Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 47|
25. November 2011 [74]ÄRZTLICHES GESCHÄFTSKONTO
Nachteile der Zentralisierung
Höhere Eigenkapitalanforderungen, zweifelhafte Staatsanleihen im Eigenbestand, drohende Regulierungsmaßnahmen im Wertpapiergeschäft: Banken reagieren auf diese Herausforderungen anders, als es so manchem Arzt recht sein kann.
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ie Vorteile der Geschäftsbe- ziehung zur örtlichen Filiale der Volksbank lassen sich für Rü - diger R., einen Praxisinhaber aus Westdeutschland, mit wenigen Wor- ten darstellen: kurze Entscheidungs- wege und ein hohes Maß an banksei- tiger Flexibilität beispielsweise bei kurzfristigen Kreditüberziehungen des Geschäftskontos. Diese Aspekte waren für ihn entscheidend, als er vor zwei Jahren die Zweitverbin- dung zur Sparkasse auf ein Mini- mum reduzierte und dort seitdem nur noch einige wenige Geschäfte abwi- ckelt. Bei der Sparkasse war seiner- zeit bereits erkennbar, dass die Filial- mitarbeiter nahezu jede auch nur halbwegs relevante Entscheidung erst in einem aufwendigen internen Verfahren mit der Zentrale abstim- men mussten. Dies dauerte oft lange.Anderer Gesprächspartner Doch vor ein paar Monaten erhielt R. auch von der Volksbank eine schriftliche Information mit der Aussage, dass „ab sofort Herr . . . aus der Hauptstelle in allen Fragen des Kreditgeschäfts“ sein Ansprech- partner sein werde. Die Volksbank habe sich zu diesem Schritt ent- schlossen, um „noch mehr als bisher kurze Entscheidungswege zu ge- währleisten“. Einen Vorschlag zu ei- nem persönlichen Vorstellungsge- spräch dieses für R. neuen Mitarbei- ters gab es in dem Schreiben jedoch ebenso wenig wie eine Erklärung, wie denn künftig diese „kurzen Ent- scheidungswege“ aussehen sollen.
Auch ein darauf folgendes Gespräch mit dem bisher für ihn verantwortli- chen Filialleiter brachte R. nicht weiter. Dieser bedauerte lediglich die Entwicklung und bat R., der Volksbank treu zu bleiben. S. ent- schloss sich daraufhin, zunächst ab- zuwarten und die weitere Entwick-
lung zu beobachten. Er sah dar über hinaus keine Veranlassung, von sich aus Kontakt zu seinem künfti- gen Gesprächspartner aufzunehmen.
Dies sollte sich aber relativ schnell ändern, weil R. wegen erforderlicher Zahlungen wieder einmal eine vor - übergehende Erhöhung seines Kre- ditlimits benötigte. R. telefonierte mit dem nun für ihn verantwortli- chen Bankmitarbeiter in der Haupt- stelle der Volksbank und bat um eine Erhöhung seines Überziehungskre- dites um 12 000 Euro für „nur weni- ge Wochen“. Tatsächlich erhielt der Arzt auch recht schnell die Zusage, so dass es während der darauf fol- genden Wochen auch keine Proble- me gab und Überweisungen sowie Lastschriften regelmäßig ausgeführt und eingelöst wurden.
Umso überraschter war R., als er eine schriftliche Mitteilung der Volksbank erhielt, dass zwei Last- schriften über jeweils noch nicht einmal 500 Euro aufgrund „nicht genehmigter Kontoüberziehungen“
nicht eingelöst worden seien. Die Folgen waren für R. erheblich: Da es sich beim Empfänger der Last- schriften um einen für für R. sehr wichtigen Geschäftspartner handel- te, stand die Geschäftsverbindung kurzzeitig auf der Kippe. Erst nach intensiven Gesprächen gelang es R., seinen Geschäftspartner davon zu überzeugen, dass es sich um Missverständnisse handelte, die sich „selbstverständlich nicht wie- derholen würden“, wie R. kleinlaut erklären musste. Im folgenden Tele- fongespräch mit dem Bankmitar- beiter erklärte ihm dieser, dass nach seinen Unterlagen die Krediterhö- hung nur für einen Monat verein- bart war. Außerdem, so rechtfertigte er sich, habe er versucht, R. telefo- nisch zu erreichen. Erst als dies nicht gelang, musste er die Last-
schriften gemäß seinen internen An- weisungen zurückbuchen. Auch der Einwand von R., dass es sich um vergleichsweise geringe Beträge handelte und diese Einlösungen bis- her immer problemlos stattfanden, wurde lapidar mit einem erneuten Hinweis auf entsprechende Dienst- anweisungen erwidert.
Wichtiges Gespräch
Der Praxisinhaber zog aus dieser Er- fahrung seine Lehren und hat zwi- schenzeitlich in der Volksbankzen- trale ein Gespräch mit seinem An- sprechpartner geführt, das für ihn wertvolle Informationen brachte. So sieht er nun vor allem ein, dass durch die veränderte Geschäftsstruktur der Volksbank, vor allem bedingt durch die aktuellen Herausforderungen, ei- ne persönliche Kundenbetreuung, wie er sie bisher von seinem Filial- leiter gewohnt war, nicht mehr mög- lich ist. Der Bankmitarbeiter sprach von etwa 100 mittelständischen Kunden und Freiberuflern, für die er allein zuständig sei. Auch der Ver- such, R. vor Nichteinlösung der Last- schriften telefonisch zu erreichen, war nach Aussage seines Gesprächs- partners „keineswegs normal“. Üb- lich ist vielmehr, dass Lastschriften quasi automatisch zurückgebucht werden, wenn Kontoguthaben bezie- hungsweise ein Kreditlimit für ei- ne ordnungsgemäße Einlösung nicht ausreichen.
R. zog aus diesem Gespräch die Erkenntnis, dass es ein Fehler war, sich nur noch einer Bank anzuver- trauen. Er wird sich mit weiteren Kreditinstituten zusammenzusetzen, um die Möglichkeiten einer Zusam- menarbeit zu bereden. Möglicher- weise wird das Thema der Zentrali- sierung nicht von allen Geschäfts- banken gleich behandelt.
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Michael Vetter