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Politische Ökonomie der Versorgung mit Trink- und Abwasserleistungen (TuAL) in Entwicklungsländern (EL)

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Politische Ökonomie der Versorgung mit Trink- und Abwasserleistungen (TuAL) in Entwicklungsländern (EL)

Vorlese zum Vortrag von Matthias Krause (DIE) aus Anlass des Weltwassertages (22.3.2007) im Rahmen der vom SID veranstalteten Entwicklungspolitischen Fachgespräche

Die Bedeutung von TuAL

Mit dem Ausmaß der Nutzung und der Art des Managements der Ressource Wasser sind viel- fältige sozioökonomische, ökologische und Gesundheitswirkungen verbunden.1 In diesem Beitrag liegt das Augenmerk auf den Ursachen und Auswirkungen von Versorgungsdefiziten mit TuAL (geringe Versorgungsquoten, geringe Qualität der TuAL), die in vielen EL beste- hen. Zu den Auswirkungen: Schätzungen zufolge sterben täglich ca. 6.000 Personen (über- wiegend Kinder unter 5 Jahren) an Krankheiten, die auf das Fehlen von TuAL bzw. deren geringe Qualität zurückzuführen sind.2 Darüber hinaus müssen Familien, die nicht über eine geeignete Versorgung mit TuAL verfügen, häufig viel Zeit und/ oder hohe monetäre Kosten aufwänden, um beispielsweise das nötige Trinkwasser zu beschaffen (etwa über einen weit entfernten Brunnen oder den relativ teuren Service eines Tanklasters). Folgerichtig sieht das Millenniumsziel 7 der Vereinten Nationen eine Halbierung des Anteils der Bevölkerung ohne geeignete TuAL bis zum Jahr 2015 vor.

Fragen und Thesen aus einer politökonomischen Perspektive

Zur Erklärung der Ursachen für Versorgungsdefizite mit TuAL in EL kommen verschiedene Ansätze in Betracht. So kann das Phänomen beispielsweise in erster Linie als ein Knappheits- problem aufgefasst werden: Knappheit an Frischwasserressourcen, an Kapital zum Bau von TuA-anlagen und Kläranlagen, an Know-how zur Planung und zum Betrieb dieser Anlagen oder an Zahlungsmitteln zur Deckung der Kosten der Anlagen. Der politökonomische Ansatz, der hier im Mittelpunkt steht, schaut hingegen in erster Linie auf die Anreize der für TuAL maßgeblichen Akteure und versucht hieraus Versorgungsdefizite zu erklären. Im Gegensatz zu vielen marktgängigen Produkten und Leistungen, spielen im TuA-Bereich politische An- reize eine herausragende Rolle. Politiker bzw. Mitglieder der öffentlichen Verwaltung bzw.

Führer von Dorf- und Stadtteilgemeinden haben einen großen Einfluss auf die Allokation von Mitteln in den TuA-Sektor, Investitionsentscheidungen (Ausbau von Leitungssystemen, Klär- anlagen etc.), die Tarifgestaltung, die Subventionierung bestimmter Gruppen etc. Dies gilt in geringfügig geringerem Ausmaß auch dann, wenn die TuAL selbst von einem privaten Ver- sorgungsunternehmen erbracht werden, da die Entscheidungskompetenz für die Allokation

1 Für einen aktuellen Beitrag zur gesamten Bandbreite der mit der Ressource Wasser verbundenen Entwick-

lungsprobleme siehe z.B. UNDP (2006): Human Development Report 2006. Beyond scarcity: Power, pov- erty and the global water crisis, New York: UNDP.

2 UN-HABITAT (2003): Water and sanitation in the world’s cities, London: Earthscan , S. 59.

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öffentlicher Mittel, die Regulierung von Tarifen und Qualitätsstandards, die Subventionierung bestimmter Gruppen sowie die Stadt- und Regionalplanung im öffentlichen Sektor verbleibt.

Aus politökonomischer Perspektive stellt sich daher die Frage, inwiefern die Eigenschaften der politisch-administrativen Institutionen – und die hieraus resultierenden Handlungsanreize für die maßgeblichen Akteure – die Versorgungsdefizite mit TuAL in EL erklären können.

Hierzu lassen sich u.a. folgende Thesen formulieren:

1. Je größer die demokratische Partizipation, desto geringer sind die Versorgungsdefizite mit TuAL, da die politischen Mandatsträger sich Verfahren wie periodischen allge- meinen und freien Wahlen und somit den Forderungen der Wähler nach Befriedigung dieser Grundbedürfnisse stellen müssen.

2. Je etablierter rechtsstaatliche Verfahren, Transparenz und Korruptionskontrolle, desto geringer sind die Versorgungsdefizite mit TuAL, da weniger Spielräume für die maß- geblichen Akteure bestehen, die Ressourcen im TuA-Sektor für Partikularinteressen auszunutzen (und im Gegenzug mehr Ressourcen der breiten Bürgerschaft zugute kommen können, was sich etwa in höheren Versorgungsquoten und besserer Qualität ausdrückt).

Empirischer Befund

Die empirische Forschung zum Zusammenhang von politischer Governance und Umfang so- wie Qualität von TuAL ist ein junges Feld, und bisher liegen keine umfassenden und eindeu- tigen Ergebnisse in der Fachliteratur hierzu vor. Aus dem Bereich der statistisch-quantitativen Forschung sind nach dem Kenntnisstand des Autors bisher keine Arbeiten zu dieser Frage veröffentlicht worden. Vorläufige Berechnungen durch den Autor für eine Stichprobe von 70 Entwicklungsländern bestätigen die Vermutung eines positiven Zusammenhangs zwischen Versorgungsquote und (i) Demokratieniveau sowie (ii) Ausmaß der Gewaltenteilung. Außer- dem fand der Autor in einer Fallstudie über Kolumbien Hinweise dafür, dass leistungsstarke zivilgesellschaftliche Organisationen, geringe Verbreitung von Korruption und geringe Prä- senz von nicht-staatlichen Gewaltakteuren einen positiven Einfluss auf die Versorgungsquote und die Effizienz der TuAL haben.

Was heißt das für die Entwicklungszusammenarbeit (EZ)?

Die „klassischen“ Instrumente der EZ waren in erster Linie auf die Bewältigung von Knapp- heitsproblemen ausgelegt, etwa durch die Bereitstellung von Kapital zum Bau von TuA- Anlagen sowie von Know-how zur Planung und zum Betrieb dieser Anlagen. In dem Maße, in dem die Ursachen für Versorgungsdefizite tatsächlich in den politisch-administrativen In- stitutionen und den aus ihnen resultierenden Anreizen für die maßgeblichen Akteure (Minis- ter, Bürgermeister, Abgeordnete, Regulierer, Leiter von Versorgungsbetrieben, Nutzergrup- pen, Bürgerschaft) liegen, zielten diese Instrumente an einem wesentlichen Teil des Problems vorbei. Vor diesem Hintergrund scheinen „neuere“ Instrumente der EZ in die richtige Rich- tung zu zielen, wie etwa Politikdialoge im TuA-Sektor (vorausgesetzt diese Politikdialoge

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umfassen die Reform maßgeblicher Institutionen) und allgemeine Programme zur Förderung von Good Governance und Demokratie. Allerdings sind diese „neueren“ Instrument nur dann als positiv zu bewerten, wenn es denn tatsächlich gelingt, mit ihrer Hilfe politisch- administrative Reformen in EL zu unterstützen, die zu mehr demokratischer Partizipation, Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und Korruptionskontrolle führen. Dies ist eine offene Frage, zu der noch ein erheblicher Forschungsbedarf besteht.

Bonn, den 14.3.2007 Matthias Krause

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