanzlage eines Staates oder einer Region ist die Schuldenquote. Wie haben sich die Schuldenquoten der Regionen und Kantone der Schweiz entwickelt, und wie gross sind diese? Nach einem deutlichen Anstieg vor der Jahr- tausendwende vermochten die öffentlichen Haushalte die Schulden seither wieder abzubauen.

Adrian Brülhart Ökonom Finanzstatistik, Eidg. Finanzverwaltung EFV, Bern

Die Schuldenquoten der Kantone in der Genferseeregion liegen auf einem höheren Niveau als jene

im Mittelland. In der Ostschweiz liegen sie nochmals erheblich tiefer. Foto: Keystone

Schuldenabbau dank Wirtschafts- wachstum und Fiskalregeln

Grafik 1 zeigt, dass die Dynamik der gesamten Staatsschulden stark durch die- jenige der Bundesschulden geprägt ist. In den 1990er-Jahren erhöhte sich die Brut- toschuldenquote für den Staatssektor der Schweiz auf 54,6 % des nominalen Brut- toinlandprodukts (BIP). Die Wende zum Schuldenabbau setzte mit der verbesserten Wirtschaftslage von Mitte 2003 bis Mitte 2008 und dem darauf basierenden Einnah- menwachstum ein. Wichtig war aber auch die erhöhte Haushaltsdisziplin auf den Staatsebenen. Insbesondere die Einfüh- rung der Schuldenbremse beim Bund sowie die Einhaltung von kantonalen Fiskal- regeln trugen wesentlich zur Entschul- dung bei. So ist es neben dem Bund auch den Kantonen und Gemeinden gelungen, ihre Schulden zu reduzieren. Die Schul- denquote des Staatssektors betrug Ende 2011 35,5 % des BIP und war damit noch 2,5 Prozentpunkte höher als 1992. 2012 stieg die Schuldenquote der öffentlichen

(2)

45 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2014

Spotlight

Haushalte aus verschiedenen Gründen auf 36,4% des BIP an (u. a. Liqui ditätsaufbau beim Bund zur Rückzahlung einer Anfang 2013 fälligen Anleihe).

Deutliches Gefälle innerhalb der Schweiz

Für die Beurteilung der regionalen Schuldenentwicklung und der Gesamtver- schuldung der Bürger eines Kantons wur- den die Anteile an der Bundesschuld ge- mäss Einwohnerzahl berechnet und diese den Bruttoschulden2 der Kantone (inkl.

Gemeinden) hinzugefügt. Den kantonalen und regionalen Schuldenquoten liegen die BIP-Schätzungen des Bundesamtes für Sta- tistik (BFS) zugrunde.3

Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Ge- samtverschuldungsquoten nach den sieben Grossregionen der Schweiz. Ersichtlich sind sowohl ein West-Ost- als auch ein Nord-Süd-Gefälle. So bewegen sich die Schuldenquoten der Kantone in der Gen- ferseeregion auf einem höheren Niveau als jene im Mittelland; die Quoten in der Ostschweiz liegen nochmals deutlich unter denjenigen des Mittellandes. Ein ähnliches Bild abfallender Schuldenquoten zeigt sich von Süden nach Norden.

In allen Regionen ist seit 2004 ein Trend zur Reduktion der Schuldenquoten sichtbar.

Ein Grossteil des Rückgangs ist auf die Ein- führung der Schuldenbremse beim Bund und die gute Wirtschaftslage (2003 bis 2008) mit den damit verbundenen Überschüssen zurückzuführen. Allerdings gehen auch die Anstiege der regionalen Schuldenquoten in den 1990er-Jahren hauptsächlich auf die Zunahmen der Bundesschuld zurück. Die für die Staaten der Eurozone im Rahmen des Stabilitätspaktes von Maastricht fest- gelegte Schuldenobergrenze von 60 % des nominalen BIP wurde um die Jahrtausend- wende von neun Kantonen überschritten.

In der betrachteten Zeit waren die Schul- denquoten der Kantone Genf und Jura am höchsten, jene der Kantone Zug und Glarus am tiefsten.

Genferseeregion

Wird der Fokus auf die Genfersee- region gerichtet (siehe Grafik 3), verfü- gen die Kantone Genf, Waadt und Wallis über nahezu parallel verlaufende Schul- denquoten. Höhere Fiskaleinnahmen bei gleichbleibenden Steuerfüssen4 sowie ge- ringere Investitionsausgaben verbesser- ten die Genfer Finanzierungsergebnisse und liessen die Schuldenquoten ab 1998 sinken. Im Zuge der Wirtschaftsbaisse als Folge des Platzens der Dotcom-Blase

Bund Kantone

0 10 20 30 40 50 60

Gemeinden Sozialversicherungen Staat

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

In % des Bruttoinlandprodukts

Quelle: EFV / Die Volkswirtschaft Grafik 1

Bruttoschulden nach Staatsebenen, 1990–2012

0 10 20 30 40 50 60 70 80

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Staat (Schweiz) Genferseeregion Espace Mittelland Nordwestschweiz

Zürich Ostschweiz Zentralschweiz Tessin

In % des Bruttoinlandprodukts Grafik 2

Gesamtverschuldung nach Regionen, 1990–2012

Quelle: EFV / Die Volkswirtschaft Anmerkung: Die schwarze Linie markiert die

Schuldenobergrenze von 60% der Euroländer gemäss Maastricht-Kriterien.

1 Die Bruttoschulden setzen sich zusammen aus den lau- fenden Verbindlichkeiten sowie den kurz- und langfristi- gen Finanzverbindlichkeiten des natio nalen FS-Modells.

Nicht dazu zählen derivative Fin anzinstrumente und pas- sivierte Inves titionsbei träge. In Anlehnung an die Defi- nition des Maastricht-Vertrags sind die Bruttoschulden zu Nennwerten bewertet.

2 Der Schuldenstand 2012 der Kantone und Gemeinden basiert auf den Kantonsdaten und den Gemeindeprognosen vom Feb- ruar 2014.

3 Die Daten zu den kantonalen BIP existieren für die Jahre 2008 bis 2011. Dem Jahr 2012 wurde die vereinfachte Annahme unter- stellt, dass die kantonalen Wirtschaftsleistungen im Schweizer Durchschnitt gewachsen sind. Die Rückrechnung bis 1990 erfolgt auf Basis der kantonalen Netto-Volkseinkommen zu Faktorkosten (BFS).

4 Die in diesem Artikel angegebenen Steuerfüsse stammen von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) und beziehen sich auf die Einkommens- und Vermögenssteuern der natürlichen Personen bei Kantonen und Kantonshauptorten.

(3)

46 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2014

Spotlight

begann die Schuldenquote ab 2001 wie- der zuzunehmen. Die Genfer Schulden erreichten 2006 ihren Höchststand von 25,4 Mrd. Franken. Die Schuldenquote lag 2005 mit rund 78 % am höchsten. Sie ging bis 2010 auf 46,6 % des nominalen BIP zu- rück und stabilisierte sich seither.

Im Gegensatz zu den Kantonen Genf und Waadt erfuhr die Walliser Schulden- quote schon im Jahr 1998 ihren Höchst- stand. Den Turnaround schaffte der Kanton ab 2003 aufgrund von sukzessiv besseren Finanzierungssaldi sowie tiefe- ren Bundesschulden. Trotz Finanzkrise und rezessivem Umfeld erfuhr die Walli- ser Wirtschaft 2009 einen realen BIP-An- stieg um 2,5 %. Damit erreichte die kanto- nale Schuldenquote ihren Tiefststand von 43,3 % des nominalen BIP. 2012 wird mit einem leichten Anstieg gerechnet.

Ostschweiz

In der Ostschweiz bewegen sich die Schuldenquoten der Kantone (Grafik 4 zeigt einige ausgewählte Kantone) zwi- schen 20 % und 55 % des BIP. Bis zum Aus- bruch der Banken- und Finanzkrise im Herbst 2008 verfügte der Kanton Glarus über die niedrigste Schuldenquote. Einzig in den Jahren 2000 bis 2002 fiel die Quote von Appenzell Innerrhoden dank eines starken BIP-Wachstums zwischenzeitlich darunter. Die Glarner Schuldenquote er- reichte im Jahr 2008 ihren Höchststand;

der Schuldenstand indes war im Jahr 2004 am höchsten. Die Umgliederung von Fremd- in Eigenkapital im Zusammenhang mit der Umstellung auf das harmonisierte Rechnungslegungsmodell für die Kantone und Gemeinden (HRM2) sowie die Glarner Gemeindereform führten 2011 zu einem grossen Schuldenrückgang. Dabei sank die Schuldenquote um 3,4 Prozentpunkte.

Der Kanton Appenzell Innerrhoden hatte im betrachteten Zeitraum hinter dem Kanton Nidwalden das zweitkräftigste Wirtschaftswachstum der Schweiz zu ver- zeichnen. Infolgedessen konnte der Kanton mitsamt seinen Kommunen im Jahr 2010 deutlich höhere Fiskaleinnahmen schrei- ben und Schulden abbauen. Der Steuerfuss im Kanton lag dabei unverändert bei 85 %;

jener des Kantonshauptortes wurde um 5 Prozentpunkte auf 97 % erhöht. Seither bewegt sich die Schuldenquote des Kan- tons Appenzell Innerrhoden, der als ein- ziger Kanton keine Fiskalregel hat, wieder am untersten Skalenende der Ostschweizer Kantone. Am oberen Ende befindet sich dagegen die Quote des Kantons Graubün- den. Seit 2010 bewegt sie sich unterhalb von 44 % des kantonalen BIP.

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Genferseeregion Genf Waadt Wallis

In % des Bruttoinlandprodukts Grafik 3

Schuldenquote der Genferseeregion, 1990–2012

Quelle: EFV / Die Volkswirtschaft Anmerkung: Die schwarze Linie markiert die

Schuldenobergrenze von 60% der Euroländer gemäss Maastricht-Kriterien.

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Ostschweiz Appenzell Innerrhoden Glarus Graubünden St. Gallen In % des Bruttoinlandprodukts

Grafik 4

Schuldenquote der Region Ostschweiz, 1990–2012

Quelle: EFV / Die Volkswirtschaft Anmerkung: Die schwarze Linie markiert die

Schuldenobergrenze von 60% der Euroländer gemäss Maastricht-Kriterien.

(4)

47 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2014

Spotlight

Quasi im Gleichklang verliefen die Schul- denquoten des Kantons St. Gallen und der Ostschweiz. Dies erstaunt nicht weiter, da St. Gallen rund 46 % zur Wirtschaftsleistung der Ostschweiz beiträgt. In den Jahren 1993 bis 1995 lag die St. Galler Quote leicht über derjenigen der Ostschweiz, ab 2007 rund 2 Prozentpunkte darunter. Die Einhaltung der Schuldenbremse gelang dem Kanton seit 2010 nur wegen hoher Bezüge aus dem freien Eigenkapital. Angesichts der Haushaltsdefi- zite wurde 2012 eine Erhöhung des kantona- len Steuerfusses von 95 % auf 105 % notwen- dig. Der Steuerfuss des Kantonshaupt ortes blieb dagegen unverändert bei 144 %.

Trend zum Schuldenabbau leicht gebremst

Die Betrachtung der Schuldenquoten zeigt ein Bild vergangener Finanzpolitik.

Zum Grossteil widerspiegeln die Quoten die Entwicklung der Finanzierungsergeb- nisse der öffentlichen Haushalte sowie der regionalen Wirtschaftsleistungen. In den letzten 20 Jahren trugen die Einwohner der

Westschweizer Kantone – allen voran Genf – die grösste Schuldenlast.

In den nächsten Jahren dürfte die Schweizer Wirtschaft trotz der Turbulen- zen (Finanzmarkt- und Schuldenkrise) in manchen EU-Ländern wieder an Dynamik gewinnen. Doch werden die revidierten Ge- setzesbestimmungen zur Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen öffentlich-rechtli- cher Körperschaften5 den Trend zum Schul- denabbau bremsen. Wie im Rechnungsjahr 2012 werden die Rekapitalisierungen von Pensionskassen die Passivseite der Kantone und Gemeinden auch in den kommen- den Jahren beeinflussen. Trotzdem dürfte sich die Schuldenquote des Staatssektors der Schweiz zukünftig wieder verringern, wenngleich mit geringerer Dynamik.

5 Diese sind seit 1. Januar 2012 in Kraft. Mit dem Ziel, die finanzielle Sicherheit der Vorsorgeeinrich- tungen zu gewährleisten, verlangen sie u. a. die Er- reichung eines differenzierten Zieldeckungsgrades von 80 % binnen 40 Jahren und die Herauslösung der Pensionskassen aus der öffentlichen Verwal- tungsstruktur.

Bio gegen Hunger:

Hilfe zur Selbsthilfe.

Per SMS 20 Franken spenden. Mut 20 an 488.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Unteres Quartil aller RAV-Werte (Wert des 25%-RAV) Neuntes Dezil aller RAV-Werte (Wert des 90%-RAV) Erstes Dezil aller RAV-Werte (Wert des 10%-RAV) Oberes Quartil aller RAV-Werte

Dank Privatisierungen und einem konjunkturellen Wachstum dürfte sich der Rückgang der öffentlichen Schulden in Schweden bis 2014 fortsetzen und 35,5% des BIP erreichen.. Auch

Im Jahr 2011 wird die konjunkturelle Erholung bei den Sozialversicherungen sichtbar, während beim Bund auf Grund hoher ausserordentlicher Ausgaben (Einlage in

Wenn es im politischen Prozess nicht gelingt, recht- zeitig eine zielführende Reform zu beschlies- sen, dann stellt der Automatismus sicher, dass die Überwindung einer

In einer Studie schätzten wir zum einen, welchen Effekt das Schulden- niveau der Kantone auf den Zinssatz hat, und zum anderen, wie daraus die optimale Schul- denquote

Die Schweiz steht mit einer Schulden- quote von 40,5 Prozent im Jahr 2018 relativ gut da.. Die Schulden

*Immobilienpreisindex (Einfamilienhäuser; 2000=100) Der Index misst den Preis, der beim Verkauf von Einfamilien- häusern im mittleren Segment erzielt wurde. SNB, WÜEST PARTNER, BWO

Ab dem Jahr 2009 beginnen sich jedoch die Auswirkungen der Wirtschaftskri- se auf die Resultate der Kantone, Gemeinden und öffentlichen So- zialversicherungen auszuwirken;.. und