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Vorwort. sachfremden Dingen in einen nicht zutreffenden und daher unerlaubten Zusammenhang gebracht. 1 Vorwort 9

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1 Vorwort 9

Vorwort

»Auf wissenschaftlichem und technischem Gebiet gibt es Entdeckungen, die lediglich dem Zufall zu verdanken sind, andere sind durch mühsame Nachforschungen nach ver- muteten oder a priori logisch gefolgerten Tat- sachen gefunden worden, noch andere wur- den auf dem Wege planmäßiger Beobachtung gefunden. Die Entdeckung der Naturelltypen verdanke ich dem letzten der drei Wege.«1 So schrieb es Carl Huter.

Die ersten Naturelle entdeckte Carl Huter in der Zeit zwischen 1866 und 1868 in sei- nem Heimatdorf Heinde bei Hildesheim. Da- mit war aber der Weg zu einer Naturell-Lehre erst eröffnet.

Die von Huter gewählte Bezeichnung ‹Na- turell› meint nicht eine vererbte oder nicht vererbte allgemeine Wesensart, sie meint we- niger, nämlich die Grundwesensart. Sie meint nicht das Insgesamt aller individuellen Merk- male, wohl aber die Grundlage in die sich die individuellen Merkmale einordnen. Gelegent- lich im allgemeinen Sprachgebrauch vorkom- mende Wendungen wie ‹bescheidenes Natu- rell› oder ‹aggressives Naturell› haben mit dem hier verwendeten Naturell-Begriff nichts zu tun.

Der Begriff Naturell meint schon gar nicht das, was unter dem Begriff Temperament zu verstehen ist. Da der Begriff Temperament fälschlicherweise, aber eben oft im Sinne von Wesensart und Charakter gebraucht wird, wollen wir in diesem Werk eine klare begriff- liche und sachliche Unterscheidung machen.

1 NAT d. h. Carl Huter: Die Naturell-Lehre als Grund- lage der praktischen Menschenkenntnis. Erstauflage 1907, Neuauflage im Carl-Huter-Verlag Zürich, 2004, S. 35. (NAT Beachten Sie das Verzeichnis der Abkür- zungen).

Unter dem Wort Physiognomie verstehen wir das Erscheinungsbild von etwas, etwa eines Gesichtes, aber auch einer Landschaft oder einer Oper. Unter Physiognomik verste- hen wir die zumeist auf Erfahrung beruhen- de Lehre oder auch die Kunst der Ausdrucks- deutung. Unter der Bezeichnung ‹Huterʼsche Psychophysiognomik› ist die von Carl Hu- ter (1861-1912) begründete und ausgebaute, wissenschaftlich fundierte Physiognomik zu verstehen. Diese Bezeichnung ist notwen- dig, um die wissenschaftliche Physiognomik von anderen, teils sehr schätzenswerten, teils aber auch unhaltbaren, teilweise sogar wis- senschaftlich wie ethisch abwegigen Physio- gnomik-Lehren zu unterscheiden. Die klaren begrifflichen Trennungen, die Carl Huter vor- nahm, haben allerdings die Nachwelt nicht daran gehindert, diese Klarheit wieder zu ver- lassen. Selbst die Bezeichnung ‹Huterʼsche Psychophysiognomik› wurde, zumeist zu Re- klamezwecken, immer wieder mit gewissen sachfremden Dingen in einen nicht zutreffen- den und daher unerlaubten Zusammenhang gebracht.

1 Fritz Aerni, geb. 1945, am 27. Februar 2013.

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Die Naturell-Lehre ist ein natürliches Ord- nungssystem in der milliardenfachen Vielfalt menschlicher Individuen, ja allgemein in der Natur.

Die Naturelle sind etwas Inneres, etwas physisch und psychisch Wesentliches. Sie un- terscheiden sich daher von ethnischen Merk- malen, die im Wesentlichen verursacht sind durch äußere Einflüsse, etwa Klima, Boden- beschaffenheit und Sonnenbestrahlung, und die vererbt werden.

Die Naturelle kommen in gleichem Sinne in allen Ethnien vor. Die Naturell-Lehre führt nicht zur Diskriminierung von Ethnien oder einzelnen Menschen. Sie führt zum Verständ- nis untereinander und zur Versöhnung inner- halb der Menschheitsfamilie.

Die Naturell-Lehre ist nicht nur ein natürli- ches psychophysiologisches Ordnungssystem und eine natürliche, psychophysiologische Typenlehre. Sie umfasst auch die Naturell- Harmonielehre, eine Lehre der (therapeuti- schen und sozialen) Behandlung der Men- schen und eine ‹Lehre von der Rangordnung der Persönlichkeiten›. Auf die Naturell-Lehre gründet sich das Erkennen der allgemeinen Tendenz der Bedürfnisse und Eigenarten je- des einzelnen Menschen ebenso wie eine neue Gesellschaftswissenschaft, eine neue Staats- wissenschaft, Pädagogik, Psychologie und eine neue Heilwissenschaft. Sie hebt Einsei- tigkeiten bisheriger Ansichten und Bestrebun- gen auf, indem sie auf die unterschiedlichen Bedürfnisse, Reaktionsfähigkeiten und Ei- genarten der Menschen hinweist.

Eigentlich ist die Naturell-Lehre innerhalb der Psychophysiognomik eine Wissenschaft für sich, die fast alle Wissensgebiete positiv befruchten kann.

Die Naturell-Lehre eröffnet das Verständ- nis für lebende wie verstorbene Personen, für gegenwärtige wie historische Persönlich- keiten aller Ethnien. Es haben also die Ge- schichtswissenschaft, die Politikwissenschaft

und die praktische Politik ein gleiches Inter- esse an ihr wie etwa die Medizin, schließlich, was hier nicht näher begründet wird, auch die Physik.

Die auf eine zum Erkennen eines mensch- lichen Individuums untaugliche, nämlich sta- tistische Methodik festgelegte universitäre Psychologie scheint der Naturell-Lehre (und der Psychophysiognomik) aus dogmatisch- methodischen (also nicht aus wissenschaft- lichen) Gründen am fernsten zu stehen. Es könnte aber gerade die Psychologie sowohl in wissenschaftlicher Hinsicht wie, und dies ganz besonders, in ihren praktischen Anwen- dungsbereichen ungewöhnlichen Nutzen aus ihr ziehen.

Die Naturell-Lehre hat das Potenzial, auch die Kunst- und Literaturwissenschaft zu be- fruchten.

Kurz, es gibt kaum ein bedeutendes Wis- sens- und Lebensgebiet, das durch die Huterʼsche Naturell-Lehre nicht wesentliche Impulse erhält. –

Die Naturell-Lehre wurde der populärste Teil der Huterʼschen Wissenschaft, der Psy- chophysiognomik. Es ist aber sehr zu bemer- ken, dass trotzdem bis heute keine wirkliche Rezeption stattgefunden hat, wie es nötig ist, um die Bedeutung der Naturell-Lehre verste- hen zu können.

Das vorliegende Werk will den Weg ebnen zu einer allgemeinen Rezeption und gleich- zeitig einführen in einen wesentlichen Teil der Grundlehren der Huterʼschen Psychophy- siognomik.

Die Naturell-Lehre ist gewissermaßen das ABC der wissenschaftlichen wie praktischen psychophysiognomischen Menschenkenntnis.

Einige Kapitel stützen sich auf entspre- chende Kapitel im ‹Lehrbuch der Menschen- kenntnis›, 1. Auflage 1988 und 3. Auflage 2003, sind verbessert, ergänzt, aktualisiert und wesentlich erweitert.

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1 Vorwort 11

Gewisse sich aufdrängende Beziehungen zur Psychiatrie, Psychoanalyse und Psycho- logie sind punktuell dargestellt. Es kann und will dieses Werk aber nicht eine historische Abhandlung über diese vielfältigen Bezie- hungen sein. Im Vordergrund steht das Ziel, die Leserin, den Leser einzuführen in die Huterʼsche Naturell- und Temperamentslehre.

Ein besonderer Wert wird dabei darauf gelegt, erkenntlich zu machen, wie die Naturell- und Temperamentslehre im Alltag, im Beruf und in der Gesellschaft nutzbringend eingesetzt werden können.

Zur Wahl der Sprache, will ich anmerken, dass diese bewusst erfolgt. Sie soll allgemein verständlich sein und nicht mit einer zumeist selbst für Fachleute unverständlichen Termi- nologie protzen. Als Negativbeispiel schwebt mir die universitäre Psychologie vor Augen, die zwar selten etwas wirklich Neues vorbrin- gen kann, die aber laufend den Wortschatz irgendwelchen Aktualitäten anpasst, in der Meinung, damit die Fortschrittlichkeit und Originalität beweisen zu müssen. Dabei geht aber in aller Regel eine geistige und sprachli- che Verarmung einher.

Ich möchte dazu zwei Beispiele machen:

1. Es wurden in der psychologischen Fach- literatur die Begriffe Empfindung, Gefühl und Stimmung aufgelöst im Begriff Emotion, der aus dem Amerikanischen entlehnt wurde. Al- les ist seither emotional, was irgendwie mit Aufgewühltheit, Gefühlen und Stimmungen zu tun hat. Etwas leise und sanft Gefühlvolles, eine zarte Stimmung ist ebenso emotional, wie ein jubelndes Fußballstadion oder ein toben- der Chef. Es ist das Reduzieren sehr verschie- dener Möglichkeiten menschlichen Innen- lebens und Verhaltens aber kein Fortschritt, sondern eine eigentlich unzulässige Redukti- on und Verarmung. Es ist zu vermuten, dass diese sprachliche Reduktion erfolgte, weil Begriffe wie Empfindung, Gefühl und Stim-

mung direkt aus dem erlaubten szientistisch- ideologischen Repertoire der Psychologie hinausführen. Daher vermeidet man sie.

2. Es wurden in der psychologischen Fach- literatur die Begriffe seelisch, psychisch, geis- tig oder ‹den Verstand und das Bewusstsein betreffend› weitgehend ersetzt durch den Be- griff mental. Was mehr den Verstand und die Wahrnehmung betrifft, ist jetzt auch kognitiv.

Das Wort ‹mental› leitet sich her von der Mens, der römischen Personifikation des Denkens, des Bewusstseins und der Seele.

Die Kenntnis um die Herkunft des Begriffes mental ging jedoch weitestgehend verloren, was dazu einlädt, ihn mit Beliebigem zu fül- len. Geistige Fähigkeiten sind jetzt vielfach mentale, ebenso wie die Leistungshemmun- gen. Wenig erfolgreiche Sportler haben oft mentale Probleme und brauchen daher einen Mentaltrainer. Man umgeht mit diesem Wort den Begriff Seele oder Psyche, seelische oder psychische Prüfungsprobleme eines Studen- ten sind jetzt mentale. Damit wird die Spra- che von Begriffen und Inhalten ‹gereinigt›, die man aus dem Weltbild drängen will. Es werden also offene Fragen und nicht erhellte Problemkreise aus dem Wortschatz und damit aus dem geistigen Repertoire verdrängt, an- statt sie zu lösen oder zu erhellen.

Nächst dem, dass diese Begriffe eine Ver- armung bedeuten, werden sie auch noch alle paar Jahre durch neue abgelöst. Sigmund Freud (1856-1939) galt einmal als das größ- te psychologische Genie des 20. Jahrhun- derts und die Begriffswelt der Psychoanaly- se war nicht nur weit verbreitet, sie hat, wie es hieß, die Kunst und Kultur des 20. Jahr- hunderts beeinflusst wie keine andere. Inzwi- schen ist Freuds Psychoanalyse zusammenge- schrumpft und weitgehend aus dem Lehrplan der Universitätspsychologie verschwunden.

In den USA ernannte man den Behavioristen Burrhus Frederic Skinner (1904-1990) neben Freud zum bedeutendsten Psychologen des

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20. Jahrhunderts. Auch seine Begrifflichkeit, die eine gänzlich andere war als diejenige Freuds, hat die Aktualität verloren und wurde durch neue abgelöst.

Man wird diese Manie, neuen und reduzie- renden, vermeintlich wissenschaftlichen und modernen Begriffen nachzurennen, wieder aufgeben müssen und das reichhaltige Ange- bot der deutschen Sprache und anderer Spra- chen besser nutzen. Es ist auch kein Zeichen von Intelligenz und vor allem kein Erkennt- nisfortschritt, wenn altbekannte Sachverhal- te in eine allgemein unverständliche Sprache übersetzt und so kodifiziert werden, dass sie nur noch, falls überhaupt, von anderen Fach- leuten und Eingeweihten verstanden werden können. Die Medizin hat sich für die Allge- meinheit am unverständlichsten ausgedrückt, als sie über den Bau und die Funktion des menschlichen Organismus, über die mensch- lichen Krankheiten und wie man sie heilen kann am wenigsten verstand. Sie hat mit der für die Mehrheit (und vor allem für die Patien- ten) unverständlichen Sprache eigenes Nicht- wissen und Nichtkönnen kaschiert. So macht es nun die universitäre Psychologie.

Ein aktuelles Beispiel hierzu. Es ist ent- nommen aus dem Eintrag von Rolf Reber, Professor für Psychologie an der Universität Bergen/Norwegen, in Wikipedia (Stand Juni 2013):

»Er [Rolf Reber] hat geforscht über die Verarbeitungsflüssigkeit (engl. processing fluency), vor allem für die von ihm, Norbert Schwarz (University of Michigan) und Pio- tr Winkielman (University of California, San Diego) entwickelte Verarbeitungsflüssigkeits- theorie der Schönheit. Nach dieser Theorie hängt das Schönheitserleben von der erleb- ten Leichtigkeit der kognitiven Verarbeitung des Gegenstandes ab, vor allem dann, wenn die Quelle dieser Verarbeitungsflüssigkeit unerkannt bleibt.« Eine Theorie: Verarbei-

tungsflüssigkeitstheorie der Schönheit. Was gemeint ist, hat allerdings nicht auf die Ent- deckung durch Rolf Reber et alii gewartet, ist vielmehr seit Menschengedenken bekannt, aber nie so unverständlich, also hässlich, sprachlich formuliert worden. Als schön emp- funden wird, was harmoniert; Disharmonie wird als hässlich empfunden. Disharmonie erschwert alle Lebens- und Erkenntnispro- zesse, Harmonie erleichtert sie. Da die Na- tur nach mathematischen Gesetzen optimiert ist, tendiert sie zu schönen Lösungen. Es gilt in diesem Falle also: Was an dieser Verarbei- tungsflüssigkeitstheorie gut ist, ist nicht neu, und was neu ist, ist nicht gut. Indem etwas Bekanntes optimal unverständlich gemacht wird, ist es noch lange keine Entdeckung und erst recht keine Wissenschaft. –

Noch ein Wort zur Menschlichkeit und den Menschenrechten: Manche Menschen können Ungleichheit nicht ertragen, lobprei- sen aber die individuelle Einzigartigkeit je- des Menschen. Vielfalt der Menschen, der Völker, der Ethnien muss ebenso als Tatsa- che akzeptiert werden wie die Tatsache, dass alle Menschen durch das Menschsein verbun- den sind. ‹Gleichheit vor dem Recht› meint nicht ‹Gleichheit von Natur aus›. Alle Men- schen seien von Natur aus mit allen emotio- nalen, kognitiven und mentalen Fähigkeiten

‹von Natur aus gleich› ist eine unbewiese- ne und nicht beweisbare Behauptung, die im Kern gegen die Menschenrechte gerichtet ist.

Gleichheit würde die Einmaligkeit und indivi- duelle Würde nämlich aufheben. Die Respek- tierung der individuellen Würde jedes einzel- nen Menschen, die an seine Einmaligkeit und damit Unersetzbarkeit gebunden ist, braucht die Gleichheitsbehauptung nicht. Die Gleich- heitsbehauptung hat auch nicht wissenschaft- lichen, sondern ideologischen Charakter, sie dient der Durchsetzung einer bestimmten Ideologie.

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1 Vorwort 13

Carl Huter schrieb, diese Gedanken unter- streichend:

»Du sollst niemanden kränken und nie- mandem Gewalt antun, weder in seinem Glauben, noch in seiner Liebe, noch in sei- ner Menschenwürde.«2

Und in einem seiner Stammbuch Merk- sprüchlein lesen wir:

»Einem Antisemiten. Wo man kämpft, da kämpfe man sachlich; Personen-, Rassen- und Klassenhetze ist eines gebildeten Men- schen unwürdig.«3

Sodann schrieb er in einer Dichtung:

»Bete, dass bald auferstehʼn Viele tausend Weltpropheten, Die durch alle Lande gehʼn, Um die Weisheit zu verkünden Auf dem ganzen Erdenrund:

Rassen, Klassen, Nationen Treten in den Hintergrund,

Weil auf Erden Menschen wohnen!«4 In seinen mehr wissenschaftlichen Wer- ken hat er ebenfalls vielfach nicht nur seiner Überzeugung Ausdruck gegeben, dass alle Menschen in ihrer individuellen Einzigartig- keit zu achten und zu würdigen sind. Er hat auch stets dazu aufgefordert, es ihm gleich zu tun, also die individuelle Einzigartigkeit aller Menschen zu würdigen und zu achten.

Er hatte, beispielsweise, in der Absicht, eine politische Parteigründung anzuregen, gefor- dert, es dürfe der Staat in Zukunft keine Ras- se, keine Religion, keine Partei und kein Ge- schlecht bevorzugen oder benachteiligen; dies aber müsse als kallisophische Lehre nach und nach überall durchgesetzt werden. Diese For- mulierung ging wesentlich weiter als das ist, was heute im deutschsprachigen Europa und

2 GLO 173.

3 GLO 273.

4 GLO 122.

in der westlichen Welt praktiziert wird. Dem- entsprechend schlecht kam Huters Forderung an. Es wurde keine Partei mit einem solchen Programmpunkt gegründet. In der nachfol- genden Zeit, also im 20. Jahrhundert, wurde bis nach dem zweiten Weltkrieg, eigentlich bis zur berühmten Rede von Martin Luther King ‹I have a dream›, kaum ein Schritt in diese Richtung getan. Die aktuelle Political Correctness, die Anfang der 1990er Jahre an amerikanischen Universitäten erfunden wur- de, kümmert sich bevorzugt um die Sprachre- gelung. Gewisse Wörter werden demnach als rassistisch oder einfach als Verstoß gegen die Political Correctness gewertet. Man darf des- halb beispielsweise das Wort Neger für einen Schwarzafrikaner nicht mehr verwenden. Und sogleich entstand daraufhin eine Säuberungs- welle, die dafür sorgte, dass aus der Literatur dieses Wort entfernt wurde. Seither hat sich die Liste der geächteten oder gar verbotenen Wörter in die Länge gezogen. Die Sache als solche geht dabei gelegentlich vergessen.

Carl Huter schrieb im Zusammenhang mit dem zu seiner Zeit virulenten Rassismus und Antisemitismus: »Einen Menschen seiner Rasse wegen verfolgen zu wollen, bedeutet dasselbe, wie einen Stein, an dem man sich stößt, durchprügeln zu wollen. ... Niemand kann seiner Rasse wegen verantwortlich ge- macht werden, niemand braucht sich aber auch seiner Rasse wegen verdrängen zu las- sen. ... So wie nun die Rassenmoral zu Kampf oder Wehr gelangt, so führt die Naturellmoral zum richtigen Verständnis der Wechselwir- kung von Mensch zu Mensch, zur mensch- lichen Körper- und Seelenharmonielehre. ...

Der edle Gedanke, die Menschenliebe auf alle Menschen zu übertragen, scheiterte an allen möglichen Widerständen, besonders aber an der Unkenntnis der menschlichen Natur.«5

Den damit angedeuteten Idealen, nämlich einem besseren Verständnis der Menschen,

5 MEN 574.

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jedes einzelnen Menschen und der Menschen untereinander im Privaten, aber auch im öf- fentlichen Leben und zwischen Staaten und Völkern soll auch das vorliegende Werk die- nen. Wenn es einen Beitrag dazu leisten kann, dann habe ich mein Ziel erreicht. –

Im vorliegenden Werk in Zitaten vorkom- mende Einschübe, Erläuterungen, Kommen- tare oder Zusatzinformationen werden in [eckige Klammern] gesetzt. Auslassungen werden mit ... markiert.

Ich danke allen, die mich bei der Arbeit an diesem einführenden Werk, das mir so sehr am Herzen liegt, direkt oder indirekt unter- stützt haben. Es sind dies vor allem die Mit- arbeiter am Carl-Huter-Institut und an der

Carl-Huter-Akademie. Die Studentinnen und Studenten der Carl-Huter-Akademie haben mir, ohne es zu wissen, beigebracht, wie der Stoff möglichst eingängig zu gestalten ist.

Manche Anregung verdanke ich auch Ma- ria Amsler und Nicole Renevey, den uner- müdlichen Dozentinnen an der Carl-Huter- Akademie Zürich.

Das Manuskript hat Antonia Aerni Kabas- haj lektoriert, Elisabeth Aerni hat mich bei der Beschaffung des reichhaltigen Bildmaterials unterstützt und Konrad Aerni hat die techni- sche Herstellung des Buches betreut.

Ihnen allen gilt mein von Herzen kommen- der Dank.

Zürich, im Juli 2013

Fritz Aerni

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Seine Sprache ist oft kurz und bündig.

Selbst wenn es sich freut, kann es in aller Kür- ze sagen: »Freude herrscht!«

Das Bewegungsnaturell hat eine besonde- re Neigung, Abkürzungen zu gebrauchen. Es liebt auch Uniformen, Rangabzeichen und Orden. Berufe und Tätigkeiten, in denen die- ses Naturell besonders zahlreich vertreten ist, sind deshalb häufig uniformiert, etwa bei der Polizei, beim Militär, beim Verkehrsbetriebs- wesen und beim Zoll.

Die Unterhaltungen der Bewegungsna- turelle kreisen mit Vorliebe um dynamische Lebensereignisse, um Sport, Militär, Krieg, Autos und Technik. Als Militärs entwickeln sie eine besondere Vorliebe für mobile An- griffs- und Abwehrwaffen. Während der ge- selligen Unterhaltung ist dem Bewegungs- naturell nicht so wichtig, dass und was es zu essen und zu trinken gibt, vielmehr hat es

das Bedürfnis, bald wieder aufzustehen und die Beine zu betätigen. Beim Trinken bevor- zugt es lange, hohe Gefäße. Es setzt sich, im Unterschied zum Ernährungsnaturell, gerne an Theken und auf Barhocker.

Das Bewegungsnaturell ist wenig ökono- misch. Es vertraut auf seine Kraft und dass es ihm stets möglich ist, sich irgendwie zu be- haupten. Besitztum opfert es leicht zu Guns- ten seiner bevorzugten Neigungen.

Da die Bewegungsnaturelle sich stark an Wettbewerb und Erfolgen orientieren, diese auch durchaus materiell messen wollen, so drängen sie bemerkenswert oft in Bankberu- fe. Sie wirken dann aber mit den anvertrau- ten Mitteln und Möglichkeiten im Sinne ihres Naturelles.

Will man dem Bewegungsnaturell etwas schenken, dann mit Vorteil etwas, das seinen Vorlieben entgegenkommt, etwas, was es im

70 Bewegungsnaturell-Paar beim Joggen im Ge- birge. BLW.

Risikosportarten werden fast ausschließlich von Bewegungsnaturellen betrieben, etwa Sidewall Skiing, Wingsuit flight through cave, Base jumping oder Canyoning.

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4 Die Huter’sche Naturell-Lehre 92

Zusammenhang mit seinen sportlichen, hand- werklichen, technischen und naturbezogenen Neigungen brauchen kann.

Es hat eine besondere Neigung zu Beru- fen im Bau- und Forstwesen, in der Landwirt- schaft, im Garten- und Straßenbau, bei allen Arten von Verkehrsbetriebsdiensten sowie zu Berufen im Verbrechensbekämpfungs-, Wehr- und Grenzwachtwesen. Es findet sich aber auch besonders häufig in technisch-hand- werklichen und Ingenieur-Berufen, in inter- nationalen Großbetrieben, im Verkauf und Außendienst sowie im Sport.

Die individuelle, im Rahmen des Naturel- les liegende Eigenart des Bewegungssystems

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Ein erfolgreicher Eishockeytrainer im Bewegungsnaturell

Kent Ruhnke, Trainer der ZSC Lions, aufgenom- men am 6. August 1999. Kent Ruhnke war in frü- heren Jahren selbst Spieler.

Nicht alle, aber viele Bewegungsnaturelle lieben den Sport und machen den Sport attraktiv. Sie brauchen mehr ausgreifende, anstrengende Be- wegung als die beiden anderen Grundnaturelle.

Foto: Keystone/Michele Limina 72

Ein Offizier

im Bewegungsnaturell

Christoph Keckeis am 6. April 1999 in Bern, zu je- ner Zeit Generalstabschef der Schweizer Armee.

Die hageren, knochigen Gesichtszüge, betonte Unterstirn, Kiefer und Kinn sind für dieses Naturell typisch.

Foto: Keystone/Lukas Lehmann

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und des Verhältnisses der einzelnen Teile des- selben zueinander ergibt mancherlei körper- bauliche Besonderheiten oder Varianten des Bewegungsnaturelles.

Ist das passive Bewegungssystem, das Knochensystem, robust gebaut und die übri- gen Teile des Bewegungssystems, vor allem die Muskulatur, ebenfalls, so ist der Mensch stark im passiven Widerstand und in der Be- harrlichkeit. Die robuste Passivität ist in die- sem Fall physisch wie psychisch schwer zu überwinden. Aber wenn sie einmal gereizt und in Gang gesetzt sind, sind solche Menschen nur schwer vom eingeschlagenen Weg abzu- bringen. Die einmal eingeschlagene Richtung

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Eine Bergführerin im Bewegungsnaturell

Die Bergführerin Evelyne Binsack, aufgenommen kurz vor dem Abflug nach Nepal auf dem Flugha- fen Zürich Kloten am Samstag, 31. März 2001. In Nepal wollte sie sich einer neuseeländischen Hi- malaja-Expedition anschließen. Ziel der zweimo- natigen Expedition war es, den mit 8‘848 Metern ü. M. höchsten Berg der Erde, den Mount Everest, über die Nordroute zu besteigen. Evelyne Binsack wollte als erste Schweizerin aufs ‹Dach der Welt›, was sie auch erreichte.

Foto: Keystone/Walter Bieri 74

Ein Alpinist und Fotograf im Bewegungsnaturell

Der Alpinist und Fotograf Robert Bösch kurz vor dem Abflug nach Nepal. Er begleitete Evelyne Bin- sack fotografisch auf der Besteigung des höchsten Berges der Erde. Robert Bösch ist einer der erfah- rensten Alpin-Fotografen der Welt.

Foto: Keystone/Walter Bieri

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4 Die Huter’sche Naturell-Lehre 94

wird von ihnen beharrlich und wuchtig fort- gesetzt.

Dieser Mensch ist relativ zu seiner Größe – nicht wegen der Knochen, sondern wegen der Muskulatur und aller verbindenden Gewe- be, Bindegewebe und Sehnen – schwer, was ihm ermöglicht, gewichtig aufzutreten und als Schwergewicht wahrgenommen zu werden, was vielleicht in der lokalen Politik und in der Wirtschaft nützlich ist. Ein psychisches oder intellektuelles Schwergewicht ist er allerdings deswegen nicht unbedingt. Immerhin vermit- telt ihm der kräftige Körperbau auch noch ein starkes unbewusst sich entfaltendes körperli- ches und psychisches Kraftgefühl.

Ist dahingegen das passive Bewegungs- system, das Knochensystem, dünn, zierlich, leicht gebaut, so zeigt dies die Neigung zu leichter physischer Bewegung sowie geistiger Beweglichkeit. Leichte, grazile Bewegungen, ohne zusätzliche Belastungen (etwa durch das Tragen von Werkzeugen, Rucksack oder Sportgeräten) entsprechen diesem Körperbau.

So gebaute Menschen sind leichter aufzuhal- ten und leichter zu einer Richtungsänderung zu bewegen. In unruhigen Situationen und Zeiten werden sie leicht nervös und sind dann buchstäblich ohne starken inneren Halt hin- und hergetrieben.

Das Skelett ist das Stützsystem, das dem Organismus in der Ruhe wie in der Bewegung Halt gibt.

Ohne diesen inneren Rückhalt wären, von einem Zucken abgesehen, weder ausgerichte- te oder zielstrebige körperliche Bewegungen noch eine klare psychische Ausrichtung und eine klare geistige Zielsetzung, die Handlun- gen zur Folge hat, möglich. Es wären weder ein entschlossener Willen noch eine Willens- spannkraft möglich.

Das Skelett gibt dem Menschen die indivi- duelle innere Kraft, Stabilität und Kontinuität.

Die innere Kraft des Skeletts bewirkt das Ruhen in sich selbst. Dies ist die Grundlage

für das gerichtete Wirken nach außen, für die entschlossene Bewegung, für das Tragen von Lasten wie auch für die psychische Belastbar- keit und Widerstandskraft.

Der Mensch mit elastischen Knochen, Knorpeln und Sehnen neigt zu Bewegungs- weisen wie Hüpfen, Springen und Klettern, auch zu federnden Bewegungen, während der Mensch mit unelastischen Knochen, Knor- peln und Sehnen gerade diese Bewegungs- weisen meidet. Der junge Mensch hat meist elastische Knochen, der alte Mensch dahinge- gen meist nicht. Der junge Mensch hüpft und springt, während der alte gerade dies meidet.

Nicht nur im Verhalten ist diese Charakteris- tik zu beobachten, sondern auch in der geisti- gen Beweglichkeit und in der elastischen An- passungsfähigkeit, im elastischen Auffangen von Stößen und Angriffen.

Sind die Beine proportional lang, so neigt der Mensch zu gehender, laufender und ste- hender Beschäftigung. Damit geht einher, dass er zu kontrollierenden und überwachenden Tätigkeiten sowie zu vorgesetzten Tätigkei- ten neigt. Er überhebt sich gerne über andere.

Er bevorzugt sodann auch Beinsportarten, er kommt schnell voran und nimmt beim Trep- pensteigen mehrere Stufen aufs Mal. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Knochen mäßig dick und von langen, gespannten Mus- keln umgeben sind. In seiner geistigen und sozialen Entwicklung verhält er sich ähnlich.

Er dient sich, ein Beispiel, in seiner Karrie- re nicht Stufe um Stufe hoch, sondern über- springt auch da Stufen.

Ist der Rumpf proportional lang und schwer, so neigt der Mensch mehr zu sitzen- der Beschäftigung, hat Abneigung gegen das Überwinden der Schwerkraft, gegen das Klet- tern, das Bergsteigen und gegen das Treppen- steigen. Das ist beim Ernährungsnaturell der Fall.

Sind die Arme proportional knochen- und muskelkräftig, so neigt der Mensch mehr zu

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Tätigkeiten wie Heben, Stoßen, Werfen, Zie- hen, Reißen, also zu Arm- und Handwerk.

Sind die Arme lang und von langen, gespann- ten Muskeln umgeben, dann neigt der Mensch mehr zu Tätigkeiten, bei denen Schwungkraft entfaltet werden kann.

Solche Proportionsstudien zwischen den verschiedenen Anteilen des Bewegungssys- tems können sehr verfeinert werden. Da das Skelett die Grundstruktur des physiognomi- schen Erscheinungsbildes eines Menschen formt und entsprechend auffällig ist, wird ge- radezu zu solchen Studien eingeladen. Auch das Verhältnis zwischen Skelett und Muskula- tur ist einer besonderen Betrachtung wert.

Bewegungen beschreibende Begriffe wie wendig, schlangenhaft, steif, schleichend, schnell, langsam, unbeweglich, kantig, eckig, windend, schmiegsam, geschmeidig, ausho- lend, raumgreifend, hemmungslos, gehemmt, harmonisch entstehen aus einer dementspre- chenden Steuerung der Bewegungen durch das Zentralnervensystem. Sie haben ihren Ur- sprung im bewussten oder unbewussten See- lenleben und bringen daher etwas von dem- selben im gleichen Sinn zum Ausdruck.

Ist die gesamte Muskulatur plastisch, nicht hart, aber doch geübt, weist dies auf eine elas- tische, anpassungsfähige, vielseitig aktive Persönlichkeit hin. Sind nur einzelne Anteile der Muskulatur plastisch, gespannt und geübt, so weist dies auf eine entsprechend einseitige Tätigkeitsweise hin.

Ist die Muskulatur dünn und schlaff, so ist dies Ausdruck davon, dass der Mensch gerin- ge Neigung zu Muskelarbeit hat.

Ist die Muskulatur dick und hart, weist dies auf eine Neigung zu anstrengender Muskel- arbeit hin, aus der sich auch das Gefühl und Bewusstsein der körperlichen Kraft und Leis- tungsfähigkeit und des Könnens ergibt.

Die willkürlichen Leistungen der Musku- latur werden erreicht durch eine willkürliche Anspannung derselben.

Es besteht aber auch eine unwillkürliche, andauernde Innervation, die Tonus genannt wird. Der Tonus ist die Spannung der Hal- tung und die Bereitschaftshaltung zu Hand- lungen. Ist der Tonus stark gespannt, so ist der Mensch bereit zu Reaktionen und Taten; ist der Tonus schwach, so ist der Mensch müde, schlaff, spannungslos und hat eine geringe Reaktions- und Tatbereitschaft. Je höher der Tonus, um so angespannter, leistungsberei- ter, ausgerichteter, eingeengter, verkrampfter ist der Mensch; je niedriger der Tonus, um so uninteressierter, müder, schlaffer, entspannter, lockerer, gleichgültiger ist er.

Es sind damit nicht alle Variationsmöglich- keiten des Bewegungssystems beschrieben, aber einige Anregungen zu eigenen Beobach- tungen sind damit sicher gegeben.

Das Empfindungsnaturell

Beim Empfindungsnaturell ist das Empfin- dungssystem durch Anlage und Entwicklung begünstigt.

Das Empfindungsnaturell hat fein entwi- ckelte Sinnesorgane, die eine feine Ansprech- barkeit, Beeindruckbarkeit und Berührbarkeit haben.

Gegenüber dem Ernährungs- und dem Be- wegungsnaturell nimmt das Empfindungsna- turell vor allem die so genannten atmosphäri- schen Bedingungen um Menschen, die feinen, psychisch unterlegten Nuancen, welche die realen Vorgänge begleiten, wahr. Dass gerade diese flüchtigen Vorgänge sprachlich schwer eindeutig zu fassen sind, lässt die Stärke die- ses Naturelles nicht sehr glanzvoll erscheinen.

Der Feinheit der Sinnesorgane des Emp- findungsnaturelles entspricht eine feine Diffe- renziertheit der zentralnervösen Gefühls- und Bewusstseinsvorgänge.

Hat der menschliche Körper wohl im Gro- ßen und Ganzen die Endform erreicht, so ist jedenfalls das Gehirn (und damit die Kopfbil-

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Die Naturellentwicklung von der Geburt bis ins Alter

Der Beginn des individuellen Lebens mit der Befruchtung einer Zelle leitet den Weg zur Ausbildung der Keimblätter ein, aus denen sich pränatal die drei bzw. vier Organsysteme bilden.

Bei der Geburt sind jedoch nicht alle Organ- systeme ausgereift, teilweise sogar noch nicht fertig entwickelt.

Nach der Geburt setzt eine spannende Ent- wicklung ein. Bei Carl Huter lesen wir hierzu:

»Betrachten wir die Entwicklung des Men- schen im Lichte der Naturell-Lehre, so ist derselbe gleich nach der Geburt dem Empfin- dungsleben, nach einigen Monaten dem Er- nährungs-, nach einigen Jahren dem Bewe- gungs- und in der Vollreife als erwachsener Mensch dem harmonischen Leben zugeneigt.

Anfänglich zeigt das Kind zarten Rumpf- und Gliederbau mit einem Übergewicht der Ge- hirnmasse. Bald aber wird der Körper breit, kurzfleischig und gedrungen, der Rumpf herrscht vor, Glieder und Kopf treten in der Energie der Betätigung zurück. Das Gesicht hat breitfleischige, unbestimmte Formen.

Dann beginnt die allmähliche Entwicklung des Bewegungssystems, im fünften bis sie-

194 Säuling im ersten Lebensjahr. Der große Kopf dominiert die Gestalt, das periphere und zentra- le Empfindungsleben herrscht vor. Das zentrale Empfindungssystem, das Gehirn, entwickelt sich weiter. BLW.

195 Kleinkind mit den typischen weichen, rumpfbe- tonten Formen. Der Rumpf dominiert jetzt die Ge- stalt. BLW.

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6 Naturellentwicklung von der Geburt bis ins Alter 196

benten Lebensjahr, im siebenten bis zehnten Lebensjahr hat dieses die Vorherrschaft. Das Kind ist schlank gebaut, sowohl am Rumpf als auch an den Gliedern. Auch das Gesicht und der Hals sind meist länglich, der obere Hinterkopf ist hoch entwickelt. Tat- und Be- wegungsliebe herrschen in diesem Alter vor.

Dann beginnt die energische Entwicklung des Nervensystems und des Gehirns, das vom siebten bis zwölften oder vom zehnten bis siebzehnten Lebensjahre dominiert und von da ab mit einem anderen, dem Geschlechts- system abwechselt. Dieses letztere tritt nun in energische Entwicklung und gelangt nach wenigen Jahren zum starken Drang nach Be- tätigung. Mit der Entfaltung des Geschlechts-

systems entwickelt sich die Harmonie und Vollendung des Körpers am günstigsten. Aber die Verwirklichung dieser Harmonie tritt erst ein mit der Betätigung aller Organe, von der Zeit der Geschlechtsreife an beginnend. Nun schafft aber die Natur vielfach eine angebore- ne Bevorzugung des Ernährungs-, des Bewe- gungs- oder des Empfindungssystems.«85

Diese Differenzierung führt dazu, dass sich die Menschen gegenseitig ergänzen lernen müssen. Sie sollen auch lernen, diese eigene Naturellanlage zu erkennen und das Leben ihrem Naturell gemäß zu gestalten. Weichen sie davon ab, verlassen sie den Wirkungs- kreis, in dem sie nach ihrer individuellen An-

85 MEN 584.

196 Ab dem dritten Lebensjahr macht sich ein Wechsel bemerkbar.

Die Gestalt streckt sich, die Glieder werden vorherrschend, das Bewe- gungsbedürfnis nimmt zu. BLW.

Zwischen dem zweiten und sieben- ten Lebensjahr erwacht im Spiel und sonstigen Verhalten das, zu dem das Kind später am meisten hinneigt und befähigt sein wird.

Während dieser Lebenszeit hat die Erziehung sich am jeweils vorherr- schend zur Entwicklung gelangen- den Organsystem hauptsächlich zu orientieren.

197 Vom siebenten bis etwa drei- zehnten Lebensjahr steht weiter- hin das Bewegungssystem im Vor- dergrund. Jetzt entwickelt sich aber auch der Kopf mit den Sinnesorga- nen bestimmter und ausdrucksstär- ker. Auch die bewusste Empfindung, das Erinnerungs-, Gedächtnis- und Denkvermögen sowie die schöpfe- rische Gestaltungskraft entwickeln sich stark. BLW.

Der Wechsel der sich entwickeln- den Organsysteme gehört zum Inte- ressantesten in der Kindheit und hat große Bedeutung für die Erziehung.

(16)

198 Im Laufe der Kindheit und Jugendzeit ist, unabhängig von der späteren individuellen Ausbildung des Naturelles, jeweils ein Organsystem durch den Entwicklungsprozess besonders begünstigt. Dieses sich jeweils stark in Entwicklung befindliche Organsystem gibt der Gestalt ein typisches Erscheinungsbild und dem Verhalten ebenso ein phasentypisches Gepräge. Erziehung und gesunde Lebensgestaltung müssen darauf Rücksicht nehmen. Dieser spezielle Teil der Naturell-Lehre, die Entwicklung der Organ- systeme, des Verhaltens und der Persönlichkeit, ist ein weitgespanntes Gebiet. Die Naturell-Entwicklung mündet mit der Adoleszenz in das Naturell, das normalerweise der angeborenen Grundlage entspricht.

Dieses den Grundcharakter verkörpernde Naturell, das mit der Reife erreicht wird, schimmert allerdings bereits durch die vorangehenden Entwicklungsphasen hindurch. Und nach der Reife bleibt die Naturell- entwicklung nicht stehen, sie kann sich beispielsweise im Rahmen des vorhandenen Naturelles zu Har- monie oder Disharmonie oder zu einem anderen Naturell hinneigen. In vielen Fällen entwickelt sich in der zweiten Lebenshälfte das Ernährungssystem etwas stärker. Und in vielen Fällen neigt sich die Entwick- lung des Naturelles im Alter zur Indifferenz hin.

lage Tüchtiges leisten und Werte für sich und andere produzieren können und erzeugen sie Krankheiten.

Carl Huter: »Wer einen Beruf ergreift, zu dem sein Naturell nicht geeignet ist, geht kör- perlich und geistig zugrunde, er opfert sich gegen den Willen der Natur, er fühlt sich in der Tätigkeit unglücklich, wird unzufrieden, nervös und krank. Sein unzufriedenes Wesen überträgt sich auf seine Arbeitsprodukte, die- se werden minderwertig, es ruht kein Segen auf ihm. Auch auf die Umgebung wirkt einer, der auf dem verkehrten Platze steht, übel ein.

Durch keine Schule, Übung und Examina ist das an Tüchtigkeit zu verwirklichen, was

einem Menschen in seine ganze Naturanlage hineingezeugt und entwickelt wurde.

Heute steht eine sehr große Anzahl Men- schen in einem völlig verfehlten Lebensberuf, wodurch ihr Lebensglück untergraben wird.

Wo das der Fall ist, da wechsle man den Be- ruf, es ist nie zu spät, seinen Anlagen gemäß ein freudiges Schaffen verwirklichen zu kön- nen.

Ich kannte einen Schneider, der lag im Be- wegungsnaturell, er wurde schwindsüchtig, kam körperlich, geistig und wirtschaftlich zu- rück. Ich riet ihm, Briefträger zu werden. Er befolgte meinen Rat; nachdem er eine geeig- nete Kur begonnen und seine Beschäftigung

(17)

6 Naturellentwicklung von der Geburt bis ins Alter 198

aufgegeben hatte, wurde er wieder gesund, froh und lebensglücklich.

Ich kannte einen Briefträger, der lag im Er- nährungs- oder Ruh-Naturell, er war lungen- und herzleidend geworden. Ich riet ihm, den Beruf zu wechseln und eine sitzende Lebens- beschäftigung zu wählen, er befolgte diesen Rat und wurde gesund und wohl.

Ein sehr begabter junger Mann im harmo- nischen Naturell wurde Kleinbauer, er ver- kümmerte und starb früh. Der Mann wäre als Direktor eines wissenschaftlichen Instituts oder im Verwaltungsfach vorzüglich geeig- net gewesen. Man hätte ihn studieren lassen müssen. Wie viele hochbegabte Naturelle im

Empfindungsnaturell, die zu einem wissen- schaftlichen oder künstlerischen Beruf ge- schaffen sind, verkümmern am falschen Platz, wie beispielsweise Wirtstöchter im Empfin- dungsnaturell als Kellnerinnen oder Bauern- töchter im Empfindungsnaturell als Feld- oder Stallarbeiterinnen.

Die Rohheit und der Unverstand ihrer El- tern, Angehörigen und ihrer ganzen Umge- bung, die ihr Naturell nicht verstehen, machen diese fein besaiteten Wesen zu wahren Märty- rerinnen. Solche Naturelle aus ihrer unglück- lichen Zwangslage befreien zu helfen durch Förderung zu einem selbstständigen, wissen- schaftlichen oder künstlerischen Lebensberuf

199 Im Alter zwischen zwölf oder dreizehn bis achtzehn Jahren ent- wickelt sich die volle geschlechtliche Reife mit den charakteristischen kör- perbaulichen Merkmalen. Das Ge- fühlsleben erweitert sich. Die Puber- tät bringt mancherlei Gefühlsstürme mit sich. Die Erziehung soll die auf- tauchenden Extreme nicht fördern, sondern mäßigen. BLW.

200 Nicht nur mit sich selbst macht der junge Mensch jetzt mancher- lei, teils aufwühlende Erfahrungen.

Auch im Kontakt mit anderen Men- schen, etwa mit Gleichaltrigen, wei- tet sich das Erfahrungsspektrum.

Auch wenig erbauliche Erfahrungen können stark verletzen und erschüt- tern. BLW.

(18)

ist ein Erlösungswerk, das tausendfachen Se- gen bringt. Männer, die im Empfindungsna- turell liegen, können sich selber leichter frei machen und in einen anderen Lebensberuf übergehen.«86

Das moderne Leben in Europa ist mehr- heitlich inzwischen anders organisiert, die Huterʼschen Beispiele können aber trotzdem nachvollzogen werden und bleiben beispiel- haft, werden sie sinngemäß ins moderne Le- ben transferiert.

Das Leben des Kindes und Jugendlichen spielt sich vorzugsweise in einer Familie ab.

Die Ein-Kind-Familie ist in jüngerer Zeit stark verbreitet, in einigen Ländern, etwa in China, ist sie zur Vermeidung einer Überbevölkerung als maximale Familiengröße gesetzlich fest- gelegt. In Europa dürfte aber die Familie mit mehr als einem Kind vorherrschen.

Innerhalb einer Familie bestehen meist ei- nige Ähnlichkeiten, so dass vielfach ein fa- miliärer Toncharakter festzustellen ist, aber gleiche Naturelle sind meist nicht vorhanden wie auf Abbildung 193. Die Harmonie (oder Disharmonie) der verschiedenen Familien- mitglieder zueinander erhält damit ein beson- deres Gewicht, denn die Familie ist der ers- te Ort, an dem ein Kind nahe Beziehungen

86 MEN 584ff.

201 In das Geschlechts- oder Har- monienaturell, welches die drei Grundorgansysteme und das Ge- schlechtssystem harmonisch ver- einigt wachsen die bald Erwachse- nen mehr oder weniger hinein. Meist bleiben aber eines oder zwei Or- gansysteme dominant. Das Streben nach freier und gesunder Schönheit, Fülle, Kraft und glücklichem Emp- finden erfüllt alle. Dieses Streben zu erhalten ist Zweck der Lebens- weisheit. Aus dieser ergibt sich auch die volle Freiheit in der Liebes- und Partnerwahl. BLW.

hat. Eltern und Geschwister sind und bleiben, auch wenn später andere Kontakte in den Vor- dergrund treten, für immer Referenzpersonen.

Sie beeinflussen die frühe Entwicklung, sie verursachen die ersten nachhaltigen Eindrü- cke. Auch die Umwelt, welche die Eltern und die Zeitumstände bereitet haben, beeinflussen die weitere Entwicklung. Die intensivsten, stark mit unterschiedlichen Gefühlen erlebten Personen sind aber bei alledem die Eltern und Geschwister. Unter diesen ergibt sich eine ei- gene Dynamik, die vor allem bestimmt wird durch die vorhandenen Naturelle und Ge- schlechter. Wir wollen diese kurz anhand von Beispielen betrachten.

Wir haben gesehen, dass nach aller Erfah- rung ein Bewegungsnaturell mit einem Emp- findungsnaturell viele sympathische Berüh- rungspunkte hat. Ein solches Elternpaar, wie auf Abb. 202 schematisch dargestellt, hat zwei Kinder, einen Sohn im Empfindungsnaturell und eine Tochter im Bewegungsnaturell. Wir stellen fest, dass alle vier Personen miteinan- der günstig harmonieren, sofern man allein das Naturell in Betracht zieht. Es ist aber auch noch das Geschlecht vorhanden, wobei sich jeweils das Gegengeschlecht stärker als das gleiche Geschlecht anzieht. Dies aber nicht nur zwischen Vater und Mutter, sondern auch

(19)

6 Naturellentwicklung von der Geburt bis ins Alter 200

203 Das Bewegungsnaturell (Vater; rot) harmoniert sehr günstig mit dem Bewegungs-Ernährungsna- turell (Mutter; violett). Vater und Sohn (disharmo- nisches Naturell; schwarz) wie auch Vater und Tochter (Bewegungs-Empfindungsnaturell; oran- ge) harmonieren in ihren Naturellen nicht. Auch die Mutter harmoniert mit beiden Kindern nicht.

Es harmonieren aber, wenn auch tragisch gefärbt, Sohn und Tochter. Diese beiden werden, je mehr sie ihr Naturell entfalten, die Eltern als problemati- sche Personen erleben. In den ersten Lebensmo- naten macht sich das später markant auftretende Naturell noch weniger bemerkbar. Es ist dies wohl eine Schutzeinrichtung der Natur, die damit dafür sorgt, dass die Eltern auch die Kinder lieben und betreuen, mit denen sie je länger umso weniger harmonieren. Ausgezogene Linien zeigen starke sympathische Verbindungen, unterbrochene von Antipathie geprägte.

Dieses Elternpaar erlebt mit ihren Kindern, je äl- ter diese werden umso mehr Erziehungsproble- me und Schwierigkeiten aller Art. Die vielfältigen Probleme führen möglicherweise zu wechselseiti- gen Anschuldigungen, die dann auch die elterliche Beziehung zum Scheitern bringen. Es ist eine un- glückliche Familie.

202 Ein nach dem Naturell besehen harmonieren- des Paar hat zwei Kinder, die untereinander eben- falls harmonieren. Ausgezogene Linien zeigen starke sympathische Verbindungen, unterbroche- ne rivalisierende Konkurrenzbeziehungen. Rot = Naturellharmonie; schwarz = sexuelle Attraktion.

Das Schema stellt eine Momentaufnahme einer familiären Situation dar. In der Wirklichkeit erge- ben sich im Zeitablauf mancherlei beachtenswer- te Stationen, etwa: (1) Die späteren Eltern lernen sich kennen, verlieben sich, entschließen sich, zu- sammen eine Familie zu gründen; (2) durch die Schwangerschaft und Geburt der Tochter verän- dert sich ihre Beziehung; (3) die Anwesenheit der Tochter verändert die elterliche Beziehung noch- mals; (4) der Sohn wird geboren. Die verschie- denen Ereignisse ergeben sich aus dem dynami- schen Leben.

Diese Familie dürfte in dieser Situation und Natu- rellkonstellation eine gute Entwicklungsprognose haben.

ter und Tochter unterliegt gesunderweise ei- ner nach und nach eintretenden Verdrängung, wobei aber sehr oft eine besonders vertiefte Beziehung bestehen bleibt. Ähnlich verhält es sich zwischen Mutter und Sohn. Auch die ero- zwischen Sohn und Mutter, zwischen Vater

und Tochter sowie zwischen Sohn und Toch- ter. Vater und Sohn sowie Mutter und Tochter stehen zudem in einem Konkurrenzverhält- nis zueinander in der Gunst um Mutter und Tochter. Die durch die Geschlechtsdifferenz bedingt sich entwickelnde frühkindliche ero- tische Färbung der Beziehung zwischen Va-

(20)

204 Ein nach dem Naturell besehen harmonie- rendes Paar hat zwei Kinder, die untereinander nicht harmonieren. Der Vater im Bewegungs-Er- nährungsnaturell (violett) harmoniert mit der Mut- ter im Ernährungs-Empfindungsnaturell (grün) und mit der Tochter (Empfindungsnaturell mit der Neigungsrichtung zum Ernährungs-Empfindungs- naturell) günstig. Der Sohn im Ernährungsnatu- rell (blau) harmoniert mit allen anderen Familien- mitgliedern nicht. Die Disharmonie zur Mutter und Schwester ist jedoch nicht eine besonders aktiv sich äußernde, sie besteht bevorzugt darin, dass sich der Sohn nicht verstanden fühlt und die innere Welt und die Interessen der Mutter und Schwester nicht teilt. Sie streiten also nicht miteinander, aber sie verstehen sich nicht. Der Vater dürfte auf den Sohn Druck ausüben, aktiv zu werden, ihn zum Vorbild zu nehmen. Das gelingt dem Sohn aber auch bei gutem Willen nicht. Dem Vater kann er es letztlich nie recht machen. So besteht die Gefahr, dass sich der Sohn unvorteilhaft entwickelt und zu Ersatzhandlungen gelangt, etwa Ladendiebstahl, Betrügereien und Unterschlagungen.

tisch gefärbte Beziehung zwischen Sohn und Tochter unterliegt normalerweise einer Ver- drängung. Die Verdrängung erfolgt zur Ver- meidung des Inzests, wirkt sich aber auf die ganze Familie aus.

Die von der (selbstverständlich antiphysi- ognomischen) Genderforschung aufgestell- te Behauptung, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern seien ausschließlich kul- turell konstruiert, widersprechen solchen Be- obachtungen. Es sei, ist von den Gender Stu- dies zu erfahren, nur der Körper vererbt, alle mentalen (seelisch-geistigen) Merkmale des geschlechtlichen Menschen jedoch nicht.

Diese Auffassung ist zwar keineswegs neu, kommt jetzt aber wiederum im Gewand der Wissenschaft daher, obwohl sie nicht einmal den Status einer Theorie beanspruchen kann, also lediglich eine nicht beweisbare Behaup- tung ist.87 In einem Punkt haben die Gender- forscherinnen allerdings unbestreitbar recht.

Es soll im Sinne des Gender Mainstreamings für beide Geschlechter und sexuelle Abwei- chungen keine Diskriminierung geben, dafür gleiche Chancen in Bildung, Beruf und Ge- sellschaft. Die Annahme, dass die geschlecht- liche Veranlagung (sex) rein körperlich sei, wohingegen Persönlichkeit und Verhalten (gender) kulturell bedingt sei, dürfte der Auf- fassung Platz machen, dass es körperliche und mentale (seelisch-geistige) Anlagen gibt, die aber nicht in jeder Hinsicht unveränder- lich sind, die vielmehr modifizierbar, gestalt- bar, fehlleitbar, hemmbar und förderbar sind.

Wenn etwas als angeboren bezeichnet wird, wird damit leicht assoziiert, dass es in jeder Hinsicht unveränderlich oder stabil sei. Das ist aber bei kaum etwas am Menschen voll- kommen der Fall. Die gesellschaftliche Stel-

87 2011 gab es in Deutschland immerhin 173 Gen- derprofessuren an Universitäten und Hochschu- len, fast alle mit Frauen besetzt. Es zeigt dies, dass noch so manches Fach an Universitäten von Ideo- logie geleitet ist und daher im Widerspruch zur Psy- chophysiognomik steht.

lung der Geschlechter ist ohnehin weder an- geboren noch unveränderlich.

Es sind also die auf angeborenen Grundla- gen bestehenden Unterschiede der Geschlech- ter, die das frühkindliche erotische Verhalten bestimmen. Sigmund Freud nannte die gan- zen daraus folgenden Verhaltensweisen und psychischen Vorgänge Oedipuskomplex. Er

(21)

6 Naturellentwicklung von der Geburt bis ins Alter 202

wählte diesen Namen in Anlehnung an die mythologische Geschichte vom Oedipus, der den Vater erschlug und die Mutter heiratete.

Freud, sich auf Beobachtungen und vor allem sprachlich Mitgeteiltes stützend, hatte jedoch nur das sexuelle erotische Beziehungsfeld im Auge, die Naturelle oder Organsystemtypen und die Naturellharmonie kannte er nicht, so ließ er es jedenfalls scheinen. Er veröffent- lichte 1931 eine Abhandlung ‹Über libidinöse Typen›88, worin aber eine gewisse Ratlosig- keit außer einem Bedürfnis sich mitzuteilen in dieser damals im Anschluss an Kretschmer breit diskutierten Frage zu bemerken ist. Wie man sieht, hatte er aber Carl Huters Naturell- Lehre zum Vorbild.

Wir lesen bei Sigmund Freud: »Unsere Beobachtung zeigt uns, dass die einzelnen menschlichen Personen das allgemeine Bild des Menschen in einer kaum übersehbaren

88 Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, Band XVII, 1931.

Mannigfaltigkeit verwirklichen. Wenn man dem berechtigten Bedürfnis nachgibt, in die- ser Menge einzelne Typen zu unterscheiden, so wird man von vorneherein die Wahl haben, nach welchen Merkmalen und von welchen Gesichtspunkten man diese Sonderung vor- nehmen soll. Körperliche Eigenschaften wer- den für diesen Zweck gewiss nicht weniger brauchbar sein als psychische; am wertvolls- ten werden solche Unterscheidungen sein, die ein regelmäßiges Beisammensein von körper- lichen und seelischen Merkmalen verspre- chen.«89

Solche Typen, so Freud, dürften nicht mit Krankheitsbildern zusammenfallen. »Sie sol- len im Gegenteil alle die Variationen umfas- sen, die nach unserer praktisch gerichteten Schätzung in die Breite des Normalen fallen.

Wohl aber können sie sich in ihren extremen

89 Sigmund Freud: Über libidinöse Typen. Gesammel- te Werke, Band XIV, S. Fischer Verlag Frankfurt am Main, 1972, S. 509.

205 Freuds libidinöse Typen (1931) schematisch dargestellt.

Es ist leicht zu erkennen, dass für die Aufstellung dieser Typen durch Sigmund Freud vielleicht Kretschmer der Anlass, jedoch die Huterʼsche Naturell-Lehre das Vorbild war.

Die Sprache der Psychoanaly- se wirkt zwar befremdend. Zu erkennen ist aber eine Anglei- chung der Freudʼschen libidi- nösen Typen an die Huterʼsche Naturell-Lehre.

Freud wandelte auf Huters Spu- ren.

(22)

206 Sigmund Freud (1856-1939), Neurologe und Psychoanalytiker.

Freud entwickelte sich von der Hypnose, mit der er sich eingehend beschäftigte, weg. Er wollte mit Hilfe der Hypnose die Erinnerung an Verdrängtes zugänglich machen, um so die Ursachen für das Krankheitsbild der Hysterie aufzufinden. Da er we- nig erfolgreich war als Hypnotiseur, verlegte er sich auf die Methode des freien Assoziierens, um den verdrängten unbewussten, aber krankmachenden Inhalten näher zu kommen.

Wichtige Werke (Auswahl):

1900 Die Traumanalyse

1904 Zur Psychopathologie des Alltagslebens 1905 Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie 1916 Vorlesungen zur Einführung in die

Psychoanalyse

1920 Jenseits des Lustprinzips

1921 Massenpsychologie und Ich-Analyse 1926 Die Zukunft einer Illusion

Ausbildungen den Krankheitsbildern annä- hern und solcherart die vermeintliche Kluft zwischen dem Normalen und dem Pathologi- schen ausfüllen helfen.«90

Freud hat dann seinem Seelenapparat ent- sprechend drei libidinöse Haupttypen unter- schieden, (1) den erotischen (Es), (2) den nar- zisstischen (Ich) und (3) den Zwangstypus (Über-Ich).

Der erste Typus (der erotische Typus) sei, so Freud, recht häufig. Sein Hauptinteresse gelte dem Liebesleben, dem Lieben und Ge- liebtwerden. »Sozial wie kulturell vertritt die- ser Typus die elementaren Triebansprüche des Es, dem die andern psychischen Instanzen ge- fügig geworden sind.«91 Er hat Angst vor al- lem vor Liebesverlust.

Das Hauptinteresse des zweiten Typus geht auf die Selbsterhaltung, auf Lieben und Ak- tivität. »Menschen dieses Typus imponieren den andern als ‹Persönlichkeiten›, sind be-

90 dto., S. 510.

91 dto., S. 510.

sonders geeignet, anderen als Anhalt zu die- nen, die Rolle von Führern zu übernehmen, der Kulturentwicklung neue Anregungen zu geben oder das Bestehende zu schädigen.«92

Der dritte Typus ist der Zwangstypus, bei dem das Über-Ich die Vorherrschaft hat. Ge- wissensangst steht bei ihm im Vordergrund.

Er »entfaltet ein hohes Maß von Selbststän- digkeit und wird sozial zum eigentlichen, vor- wiegend konservativen Träger der Kultur.«93

Diesen ‹reinen Typen› gliedert Freud drei ‹gemischte Typen› an, (4) den erotisch- zwanghaften, (5) den erotisch-narzisstischen und (6) den narzisstischen Zwangstypus.

»Beim erotischen Zwangstypus scheint die Übermacht des Trieblebens durch den Einfluss des Über-Ichs eingeschränkt; die Abhängig- keit gleichzeitig von rezenten menschlichen Objekten und von den Relikten der Eltern, Er- zieher und Vorbilder erreicht bei diesem Ty- pus den höchsten Grad. Der erotisch-narziss-

92 dto., S. 511.

93 dto., S. 511.

(23)

6 Naturellentwicklung von der Geburt bis ins Alter 204

tische Typus ist vielleicht jener, dem man die größte Häufigkeit zusprechen muss. Er ver- einigt Gegensätze, die sich in ihm gegensei- tig ermäßigen können; man kann an ihm im Vergleich mit den anderen erotischen Typen lernen, dass Aggression und Aktivität mit der Vorherrschaft des Narzissmus zusammenge- hen. Der narzisstische Zwangstypus endlich ergibt die kulturell wertvollste Variation, in- dem er zur äußeren Unabhängigkeit und Be- achtung der Gewissensforderung die Fähig- keit zur kraftvollen Betätigung hinzufügt und das Ich gegen das Über-Ich verstärkt.«94

Freud unterschied weiterhin den erotisch- zwanghaft-narzisstischen Typus als die abso- lute Norm, die ideale Harmonie. »Man wird dabei inne, dass das Phänomen Typus eben dadurch entsteht, dass von den drei Hauptver- wendungen der Libido im seelischen Haus- halt eine oder zwei auf Kosten der anderen begünstigt worden sind.«95

Schließlich unterschied er den aus dem Gleichgewicht geratenen, disharmonischen Typus, der zu verschiedenen psychischen Er- krankungen besonders disponiert ist oder be- reits in denselben steckt. Eine dieser dishar- monischen Erkrankungsformen ist, in seiner Sprache ausgedrückt, die Neurose. Neurosen beruhen, so Freud, auf Versagungen und Kon- flikten zwischen den drei psychischen Instan- zen, dem Es, dem Ich und dem Über-Ich, im Libido-Haushalt sowie zwischen den eroti- schen und aggressiven Triebkomponenten.

Es ist mühelos zu erkennen, dass der Plot dieser libidinösen Typen ganz der Huterʼschen Naturell-Lehre folgt, der bei Kretschmer und anderen Konstitutionsforschern nicht vorlag.

Freud hat m. W. später die ‹libidinösen Ty- pen› nicht weiter verfolgt. Er hat sie für das Verständnis der Kindheit und Jugend nicht weiter nutzbar gemacht. Er hat sie auch nicht weitergehend für eine physiognomische Men-

94 dto., S. 511f.

95 dto., S. 512.

schenkenntnis ausgeführt. Es macht eher den Anschein, dass er das Wort Menschenkennt- nis eher mied. Er hatte wohl doppelten Grund, dieses Wort zu meiden. Es wurde nämlich von Alfred Adler (1870-1937; s. Abb. 208) be- sonders auffällig verwendet. Freud betrachte- te Adler als Abtrünnigen und in der Psycho- analyse Fehlgeleiteten. Jedenfalls wollte er auf gar keinen Fall den Eindruck erwecken, er würde sich Adler annähern. Freud woll- te aber wohl auch nicht erkennbar machen, dass er die Anregung zu seinen ‹libidinösen Typen› von Carl Huter bezogen hatte. Außer- dem hatte Freud ein ganz besonderes Verhält- nis zur Menschenkenntnis, er versagte näm- lich als Menschenkenner immer wieder. So schrieb er in einem Brief an Abraham: »Mein ganzes Leben über bin ich auf der Suche nach Freunden, die mich nicht ausbeuten und dann verraten«.96 Er neigte dazu, diejenigen, die In- teresse an seiner Psychoanalyse zeigten, zu überschätzen. Dem folgte dann sehr oft die Ernüchterung und Enttäuschung, so etwa bei Alfred Adler und Carl Gustav Jung.

Ernest Jones schrieb zur Sache ‹Freud und Menschenkenntnis›: »Die scheinbare Will- kür bei Freud kam zum Teil von einem sehr überraschenden Moment seiner Persönlich- keit: seiner Tendenz, Leute ganz schwarz oder ganz weiß zu sehen. Sie ist überraschend, weil niemand besser wusste als Freud, welch viel- fältig zusammengesetztes Gemisch von gu- ten und schlechten Eigenschaften doch das menschliche Wesen ausmacht. In seinem Be- wusstsein und zweifellos noch mehr in sei- nem Unbewussten waren die Menschen für ihn meistens in gute und schlechte aufgeteilt – oder, richtiger, ihm sympathische und ihm un- sympathische mit sehr wenig Nuancen dazwi- schen. Und dieselbe Person konnte zeitweise von einer Kategorie zur andern hinüberwech-

96 Zitiert nach Ernest Jones: Das Leben und Werk von Sigmund Freud, Band 2, Verlag Hans Huber, Bern, 1962, S. 491.

(24)

207 George Grosz (1893-1959): Professor Freud gewidmet, 1922. Offsetlithografie, 35.5x25.5 cm, Blatt XI aus der Mappe Ecce Homo. Gustav-Lübcke-Museum Hamm/akg.

Grosz illustriert damit die Auffassung Freuds, dass sich sehr Vieles im Leben der Menschen um die Sexualität dreht, selbst die frühkindliche Zeit bleibt davon nicht ausgespart. Es hat diese Erkenntnis die Zeitgenossen Freuds zu einem großen Teil ziemlich verärgert und ihm selbst einen zweifelhaften Ruf eingetragen.

(25)

6 Naturellentwicklung von der Geburt bis ins Alter 206

seln. Noch merkwürdiger bei einem so außer- ordentlichen Psychologen scheint die Tatsa- che, die wir alle einmütig feststellten, dass er ein schlechter Menschenkenner war.«97

Alfred Adler glaubte dahingegen, ein gu- ter Menschenkenner zu sein, – indem er ge- gen Physiognomik und fast alles, was nicht von ihm selbst stammte, eiferte. Den sektie- rerischen Eifer, den er entfachte, setzten sei- ne Schüler und deren Schüler fort bis in die Gegenwart. Physiognomik, so Josef Ratt- ner (*1928), »darf nicht als wissenschaftli- che Menschenkenntnis gelten«.98 Adler und seine Adepten ließen nur die Mimik, Gestik und Körpersprache gelten. Es sei jedoch alles mehrdeutig und nur ‹Erfahrene› könnten bei- spielsweise die Mimik richtig deuten.

Adler führte die Begriffe Minderwertig- keitsgefühl und Minderwertigkeitskomplex ein. Diese machten ihn schlagartig berühmt.

Er lehrte, das Kind erlebe sich etwa gegen- über größeren Geschwistern und Erwachse- nen als minderwertig, woraus sich der Gel- tungs- oder Machttrieb entwickle. Diesen und die Minderwertigkeitsgefühle müsse man bändigen durch die Entwicklung des Gemein- schaftsgefühls. Adler vertrat weitgehend eine milieutheoretische Auffassung. Der Mensch werde durch die Umwelt zu dem, was er ist.

Es werde nur der Körper vererbt, nicht aber der Charakter. Selbst die Dummheit sei lern- bar, denn der Mensch sei es nicht von Natur aus. Er nannte seine ‹tiefenpsychologische›

Richtung ‹Individualpsychologie›.

Autoritäres Gehabe und autoritäre Struk- turen wurden in Adlers Nachfolgezirkeln auf- fällig. Es ist auch auffällig, wie exzessiv al- les, was seinen Ursprung bei Adler hat, als

‹Menschenkenntnis› dargestellt wird. ‹Men-

97 dto., S. 482.

98 Josef Rattner: Der schwierige Mitmensch. Psycho- therapeutische Erfahrungen zur Selbsterkenntnis, Menschenkenntnis und Charakterkunde. Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main, 1974, S.

18.

schenkenntnis› ist das im Werk von Adler und seiner Adepten wohl am meisten verwendete Wort. Dabei tendiert die Individualpsycho- logie dahin, aus Kindern und Erwachsenen

‹normale Menschen› zu machen, den Arbeits- unfähigen zu einem Arbeitsfähigen, Eitle sol- len uneitel, Schüchterne nicht schüchtern, Freche und Anmaßende bescheiden werden.

Ein ‹normaler Mensch› müsse arbeiten, lieben und die Freizeit genießen können. So leiste er einen Beitrag zur Wohlfahrt und zum Bestand des Lebens. Der ‹normale Mensch› sei angst- frei und habe deshalb tragende menschliche Beziehungen. Er sei außerdem vernünftig, zu- gänglich und belehrbar.

Die Individualpsychologie wurde ganz be- sonders aufgenommen von (‹linken›) pädago- gischen Kreisen. Aus ihr wuchsen aber auch verschiedene Organisationen hervor, die als rechtsradikale Psycho-Sekten kritisiert wur- den. Da dieselben stets mit dem Begriff Men- schenkenntnis operierten, etwa als ‹Verein für psychologische Menschenkenntnis VPM›, sorgten sie für etwelche Verwirrung.

Im Rahmen der pädagogischen Psycho- logie ist eine Vielzahl an unterschiedlichen und unter sich teilweise ähnlichen Phasen und Typologien entwickelt worden anhand be- stimmter Kriterien, etwa des Spracherwerbs, der Psychomotorik, der Konzentrationsfähig- keit und anderer Leistungen. Viele dieser Ein- teilungen sind durchaus sinnvoll, jedenfalls wenn sie nicht als starre Systeme aufgefasst werden, sondern der lebendigen Vielfalt des menschlichen Lebens Rechnung tragen. Sie ergänzen die Naturell-Lehre in gewissen De- tailfragen, ohne dass dadurch die Lehre von der Naturell-Entwicklung in der Kindheit und Jugendzeit aufgehoben wird.

Auf eine Sache möchte ich an dieser Stelle noch hinweisen. Wird ein Kind wie auf Ab- bildung 204 ein Beispiel zu sehen ist, durch die familiäre Umgebung stark verunsichert und orientiert es sich deshalb an einem Vor-

(26)
(27)

10 Studien zur Huter’schen Naturell-Lehre 243

238

234 Indira Gandhi, 1917-1984, war von 1966-1977 und 1980-1984 Minister- präsidentin von Indien. Porträtauf- nahme 1972. akg.

Indien, das an China grenzt, trug Oktober/

November 1962 mit China einen Grenzkrieg um Sikkim aus, den China für sich entschied.

China marschierte in dieses Gebiet ein, um es zu besetzen, was die Gegenwehr Indiens aus- löste. Indiens Ministerpräsident und Indira Gandhis Vater, Jawaharlal Nehru, konnte mit Mao Zedong den Waffenstillstand nicht di- rekt aushandeln. Auch Indira Gandhi kam mit Mao nicht ins Gespräch.

Indira Gandhi hatte das Bewegungsnaturell harmonischer Richtung.

Zwei in entgegengesetzte Richtung, zur Disharmonie und zur Harmonie, geneigte Na- turelle sympathisieren normalerweise nicht miteinander. Zwischen ihnen herrscht Miss- trauen, Vorsicht und Abneigung. Gespräche über entgegengesetzte Interessen gestalten sich schwierig oder sind gänzlich unmöglich.

Zur Disharmonie geneigte Naturelle und disharmonische Naturelle harmonieren mitei- nander, so lange sie gleiche Interessen verbin-

det oder in den Bereichen mit ähnlichen oder komplementären Interessen.

Xi Jinping (*1953)

235 Xi Jinping (*1953), seit März 2013 Staatspräsident von China.

238 Xi Jinping und Barak Obama, Präsi- denten zweier Weltreiche beim Tref- fen auf einer südkalifornischen Ranch. Foto: www.whithouse.gov.

Xi Jinping hat ein ähnliches Naturell wie Mao und auch ähnliche Kopfformen. Fast könnte man denken, er sei ein Sohn Maos.

Er ist ein Bewegungsnaturell mit der (in die- sem Fall pathologischen) Neigungsrichtung zum Ernährungs-Bewegungsnaturell. Er hat, wie die Körperhaltung zeigt, eine geringere Spannkraft als Mao. Xi Jinping ist der Sohn eines Mitkämpfers von Mao, der 1962 in der Kommunistischen Partei Chinas KPCh in Un- gnade fiel. 1989 kritisierte er die Tianʼanmen- Massaker. Danach erschien er kaum mehr in der Öffentlichkeit.

(28)

239 240

An sich harmoniert das Bewegungsnaturell Obamas mit dem Bewegungs-(Ernährungs-) naturell von Xi Jinping. Wenn dieselben aber Exponenten unterschiedlicher, sich konkur- rierender Gesellschaftssysteme sind, so tre- ten sie auch gegeneinander an mit der Über- zeugungskraft und Macht dieser Naturelle. In diesem Fall wollen beide Exponenten auch ihren Einflussbereich in die Sphäre des je- weils anderen ausdehnen. Sie haben also nur teilweise ähnliche, größtenteils aber rivalisie- rende Interessen.

Bewegungs- und Bewegungs-Ernährungs- naturelle verstehen sich nicht nur gut, sie sind auch, wenn sie gegeneinander gerichtete In- teressen vertreten, die stärksten und ausdau- erndsten Kontrahenten. Da sie nebst dem dis- harmonischen Naturell am intensivsten nach den Machtpositionen streben, so sind sie viel- fach unter sich. Sie treten an als Gewerkschaf- ter gegen Unternehmer und gegen die Regie- rung, sie treten als Politiker an gegen andere Staaten und politische Systeme, um für sich und ihre Sache zumeist materielle Vorteile zu erwirken.

236 Fidel Castro, der Revolutionsführer und Präsident von Kuba in den spä- ten 1950er Jahren. akg.

Fidel Castro (*1927), obwohl katholisch erzogen und ausgebildet, wurde Anführer der kommunistischen Revolution, die gegen den Diktator Batista gerichtet war. Er hatte das Bewegungsnaturell, das mit demjenigen Maos harmonierte und das Chruschtschow imponierte. Sehr charakteristisch ist es für das Bewegungsnaturell, dass es in der Jugend und in jüngeren Jahren zusammen mit man- chen disharmonischen Naturellen am meisten Neigung zeigt, durch revolutionäre Umtrie- be, die bestehende Machtordnung zu durch- brechen. Im Wesentlichen ist das ein Kampf gegen oft ungerechte konservative Machtsys- teme, die ebenfalls von Bewegungsnaturellen angeführt werden. Erlangt der junge Revolu- tionär im Bewegungsnaturell die Macht, so versucht er sich an der Macht zu halten und wird dabei oft ähnlich rücksichtslos und kon- servativ, wie es diejenigen waren, die er als junger Mann bekämpfte. Carl Huter formu- lierte: Das Bewegungsnaturell ist (in der Ju- gend) fortschrittlich revolutionär, später kon- servativ herrschend.

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