A 1444 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 25|
24. Juni 2011BÖRSEBIUS
Die Büchse der Pandora
G
ottvater Zeus war ein linker Vogel, vielleicht. Immerhin drückte er der Pandora (eine von Hephaistos auf Zeus’ Weisung er- schaffene Frau, gewissermaßen als Strafhandlung für den Feuerklau durch Prometheus) eine Büchse in die Hand. Der Chef aller Götter wies Pandora an, die Büchse den Menschen zu schenken, jedoch dürften sie diese unter gar keinen Umständen öffnen, wohl wissend, dass diese Spezies vor lauter Neu- gier gar nicht anders konnte, als das Behältnis zu öffnen. So kam, was kommen musste oder sollte, es ent-fleuchten alle Laster und Untugen- den der Büchse, und somit konnte das Schlechte die Welt erobern.
Die „Pandora Media“ scheint gut geeignet zu sein, dem Namen alle Ehre zu geben. Der Online-Radio- dienst, eine typische Internetfirma also, erlöste in den USA jüngst bei einem Börsengang für die gehandel- ten Anteile eine Wahnsinnsquote.
Die Gesellschaft, die gerade mal eben 138 Millionen Dollar umsetzt, war von den Zeichnern dermaßen gesucht, dass die Bewertung für den ganzen Laden auf mehr als drei Mil- liarden Dollar abhob. Für diese irre Überbewertung gibt es für meinen Geschmack nicht einen Hauch von Anlass. Solche Multiples sind über- haupt nur für Gesellschaften denk- bar, die mit einem enormen Wachs- tum und einem konkurrenzlosen Geschäftsmodell glänzen können.
Das ist bei Pandora Media nun weiß Gott nicht der Fall. Es wimmelt in der Branche geradezu von Wettbe-
werbern im Online-Musikgeschäft (Spotify, Google, Apple).
Und die Blase wächst immer wei- ter, der Internet IPO-Wahn findet derzeit kein Ende. Der Online-Ra- battvermittler Groupon soll bis zu 20 Milliarden Dollar einspielen. Und das bei einem relevanten Umsatz von 760 Millionen Dollar und einem dreistelligen Millionenverlust. Das Geschäftsmodell ist meiner Meinung nach ziemlich fragwürdig, es sollen Heerscharen von Vertretern über die rabattgebenden Firmen herfallen.
Die ganz großen Schüsse stehen aber sogar noch aus. Mit Facebook wird vermutlich ein Marktwert von 100 Milliarden Dollar aufgerufen.
Immerhin stimmt bei dem unange- fochtenen Marktführer für Social Media noch das Geschäftsmodell.
Die Frage ist ja bloß, wie lange noch?
Ach ja, die Büchse der Pandora enthielt nach der griechischen My- thologie aber auch etwas Gutes, die Hoffnung, zeitweise wenigstens, bis sie wieder geschlossen wurde.
Immerhin. So bleibt nun zu hoffen, es mögen doch etliche Anleger auf den Internethype nicht hereinfallen.
Auf dass das Schlechte nur die Gie-
rigen träfe. ■
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