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Archiv "Medikamentenbedingte Ösophagusschäden" (13.04.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Medikamentenbedingte Ösophagusschäden

ie kurze Passagezeit der festen Arzneimittelfor- men und die gute Schutz- funktion des mehrschich- tigen Plattenepithels lassen Arznei- mittelschäden am Ösophagus nur re- lativ selten zu. Trotzdem können — besonders bei nicht sachgemäßer Einnahme — ebenso wie im übrigen Intestinaltrakt auch im Ösophagus Schädigungen der Epithelzellen durch Arzneimittel entstehen, die unter Umständen bis zu Ulzeratio- nen führen. In der Literatur (1, 2) sind diese Schädigungen unter ande- rem für folgende Arzneistoffe be- schrieben: Alprenolol, Chlorothia- zid, Chlorthalidon, Clindamycin, Ei- sensalze, Emepronium, Fluorouracil, Kaliumsalze, Phenylbutazon, Pivme- cillinam und Tetracycline.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat schon 1981 (3) und 1983 (4) zu diesem The- ma Warnhinweise veröffentlicht und eine vorläufige Liste der verdächti- gen Medikamente aufgestellt. Sie stimmte weitgehend mit den Daten in der Literatur überein. Da der Arz- neimittelkommission nach wie vor Berichte über Schleimhautreizungen und Ulzerationen des Ösophagus zu- gesandt werden, möchten wir noch- mals in erweiterter Form auf alle Arzneimittel beziehungsweise Arz- neimittelgruppen aufmerksam ma- chen, die ohne reichliches Nach- trinken zu Ösophagusläsionen füh- ren können. Tabelle 1 zeigt die an die Arzneimittelkommission berichteten Fälle.

Auch nach dieser neuesten Übersicht bleiben anscheinend die Tetracycline (darunter vor allem Do- xycyclin) diejenigen Arzneistoffe, die häufiger zu Ösophagusläsionen füh- ren können. Wie aus Tabelle 2 er- sichtlich, betreffen die bei der Arz- neimittelkommission eingegangenen Berichte vor allem Doxycyclin-Prä- parate mit Hydrochlorid- bezie- hungsweise Hyclat-Salzen dieses An- tibiotikums. Die neuere Verbindung Doxycyclin-l-Wasser scheint in Hin-

sicht auf Schäden des Ösophagus si- cherer zu sein, denn auch diese Ver- bindung wurde mit zirka zwölf Mil- lionen Tagesdosen 1987 nicht selten verordnet (Handelspräparate siehe Tabelle 3). Unsere Beobachtung steht im Einklang mit tierexperimen-

tellen Untersuchungen (5) und mit Ergebnissen aus dem Ausland:

Nachdem in Schweden nur noch Doxycyclin-1-Wasser im Handel ist, sind keine weiteren Fälle von Öso- phagusschäden im Zusammenhang mit einer Doxycyclin-Therapie mehr Tabelle 1: Arzneimittel, die mit Ösophagusläsionen in Verbindung ge- bracht werden

Arzneistoff Anzahl der berichteten UAW

total 1986-1988

1 Tetracycline 35

Doxycyclin 26

andere TC 9

2 andere antimikrobiell

wirksame Arzneistoffe 21 10

Cephalosporine 3

Sulfonamide 3

Penicilline 7

andere 8

3 periphere Analgetika/NSAR 15 4

ASS 4

Carprofen 2

Diclofenac 1

Indometacin 3

Ketoprofen 1

Lonazolac 2

Piroxicam 2

4 Emepronium 5

5 Clometiazol 4

6 Mexiletin 3

7 Chininsulfat/

Theophyllinethylendiamin 3 2

8 Glukokortikoide 3 1

Betamethason 1

Fludrocortison 1

Hydrocortison 1

9 Betablocker und -mimetika 2

Alprenolol Fenoterol

10 Calciumdobesilat 2

A-1048 (62) Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989

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berichtet worden. Das schwer lös- liche Doxycyclin-1-Wasser mit einem pH-Wert von 5 bis 6 in wäßriger Lö- sung (im Gegensatz zu einem pH- Wert von 2 bis 3 bei den anderen Do- xycyclinsalzen) scheint damit die These zu bestätigen, daß ein pH- Wert von unter 3 nötig ist, um beim Menschen die Ösophagusschleim- haut schädigen zu können (5).

Unter den nicht steroidalen An- tirheumatika sind vor allem alle Gruppen der sauren Analgetika wie Salicylate, Profene, Arylessigsäuren und Keto-Enolsäuren für diese uner- wünschte Arzneimittelwirkung am Osophagus verantwortlich. Zu den Anilin-Derivaten, zum Beispiel dem Paracetamol und zu den Pyrazolo- nen, etwa dem Propyphenazon, ist uns bis heute noch kein Bericht über derartige UAW zugegangen.

Bei der Gruppe der Antibiotika und Chemotherapeutika ist erwäh- nenswert, daß von neueren am Markt befindlichen antimikrobiellen Substanzen ebenfalls schon über Ösophagusläsionen berichtet wurde (zum Beispiel durch Cinoxacin und Zidovudin).

Probleme mit

Hartgelatinekapseln

Von einzelnen Stoffen, zum Beispiel Tetracycline oder Mexile- tin, ist bekannt, daß sie aufgrund ih- rer physikalischen Eigenschaften di-

beim Quellen Klebeeigenschaften besitzt, die der spezifisch schwereren Weichgelatine mit zusätzlichen Weichmachern wie Glycerin und Sorbit fehlen. In ungefähr ebenso vielen Berichten wurden aber auch Tabletten als Verursacher dieser iatrogenen Schädigung angenom- men, darunter gehäuft besondere Tablettenformen wie Retard-, Film- oder magensaftresistente Tabletten.

Auch hier könnten Klebeeffekte der äußeren Tablettenschichten eine Rolle spielen.

Zusätzlich zu ulzerogenen In- haltsstoffen und/oder Arzneiformen mit Klebeeffekt müssen aber noch andere Ursachen, zum Beispiel pri- märe Motilitätsstörungen der Spei- seröhre (6), Einnahmefehler oder auch die Größe der Arzneiform für das Entstehen einer Schädigung des Ösophagus verantwortlich sein.

Aus diesem Grund seien alle Ärzte nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß Medikamente bei bett- lägerigen Patienten immer mit genü- gend Flüssigkeit eingenommen wer- den sollen. Genügend Flüssigkeit be- deutet hierbei zum Beispiel ein gro- ßes Glas Wasser (mindestens 120 ml). Nach Möglichkeit sollten diese Patienten zumindestens sitzen, wenn das Stehen nicht zuzumuten ist. Ent- sprechende Hinweise des Arztes sind vor allem bei den genannten Medi- kamenten/Medikamentengruppen dringend erforderlich. Die Praxis und die uns zugegangenen Berichte über Schleimhautreizungen des Öso- phagus sprechen dafür, daß Patien- ten entweder in Eile oder in Gedan- kenlosigkeit nicht auf eine ausrei- chende Flüssigkeitszufuhr bei der Einnahme ihres Medikamentes ach- rekt zytotoxisch auf die Epithelzel-

len wirken können. Von anderen, wie Calciumdobesilat, Theophyllin- ethylendiamin und Emepronium, könnte der gleiche Wirkmechanis- mus vermutet werden. Die Häufung dieser Schädigung durch Arznei- mittel mit den genannten Inhalts- stoffen läßt sich dadurch aber nur teilweise erklären. So gerieten vor al- lem Kapselpräparate aufgrund eines

„Klebeeffektes" in den Verdacht, besonders ulzerogen auf den Öso- phagus zu wirken. Dieser Verdacht ließ sich aber nicht generell bestäti- gen. Arzneimittel in Weichgelatine- kapseln zeigten in unseren Berichten zum Beispiel keinerlei Wirkung auf die Schleimhaut des Ösophagus: alle Beobachtungen bezogen sich auf Hartgelatinekapseln.

Laut Auskunft eines Kapselher- stellers ist dies verständlich, da die spezifisch leichtere Hartgelatine

Tabelle 2: Tetracyclin-Derivate und deren Salze, unter deren Anwendung Ösophagusläsionen be- obachtet wurden

Arzneistoffe Berichte

Doxycyclin-1-Wasser 0

Doxycyclin Hyclat 13

Doxycyclin Hydrochlorid 13

Metacyclin Hydrochlorid 3

Oxy etracyclin Hydrochlorid Tetracyclin Hydrochlorid

Tabelle 3: Handelspräparate mit Doxycyclin- 1-Wasser

DoxyHexal® tabs Doxyllexal®, 200 tabs

(nicht: DoxyHexal® 100/200 Kapseln) Doxy-N-Tablinen®

Doxy-N-forte-Tablinen®

(nicht: Doxy-Tablinen®) Supracyclin® Tabs Supracyclin® Tabs forte

(nicht: Supracyclin® 100/200 Kapseln) Vibramycin N® Kapseln

Vibramycin N® Tabs Vibramycin N® Tabs forte

Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989 (65) A-1049

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

FÜR SIE REFERIERT

Der natürliche Tod von

Straßenbenutzern und seine Folgen

ten. Besonders bei den nicht steroi- dalen Antirheumatika hat das Trin- ken einer genügend großen Flüssig- keitsmenge noch weitere Vorteile für den Patienten: Der Verdün- nungseffekt bewirkt:

1. eine schnellere Auflösung, ei- ne schnellere Resorption und damit einen schnelleren Wirkungseintritt des Medikamentes;

2. eine Verringerung der be- kannten Schleimhautreizungen im Verdauungstrakt (Magen, Duode- num).

Patienten, die an die Zufuhr ei- ner größeren Flüssigkeitsmenge ge- wöhnt sind, sollten das auch bei der Medikamenteneinnahme tun. Bei äl- teren Menschen mit ihrem bekannt geringeren Flüssigkeitsbedürfnis muß dagegen bei der Einnahme ih- rer Medikamente um so mehr auf die Trinkmenge von mindestens 120 bis 200 ml geachtet werden.

Als Kuriosität möchten wir noch auf einen Bericht hinweisen, in dem Larylin Bronchialbonbons® als Ver- ursacher einer Ösophagitis vermutet werden. Bei Patienten mit geringer Speichelproduktion ist es durchaus denkbar, daß ein versehentlich ge- schlucktes Bonbon an der Ösopha- guswand festklebt und allein schon durch die an dieser Stelle entstehen- de hohe Zuckerkonzentration die Zeilen osmotisch „entwässert" und dadurch schädigt.

Literatur

1. Bott, S. J.; R. W. McCallum: Medication in- duced oesophageal injury. Survey of the lite- rature. Med. Toxicol. 1 (1986) 449

2. Estler, C. J.: Iatrogene, durch Medikamente bedingte Schäden an Verdauungsorganen, in:

L. Demling (Hrsg.), Klinische Gastroentero- logie, Georg Thieme-Verlag, Stuttgart/New York, 1984; 649 ff

3. Arzneiverordnungen in der Praxis 9 (1981) 7 4. Ärztliche Mitteilungen. Dt. Ärztebl. 80

(1983) 49

5. Carlborg, B. und J. C. Farmer: Esophageal Corrosion Tests with Doxycycline Monohy- drate Tablets. Curr. Ther. Res. 34 (1983) 110-116

6. Berges, W.; T. Frieling und M. Wienbeck:

Vermeidbar: Medikamentös bedingte Öso- phagusgeschwüre. Dt. Ärztebl. 84 (1987) 20-23

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Günter Hopf Dr. med. Beate Mathias Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Postfach 41 01 25

5000 Köln 41

Von 1978 bis 1987 wurde eine prospektive Untersuchung durchge- führt, um das Vorkommen und die Folgen des plötzlichen Todes von Straßenbenutzern (Autofahrern, Fußgängern, Rad- und Motorradfah- rern) zu bestimmen: Während des Untersuchungszeitraumes wurden 30 000 Patienten in der gleichen Un- fall- und Notfallabteilung in East Berkshire nach Straßenverkehrszwi- schenfällen oder -unfällen beobach- tet, wobei 267 Patienten bereits tot eingeliefert wurden oder innerhalb von zwei Stunden nach der Einliefe- rung verstarben. Man fand heraus, daß von diesen Patienten 64 (24 Pro- zent) aufgrund vorher bereits existie- render Krankheiten aus natürlichen Gründen starben oder durch einen

Die Autoren untersuchten, ob im Zeitalter der Reperfusions- Therapie bei unkompliziertem Ver- lauf eine frühzeitige Entlassung möglich ist. Von 507 konsekutiven Patienten mit Herzinfarkt wiesen 179 einen unkomplizierten Verlauf auf (keine Angina, kein Herzversa- gen, keine Rhythmusstörungen 72 Stunden nach Aufnahme). Bei 126 wurde bereits am dritten Tag ein submaximaler Belastungstest in Ver- bindung mit einer Thallium-Szinti- graphie durchgeführt, 90 davon zeig- ten keine provozierbare Myokard- ischämie. Aus dieser Gruppe wurden 80 Patienten nach einem Random- schlüssel entweder am dritten Tag oder, wie in den USA üblich, am siebten bis zehnten Tag entlassen.

Bei 76 dieser 80 Patienten waren ei- ne Thrombolyse, eine Angioplastie oder beide Maßnahmen durchge- führt worden.

Bei einer sechsmonatigen Nach- beobachtungszeit ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten, die bereits am dritten Tag entlassen wurden im Vergleich zu den Patienten, die konventionell an den Tagen sieben bis zehn das

Vorfall, der als Resultat einer orga- nischen oder psychischen Erkran- kung eintrat, zu Tode kamen Zwölf der Patienten erlitten physische Ver- letzungen, alle 64 wurden obduziert.

Nur ein Zwischenfall hatte den Tod einer weiteren Person zur Folge, zu- sätzlich zum natürlichen Tod eines Patienten.

Der Autor kommt zu dem Schluß, daß plötzlicher natürlicher Tod bei Straßenbenutzern für ande- re Straßenbenutzer keine beträcht- liche Gefahr darstellt. Jhn

Christian, M. S.: Incidence and implica- tions of natural deaths of road users, Brit.

Med. Jour. 297 (1988) 1021-1024 Dr. M. S. Christian, Accident and Emer- gency Dept, Wexham Park Hospital, Slough SL2 4HL, England

Krankenhaus verließen. Todesfälle oder Herzwandaneurysmen waren nicht aufgetreten, die Zahl der er- neuten stationären Aufnahmen, die Reinfarktrate und die Zähl von An- gina-pectoris-Anfällen war in beiden Gruppen vergleichbar niedrig. Die Patienten aus der Gruppe, die be- reits am dritten Tag entlassen wor- den waren, kehrten nach 40,7 ± 21,9 Tagen an den Arbeitsplatz zurück, die entsprechenden Zahlen der kon- ventionell Behandelten lagen bei 56,9 ± 30,3 Tagen.

Die Autoren glauben, daß bei sorgfältig ausgewählten Patienten mit unkompliziertem Myokardin- farkt eine Entlassung aus stationärer Behandlung bereits nach drei Tagen möglich ist.

Topol, E. J., K. Burek, W. W. O'Neill, D.

G. Kewman, N. H. Kander, M. J. Shea, M.

A. Schork, J. Kirscht, J. E. Juni, B. Pitt: A randomized controlled trial of hospital dis- charge three days after myocardial infarc- tion in the era of reperfusion. New Engl J of Medicine 318: 1093-1988, 1988.

Divisions of Cardiology and Nuclear Medi- cine, Department of Internal Medicine, Department of Physical Medicine and Re- habilitation and the School of Public Health, University of Michigan Medical Center, Ann Arbor, MI 48109-0022.

Entlassung nach Herzinfarkt häufig bereits nach drei Tagen möglich

A-1050 (66) Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989

Referenzen

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