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Predigt zu Apostelgeschichte. 6,1-7 Pfarrer Dr. Fabian Kliesch 6. September 2020

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Predigt zu Apostelgeschichte. 6,1-7 Pfarrer Dr. Fabian Kliesch

6. September 2020

»Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft und deinem ganzen Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst« (Lukas 10,27)

Diese Worte fassen alle Gebote Gottes zusammen. Gottesliebe,

Nächstenliebe und Selbstliebe beachten. Wer sich danach richtet, wird ein gutes Leben führen. - Aber wie sieht das konkret aus? Der

Gesprächspartner von Jesus will es genau wissen und fragt: „Wer ist denn mein Nächster?“ Wer ist die Person, der ich helfen soll?

Als Antwort erzählt Jesus das Gleichnis vom Menschen der unter die Räuber gefallen. Wer ist denn mein Nächster?

Jesus erzählt die Geschichte so, dass jeder die Antwort gleich erkennt:

der Nächste ist natürlich derjenige, der auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho von Räubern überfallen, ausgeraubt und halb ot

geschlagen wird. Diesem Opfer gilt die Nächstenliebe in der Geschichte.

Wer ist unser Nächster? Eigentlich ist das heutzugtage ebenso wenig schwer herauszufinden wie in der Geschichte von Jesus. Denn die Person, die uns zum Nächsten werden kann, versteckt sich nicht,

sondern, wenn wir Augen Ohren und Herz nicht verschließen, sehen wir, wem wir helfen könnten. Und es wird viel geholfen.

2015 im Jahr der Flüchtlingskrise gab es so viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer wie noch nie. Und zu Beginn der Corona- Epedemie gab es Netzwerke von Helfenden, die Essen verteilen und Einkaufen wollten, mehr noch als Leute Hilfe brauchten. Und auch unsere Partnerkirchen weltweit: wurden zu unseren Nächsten: auch wenn sie geographisch weit weg sind. Es war und ist unserer Gemeinde ein besonderes Anliegen, in fast jedem Gottesdienst für diese unsere Partnerkirchen zu sammeln, in Argentinien in Südindien und in

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In der Geschichte vom barmherzigen Samariter kommen gleich drei Leute vorbei, die helfen könnten. Die ersten beiden scheren sich nicht um den Verletzten. Erst der dritte kümmert sich um den unter die Räuber gefallenen und das war ein Samariter. Ein Ausländer, einer der eine andere Religion hatte, kurz gesagt, einer, dem man es nicht zugetraut hätte, dass er hilft.

Jesus beendet die Geschichte mit einer Gegenfrage und lenkt den Blick weg von dem Hilfe Objekt hin zu dem Subjekt der Hilfe. Er fragt: Wer ist der Nächste dem, der unter die Räuber gefallen ist?

Also: wer hat sich anrühren lassen von dem Leid des verletzten

Menschen? Natürlich der Samariter. Der hat erkannt, was zu tun ist. Es wird erzählt, dass dem Samariter sich seine Eingeweide vor Mitleid

zusammenkrampften. Das ist die biblische Rede von Barmherzigkeit. Die Eingeweide krampfen sich zusammen vor Mitleid.

Es geht in der Geschichte also zuerst um denjenigen, der helfen kann, nicht um denjenigen, der der Hilfeempfänger ist. Denn wenn jemand angerührt wird, dann ergibt es sich von selber, wer Hilfe braucht.

Gott lieben und die Nächsten wie sich selbst. Wer dieses Gebot

beherzigt so wie der barmherzige Samariter, dem wird ein gutes Leben verheißen. Und wenn eine ganze Gemeinschaft danach lebt, dann wird ihr Wachstum verheißen.

„Halleluja! Wohl dem, der den HERRN fürchtet, der große Freude hat an seinen Geboten! Sein Geschlecht wird gewaltig sein im Lande.“ So

haben wir im 112. Psalm am Anfang des Gottesdienstes gebetet.

Der Evangelist Lukas ist der Autor der Geschichte vom barmherzigen Samariter und er ist auch der Autor der Apostelgeschichte. Das ist die Erzählung, die nach Tod und Auferstehung Jesu einsetzt und die

Geschichte der Urgemeinde erzählt. Es ist eine Wachstumsgeschichte.

Eine Geschichte wie sich das Evangelium und die Gemeinde von Jerusalem ausbreitet über Palästina und die angrenzenden Länder bis hin in die ganze damals bekannte Welt.

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Wachstumsmotor ist der Geist Jesu, der schon im barmherzigen

Samariter lebendig war, und der sich durch das Pfingstwunder auf alle Menschen ausgebreitet hat. Der Geist Jesu, der Heilige Geist, der einen tätigen Glauben bewirkt. Einen Glauben, bei dem Beten und Tun des gerechten zusammenhängt. Und so ist es ein Kennzeichen der

Urgemeinde, dass die Apostel nicht nur predigen, sondern auch heilen und arme Menschen in der Gemeinde versorgen.

In Apostelgeschichte im 6. Kapitel wird dann von einer

Wachstumsbremse berichtet. Es geht um einen Konflikt, der die

Gemeinde stagnieren lässt, aber dann auf demokratische Weise gelöst wird.

Predigttext Apg 6,1-7

In diesen Tagen aber, als die Zahl der Jünger zunahm, erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde gegen die hebräischen, weil ihre Witwen übersehen wurden bei der täglichen Versorgung. Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen:

„Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und zu Tische dienen. Darum, liebe Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Geistes und Weisheit sind, die wollen wir bestellen zu diesem Dienst. Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben.“

Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Proselyten aus Antiochia. Diese stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten ihnen die Hände auf. Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem. Es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam.

Anlass des Konfliktes ist die Auseinandersetzung zweier Gruppen. Zu der Jerusalemer Gemeinde gehörten neben den hebräisch sprechenden, alt eingesessenen, auch griechisch sprechende Menschen aus anderen

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Geldzuwendung bekamen. Die Apostelgeschichte spricht von einem Murren, weil die griechisch sprechenden Witwen nicht so gut versorgt wurden wie die hebräischen. Also die neu zugezogenen wurden

schlechter behandelt.

Hinter dem Murren steckte sicher eine größere Auseinandersetzung, die das Gemeindewachstum hat stagnieren lassen.

Wenn es einen Konflikt in der Gemeinde gibt, muss dieser erst gelöst werden, bevor das Gemeindeleben wieder neu Fahrt aufnehmen kann.

So heißt es dann am Ende der Geschichte nach Lösung des Konfliktes:

„Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem.“

Und wie haben sie es gelöst? Die Apostel haben eine

Gemeindeversammlung einberufen. Es wurde nicht darüber diskutiert, wer die Versorgung braucht. Nicht die Frage wer ist mein Nächster wurde diskutiert. Sondern in einer Zeit ohne Sozialversicherung war es klar: alle Witwe in der Gemeinde brauchen Unterstützung.

In der Gemeindeversammlung war vielmehr das Thema, dass die

Apostel an ihre Kräftegrenzen gestoßen waren bei dem Gemeindedienst, bei dem sie predigten und auch soziale Dienste vornahmen. Die 12

Apostel gestanden sich ein: wir brauchen Hilfe, wir müssen die Aufgabe der sozialen Versorgung delegieren.

Der barmherzige Samariter ist dafür ein sehr gutes Vorbild. Er hat seine Hilfe auch delegiert. Den ersten Teil der Versorgung hat er übernommen, hat den Verletzten versorgt, und auf seinem Reittier bis zur nächsten Herberge gebracht. Dann hat er dem Wirt Geld gegeben und ihn um die Versorgung des Verletzen gebeten. Denn er selber musste weiterziehen.

Alles andere hätte ihn überfordert.

Überfordert waren die Apostel in der Urgemeinde, mit der Versorgung der Witwen sind sie nicht hinterhergekommen und haben bei den

Neuzugezogenen ihre Kräfte eingespart. Das ist Ihnen gründlich auf die Füße gefallen.

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Nun suchten sie nach Menschen, die allen Witwen und allen bedürftigen in der Gemeinde zu Nächsten werden konnten. Die Voraussetzung dafür war, dass diese Menschen einen guten Ruf haben und voll Geistes und Weisheit sind.

Der Gemeindeversammlung gefiel es gut, dass sie von den Aposteln gehört wurden und dass sie entscheiden konnten. Die

Gemeindeversammlung wählte 7 Armenpfleger. Alles Menschen mit griechisch klingenden Namen. Bei denen war gesichert, dass sie auch die griechisch sprechenden Witwen gut versorgten.

Arbeit wurde aufgeteilt und delegiert. Denn die Aufgabenfülle der Gemeinde war zu groß geworden: predigen, heilen und

Essensversorgung kann nicht eine Gruppe alleine ausführen, es braucht viele Schultern.

Auch in unserer Gemeinde sind Aufgaben aufgeteilt. In Zeiten der sich verändernden Gebäudesituation wurde immer wieder neu ausgehandelt, wer wie zuständig ist, und in Zeiten von Corona wurde sowieso noch einmal alles durcheinander gemischt: Wie können wir es für Menschen da sein in diesen Zeiten, wie können wir neue Ideen ausprobieren, wie können wir für die Zukunft planen? Es ist ein Geschenk, dass so viele Menschen hier in dieser Gemeinde , zu Menschen, die wie der Samariter wurden.

Menschen, die einfach getan haben, war dran war und wozu sie in der Lage waren. Danke dafür!

Wer ist der Nächste dem, der unter die Räuber gefallen ist?

Diese Frage gilt uns. Wir sollen uns mit dem Samariter identifizieren und auch zur Nächsten werden. Immer wieder auf ein Neues.

Das geht auf unterschiedliche Weisen: entweder ist es wie bei dem

Samariter: uns ziehen sich die Eingeweide vor Mitleid zusammen und wir können gar nicht anders als einfach anpacken und helfen.

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angesprochen, ob ich diesen oder jenen Dienst übernehmen könnte. Ich fühlt sich begeistert, begabt berufen für diese delegierte Aufgabe.

Manchmal sind vielleicht auch wir die, die unter die Räuber gefallen sind.

Diejenigen, die durch einen Schicksalsschlag oder durch Überlastung oder sonst etwas die Kraft verloren haben und am Boden liegen.

Wer wird uns zum Nächsten?

Wer sieht unsere Not und versorgt unsere Wunden und hilft dass wir wieder zu Kräften kommen?

Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter ist es ganz klar, dass dieser Samariter auch mit Jesus identifiziert werden kann. Jesus selber ist derjenige, der sich über uns erbarmt. Ihm ziehen sich die Eingeweide zusammen vor Liebe und Mitleid, über die Menschen, die Leid erfahren, die am Boden liegen.

Gottes Barmherzigkeit gilt nicht den Menschen allgemein, sondern jedem einzelnen, der am Boden liegt. Gott ist an unserer Seite und hilft uns, dass wir aufstehen und selber zu Menschen werden können, die Barmherzigkeit weitergeben können.

Und so ist die Verbindung mit Jesus Christus in jeder Tat der

Nächstenliebe ganz eng. Dann geht der Himmel auf, und ein leuchten kommt in die Augen:

„Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

Amen.

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