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Archiv "Die Hilfsmittel-Verordnung des Bundesarbeitsministers" (15.02.1990)

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EUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Hilfsmittel-Verordnung des Bundesarbeitsministers

Ohne besondere Ankündigung ist trotz zahlreicher inhaltlicher Be- denken und Einsprüche bereits zum l. Januar 1990 eine Verordnung des Bundesarbeitsministers in Kraft getreten, durch die aufgrund des § 34 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Artikel! des Gesundheits-Reformge- setzes) eine Reihe von Hilfsmitteln von der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen wurden (Deutsches Ärzteblatt, Heft 1/2 vom 8. Januar 1990). Damit scheidet auch eine Verordnung solcher Hilfs- mittel durch den Kassen- und Vertragsarzt aus. Die ursprünglich für Heft 4/1990 vorgesehene Veröffentlichung der folgenden Erläuterungen mußte leider verschoben werden, da strittige Auslegungsfragen - insbesondere zum Begriff "Fingerschienen"- erst jetzt geklärt werden konnten.

In der Verordnung werden die ausgeschlossenen Hilfsmittel in zwei Gruppen eingeteilt:

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Hilfsmittel mit geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen, f) Hilfsmittel mit geringem Abgabepreis.

Die Aufzählung der unter diesen Kategorien zusammengefaßten Hilfs- mittelläßt für den Arzt eine Reihe von Fragen offen, die zu unterschiedlichen Interpretationen führen können. Daher sollen nachfolgend einige Hinweise zum Umgang mit dieser Verordnung gegeben werden. Diese Hinweise wur- den mit den Berufsverbänden der insbesondere von dieser Verordnung be- troffenen Ärzte für Chirurgie und für Orthopädie sowie mit den Spitzenver- bänden der Krankenkassen abgesprochen, die für die leistungsrechtliche Zuordnung von Hilfsmitteln zuständig sind.

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Zunächst muß ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß von dem Versorgungsausschluß aufgrund der Hilfsmittel-Verordnung solche Produkte nicht betroffen sind, die vom Kassen-Nertragsarzt im Rahmen der Sprechstundenbedarfs-Regelungen für den Praxisbedarfbeschafft werden.

Diese Feststellung ergibt sich insbesondere daraus, daß es sich bei den Sprechstundenbedarfs-Regelungen um Vereinbarungen zur Konkretisierung der Praxiskosten handelt, die von einem an den Versicherten gerichteten Versorgungsausschluß nicht betroffen werden.

Hilfsmittel mit geringem oder umstrittenem

therapeutischen Nutzen

1. Kompressionsstücke für Wa- den und Oberschenkel; Knie- und Knöchelkompressionsstücke:

Hierunter sind alle konfektio- nierten oder maßgefertigten Produk- te zu verstehen, die eine lediglich ab- schnittsweise komprimierende Wir- kung auf die betroffene Extremität entfalten. Dies trifft auch zu auf Kompressionsstücke, die zur V er- meidung des Rutschens beziehungs- weise Aufrollens mit elastischen Stä- ben oder Spiralen aus Kunststoff oder Metall versetzt sind und keine therapeutisch relevante Stützwirkung

entfalten. Auch die gegebenenfalls zusätzliche Ausstattung dieser Pro- dukte mit elastischen Bändern oder Stützriemen führt nicht zu einer Ver- ordnungsfähigkeit.

~ Weiter verordnungsfähig sind dagegen Bandagen und Orthe- sen mit festen Materialien, die eine Stützwirkung auf Knie- oder Sprung- gelenke ausüben.

~ Dasselbe gilt für flach- oder rundgestrickte Kompressionsstücke mit definierter Kompression und lo- kalen Druckpolstern aus Silikon oder anderen Materialien.

~ Nicht vom Leistungsaus- schluß betroffen und somit eben- falls weiter verordnungsfähig sind auch Kompressionsstrümpfe und -Strumpfhosen. Sie unterscheiden

sich von Kompressionsstücken durch die nach distal hin vollständige Um- fassung und Kompression des jeweili- gen Extremitätenteils, also ein- schließlich des Vorfußes.

2. Leibbinden (Ausnahmen: bei frisch Operierten, bei Bauchwand- lähmung, bei Bauchwandbruch und bei Stoma-Trägern):

~ Rumpfortbesen fallen nicht unter den Begriff "Leibbinden" und sind daher weiter verordnungsfähig.

Die Versorgung mit konfektionierten Leibbinden oder Maßleibbinden zu Lasten der Krankenkassen ist nur in den genannten Ausnahmefällen möglich. Der Arzt sollte in der Ver- ordnung die zutreffende Ausnah- meindikation beziehungsweise die für die Verordnung maßgebliche Diagnose angeben.

3. Handgelenkriemen, Handgelenkmanschetten:

Hierunter sind alle konfektio- nierten und maßgefertigten Produkte zu verstehen, die keine ausreichende Fixierung des Handgelenks gewähr- leisten und somit keine therapeutisch relevante Bewegungseinschränkung bewirken.

~ Dagegen sind Handgelenk- bandagen beziehungsweise -orthesen mit festen Materialien, die eine Fi- xierung oder Stützung des Handge- lenks ermöglichen, weiterhin zu La- sten der Krankenkassen verord- nungsfähig.

4. Applikationshilfen für Wärme und Kälte:

Mit dem Begriff "Applikations- hilfen" sind nicht nur Fixierungshil- fen für die verschiedenen Medien der Thermotherapie gemeint, son- dern diese Medien selbst. Zu den von der Verordnung ausgeschlossenen Applikationshilfen für Wärme und Kälte gehören daher alle Produkte, die die Hauttemperatur räumlich be- grenzt erhöhen oder absenken (zum Beispiel Wärmflaschen, Eisbeutel, Gelbeutel, Kältespray).

~ Ausgenommen und damit weiter verordnungsfähig sind ledig-

Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990 (23) A-447

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lieh solche Kältepackungen, die im Zusammenhang mit einer Chemo- therapie bei Krebspatienten zur Ver- hinderung des Haarausfalls einge- setzt werden.

..,.. Häuslich anzuwendende Packungen, die darüber hinausge- hende Inhaltsstoffe aufweisen und insofern nicht auf die ausschließliche Abgabe von Wärme oder Kälte ge- richtet sind (zum Beispiel Fango- oder Moorpackungen), sind Arznei- mittel und fallen daher nicht unter diesen Verordnungsausschluß.

5. Weitere

Verordnungsausschlüsse:

Der Ausschluß von Mterschließ- bandagen, Mundsperren, Penisklem- men, Rektophoren und Hysteropho- ren (Ausnahme: bei inoperabelem Gebärmuttervorfall) ist unproblema- tisch.

Sächliche Mittel

mit geringem Abgabepreis

Die unter dieser Kategorie ge- nannten Hilfsmittel werden von der Verordnung nicht aufgrund eines ge- ringen oder umstrittenen therapeuti- schen Nutzens ausgeschlossen, son- dern ausschließlich mit der Begrün- dung, daß der Abgabepreis so gering sei, daß die Kostenübernahme den Versicherten zugemutet werden kön- ne. Eine Definition des Kriteriums

"geringer Abgabepreis" erfolgt aller- dings nicht, so daß die in der Verord- nung beschriebenen Produkte unab- hängig vom jeweiligen Abgabepreis von der Versorgung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen sind.

Im übrigen ging der Bundesarbeits- minister offensichtlich davon aus, daß viele dieser Produkte derzeit überteuert angeboten werden.

Der Verordnungsau.sschluß gilt· auch für die leihweise Uberlassung sowie für Miet- oder Leasingverfah- ren. Für viele Versicherte besonders schmerzlich dürfte die Tatsache sein, daß sie die Kosten für die aufgrund dieser Verordnung ausgeschlossenen Hilfsmittel in jedem Fall selber tra- gen müssen, also selbst dann, wenn sie aufgrund der Härtefallregelungen von anderen Zuzahlungen (zum Bei- spiel Fahrkosten, Heilmittel, "Re- zeptgebühr" etc.) befreit sind.

1. Alkoholtupfer:

Der Versorgungsausschluß be- trifft nicht nur konfektionierte, ein- zeln abgepackte und mit Alkohol ge- tränkte Tupfer, sondern auch die für vergleichbare Zwecke erfolgende ge- trennte Verordnungvon Alkohol und Tupfern (zum Beispiel aus Zellstoff).

..,.. Die Verordnung von medizi- nischem Alkohol als extern anzuwen- dendes Arzneimittel im Rahmen der ärztlichen Behandlung ist dagegen selbstverständlich nach wie vor mög- lich.

2. Druckschutzpolster (Ausnah- me: Dekubitusschutzmittel):

Die Ausnahmeregelung ist miß- verständlich, da jedes Druckschutz- polster letztlich auch dem Dekubi- tusschutz dienen kann. Nicht verord- nungsfähig sind allerdings in jedem Fall die nochmals gesondert ausge- schlossenen Zehen- und Ballenpol- ster.

3. Energieversorgung bei Hörge- räten für Versicherte, die das 18. Le- bensjahr vollendet haben:

Unter den Begriff "Energiever- sorgung" fallen sowohl Batterien als auch Ladegeräte und Akkuzellen.

4. Fingerlinge:

Als "Fingerlinge" sind beispiels- weise solche aus Leder oder Kunstle- der zu verstehen, nicht dagegen Ver- band-Fingerlinge, die weiterhin als Verbandmittel verordnungsfähig sind.

5. Fingerschienen:

Mit dem Begriff "Fingerschie- nen" sind nach Auskunft der Spitzen- verbände der Krankenkassen, die für die leistungsrechtliche Zuordnung von Hilfsmitteln zuständig sind, alle Hilfsmittel gemeint, die der Schie- nung von Fingern dienen. Auf diese Weise sind- was vom Bundesarbeits- minister ausdrücklich bestätigt wurde - vom Verordnungsausschluß auch die konfektionierten Endgelenks- scbienen vom Typ der Stacksehen Schiene betroffen, obwohl der Abga- bepreis zur Zeit teilweise mehr als 40 DM beträgt.

Die Versorgung mit solchen Schienen stellt in den geeigneten Fäl- len eine sinnvolle und vergleichswei- se kostengünstige Behandlungsmaß- nahme dar. Diese wird durch den Ausschluß der Verordnungsfähigkeit

A-448 (24) Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990

zu Lasten der gesetzlichen Kranken- versicherung für sozial bedürftige Pa- tienten behindert. Wir weisen aller- dings darauf hin, daß es den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung nach wie vor freisteht, solche Endge- lenksschienen als Bestandteil der Sprechstundenbedarfs-Regelungen zu vereinbaren und damit für Akut- fälle in der Praxis des Arztes vorrätig zu halten.

..,.. Vom Verordnungsausschluß nicht betroffen sind aufwendige Quengelschienen (Orthesen), die häufig zur Versorgung eines oder mehrerer Finger notwendig sind.

..,.. Auch die ärztliche Anferti- gung von Finger-Gipsschienen ist selbstverständlich weiter zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen möglich.

6. Milchpumpen:

Von der Verordnung ausge- schlossen sind nicht nur Hand-Milch- pumpen, sondern auch elektrische Milchpumpen, die in der Regel auf Mietbasis ausgeliehen werden.

7. Weitere

Verordnungsausschlüsse:

Keine Abgrenzungsschwierig- keiten ergeben sich bei den Verord- nungsausschlüssen für Armtragetü- cher und Armtragegurte, Augenbade- wannen, Augenklappen, Augentropf- pipetten, Badestrümpfe (auch zum Schutz von Gips- und sonstigen Dau- erverbänden), Brillenetuis, Einmal- handschuhe (Ausnahme: sterile Handschuhe zur regelmäßigen Ka- theterisierung), Glasstäbchen, Gum- mihandschuhe, Ohrenklappen, Sal- benpinsel, Urinflaschen, Zehen- und Ballenpolster, Zehenspreizer. KBV

Instandsetzung von Brillengestellen:

In einem eigenen Paragra- phen der Hilfsmittel-Verord- nung wird die Instandsetzung von Brillengestellen bei Er- wachsenen von der Versorgung ausgeschlossen. Nicht betrof- fen von diesem Ausschluß sind somit die Instandsetzung von Brillengestellen bei Versicher- ten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, so- wie die Instandsetzung beschä- digter Brillengläser. D

Referenzen

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