DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Krankenhausfinanzierung
Allerdings bedürfen die Ab- schlüsse von Investitionsverträ- gen nunmehr der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde und der privaten Krankenversi- cherung (PKV).
Weitere Einzellösungen, die un- mittelbar die Krankenhausärzte berühren:
~ Die Bundesregierung wird ermächtigt, Vorschriften über die pflegesatzmindernden Nut- zungsentgelts der zur geson- derten Berechnung ihrer Lei- stung berechtigten Ärzte an das Krankenhaus zu erlassen (§ 16 Satz 1 Nr. 3). Dabei soll sowohl den Belangen des Krankenhau- ses als auch den Anliegen der liquidationsberechtigten Ärzte
"ausgewogen" Rechnung getra- gen werden.
~ lnfolge der Auflösung der Mischfinanzierung werden die bisherigen Förderungsvorschrif- ten auf ein Mindestmaß an bun- desrechtlichen Vorgaben redu- ziert. Auf landesrechtlicher Ba- sis (Generalklausel des § 11 Satz 1) kann vorgeschrieben werden, daß Krankenhäuser bei der Aus- bildung von Ärzten und sonsti- gen Fachkräften des Gesund- heitswesens besondere Aufga- ben zu übernehmen haben.
Hierzu zählt auch die Verpflich- tung, "Ärzte im Praktikum" (AiP) einzustellen. ln diesen Fällen ist sicherzustellen, daß die Finan- zierung der hierdurch entste- henden Sach- und Personalko- sten gewährleistet ist, da diese grundsätzlich nicht in die Pfle- gesätze eingehen dürfen (§ 11 KHG).
~ Beibehalten wurde die bis- herige Vorschrift, wonach die Krankenhäuser verpflichtet sind, sich bei der Anschaffung oder Nutzung von medizinisch- technischen Großgeräten u. a.
mit den Kassenärztlichen Verei- nigungen der Länder "ins Be- nehmen" zu setzen.
Dr. Harald Clade
Brieftaube namens
Selbstbeteiligung
Die Negativliste bleibt, die Zuzah- lung von 5 Mark je Krankenhaus- tag, begrenzt auf zwei Wochen, steht zur Disposition. Die Selbst- beteiligung von 10 Mark je Kurtag gilt als solche Selbstverständlich- keit, daß schon niemand mehr groß darüber redet. Auf diesen kurzen Nenner lassen sich die po- litischen Schlußfolgerungen aus dem Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit den Selbstbeteiligungen, die 1983 via Haushaltsbegleitgesetz einge- führt worden sind, bringen. Würde nach der Maxime verfah- ren, daß eine Selbstbeteiligung steuernd wirken muß, dann müß- ten sämtliche 1983 eingeführten Selbstbeteiligungen zur Disposi- tion stehen. Denn keine hat eine nennenswerte Steuerungswir- kung gezeitigt. Sie haben wohl die Krankenkassen rechnerisch um rund 600 Millionen Mark (al- lein in den ersten neun Monaten des Jahres 1983) entlastet. Aber das war, den politischen Bekennt- nissen zufolge, ja nicht der eigent- liche Zweck des Unternehmens.
Der Bundesarbeitsminister hat die fehlende Steuerungswirkung frei- lich nur bei der 5-Mark-Regelung konstatiert, in Sachen Negativliste das Problem aber überspielt. Sol- cherlei Zwiespältigkeilen hat es bei den '83er Selbstbeteiligungen von Anfang an gegeben. Das Ge- setzesvorhaben stammte kurio- serweise noch aus sozialliberalen Zeiten. Die SPD war damals ei- gentlich gegen Selbstbeteiligung, hat aber der FDP, die eine be- scheidene Selbstbeteiligung als Signal hissen wollte, nachgeben müssen. Die Union war zu ihren Oppositionszeiten ebenfalls ge- gen das Vorhaben, wenn auch aus anderen Gründen als die SPD: Sie hielt die Negativliste ordnungspo- litisch für verfehlt. Nach der Wen- de indes hat die neue Bundesre-
DER KOMMENTAR
gierung das alte Vorhaben weiter- geführt. Aus der CDU kam zwar Protest- der Arbeitskreis Jugend, Familie, Gesundheit und deren Vorsitzender Kroii-Schlüter wand- ten sich gegen die Negativliste -, doch die Bundesregierung, ange- führt von dem aus den Sozialaus- schüssen kommenden Bundesar·
beitsminister, bekannte sich dazu.
Blüms Bekenntnis galt schon da- mals der Negativliste. Von ihr wur- den ursprünglich Einsparungen von rund 600 Millionen DM jähr- lich erwartet. Tatsächlich hat die Negativliste in den ersten neun Monaten des Jahres 1983 rund 380 Millionen DM eingebracht.
(nach den alten Erwartungen hät- ten es 450 Millionen sein müssen).
Ob der Betrag tatsächlich als Ein- sparung bei den Kassen verbucht werden kann, darf bezweifelt wer- den, denn auf der anderen Seite stehen höhere Arzneimittelausga- ben, die zum Teil auch auf Aus- weichmanöver zurückzuführen sind. Und die werden durch die weichen Kriterien, die der Gesetz- geber für den Ausschluß von "Ba- gatell-Arzneimitteln" angeführt hat, geradezu provoziert.
Um nicht mißverstanden zu wer- den: Selbstbeteiligungen können gesundheitspolitisch erwünscht sein - vorausgesetzt, sie bringen tatsächlich jene Steuerungsfunk- tion (bei den Arzneimitteln etwa durch eine prozentuale Beteili- gung), vorausgesetzt, sie kommen nicht isoliert, sondern als Stück eines überlegten Gesamtkonzep- tes. Der Erfahrungsbericht des Bundesarbeitsministers deutet das in einer kurzen Passage an.
Die Bruchstücke aus 1983 freilich und die Bewertung seitens des Bundesarbeitsministeriums las- sen bisher keinen Schluß auf ein Konzept zu. Die Maßnahmen für sich genommen lassen verläss- liche Schlüsse über den Wert von
Selbstbeteiligungsregelungen kaum zu. Der CSU-Abgeordnete Faltlhauser hat es drastisch ausge- drückt: "Ebenso könnte man den Flug einer Brieftaube als Testflug für den Tornado werten." NJ Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 3 vom 16. Januar 1985 (19) 83