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eben den Betriebsmittel- krediten und langfristi- gen Darlehen der Kredit- institute stehen zur Finanzie- rung von Betriebs- und Praxis- investitionen mehr als 50 Mil- liarden Euro an zinsgünsti- gen öffentlichen Förderkredi- ten zur Verfügung. Dieses An- gebot wird von den Ärzten je- doch kaum genutzt. Vielen Ärzten fehlt offenbar die Zeit, sich mit der Vielzahl un- terschiedlicher Finanzierungs- programme in der Praxis aus- einander zu setzen. Selbst Steu- erberater kapitulieren häufig vor dem erforderlichen Auf- wand, der mit der Suche nach den für Branche und Verwen- dungszweck geeigneten Kredi- ten meist verbunden ist.Andererseits tragen auch die Bankinstitute zu dieser unbefriedigenden Situation bei: Die öffentlichen Förder- programme werden häufig kaum erwähnt, weil bankeige- ne Investitionskredite im Ver- gleich zu öffentlichen För- derkrediten für den Kreditge- ber lukrativer sind. Dabei be- schäftigen die Banken und Sparkassen kompetente Kun- denberater, die sich auf öf- fentliche Finanzierungen spe- zialisiert haben. Da diese Kre- dite über ein Bankinstitut be- antragt werden müssen, sollte der Kunde auf einer umfang- reichen Beratung bestehen.
Der wohl wichtigste An- sprechpartner bei öffentlichen Krediten ist mit der „Mittel- standsbank“ ein Kreditinsti- tut, das aus der in der Vergabe öffentlicher Finanzmittel bis- her führenden Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) hervorgegangen ist. Die Mittelstandsbank bündelt die Förderprogramme für kleine und mittelständische Unter- nehmen ebenso wie zum Bei- spiel für Existenzgründer. Ein
wichtiger Schritt in Richtung Förderung ist, die öffentlichen Kredite bei der Hausbank mit einem gemeinsamen Antrags- formular von KfW und DtA zu beantragen.
Als Teil der Gründer- und Mittelstandsoffensive des Bun- des soll die neue Mittelstands- bank potenziellen Kreditneh- mern künftig vor allem ko- stengünstiger und effektiver als bisher bei Finanzierungen helfen. Bei dieser beabsichtig- ten Optimierung dürfte die geplante Bereinigung der viel- fältigen Kreditprogramme von großer Bedeutung sein. Über- schneidungen verschiedener Kreditangebote soll es ebenso wenig geben wie unnötigen Verwaltungsaufwand.
Für den Arzt wird sich an der bisherigen Beantragungs- praxis bei einem Kreditinsti- tut vor Ort nichts ändern. Die- se „Durchleitungsfunktion“
der eingebundenen Banken und Sparkassen und die da- mit verbundene örtliche Prü- fung der Kreditwürdigkeit des Arztes als Antragsteller blei- ben also erhalten.
Vor der Weiterleitung der Finanzierungsunterlagen an die öffentlichen Kreditgeber analysieren Banken und Spar- kassen das Zahlenwerk des Arztes und gewinnen auf die- sem Weg einen profunden Ein- blick in die finanzielle Situati-
on und damit in die Stärken und Schwächen ihres Kredit- nehmers. Mit den so ermittel- ten Kennzahlen können die Banken betriebliche Zahlungs- ströme zuverlässig messen und einschätzen, finanzielle Grund- lagen für die zukünftige Pra- xisentwicklung ermitteln und Soll-Ist-Vergleiche mit der ei- genen Praxis beziehungsweise Vergleiche mit anderen Pra- xen herstellen.
Zur Ratingpraxis der Banken Die Kennzahlen der kurzfristi- gen Liquidität zeigen den Ban- ken, wie schnell der Arzt kurz- fristigen Zahlungsverpflich- tungen nachkommen kann. Sie werden durch das Verhältnis von flüssigen Mitteln (Kasse, Bankguthaben, Schecks, kurz- fristigen Forderungen, Waren) zu kurzfristigen Verbindlich- keiten ermittelt. Dazu gehören vor allem Kontokorrentkredi- te, Verbindlichkeiten aus Lie- ferungen/Leistungen, erhalte- ne Anzahlungen, kurzfristige Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten.
Unterschieden wird:
>Liquidität 1. Grades = Li- quide Mittel geteilt durch kurzfristige Verbindlichkeiten (fällig innerhalb eines Jahres);
>Liquidität 2. Grades = Li- quide Mittel plus Forderungen (fällig innerhalb eines Jahres) geteilt durch kurzfristige Ver- bindlichkeiten (fällig innerhalb eines Jahres) und
>Liquidität 3. Grades = Liquide Mittel plus Forde- rungen (fällig innerhalb eines Jahres) plus Warenbestand geteilt durch kurzfristige Ver- bindlichkeiten (fällig inner- halb eines Jahres).
Das Ergebnis sollte jeweils größer oder gleich eins sein.
Die langfristige Liquidität wird durch Deckungsrelatio- nen oder Deckungsgrade aus- gedrückt, in denen Vermö- genswerte des Arztes entspre- chenden Verbindlichkeiten ge- genübergestellt werden:
> Deckungsgrad 1 = Ei- genkapital geteilt durch Anla- gevermögen;
> Deckungsgrad 2 = Ei- genkapital plus langfristiges Fremdkapital geteilt durch Anlagevermögen und
> Deckungsgrad 3 = Ei- genkapital plus langfristiges Fremdkapital geteilt durch Anlagevermögen plus Waren- bestand.
Auch hier sollte das Ergeb- nis jeweils größer oder gleich eins sein.
Der Cashflow dient der Er- mittlung des aus dem erwar- teten Umsatz resultierenden finanzwirtschaftlichen Über- schusses der Arztpraxis. Er ist also der Teil der Einnahmen einer Periode, der dem Praxis- betrieb nach Abzug aller Aus- gaben innerhalb dieses Zeit- raumes zur Verfügung steht.
Der Cashflow zeigt, in wel- chem Umfang der Betrieb in der Lage sein wird, sich von
„innen heraus“ zu finanzieren und damit von Kapitalgebern möglichst unabhängig zu sein.
Die vereinfachte Cashflow- Formel lautet: Jahresüber- schuss plus Abschreibungen auf immaterielle Vermögens- gegenstände und Sachanlagen plus Abschreibungen auf Fi- nanzanlagen plus Erhöhung (minus Verminderung) mögli- cher Pensionsrückstellungen = Cashflow. Aus dem Cashflow wird der „dynamische Ver- schuldungsgrad“ abgeleitet.
Diese Kennzahl zeigt die Ent- schuldungskraft der Praxis:
Dynamischer Verschuldungs- grad = Fremdkapital geteilt durch Cashflow.
Die Verschuldung einer Praxis sollte das Drei- bis Vier- fache des durchschnittlichen Cashflows der vergangenen drei Jahre nicht überschreiten.
Kann dieses Verhältnis nicht eingehalten werden, ist die Kreditwürdigkeit der Praxis gefährdet. Michael Vetter V A R I A
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 11⏐⏐17. März 2006 AA713
Öffentliche Fördermöglichkeiten
Kaum genutzte Kredite
Nur wenige Ärzte kennen die Programme der Mittelstandsbank.
Wirtschaft
Die wichtigsten Kreditprogramme
> Kreditprogramme zur Finanzierung gewerblicher Investitionen
> Kreditprogramme zur Finanzierung von Umweltinvestitionen
> Kreditprogramme zur Finanzierung von Innovationen, innovativen Technologien und Beteiligungen
> Kreditprogramme zur Finanzierung von wohnwirtschaftlichen Investitionen
> Sonstige Kreditprogramme wie KfW/ERP-Exportfinanzierungsprogramm Internet-Adressen: www.subventionen.de; www.kfw-mittelstandsbank.de;
www.eib.org; www.bmwi.de