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Vegetative Entwicklung und Stickstoff- versorgung der Rebe

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 15/08

4

JEAN-LAURENTSPRING UNDVIVIANZUFFEREY,

STATION DE RECHERCHEAGROSCOPECHANGINS-WÄDENSWIL

ACW, PULLY(VD) jean-laurent.spring@acw.admin.ch

I

m Rahmen von Untersuchungen der Forschungs- anstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW in der Westschweiz fiel auf, dass stark wüchsige Re- ben, obwohl sie nie einem markanten Trockenstress ausgesetzt waren, zu Stickstoffmangelerscheinun- gen neigten. Aus dieser Beobachtung wurde die Hypothese abgeleitet, dass ein überbordendes Blatt- wachstum einen Stickstoffmangel innerhalb der Pflanze auslösen könnte. Zur Abklärung wurden am ACW-Forschungsstandort Pully (VD) gezielt Blattflächenversuche mit Chasselas und Blaubur- gunder angestellt, die den Einfluss der Blattfläche auf den Stickstoff-Ernährungszustand zum Gegen- stand hatten.

Variation der Blattfläche durch Entgeizen

In einem ersten Versuchsansatz mit Chasselas (tradi- tioneller Drahtrahmen 200 u85 cm, Laubwandhöhe 130 cm) wurden durch Entfernung der Geiztriebe mar- kante Unterschiede in der Blattmasse hervorgerufen:

Variante A (Kontrolle, normal): Entfernung der Geiztriebe nur in der Traubenzone.

Variante B (total entgeizt): Entfernung aller Geiz- triebe.

Tabelle 1 listet die Unterschiede zwischen den Ansätzen bezüglich der Gesamtblattfläche pro m2Bo- den (Carbonneau 1976) und dem Schnittholzgewicht in Gramm pro Rebe auf. Daraus geht hervor, dass die

Blattfläche im mehrjährigen Durchschnitt bedeutend stärker (- 43%) auf das totale Entgeizen reagierte als das Schnittholzgewicht (- 23%).

Stickstoffversorgung der Rebe

Abbildung 1 zeigt, dass in allen vier Jahren sowohl die Stickstoffwerte im Blatt bei Reifebeginn als auch die- jenigen nach der Ernte im Most (Formolindex; Aerny 1996) in der rigoros entgeizten Variante höher lagen.

Dabei waren die Unterschiede im Moststickstoffge- halt im extremen Trockenjahr 2003 am geringsten.

Überhaupt korrelieren die Formolwerte der Moste sehr gut (r2= 0.98) mit der Wasserverfügbarkeit im Zeitraum zwischen Anfang Mai bis Ende August der Jahre 2003, 2004 (trocken) und 2001, 2002. Die Blatt- stickstoffwerte lagen allgemein im mittleren bis gu- ten Versorgungsbereich. Die Formolindizes der Moste scheinen jedoch die verlässlicheren Messgrös- sen für den Stickstoff-Ernährungszustand der Reben zu sein. Die Unterschiede im Most zwischen den bei- den Entgeizungs-Ansätzen waren in Jahren mit guter Wasserverfügbarkeit (2001, 2002) bedeutend klarer erkennbar. Die Werte der Kontrollen mit normaler Entgeizung lagen zudem fast immer im Gefahrenbe- reich einer Stickstoff-Mangelversorgung.

REBBAU

Vegetative Entwicklung und Stickstoff- versorgung der Rebe

Eine ungenügende Stickstoffdüngung der Rebe kann sich – auch in Abhängigkeit von den saiso- nalen Wetterbedingungen – negativ auf die Weinqualität auswirken. Dies trifft insbesondere bei Weissweinen zu, die auf Stickstoffmangel oft mit einer Neigung zur untypischen Alterungsnote (UTA) reagieren. Durch rigoroses Laubwandmanagement wurden in Versuchen mit Chasselas und Blauburgunder Bedingungen geschaffen, die aufgrund einer überbordenden vegetativen Entwicklung zu Stickstoffmangel im Blattwerk und in den Trauben führen sollten. Die Auswirkun- gen dieser Massnahmen wurden analytisch in den Blättern und im Traubenmost und sensorisch im Wein überprüft.

Tab. 1: Entgeizungsversuch auf Chasselas. Totale Blattfläche und Schnittholz- gewicht. Mittelwerte 2001 bis 2004.

Varianten Gesamtblattfläche % Schnittholzgewicht %

(m2/m2Boden) (g/Stock)

B: Total entgeizt 0.94 100 437 100

A: Normal entgeizt 1.65 176 564 129

Abb. 1: Entgeizungsversuch Chasselas: Blatt- und Moststickstoff- werte 2001 bis 2004.

1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2.0 2.1

2001 2002 2003 2004 2001 2002 2003 2004 Mittel 01-04 4 6 8 10 12 14 16 Normale 18

N-Versorgung

Mittel 01-04

Mässiger N-Mangel

Starker N-Mangel

Blattstickstoff (% TG) Moststickstoff (Formol-Index)

Total entgeizt Normal entgeizt

(2)

In allen vier Jahren war eine klar negative Bezie- hung zwischen dem Stickstoffgehalt der Moste und der Gesamtblattfläche erkennbar: je umfangreicher die Laubwand, umso geringer der Formolwert des Traubensafts. Die Korrelationskoeffizienten (r2) lagen im Bereich von 0.9, lediglich im Jahr 2003 war er deutlich niedriger (0.7), was den wachstumshem- menden Einfluss der extremen Trockensituation in diesem «Jahrhundertsommer» unterstreicht.

Zuckerwerte

Die durch die totale Entgeizung herbeigeführte Ver- ringerung der Gesamtblattfläche zog auch eine Ver- minderung des Beeren- und Traubengewichts nach sich. Trotz des geringeren Ertrags waren die Zucker- gehalte oft ebenfalls tief, was auf ein schlechteres Blatt-Frucht-Verhältnis zurückgeführt wird. Aus Abbil- dung 2 ist ersichtlich, dass bei Werten unter 1.4 m2to- taler Blattfläche pro kg Traube die Mostzuckerwerte deutlich absinken. Diese Abhängigkeit war schon von Bertamini et al. (1991) beobachtet worden.

Weinqualität

Die Darstellung der Degustationsergebnisse in Abbil- dung 3 lässt erkennen, dass die Weine aus der Variante mit Entfernung aller Geiztriebe in einigen Fällen trotz niedrigerer Zuckerwerte von den Experten als besser beurteilt wurden. Die Unterschiede betreffen beson- ders die Neigung zu einer untypischen Alterungsnote (UTA), die Aromaqualität sowie die Bitterkeit der Wei- ne. Alles Kriterien, die mit dem Stickstoffversorgungs- pegel der Moste in Zusammenhang stehen (Maigre et al. 1995; Spring 2002). Dabei sind wieder markantere Unterschiede im sensorischen Profil der Jahrgänge 2001 und 2002 aufgetreten, weniger in den trockenen Jahren 2003 und 2004.

Variation der Blattfläche durch die Laubwandhöhe

In einem zweiten Versuch mit Chasselas und Blau- burgunder (diesmal mit einer Pflanzdichte von 150 u80 cm) wurden die Unterschiede in der Blatt- masse durch eine Anpassung der Laubwandhöhe

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herbeigeführt. Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, reagie- ren beide Rebsorten sehr ähnlich auf diese Vergrös- serung der Laubwand. Auch hier fiel die Reaktion beim Schnittholz weniger deutlich aus als bei der Blattfläche. Durch die Erhöhung von 60 auf 100 cm wird bei beiden Rebsorten die Blattmasse knapp ver- doppelt, beim Schritt von 60 auf 140 cm fast ver- dreifacht (u2.6). Die gleichen Massnahmen führen beim Schnittholz auf den anderthalbfachen bezie- hungsweise doppelten Wert.

Beziehung zwischen Laubwand und Stickstoffversorgung

Wie aus Abbildung 4 hervorgeht, verläuft der Stick- stoffgehalt in den Traubenmosten der beiden Rebsor- ten umgekehrt proportional zur Laubwandhöhe. Wie schon im Entgeizungsversuch gezeigt, besteht eine recht enge, negative Korrelation zwischen der Blatt- flächenentwicklung und dem Stickstoffgehalt im Most. Je höher die Laubwand, umso tiefer ist der N2- Pegel im Beerensaft.

Beim Chasselas finden sich die Stickstoffwerte bei einer Laubwandhöhe von 140 cm, zum Teil auch bei 100 cm, oft im Bereich einer mässigen bis geringen Stickstoffversorgung.

REBBAU

Abb. 2: Entgeizungsversuch Chasselas: Gesamtblattfäche pro kg Trauben und Zuckergehalt im Most. Mittelwerte 2001 bis 2004.

1 5

Gesamteindruck Frucht

Aroma Struktur Säure

Harmonie Bitterkeit

1 5

Gesamteindruck Frucht

UTA Aroma Struktur Säure

Harmonie Bitterkeit

1 5

Gesamteindruck Frucht

Aroma Struktur Säure

Harmonie Bitterkeit 1

5

Frucht

Aroma Struktur Säure

Harmonie Bitterkeit

UTA UTA UTA

Gesamteindruck

2001 2002

2003 2004

Tatal entgeizt Normal entgeizt

Abb. 3: Entgeizungs- versuch Chasselas:

Sensorische Beurtei- lung der Weine. Mit- telwerte 2001 bis 2004. 1 = niedrig, schlecht bis 7 = hoch, ausgezeichnet.

Tab. 2: Laubwandhöhenversuch 2005 mit Chasselas und Blauburgunder.

Gesamtblattfläche und Schnittholzgewicht.

Laubwandhöhe Totale Blattfläche % Schnittholzgewicht %

(cm) (m2/m2Boden) (g/Stock)

Chasselas 60 0.70 100 265 100

100 1.32 189 407 154

140 1.85 264 524 198

Blauburgunder 60 0.85 100 275 100

100 1.57 185 408 148

140 2.24 264 523 190

62 64 66 68 70 72 74 76 78

0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 1.8

Gesamtblattfläche m2/kg Trauben

Zuckergehalt (°Oechsle)

(3)

SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 15/08

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Was kann man daraus lernen?

Beide Versuche zeigen klar, dass die Stickstoffversor- gung negativ mit der Blattflächenentwicklung der Rebe gekoppelt ist. Eine grosse Blattmasse führt zu tie- fen Stickstoffwerten im Blattwerk und in den Trauben und umgekehrt. Beim betrieblichen Stickstoff-Manage- ment der Rebe müssen neben Faktoren wie Boden- pflege, Begrünung und Düngung auch Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Erziehungssystem und dem Laubwandmanagement berücksichtigt werden.

Literatur

Aerny J.: Composés azotés des moûts et des vins. Revue suisse vi- tic., arboric., hortic. 28 (3), 161–165, 1996.

Bertamini M., Iacono F. und Scienza A.: Manipulazione dei rapporti sink-source mediante il diradamento dei grappoli e riflessi sulla qualità (cv. Cabernet Sauvignon). VigneVini 10, 41–47, 1991.

Carbonneau A.: Principe et méthodes de mesure de la surface fo- liaire. Essai de caractérisation des types de feuilles dans le genre Vitis. Ann. Amél. Plantes 26 (2), 327–343, 1976.

Maigre D., Aerny J. und Murisier F.: Entretien des sols viticoles et qualité des vins de Chasselas: influence de l’enherbement perma- nent et de la fumure azotée. Revue suisse vitic., arboric., hortic. 27, 237–251, 1995.

Spring J.-L.: Influence du type d'enherbement sur le comportement de la vigne et la qualité des vins. Résultats d'un essai sur Chasse- las dans le bassin lémanique. 1. Résultats oenologiques. Revue suisse vitic., arboric., hortic. 34 (2), 111–116, 2002.

Spring J.-L. und Zufferey V.: Expression végétative et alimentation azotée de la vigne. Observations sur Chasselas et Pinot noir. Revue suisse vitic., arboric., hortic. 39 (5), 315–321, 2007.

REBBAU

Développement végétatif et approvisionnement en azote de la vigne

Deux essais ont été menés à la Station de recherche Agroscope Changins-Wädenswil de Pully (VD) avec des masses foliaires différentes pour les cépages chasselas (Gutedel) et pinot noir en vue d’étu- dier l’interaction entre le développement végétatif et l’approvisionnement en azote de la vigne. En éliminant complètement les entre-cœur et variant la hauteur de la haie foliaire, des différences marquantes ont été induites dans le développement de la surface foliaire des vignes. La teneur en azote dans les feuilles et dans le moût était en corrélation négative avec l’augmentation de la sur- face foliaire. L’indice de formol dans le moût semble être un indicateur fiable de l’état d’approvision- nement en azote de la vigne. Des fluctuations importantes dans le statut azoté ont surtout été obser- vées dans les périodes d’approvisionnement suffisant en eau. Les résultats disponibles indiquent que durant les années plutôt sèches et dans les terroirs avec un mauvais approvisionnement en azote, une superficie foliaire excessive peut exacerber la concurrence pour l’azote dans la plante au point que la qualité du vin peut en souffrir (GAV). Pour la gestion de l’azote dans l’exploitation, il faudra donc aussi tenir compte du système de conduite et du développement de la haie foliaire des vignes.

R

ÉSUMÉ

Abb. 4: Variation der Blattmasse durch An- passung der Laub- wandhöhe bei Chas- selas und Blaubur- gunder und Stick- stoffgehalt in den Mosten. Mittelwerte 2001 bis 2006.

4 6 8 10 12 14 16 18 20

2001 2002 2003 2004 2005 2006

Moststickstoff (Formol-Index)

4 6 8 10 12 14 16 18 20

2001 2002 2003 2004 2005 2006 Mittel 01-06 Mittel 01-06

Chasselas Blauburgunder

Normale N-Versorgung

Starker N-Mangel

Laubwand 60 cm Laubwand 100 cm Laubwand 140 cm

Mässiger N-Mangel

Versuch mit verschiedenen Laubwandhöhen in Pully (VD).

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