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Archiv "Klinische Erfahrungen mit Atosiban: Neuer Oxytocin-Rezeptorantagonist zur Wehenhemmung" (15.12.2000)

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M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 50½½½½15. Dezember 2000 AA3427

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 3426–3427 [Heft 50]

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Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Klaus Friese Frauenklinik und Poliklinik

Medizinische Fakultät der Universität Rostock Doberaner Straße 142, 18057 Rostock

Zusammenfassung

Bei mehr als 600 Schwangeren wurde die Wirk- samkeit von Atosiban zur Prävention der Früh- geburt gegenüber Placebo nachgewiesen. Der Erfolg der Wehenhemmung war vergleichbar dem des Beta-2-Sympathikomimetikums Rito- drin, bei deutlich niedrigerer Nebenwirkungs- rate. In den klinischen Studien zur Zulassung des Oxytocin-Rezeptorantagonisten Atosiban in der Europäischen Gemeinschaft wurden 742 Patientinnen mit vorzeitiger Wehentätigkeit zwischen der 23. und der 33. Schwangerschafts- woche mit Atosiban oder mit einem Beta-2- Sympathikomimetikum behandelt. Bei 60 Pro- zent der mit Atosiban und bei 48 Prozent der

mit Beta-

2-Sympathikomimetika behandelten Patientin- nen, wurde die Schwangerschaft um mehr als sieben Tage verlängert. Behandlungsversagen wurde signifikant häufiger in der Gruppe der mit Atosiban behandelten Patientinnen beob- achtet (14,2 Prozent versus 5,8 Prozent). Das

Nebenwirkungsspektrum war bei der Behand- lung mit Atosiban deutlich geringer. Obwohl die bisherigen Studien noch kein abschließen- des Urteil zulassen, scheint Atosiban insbeson- dere wegen seiner im Vergleich zu den Beta-2- Sympathikomimetika geringeren Nebenwir- kungen eine akzeptablere Methode zur Be- handlung der drohenden Frühgeburt zu sein.

Schlüsselwörter: Atosiban, Beta-2-Sympathiko- mimetikum, Tokolyse, Oxytocin-Rezeptoranta- gonist, vorzeitige Wehentätigkeit

Summary

Treatment of Preterm Labor With the Oxytocin Receptor Antagonist Atosiban The efficacy of atosiban in prevention of prema- ture birth in comparison with placebo has been shown in several clinical trials. The success in the inhibition of labor was comparable with the ef- fect of betamimetics (e.g. ritodrine) whereas the

rate of threatening side effects was significantly lower. The clinical trials which lead to the admis- sion of the oxytocin receptor antagonist atosi- ban in the European Union included 742 patients with preterm labour between 23 and 33 weeks of gestational age either treated with atosiban or with a betamimetic. In 60 per cent of the pa- tients treated with atosiban and 48 per cent treated with betamimetics a prolongation of the pregnancy of more than seven days was achiev- ed whereas the rate of therapeutic failures was significantly higher in the atosiban group (14.2 per cent versus 5.8 per cent). The range of side ef- fects was significantly broader in the group treat- ed with betamimetics. Although these studies do not justify a definitive estimation, atosiban seems to be the method of greater acceptance in the treatment of preterm labour because of its low rate of dangerous side effects, especially compared to the group of betamimetics.

Key words: Atosiban, betasympathicomimetic, tocolysis, oxytocin receptor antagonist, pre-

Klinische Erfahrungen mit Atosiban

Neuer Oxytocin-Rezeptorantagonist zur Wehenhemmung Holger Maul

Matthias Winkler Werner Rath

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bwohl nur sechs bis acht Prozent aller Neugeborenen vor Vollen- dung der 37. Schwangerschafts- woche (SSW) geboren werden, stellen sie in den Industrieländern mit über 70 Prozent den Hauptanteil an der perina- talen Mortalität (6). Die Prävention der Frühgeburt gilt damit als eine der wich- tigsten Herausforderungen in der ge- genwärtigen Geburtshilfe.

Die derzeit verfügbaren Substanzen zur Hemmung vorzeitiger Wehen (zum Beispiel Beta-2-Sympathikomimetika, Magnesiumsulfat und Prostaglandin- synthesehemmer) haben nicht zur Sen- kung der Inzidenz an Frühgeburten ge-

führt. Zudem weisen die Präparate aus der Gruppe der Beta-2-Sympathikomi- metika, die in Deutschland am häufig- sten zur Hemmung vorzeitiger Wehen eingesetzt werden, ein breites Spek- trum die Akzeptanz der Methode limi- tierender Nebenwirkungen auf (Tabelle 1). In bis zu 50 Prozent der Fälle muss mit kardialen Nebenwirkungen (Palpi- tationen, Herzrhythmusstörungen) und

Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe (Direktor:

Prof. Dr. med. Werner Rath) des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule, Aa-

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bei 23 Prozent der Patientinnen mit thorakalen Beschwerden (Thorax- schmerzen, Dyspnoe) (12) gerechnet werden, abgesehen von im Einzelfall schwerwiegenden und eventuell lebens- bedrohlichen Komplikationen (zum Beispiel Lungenödem). Darüber hin- aus wird die Anwendung von Beta-2- Sympathikomimetika durch zahlreiche Kontraindikationen (Tabelle 2) einge- schränkt. Daher kommt der Einfüh- rung neuer Tokolytika mit einer niedri- geren Rate unerwünschter maternaler Begleiterscheinungen eine besondere Bedeutung zu.

Am 21. Januar 2000 wurde in der Eu- ropäischen Gemeinschaft der Oxyto- cin-Rezeptorantagonist Atosiban ([1- deamino-2-D-Tyr-(O-Et)-4-Thr-8-Orn]- Oxytocin; Handelsname: Tractocile) zur Behandlung der vorzeitigen Wehen- tätigkeit zugelassen, in Deutschland ist dieses Präparat seit kurzem verfüg- bar.

Pharmakologie

Oxytocin ist ein Nonapeptid, bestehend aus einem Ring von sechs Aminosäuren und einer Seitenkette aus drei Ami- nosäuren. Das im Jahre 1986 erstmalig beschriebene Oxytocin-Analogon Ato- siban wurde gegenüber dem Oxytocin- Molekül an den Positionen 1, 2, 4 und 8 modifiziert (16).

Die Wirkung des im Hypophysen- hinterlappen gebildeten und rhyth- misch in den Blutkreislauf abgegebe- nen Oxytocins wird über den Oxytocin- Rezeptor im Myometrium vermittelt;

bei der Bindung kommt es über die Ak- tivierung von G-Protein zu einer Er- höhung der intrazellulären Konzentra- tion von Calciumionen und schließlich zur Kontraktion der Uterusmuskelzel- len (14). Bedingt durch die steigende Rezeptordichte nimmt die Empfind- lichkeit des Myometriums gegenüber Oxytocin zum Geburtstermin hin zu (4, 7, 9, 17). Diese Erhöhung der Rezeptor- dichte soll für den Beginn der We- hentätigkeit am Geburtstermin von be- sonderer Bedeutung sein, während ihre Bedeutung für die Auslösung vorzeiti- ger Wehen – nicht zuletzt wegen der vielfältigen Ursachen dieses „Sym- ptoms“ – kontrovers diskutiert wurde

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´ Tabelle 1CC´

Nebenwirkungen der am häufigsten angewandten Tokolytika im Vergleich zu Atosiban. Angegeben ist die jeweilige Odds Ratio (12).

Befund Beta-Mimetika MgSO4 Indomethacin Atosiban

Lungenödem 7,47 * – –

Thoraxschmerzen 6,17 – – 0,28

Herzrhythmusstörungen 3,11 – – –

Palpitationen 10,15 – – –

Dyspnoe 6,57 – – 0,22

Tremor 8,30 – – –

Hypotonie 1,97 – – –

Schwindel 1,90 – 7,84 2,28

Erbrechen 1,79 – – 0,77

Kopfschmerzen 3,97 – – 0,79

Endometritis 2,47 2,45 2,45 –

Chorioamnionitis 2,54 – – –

Hyperglykämie 3,39 – – –

Hypokaliämie 6,43 – – –

Therapieabbruch wegen

relevanter Nebenwirkungen 11,49 8,36 * –

– keine Angaben verfügbar,

* Odds Ratio nicht berechenbar, da Häufigkeit in behandelter und Kontrollgruppe jeweils 0

´ Tabelle 2CC´

Kontraindikationen für die Wehenhemmung mit Beta-2-Sympathikomimetika (hier: Fenoterol) und Atosiban (8)

Kontraindikation Fenoterol Atosiban

Nach 24. oder vor 33. abgeschlossener Schwangerschaftswoche x Vorzeitiger Blasensprung vor 30. Schwangerschaftswoche x Zustände der Mutter oder des Fetus, bei welchen das Fortbestehen x x der Schwangerschaft ein Risiko wäre (Verdacht auf intrauterine

Infektion, schwere genitale Blutungen [Abruptio placentae, Placenta praevia], Eklampsie und schwere Präeklampsie, intrauteriner Fruchttod, intrauterine Wachstumsretardierung, gestörte Herzfrequenz des Fetus)

Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder x x einem der Hilfsstoffe

Tachykarde Herzrhythmusstörungen und sonstige schwere orga- x nische Herz- und Gefäßerkrankungen (tachykarde Arrhythmie,

Myokarditis, hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie, Erregungs- leitungsstörungen, Präexzitationssyndrom, frischer Herzinfarkt, pulmonale Hypertonie, arterielle Hypertonie und Hypotonie)

Schwere Leber- und Nierenerkrankungen x

Psychosen x

Phäochromozytom x

Schwere Hyperthyreose x

Hypokaliämie x

x ❅Kontraindikation

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(9, 10, 13, 17). Trotz großer interindivi- dueller Unterschiede wurden bei Pati- entinnen mit vorzeitiger Wehentätig- keit hohe Konzentrationen des Oxyto- cin-Rezeptormoleküls im Myometrium nachgewiesen (3).

Atosiban bindet reversibel an den Oxytocin-Rezeptor und hemmt dosis- abhängig durch Oxytocin induzierte Kontraktionen des Myometriums am schwangeren und nichtschwangeren Uterus (16).

Da Oxytocin und Vasopressin struk- turell sehr ähnlich sind, überschneiden sich durch die eingeschränkte Spezifität am Rezeptor die Wirkungen beider Hor- mone. So antagonisiert Atosiban teil- weise die vasopressorischen und antidiu- retischen Wirkungen von Vasopressin.

Ein hemmender Einfluss von Atosiban auf die Milchsekretion wurde im Tier- versuch beobachtet (15). Entsprechende Untersuchungen beim Menschen liegen bisher nicht vor.

Klinische Studienergebnisse

Die ersten Studien zum Einsatz von Atosiban aus den 80er-Jahren waren nicht kontrolliert. Überdies erhielten die Patientinnen unterschiedliche Do- sen des Medikaments (1, 2). In diesen Pilotstudien konnten bei 18 von 20 Pati- entinnen uterine Kontraktionen ge- hemmt werden, ohne dass signifikante maternale oder fetale Nebenwirkungen beobachtet wurden.

In einer ersten randomisierten, pla- cebokontrollierten Doppelblindstudie (11) bei Patientinnen mit vorzeitigen Wehen (mehr als vier Wehen pro Stun- de ohne objektivierbare Veränderun- gen des Zervixstatus [Muttermundsver- kürzung und/oder -eröffnung]) zwi- schen der 20. und der 36. SSW erhiel- ten je 56 Patientinnen entweder eine zweistündige Infusion mit Atosiban (300 µg/min) oder eine Placeboinfusi- on. In der Gruppe der mit Atosiban be- handelten Patientinnen war die mittlere prozentuale Abnahme der Zahl uteri- ner Kontraktionen signifikant höher als in der Plazebogruppe (55,3 Prozent ± 36,3 Prozent gegenüber 26,7 Prozent

±40,4 Prozent; p < 0,001). Zum völligen Sistieren der Wehentätigkeit kam es bei 25 Prozent (Atosiban) beziehungsweise

fünf Prozent (Placebo; p < 0,01) der Pa- tientinnen. Es ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied bezüglich der maternalen Herzfrequenz und des Blut- drucks zwischen der Atosiban- und der Placebogruppe.

In einer weiteren nicht randomisier- ten Studie wurde die therapeutische Wirkung von Atosiban bei Patientin- nen mit vorzeitigen Wehen in der 20. bis 36. SSW überprüft. Dabei konnte durch eine maximal zwölfstündige Infusion von Atosiban (300 µg/min) bei 70 Pro- zent der Patientinnen eine Verände- rung des Muttermundbefunds verhin- dert werden; Ergebnisse, die denen der Anwendung des Beta-2-Sympathiko- mimetikums Ritodrin entsprechen (5).

Nebenwirkungen wurden in dieser Stu- die nicht beobachtet.

1997 wurde in einer internationalen Studie (19) Atosiban doppelblind und placebokontrolliert getestet. 501 Pati- entinnen mit vorzeitiger Wehentätig- keit (Uteruskontraktionen und vorge- reifte Zervix) zwischen der 20. und der 34. SSW erhielten für bis zu 48 Stunden Atosiban (Dosis nicht genannt) bezie- hungsweise ein Placebo intravenös und im Anschluss daran bis zur abgeschlos- senen 36. SSW eine subkutan verab- reichte Erhaltungsdosis (30 µg Atosi- ban/min beziehungsweise ein Placebo).

Bezüglich der Zeitdauer bis zur Ent- bindung oder des Versagens der Thera- pie (Umsetzen auf ein anderes Tokoly- tikum erforderlich) ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den mit Atosiban und den mit Placebo behandelten Patientinnen (Median 25,6 bei Atosiban gegenüber 21,0 Tage beim Placebo). Der Prozentsatz der Patien- tinnen, die innerhalb von 24 bis 48 Stun- den beziehungsweise sieben Tagen ent- bunden wurden oder bei denen die Therapie auf ein anderes Tokolytikum umgestellt werden musste, war in der Atosibangruppe signifikant niedriger.

Mit Ausnahme häufiger auftretender Hautreaktionen im Bereich der Injekti- onsstelle in der Atosibangruppe waren Nebenwirkungen in beiden Gruppen gleich häufig.

In einer weiteren Publikation (18) wurde die Wirksamkeit einer subkuta- nen Erhaltungsdosis mit Atosiban dop- pelblind und placebokontrolliert ge- prüft. 649 Patientinnen mit vorzeitiger

Wehentätigkeit zwischen der 20. und der 34. SSW erhielten Atosiban intra- venös. Diejenigen Patientinnen, bei de- nen es zu einem Sistieren der We- hentätigkeit kam (n=512), wurden da- nach doppelblind randomisiert in zwei Gruppen eingeteilt: Die eine Gruppe erhielt Atosiban subkutan (kontinuier- liche Applikation: 30 µg/min; n=261), die andere ein Placebo (n=251). Beim Wiederauftreten von Wehen wurde er- neut Atosiban intravenös infundiert.

Dabei war die Zeit bis zum erneuten Auftreten von Wehen in der Atosiban- gruppe signifikant höher (32,6 Tage) als in der Kontrollgruppe (27,6 Tage; p <

0,05). Über Nebenwirkungen wurde in dieser Studie nicht berichtet.

Die Erfahrungen aus den genannten Studien reichten nicht für eine Zulas- sung dieser Substanz in den USA aus.

Die Ergebnisse der klinischen Phase- 3-Studien (CAP-001-Studien), die zur Zulassung von Atosiban in der Eu- ropäischen Gemeinschaft führten, wur- den bisher noch nicht veröffentlicht (8).

Dabei wurden 742 Patientinnen mit vorzeitiger Wehentätigkeit zwischen der 23. und der 33. SSW entweder mit Atosiban (Bolusdosis 6,75 mg i.v., dann dreistündige Dauerinfusion von 300 µg/h [Sättigungsdosis] gefolgt von einer 45-stündigen Dauerinfusion von 100 µg/h [Erhaltungsdosis]) oder mit einem Beta-2-Sympathikomimetikum (dosi- stitriert) behandelt. Bei 60 Prozent der mit Atosiban und bei 48 Prozent der mit dem Beta-2-Sympathikomimetikum behandelten Patientinnen konnte die Schwangerschaft um mehr als sieben Tage verlängert werden. Allerdings tra- ten Behandlungsversager wegen un- genügender Wirksamkeit der Medikati- on signifikant häufiger in der Gruppe der mit Atosiban behandelten Patien- tinnen auf (14,2 Prozent versus 5,8 Pro- zent; p < 0,001).

In der Gruppe der Patientinnen zwi- schen der 24. und der 28. SSW ergaben sich bei allerdings geringer Patientin- nenzahl (n=129) keine Unterschiede bezüglich des Zeitintervalls bis zur Ent- bindung (Beobachtungszeitraum: sie- ben Tage) oder der Umstellung auf ein anderes Tokolytikum (Atosiban versus Beta-2-Sympathikomimetikum).

Bei den Schwangeren, bei denen es innerhalb von 48 Stunden nicht zur Ge- M E D I Z I N

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burt kam, ergaben sich keine signifi- kanten Unterschiede zwischen den mit Atosiban und den mit einem Beta-2- Sympathikomimetikum behandelten Pa- tientinnen bezüglich des mittleren Schwangerschaftsalters bei der Geburt, des mittleren Geburtsgewichts der Kin- der und der Häufigkeit der Verlegung der Neugeborenen auf eine Intensivsta- tion sowie der Behandlungsdauer dort.

Bei 48 Prozent der mit Atosiban be- handelten Patientinnen traten Neben- wirkungen auf: Dabei kam es am häu- figsten zu Übelkeit (circa zehn Pro- zent), Kopfschmerzen, Schwindel, Hit- zewallungen, Erbrechen, Tachykardie, Hypotonie, Reaktionen an der Injekti- onsstelle sowie zu Hyperglykämien (ein bis zehn Prozent).

Schlussfolgerung

Die bisher publizierten Studien zu dem Oxytocin-Rezeptorantagonisten Atosi- ban lassen noch keine abschließende Bewertung der Wirksamkeit dieser Therapie zu. Insgesamt hat aber Atosi- ban vor allem im Vergleich zu den Beta- 2-Sympathikomimetika eine geringere Rate an schwerwiegenden Nebenwir- kungen; seine Anwendung ist durch ei- ne geringere Rate an Kontraindikatio- nen limitiert. Unter diesen Gesichts- punkten könnte künftig zur Therapie der vorzeitigen Wehentätigkeit eine hinsichtlich der Akzeptanz vorteilhaf- tere Methode zur Verfügung stehen – eine vergleichbare Effektivität zu den etablierten Tokolytika im Sinne der Evidence Based Medicine vorausge- setzt.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 3427–3432 [Heft 50]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Holger Maul

Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen

Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen

E-Mail: mwinkler@post.klinikum.rwth-aachen.de

In etwa der Hälfte der Fälle von Herz- Kreislauf-Stillstand werden von den an- wesenden Personen keine Wiederbele- bungsmaßnahmen ergriffen. Eine Un- tersuchung aus Seattle konnte nun zei- gen, dass die alleinige Druckmassage des Thorax ohne gleichzeitige Mund- zu-Mund-Beatmung in vielen Fällen zu gleich guten oder besseren Ergebnissen führt als die bislang übliche Praxis der kardiopulmonalen Reanimation.

Zeugen von Herz-Kreislauf-Stillstän- den, die mittels Notruf Erste Hilfe anfor- derten, wurden telefonisch instruiert, entweder wie bisher eine Laienreani- mation mit Beatmung und Herzmassage oder nur eine Herzmassage durchzu-

führen, bis das Rettungsteam eintraf.

Dabei erwies sich das einfachere Verfah- ren der komplexeren Reanimation als gleichwertig wenn nicht sogar überle- gen. Bei Ersterem erreichten 14,6 Pro- zent der Patienten lebend das Kranken- haus, bei Letzterem nur 10,4 Prozent.

Die Autoren empfehlen daher vor allem den in der Reanimation Ungeübten bei Herz-Kreislauf-Stillstand zumindest die Herzdruckmassage durchzuführen. acc Hallstrom A et al.: Cardiopulmonary resuscitation by chest compression alone or with mouth-to-mouth venti- lation. N Eng J Med 2000; 342; 1546–1553.

Dr. Hallstrom, 1107 NE 45thStreet, Suite 505, Seattle, WA 98105-4689, USA.

In Metaanalysen ist häufig nicht nur be- reits publizierte Literatur zu dem be- handelten Thema zusammengefasst und ausgewertet, sondern häufig wer- den auch Studien berücksichtigt, die nicht oder noch nicht publiziert wor- den sind. Ob solche „graue Literatur“

das Ergebnis von zusammenfassen- den Sammeluntersuchungen beeinflusst, wollten die Autoren herausfinden. Sie fanden in 33 Publikationen über klini- sche Effektivitätsstudien, dass Ergeb- nisse nicht publizierter Arbeiten mit benutzt worden waren – 61 Prozent da- von waren Abstracts, andere waren in- terne Dokumente, beispielsweise der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA), der Weltge- sundheitsorganisation oder von Phar- mafirmen. Das Nachrechnen ergab, dass mit einer Ausnahme die Metaana- lysen korrekt kalkuliert waren. Nahm man jedoch die Teilergebnisse der nicht publizierten Primärstudien heraus, ent- standen oft abweichende Gesamtergeb- nisse. Zwei Beispiele: Eine Metaanaly- se über die Effektivität einer medika- mentösen Behandlung von Beinvenen- insuffizienz ergab eine Schmerzlinde- rung in 42 Prozent der Fälle; rechnete man die Ergebnisse ohne die „grauen“

Studien aus, kam man sogar auf 61 Pro- zent. In einem anderen Fall ergab eine

Studie über nächtliche Wadenkrämpfe aus offiziell publizierten Arbeiten eine um fünfzig Prozent höhere Effektivität der untersuchte Methode als die Analy- se dreier unpublizierter Studien bei der FDA. Insgesamt boten die Metaanaly- sen im Schnitt bei Ausschluss der

„grauen“ Literatur ein um 15 Prozent besseres Ergebnis. Der Schluss daraus:

Wenn man sich auf die Analyse publi- zierter Daten beschränkt, können die Ergebnisse zu „optimistisch“ sein. Man sollte sich also bei der Anfertigung von Metaanalysen bemühen, auch (noch) nicht publiziertes Material zu verwen- den, was allerdings 1993 bei einer Um- frage im JAMA von dreißig Prozent der befragten Redakteure abgelehnt wor- den war. Es gibt jedoch andererseits bis- her keinen Beweis dafür, dass „graue“

Literatur von schlechterer Qualität wä- re. – Am Rande: Zwei Prozent der ins- gesamt 487 berücksichtigten Primärstu- dien waren in deutscher Sprache, davon

aber keine „grau“. bt

McAuley L, Pham B, Tugwell P, Moher D: Does the inclu- sion of grey literature influence estimates of intervention effectiveness in meta-analyses? Lancet 2000; 356:

1228–1231.

David Moher MSC, Thomas C: Chalmers Center for Sys- tematic Reviews, Children’s Hospital of Eastern Ontario Research Institute, Room R 226, 401 Smyth Road, Otta- wa, Ontario R1H BL 1, Kanada, dmoher@uottawa.ca

Reanimation nur noch mit Herzdruckmassage?

Referiert

„Graue“ Literatur in Metaanalysen

Referiert

Referenzen

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