• Keine Ergebnisse gefunden

16. März 1985

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "16. März 1985 "

Copied!
24
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Alle Ostpreußen treffen sich Pfingsten in Düsseldorf!

®£m öfiuraiHmblatt

UNABHÄNGIGE W O C H E N Z E I T U N G FÜR DEUTSCHLAND

Jahrgang 36 — Folge

11 Erscheint w ö c h e n t l i c h

P o s t v e r t r l e b s s t ü c k . G e b ü h r bezahlt

16. März 1985

Landsmannschaft O s t p r e u ß e n e.V.

Parkallee 84/86, 2000 Hamburg 13

C 5 5 2 4 C

Europa:

Ideologische

Außenpolitik

Ursachen für den Niedergang unseres Erdteils

Je machtloser ein Staat ist, um so mehr glaubt er, demokratische Heilslehren anderen Staaten aufzwingen zu m ü s s e n . In dieser H i n - sicht sind Schweden, die Niederlande und die Bundesrepublik Musterknaben. Unangenehm empfinden Hörer und Leser die sich ständig wiederholenden Erklärungen des buhdesre- publikanischen Außenministers zu diesem Thema. Leider sind auch Mittelmächte wie England und Frankreich von der Ideologie- krankheit ergriffen. Die zwei Großen, nämlich die demokratischen U S A und das totalitär kommunistische Rußland, das sich Sowjet- union nennt, stützen sich auf Ideologien, aber in einer grundverschiedenen A r t und Weise.

W ä h r e n d die U S A auf Entkolonialisierung mit der Ausnahme Rußlands drängen — unter Präsident Reagan haben sich die U S A allge- mein größere Zurückhaltung auferlegt —, streben die Russen als Endziel die Bolschewi- sierung der Staaten ihres Einflußbereiches an.

Aber Rußland, das einzig noch bestehende K o - lonialbereich dieser Erde, geht vorsichtig vor und r ä u m t stets dem machtpolitischen Faktor die erste Stelle ein. So ist der Kreml bereit, freundschaftliche Beziehungen zu absoluten Monarchen, Militär-Diktatoren oder Diktato- ren anderer A r t wie Gaddafi und Khomeini zu unterhalten, selbst wenn diese die kommuni- stische Partei oder kommunistische Gruppen blutig verfolgen. Schrittweise und auf lange Sicht n ä h e r t man sich seinem Opfer. In den fünfziger Jahren noch unter einer Monarchie, baute Rußland zusammen mit den U S A Stra- ßen in Afghanistan, auf denen dann fast zwan- zig Jahre s p ä t e r russische Kriegsfahrzeuge und Panzer rollen. Dieses Land soll dem an- grenzenden russischen Imperium eingeglie- dert werden — notfalls unter Ausrottung der einheimischen Bevölkerung.

W i e begann das alles? England und Rußland rangen im neunzehnten Jahrhundert um den Einfluß in Afghanistan, das aber selbständig bleiben wollte und 1919 die Engländer ver- trieb. In den sechziger Jahren wurde unter Führung Tarakis eine kommunistische Partei gegründet, also noch in der Zeit der Monar- chie. 1967 spaltete sie sich in einen national- kommunistischen und einen prosowjetischen Flügel unter Karmal. A m 17. Juli 1973 war es dann soweit, daß Daud die Monarchie stürzte und ein „republikanisches" Regime unter sei- ner Führung errichtete. A m 27. A p r i l 1978 wurde bei einem von den beiden kommunisti- schen Parteien angezettelten Militärputsch

Aus dem Inhalt

Seite Bundeskanzler Kohl zur deutschen

Frage • • • • * Der Rettung über See gedacht 4 Agnes Mlegel: Starke Wirkung

bildhafter Dichtung

9

Der Gemeinschaftsgeist war vor-

bildlich •

1J

Honecker wünscht „originelle

Ideen" g

„Das Boot*

1

: Wie es wirklich war.. 24

Daud zusammen mit 30 Familienmitgliedern ermordet. Ein kommunistisches System wurde errichtet. Zwischen den beiden kom- munistischen Parteien bestanden fortgesetzte Zwistigkeiten. Dieses Spiel endete am 27. De- zember 1979 mit der Ermordung des kommu- nistischen Präsidenten A m i n und dem Ein- marsch russischer Truppen, die sogleich aus Rußland den neuen Präsidenten Karmal mit sich brachten. Die Welt protestierte gegen diesen kriegerischen A k t Moskaus — und überließ die grausam verfolgte Bevölkerung Afghanistans ihrem Schicksal. In geradezu ge- nialer A r t und Weise hatte der Kreml hier wie in sonstigen Fällen machtpolitische und ideo- logische Fakten miteinander gekoppelt.

Der entgegengesetzte Fall: Rhodesien.

Unter dem Vorsitz des damaligen englischen Außenministers Lord Carrington wurde für die- ses Land eine Verfassung mit weitgehendem Minderheitenschutz ausgearbeitet und ihm volle Souveränität gewährt. Die westliche Welt feierte dies als ein Meisterwerk engli- scher Staatskunst. Das heute in Zimbabwe umbenannte Land wird vom dem Diktator Ro- bert Mugabe willkürlich beherrscht. Seinen Genossen aus der Kampfzeit gegen die Herr- schaft der Weißen, Josehua Nkomo, hat er längst kaltgestellt. Faktisch hat er bereits die Demokratie nach englischem Vorbild zu einem marxistisch-leninistischen Einpar- teienstaat „fortentwickelt", der durch „freie"

Wahlen in diesem Jahr abgesegnet werden soll.

Die im allgemeinen über die Lage in den Missionsländern gut unterrichtete katholische

„Deutsche Tagespost" schreibt in ihrer Ausga- be vom 20. Februar 1985 über Wahlmanipula- tionen Mugabes, um dann fortzufahren: „Aus der Deutschen Tagespost vorliegenden Be- richten wird in etwa das wahre Ausmaß des brutalen Vorgehens der Fünften Brigade deut- lich. Für ihre Aktionen hat diese Brigade ein Netz von Stützpunkten, von denen aus die Einzeloperationen gestartet werden. Offiziell sollen die Gegner der Regierung ausgehungert werden, effektiv werden jedoch die Landes- bewohner, vor allem die im Busch von Maka- bele-Land (der Minderheitenstamm Nkomos.

Der Verf.) ausgehungert und gefoltert. So ist der Aufenthalt außerhalb von fünfzig Metern um die eigene H ü t t e nur mit Ausnahmege- nehmigung erlaubt."

Auf diesem Hintergrund wird das vorsichti- ge Vorgehen des südafrikanischen Staatsprä- sidenten Botha mehr als verständlich. Wer ihn während seines Aufenthaltes in Bonn er- lebte, traf einen zivilisierten, argumentieren- den und gesprächsbereiten Staatsmann. A n - gesichts der strategischen Bedeutung Südafri- kas und dessen Rohstoffe, deren anscheinend sich allein Rußland bewußt ist, sollten sich die westlichen Staaten aus den innenpolitischen Auseinandersetzungen Südafrikas heraushal- ten und zu diesem Staat ein freundschaftli- ches Verhältnis unterhalten. Oder sollte auch hier wieder einmal die Ideologie über die Rea- lität siegen? In der Ideologisierung der euro- päischen Politik liegt die Hauptursache für den politischen Niedergang des Erdteils.

Hans Berger

Der Reichstag in Berlin: Symbol des unteilbaren Vaterlandes

F o t o A r c h i v

Licht und Schatten in der Halbzeit

H. W. — W e n n diese Ausgabe unserer Zei- tung beim Leser eintrifft, ist dieser durch die Medien längst über die Wahlergebnisse zwi- schen Spree und Saar, also in Berlin, im Saar- land und auch über die Kommunalwahlen in Hessen und über deren Ausgang unterrichtet, so daß wir uns nicht in Einzelheiten zu ergehen brauchen. W i r können uns darauf beschrän- ken, dieses Ergebnis in der Mitte der Regie- rungszeit des Kanzlers Kohl zu analysieren.

Zwar wird man mit Recht sagen können, daß bei Landtags- und vor allem bei Kommunal- wahlen andere Gesichtspunkte mitsprechen, aber man wird bei einer Analyse dennoch das Verhältnis Bund und Länder nicht unberück- sichtigt lassen können.

Beginnen wir dort, wo die Parteien, die in Bonn die Bundesregierung tragen, eine Schlappe erlitten haben. Die saarländische C D U ist mit mehr als 6 Prozent unter ihrem Er- gebnis von 1981 geblieben und unter den Pro- gnosen der Meinungsforscher, die für die C D U bei 43 und bei 40 Prozent lagen.

Interessant ist, daß insbesondere in Hoch- burgen der Union deren bisherige Wähler an- ders votiert haben. Dieses Ergebnis wird si- cherlich innerhalb der C D U des Saarlandes personelle Konsequenzen haben und zu ent- sprechenden Überlegungen führen. Überra- schend ist das Ergebnis der FDP mit 10 Pro- zent, wobei zu fragen bleibt, ob der Parteitag in Saarbrücken durch die Wachablösung Gen- scher/Bangemann neuen Schwung in die an der Hürdengrenze pendelnde Partei gebracht hat.

Die FDP schlug den Umfrageergebnissen ein Schnippchen und schaukelte sich auf statt- liche 10 Prozent herauf. Dennoch: Es fehlen C D U und FDP die Sitze, um im Landtag regie- ren zu können; denn die SPD bleibt in der abso- luten Mehrheit mit 27 Abgeordneten, C D U und FDP bringen gemeinsam jedoch nur 24 Volksvertreter auf die Waage. Nicht uner- wähnt sollte man den aktiven FDP-Landes- vorsitzenden Rehberger lassen, der an dem guten Abschneiden seiner Partei sicherlich seinen Anteil hat. Die „Grünen" bleiben in Saarbrücken vor der Tür und entheben Lafon- taine von Überlegungen hinsichtlich einer Koalition. Er kann jetzt alleine regieren, wenn er aus dem Rathaus in Saarbrücken in die Staatskanzlei auf die andere Saarseite umge- zogen sein wird.

Sicherlich wird der Bund auch dem Saarland berechtigte Unterstützung nicht versagen, jedoch ist schwerlich anzunehmen, daß, sollte Lafontaine eine sozialistische Verstaat-

lichungspolitik betreiben, er hierbei von Bonn auch noch unterstützt werden würde. Der Saarbrückener Oberbürgermeister steht als Landesvater vor weit schwierigeren Aufgaben als bisher; sie werden weder durch Rhetorik noch durch utopische Vorstellungen, sondern nur durch praktikable, also realisierbare Vor- stellungen zu lösen sein.

Zu den hessischen Kommunalwahlen lie- gen zu dieser Abendstunde des Sonntags noch keine konkreten Ergebnisse vor, außer der Wiederwahl des bisherigen Frankfurter Ober- bürgermeisters Wallmann — unbestreitbar dessen persönlicher Erfolg.

Das Schwergewicht dieses Wahltages lag zweifelsohne auf Berlin, dem neuralgischen Punkt im geteilten Vaterland. Nachdem Herr von Weizsäcker dem A m t des Bundespräsi- denten den Vorzug gegeben hatte, gab es zu- nächst ein wenig Besorgnis um die „verwaiste"

Stadt Berlin. Verständlich immerhin, denn zu W i l l y Brandts Bürgermeister-Zeiten lagen die Sozialdemokraten bei 60 und mehr Prozent.

Mit 32,6 Prozent aber hat Hans Apel das bis- her schlechteste Ergebnis seiner Partei einge- bracht und liegt damit unter den Meinungsbe- fragern, die der SPD immerhin noch bis zu 38 Prozent voraussagten. Und da man vielleicht doch davon träumte, die A L könne zwischen 10 und 20 Prozent erreichen, dann wäre man in der Lage gewesen, trotz gegenteiliger Erklä- rungen Koalitionsmöglichkeiten anzubieten, die gerade für Berlin hätten gefährlich werden können.

Nun hat der Titelverteidiger Eberhard Diepgen mit 46 Prozent die Meinungsumfrager hinter sich gelassen und die Freien Demokra- ten haben in Berlin ebenfalls zulegen können.

Dieses Aufholen der FDP an der Seite der Union, das gute Abschneiden der beiden Re- gierungsparteien in Berlin, ist letztlich ein Be- weis für die Richtigkeit des Bündnisses. Zwar hat in Berlin die A L 10 Prozent überschritten, aber das dürfte vielleicht auch die Wende- marke bedeuten.

Wenn die Bonner Koalition die Wahlergeb-

nisse genau analysiert und bereit ist, für die

nächsten Jahre noch etwas zuzulegen und

dabei auch geschlossener aufzutreten als bis-

her, wird sie unter Berücksichtigung der Tat-

sache, daß man in der Halbzeit gerne bereit ist,

dem Schatten den Vorzug zu geben, mit Aus-

sicht auf Erfolg in den nächsten Test, die W a h l

in N R W , gehen können. Nur es darf kein bür-

gerlicher Spaziergang sein; man muß vielmehr

durch Leistung überzeugen und vor allem man

wird kämpfen müssen.

(2)

Politik

£ u 5 £ * i p r r u 6 r n b l ü t t 16. M ä r z 1985 — Folge 11 — Seite 2

Foto: Bundesbildstelle

In memoriam:

Dr. Hans Berger t

Ein Freund und Patriot

U n s e r e Leser w e r d e n s i c h e r i n n e r n , d a ß wir z u m 75.

G e b u r t s t a g unseres lang- j ä h r i g e n M i t a r b e i t e r s a m 29. O k t o b e r vergangenen J a h r e s eine a u s f ü h r l i c h e W ü r d i g u n g seines Lebens gebracht h a b e n . H e u t e — sechs M o n a t e s p ä t e r — h a b e n w i r die traurige Pflicht, m i t z u t e i l e n , d a ß Botschafter a. D . Dr. H a n s Berger a m 6. M ä r z verstor- b e n ist u n d a m 12. M ä r z i m

F a m i l i e n g r a b in Köln beigesetzt wurde, n a c h d e m v o r h e r in der S a k r a m e n t s k a p e l l e i m H o h e n D o m z u K ö l n das R e q u i e m stattgefunden hatte.

W e n i g e Tage vor s e i n e m T o d e n o c h schrieb Dr.

Berger, „daß wir uns in der n ä c h s t e n W o c h e wieder b e i mir sehen sollten" u n d ü b e r s a n d t e uns seinen

— letzten — Beitrag, d e n w i r i n dieser Folge unserer Z e i t u n g v e r ö f f e n t l i c h e n .

W e r mit H a n s Berger i n s t ä n d i g e m K o n t a k t stand, w u ß t e , d a ß es u m seine G e s u n d h e i t — vor a l l e m u m sein H e r z — schlecht bestellt war; d o c h erst kurz aus d e m K r a n k e n h a u s entlassen, erhoffte er i n sei- n e m gastfreundlichen H a u s i n Bad H o n n e f weitere G e n e s u n g u n d v e r b a n d damit den W u n s c h , wieder r e g e l m ä ß i g e r für uns schreiben zu k ö n n e n . Jetzt, da i h m der T o d die Feder aus der H a n d g e n o m m e n hat, gehen die G e d a n k e n z u r ü c k i n das J a h r 1966, da die ersten K o n t a k t e i m B u n d e s p r ä s i d i a l a m t g e k n ü p f t w u r d e n , dessen Chef er unter H e i n r i c h L ü b k e war.

In d e n fast z w a n z i g Jahren, i n denen wir v i e l e inter- essante u n d v e r t r a u l i c h e G e s p r ä c h e f ü h r t e n , erwies sich der n ü c h t e r n - z u r ü c k h a l t e n d w i r k e n d e Berufs- beamte als e i n M a n n , der s i c h u n e r m ü d l i c h für die W i e d e r v e r e i n i g u n g seines V a t e r l a n d e s einsetzte.

D i e s insbesondere, als er 1969 als Botschafter der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d an d e n H e i l i g e n S t u h l versetzt wurde, w o er seine A u f g a b e d a r i n sah, d e n Status quo g e m ä ß R e i c h s k o n k o r d a t gegen die V e r - suche des p o l n i s c h e n Episkopats — insbesondere des d a m a l i g e n p o l n i s c h e n Primas, K a r d i n a l W y s - z i n s k y — z u erhalten. H i e r b e i konnte er s i c h . k e i - neswegs auf die U n t e r s t ü t z u n g der Bonner Regie- rung verfassen. Papst P a u l VI., bei d e m Berger ak- k r e d i t i e r t war, hat auf die V o r s t e l l u n g e n des Bot- schafters e i n m a l geantwortet: »Exzellenz, Ihre M e i - nung ist aber nicht die Ihrer Regierung!"

M i t der mehr als m e r k w ü r d i g e n B e g r ü n d u n g einer V e r ä n d e r u n g der „ u n g ü n s t i g e n A l t e r s p y r a - mide" i m A u s w ä r t i g e n A m t w u r d e Berger i n d e n e i n s t w e i l i g e n R u h e s t a n d versetzt. In unseren G e - s p r ä c h e n nannte er als w a h r e n G r u n d für seine A b - berufung „ S c h e e l s Rache" gegen seinen festen S t a n d p u n k t i n der D e u t s c h l a n d p o l i t i k u n d insbe- sondere i n der O d e r - N e i ß e - F r a g e .

Dr. Berger — aus der c h r i s t l i c h e n S o z i a l b e w e - gung k o m m e n d u n d M ä n n e r n des 20. J u l i , wie Leuschner, Letterhaus u n d P r ä l a t M ü l l e r eng ver- b u n d e n — hat n a c h d e m K r i e g als Botschafter w i e - der erste F ä d e n i n d e n s c h w i e r i g e n N i e d e r l a n d e n u n d i n D ä n e m a r k g e k n ü p f t .

In fast 20 J a h r e n seit seiner P e n s i o n i e r u n g hat er mit kritischer Feder — so seit v i e l e n J a h r e n auch i n u n s e r e m Blatt — z u d e n P r o b l e m e n der Z e i t aus s e i - ner Sicht S t e l l u n g bezogen. Er f ü h l t e s i c h nie i n die Z u c h t einer Partei g e n o m m e n , sondern schrieb, w i e es i h m sein G e w i s s e n aufgab u n d wie er glaubte, d e m ganzen D e u t s c h l a n d z u d i e n e n . W i r haben i h m für seine M i t a r b e i t z u d a n k e n wie a u c h für so m a n c h guten Rat, mit d e m er den W e g unserer Z e i t u n g be- gleitete. H . W .

Deutschiandpoiitik:

Die deutsche Frage ist offen"

Bundeskanzer Kohl äußert sich im „ZEIT'-Interview eindeutig zur Rechtslage Deutschlands 99

U n m i t t e l b a r n a c h der Bundestagsdebatte zur Lage der N a t i o n i m geteilten D e u t s c h l a n d erschien in der A u s g a b e der W o c h e n z e i t u n g »Die Zeit" v o m 1. M ä r z d. J . e i n Interview mit B u n d e s k a n z l e r H e l - mut K o h l , w o dieser s i c h auch z u Fragen der D e u t s c h l a n d - u n d O s t p o l i t i k ä u ß e r t e . D e r K a n z l e r verwies h i e r b e i auf mehrere R e g i e r u n g s e r k l ä r u n - gen u n d P a r t e i t a g s b e s c h l ü s s e der v o n i h m g e f ü h r - ten C D U , die e i n d e u t i g zur Rechtslage ganz D e u t s c h l a n d s u n d aller D e u t s c h e n S t e l l u n g ge- n o m m e n hatten. Im Gegensatz z u W i l l y Brandt sei er jedoch nicht der M e i n u n g , d a ß R e c h t s p o s i t i o n e n .juristischer F o r m e l k r a m " seien. G e r a d e i m U m - gang mit einer M a c h t wie der Sowjetunion, die s i c h i m m e r w i e d e r auf r e c h t l i c h e F o r m e l n beziehe, a u c h w e n n sie n o c h so weit aus der V e r g a n g e n h e i t stam- m e n w ü r d e n , sei es wichtig, juristisch ganz korrekt u n d ganz genau z u formulieren. Der Bundeskanzler w ö r t l i c h : „ W e i l wir k e i n e n Friedensvertrag haben, k a n n heute n i e m a n d e n d g ü l t i g die D e u t s c h e n b i l - d e n ; das ist die r e c h t l i c h e Seite. D i e u n ü b e r s e h b a r e m e n s c h l i c h e Seite, die a l l t ä g l i c h e p o l i t i s c h e Seite aber ist d o c h , d a ß wir F r i e d e n u n d V e r s t ä n d i g u n g mit P o l e n w o l l e n , u n d d a ß n i e m a n d jene Polen, die vor 40 J a h r e n v o n S t a l i n als O s t p o l e n v e r t r i e b e n w u r d e n u n d s i c h i n d e n O d e r - N e i ß e - G e b i e t e n n i e - d e r l i e ß e n , erneut v e r t r e i b e n w i l l . Im ü b r i g e n h ä t t e dieser u n g l ü c k l i c h e V o r g a n g m i t d i e s e m M o t t o bei d e n S c h l e s i e r n n a t ü r l i c h nicht a n n ä h e r n d diese Be- deutung gewonnen, w e n n nicht seit v i e l e n J a h r e n die A r b e i t der V e r t r i e b e n e n v e r b ä n d e s y s t e m a t i s c h diffamiert w o r d e n w ä r e . " D e r Regierungschef w a n d - te s i c h i n d e m Interview erneut gegen die R e v a n - c h i s m u s - K a m p a g n e des Ostens, die das Z i e l verfol-

ge, v o n seiten der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d be- s t i m m t e R e a k t i o n e n auf diese V o r w ü r f e herauszu- fordern, die d a n n als Beleg für eine r e v a n c h i s t i s c h e Politik gewertet w e r d e n w ü r d e n .

Der B u n d e s k a n z l e r ü b t e an seinen A m t s v o r g ä n - gern i m K a n z l e r a m t seit 1969 K r i t i k , d a ß diese s i c h e i n e m D i a l o g mit d e n L a n d s m a n n s c h a f t e n u n d V e r - t r i e b e n e n v e r b ä n d e n v e r s c h l o s s e n h ä t t e n u n d ä u - ß e r t e w ö r t l i c h : „Im K a n z l e r a m t der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d w u r d e n i n d e n J a h r e n 1969 bis 1982 eine V i e l z a h l v o n G e s p r ä c h s p a r t n e r n empfangen

— diejenigen aber, die ganz b e w u ß t a u s g e k l a m m e r t wurden, w a r e n die V e r t r i e b e n e n v e r b ä n d e . D a s h a b e n sie nicht verdient, a u c h w e n n i c h m a n c h e F o r m u l i e r u n g der V e r t r i e b e n e n v e r b ä n d e nicht ak- zeptiere. W i e s o achtet m a n g e g e n ü b e r dieser G r u p p e so genau auf jede F o r m u l i e r u n g , die i r g e n d - ein F u n k t i o n ä r benutzt?" D e r Regierungschef ver- neinte indirekt, d a ß p o l i t i s c h e Ä u ß e r u n g e n u n d Er- k l ä r u n g e n v o n V e r t r i e b e n e n s p r e c h e r n die i n t e r n a - tionalen B e z i e h u n g e n der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h - l a n d belasten w ü r d e n .

A u f g r u n d seiner Bedeutung v e r ö f f e n t l i c h e n w i r d e n T e i l des Interviews, der s i c h mit der D e u t s c h e u n d P o l e n b e w e g e n d e n Grenzfrage befaßt, z u D o - k u m e n t a t i o n s z w e c k e n i m W o r t l a u t :

Zelt:

Ist n i c h t das beste M i t t e l der A u s s ö h n u n g , d e n P o l e n z u sagen: „Es gibt ü b e r h a u p t gar k e i n e n Zweifel, d a ß eure G r e n z e n so b l e i b e n , w i e sie heute sind?"

Kohl:

D a s ist n a t ü r l i c h nicht das beste M i t t e l , w e i l d a m i t eine andere, d i e e n t s c h e i d e n d e Frage ver- b u n d e n ist: Ist die deutsche Frage offen?

F ü r m i c h ist d i e P r ä a m b e l des Grundgesetzes nicht i r g e n d e i n T e x t , s o n d e r n e i n e Grundvoraus- s e t z u n g d e u t s c h e r P o l i t i k . N a t ü r l i c h w e i ß i c h auch, d a ß die d e u t s c h e Frage n i c h t auf der Tagesordnung steht. A b e r die L e k t i o n der p o l n i s c h e n Geschichte ist, d a ß die P o l e n nie aufgegeben haben, an ihrer I d e n t i t ä t als N a t i o n festzuhalten. Sie h a b e n sie nie v e r l e u g n e t , sie h a b e n i m m e r gesungen: „ N o c h ist P o l e n n i c h t v e r l o r e n . " U n d was für d i e P o l e n gilt, gilt für die D e u t s c h e n .

Zelt:

S o l l e n n u n d i e S c h l e s i e r s i n g e n : „ N o c h ist S c h l e s i e n n i c h t v e r l o r e n ? "

Kohl:

S i e w i s s e n so gut w i e i c h , d a ß das niemand w i l l . D a s z u z u g e b e n , e n t s p r i c h t v i e l l e i c h t nicht dem K u r s Ihrer Z e i t u n g . D i e d e u t s c h e Frage ist ge- s c h i c h t l i c h n i c h t a b g e s c h l o s s e n . Ich bestreite Ihnen u n d j e d e m i n unserer G e n e r a t i o n das Recht, künfti- gen G e n e r a t i o n e n ihr S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t ab- z u s p r e c h e n .

Zelt:

D a s h a b e n w i r n i e getan. W o r a u f wir aber W e r t legen, ist, w i e es Ihr Parteifreund R ü h e kürz- l i c h formuliert hat, d a ß d i e p o l i t i s c h e Bindungswir- k u n g der V e r t r ä g e a u c h i n Z u k u n f t ihre W i r k u n g hat. W a r u m das v e r w ä s s e r n , w a r u m dies nicht zur G r u n d l i n i e der O s t p o l i t i k m a c h e n ?

Kohl:

W i r v e r w ä s s e r n n i c h t . S e l b s t v e r s t ä n d l i c h ist der W a r s c h a u e r V e r t r a g e i n e G r u n d l i n i e unserer O s t p o l i t i k . D a s habe i c h i m B e r i c h t zur L a g e der N a - t i o n w i e d e r h o l t , u n d das ist d o c h völlig ausreichend.

W i r k ö n n e n n i c h t o h n e j e d e n F r i e d e n s v e r t r a g end- g ü l t i g e R e g e l u n g e n treffen. Ich k a n n das ganze D e u t s c h l a n d n i c h t b i n d e n . D i e d e u t s c h e Frage ist

offen. M F

Blick nach Osten:

Droht Polens Kirche eine Eiszeit?

Die „Dialog"-Politik mit Regierung und KP ist praktisch als gescheitert anzusehen

Dem nahezu Isolierten Primas von Polen, Jozef Kardinal Glemp, und seiner Kirche steht

— wenn nicht alles täuscht — eine Eiszelt ins Haus. Seine „Dialog"-Politik mit Regierung und KP ist praktisch gescheitert.

In der „Gemischten Kommission" Kirche — Staat legte der Chefdelegierte der Regierung, ZK-Sekretär Dr. Kazimierz Barcikowski, dem Primas eine Liste von rund 100 Priestern vor, die als Regimekritiker mundtot gemacht wer- den müßten. Kirchenamtsminister Prof. Dr.

Adam Lopatka hatte sie ausgearbeitet und er- klärt, daß 15 junge Geistliche, „falls nichts pas- siert", inhaftiert werden müßten.

Kardinal Glemp wurde aufgefordert, Straf- versetzungen, Predigtverbote sowie Zwangs- versetzungen ins Ausland (z. B. zu „Studien" in den Vatikan) in die Wege zu leiten. Indessen winkte Papst Johannes Paul II. energisch ab: Er wolle bei Maßnahmen der genannten Art nicht mitwirken. Das Ansehen des Primas gilt ohne- hin als ramponiert. Zudem: Barcikowski, der sich vormals als geschickter Verhandlungs- partner mit streikenden Arbeitern und der verbotenen „Solidarnosc"-Gewerkschaft er- wies, soll abberufen werden. Er gilt vielen im Parteiolymp als zu konziliant.

Staatsrechtler Lopatka, ein äußerst ge- schickter Kirchenkampfstratege, arbeitet be- reits an einem „Maulkorbgesetz" für die katho- lische Kirche Polens. Lopatka war es, der ei-

nerseitseine „Einlullungsstrategie" der Kirche forcierte (z. B. großzügige Vergabe von Kir- chenbaugenehmigungen), andererseits aber die stärkste Kirche Polens (90 Prozent der Be- völkerung) einkreiste: Liquidierung von Kruzi- fixen in Schulen und Kirchen, Ausspielen kon- fessioneller Minderheiten gegen die stärkste Konfession mit Hilfe besonderer Forderung sowie Subventionierung durch den Staat sowie gleichberechtigte Zuteilung von Sende- zeiten in den Medien oder Zulassung eigener

Blick nach Süden:

Sender für die Minderheiten u. a. m. Auf Be- treiben Lopatkas baute Innenminister General Czeslaw Kiszczak innerhalb seiner operativen Abteilung des „Sicherheitsdienstes" SB jetzt die Unterabteilung IV (Kirche) personell stark aus. Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind zu 80 Prozent graduierte Akademiker, darunter auch Absolventen der katholischen Universi- tät (Lublin) oder anderer katholischer Hoch- schulen und Priesterseminare, also auch ehe- malige Theologen.

WTXB

£ % r a i f c n b l Q t t

UNABHÄNGIGE W O C H E N Z E I T U N G FÜR D E U T S C H L A N D Chefredakteur: Hugo Wellems

Verantwortlich für den redaktionellen Teil Kultur, Unterhaltung, Frauenseite:

Silke Steinberg Geschichte, Landeskunde,

Soziales und Aktuelles:

Horst Zander Heimatkreise, Gruppen,

Mitteldeutschland:

Susanne Deuter

Ostpreußische Familie: Ruth Geede Dokumentation, politische Literatur,

Jugend:

Ansgar Graw

Bonner Büro: Clemens J Neumann Bertiner Büro: Hans Baidung

Anzeigen und Vertrieb:

Helmut Grunow

Anschrift für alle Postfach 32 32 55. 2000 Hamburg 13 Verlag Landsmannschaft Ostpreußen e V Parkallee 84 86 2000 Hamburg 13 Bundesgeschaftsfuhrer Frtednch-Karl Milthaler Das Ostpreußenblatt ist das Organ der Lands- mannschaft Ostpreußen und erscheint wöchentlich zur Information der Mitglieder des Forderkreises der Landsmann- schaft Ostpreußen — Bezugspreis Inland 6.80 DM monatlich einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer Ausland 8 — DM monatlich Bankkonto Landesbank Hamburg BLZ 200 50000 Konto-N' 192 344 Postscheckkonto für den Vertrieb Post Scheckamt Hamburg 8 426-204 für Anzeigen Postscheckamt Hamburg 907 00 207 - Für unverlangte Einsendungen wird

nicht gehaftet Rucksendung erfolgt nur. wenn Porto beiliegt — Druck Gerhard Rautenberg 2950 Leer (Ostfnesl ). Telefon (04 91) 42 88

Für Anaetgen gm Preisliste Nr 21

Teiefon 44 65 41 (mit Anrufbeantworter) u n d 44 6 5 4 2

Kommt Südtirol vor die UNO?

Zugewanderte Süditaliener gegen Sprachengleichheit

Bozen — Als enttäuschend wird in Südtirol entsprechendes, abschließendes Gespräch das „Ergebnis" der jüngsten Aussprache einer zwischen der Südtiroler und der italienischen Delegation der deutschen Südtiroler mit dem Seite sollte Anfang 1985 folgen. Es wurde unter italienischen Minister für die Regionen, Carlo fadenscheinigen Gründen zweimal von Rom Vizzini, und dem Unterstaatssekretär beim verschoben, bis es — mit zwei Monaten Ver- Ministerpräsidenten, Giulio Amato, bewertet: spätung — im Palazzo Chigi erfolglos über die Es erbrachte hinsichtlich der Gleichstellung Bühne ging: W ä h r e n d die Vertreter Südtirols der deutschen Sprache mit dem Italienischen auf die Verträge, Vereinbarungen und Abma- vor Gericht und bei den Behörden so gut wie chungen verwiesen, nach denen sie bereits seit nichts. Auch 35 Jahre nach dem Pariser Ver- 35 Jahren das Recht haben müßten ihre Mut- trag und bald 14 Jahre nach Abschluß des „Pa- tersprache zu benutzen, brachte die italieni- ketes" über die Autonomie Südtirols sind die sehe Seite die längst bekannten Sorgen jener Deutschen dieses Landes gezwungen, sich der Italiener vor, die es seit der Besetzung Südti- italienischen Sprache zu bedienen, wenn sie rols durch Rom versäumt haben, Deutsch zu

lernen.

So sind es denn auch in erster Linie die seit 1919 aus dem Süden zugewanderten Italiener, von denen Rom unter Druck gesetzt wird, die volle Gleichberechtigung der deutschen Spra- che nicht zuzulassen. Die Südtiroler Ableger der fünf Parteien, von denen die Regierung Craxi getragen wird, haben übereinstimmend verlangt, die Gleichstellung des Deutschen bei Gericht, der Polizei und den Ämtern nicht zu- zulassen. Die Oppositionsparteien denken nicht anders; die neofaschistische MSI meint sogar, in dieser Frage habe die Mehrheit der 56 Millionen Italiener und nicht die Minderheit der 280 000 Deutschen (die freilich in Südtirol Nach einigen vergeblichen Anläufen kam

e i

"

e

Mehrheit von 65 Prozent bilden) zu ent- es vor Weihnachten in Rom zu einem Treffen

s c h e i d e n

-

mit den Behörden zu tun haben. — Die Enttäu schung über dieses letzte, ergebnislose Ge- spräch (das „bald" fortgesetzt werden soll) ist nicht nur im historischen Zusammenhang, sondern auch im aktuellen Ablauf zu verste- hen: Seit mehr als einem Jahr liegen die von gemischten italienisch-südtirolerischen Ver- handlungsdelegationen ausgearbeiteten und einstimmig verabschiedeten Durchführungs- bestimmungen zur Sprachen-Gleichstellung dem Ministerrat in Rom vor. Der Südtiroler Landeshauptmann (Ministerpräsident) Dr.

Silvius Magnago hat immer wieder gedrängt, diese Bestimmungen zu verabschieden, um die wachsende Unruhe in seinem Lande zu dämpfen

zwischen Magnago und dem italienischen Re- gierungschef Bettino Craxi. Dabei entstand der Eindruck, die Bedenken Roms gegen die Sprachen-Gleichstellung seien geringer Natur und könnten rasch ausgeräumt werden. Ein

In Bozen wird nicht ausgeschlossen, daß

beim Anhalten dieser italienischen Ver-

schleppungstaktik Österreich als Schutz-

macht Südtirols die Sprachenfrage vor die

U N O bringen könnte. H. O. L

(3)

16. März 1985 — Folge 11 — Seite 3

tm Cfipmißcnblaii Scheinwerfer

N icht nur von einer Erneuerung unseres Geschichts-, National- und Staatsbe- wußtseins im Innern, sondern auch von einer neuen Selbstdarstellung der Deutschen

a , ,

and

-

i n erster

Linie im europäischen Ausland - ist es abhängig, ob die Deutschen allgemein V e r s t ä n d n i s für ihr Streben nach Einheit finden. Die Außenpolitik der Bundes- republik Deutschland hat dieses Problem in den letzten Jahren vorwiegend juristisch ge- sehen Im Deutschlandvertrag, so heißt es da ganz lapidar, h ä t t e n sich die Hauptsieger- machte fest verpflichtet, für die Überwindung der Teilung einzutreten. Zweifel daran, ob die U S A , England und Frankreich im .Ernstfall"

dieser Verpflichtung nachkommen werden, k ö n n e n verständlicherweise nicht von der D i - plomatie öffentlich diskutiert werden. Die Öf- fentlichkeit — und hier natürlich besonders die publizistische — sollte jedoch nicht ver- s ä u m e n , sich intensiv mit dieser Frage zu be- fassen.

Untersuchen heute Wissenschaftler nüch- tern die Frage, wie stehen unsere V e r b ü n d e t e n und Nachbarn zur deutschen Einheit, so ist das Ergebnis im wesentlichen immer das gleiche:

W a s die Bevölkerungen dieser Länder angeht, so sind in erster Linie in Frankreich und Eng- land die Besorgnisse der Vergangenheit weit- gehend verschwunden. Umfragen haben er- geben, d a ß immer mehr Menschen in diesen L ä n d e r n dem W u n s c h der Deutschen nach Gemeinsamkeit Verständnis entgegenbrin- gen. In Frankreich sind es vorwiegend die kon- servativen Intellektuellen und Politiker, die dem deutschen Einheitsstreben mit großem V e r s t ä n d n i s g e g e n ü b e r s t e h e n . In erster Linie deshalb, weil sie die Nation nicht als überholt betrachten und deshalb das Streben der Deut- schen, ü b e r ihre Zukunft selbst zu entschei- den, als natürlich empfinden.

Ä u ß e r u n g e n aus Politik und Wissenschaft jedoch sind, wenn die Festreden einmal aus- geklammert werden, die vor deutschen Gästen stattfinden, aber auch gegenteilig angelegt.

Hier wurde in den vergangenen Jahren stärker noch als in den beiden Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich, daß es ein bedeu- tendes Ziel von N A T O und Europäischer Ge- meinschaft war und ist, das deutsche Streben nach Gemeinsamkeit zu dämpfen oder in su- pranationale Kategorien zu verdrängen. Jetzt, da die e u r o p ä i s c h e Einigungspolitik stagniert

Eine zerrissene Stadt als Symbol einer zerrissenen Nation: Das Ausland sieht die Teilung nicht als natürlich an

F o t o A r c h i v

sonsten ist in den Vereinigten Staaten die Sen- sibilität für die deutschen und europäischen Fragen aus ihrem globalen Denken heraus oh- nehin sehr begrenzt. Das Thema einer Block- freiheit eines wiedervereinigten Deutschlands z. B. wird jenseits des Atlantiks kaum disku- tiert, w ä h r e n d es in Westeuropa in den letzten Jahren ein wesentlicher Bestandteil der Deutschlanddiskussion geworden ist.

Kaum registriert wird in den U S A auch eine Problematik, die in den westeuropäischen Ländern immer wieder sehr offen angespro- chen wird: der Widerspruch zwischen westeu- ropäischer Integration auf der einen und dem Wiedervereinigungsanspruch auf der anderen Seite. Insbesondere die so rational orientierte Politikwissenschaft in Frankreich sucht nach

Wiedervereinigung:

i « K l ft ;!t--»n'*T<-»r-..iK ,i aoortfiorrn,1 \a<=ierrF.<\nr!

Was das Ausland erwartet

Westliche Verbündete sehen deutsche Frage nüchterner als früher

V O N U W E G R E V E und nur noch in wenigen Feldern m ü h s a m

vorangeht und immer mehr NATO-Bündnis- partner sich offen oder versteckt fragen, ob die N A T O nicht stärker „europäisiert" werden müsse, wird auch im Ausland registriert, daß die nationale Frage in der Bundesrepublik kei- nesfalls jenes sanften Todes gestorben ist, von dem noch im letzten Jahrzehnt gesprochen wurde.

Der Luxemburger Diplomat J i m Cloos hat im Rahmen der Aufsatzsammlung „Les A l l e - mands au coeur de l'Europe" (Paris 1983) das, was viele Politiker, Diplomaten und Wissen- schaftler unserer V e r b ü n d e t e n denken, am klarsten ausgesprochen: „Es ist in gewisser Weise das Scheitern des europäischen Föde- ralismus, das die Deutschen dazu verdammt hat, in erster Linie Deutsche zu bleiben." Es sei, so bedauert der Autor, leider nicht gelungen, die Deutschen in einer größeren Kombination so einzubetten, daß sie damit die deutsche Frage als für immer gelöst empfinden könnten.

Und der französische Politikwissenschaftler Pierre Lellouche stellte in dem Magazin

„Newsweek" vom 31. Oktober 1983 fest, daß das gleiche auch für die N A T O gelte. Sie habe die Bundesrepublik völlig in den Westen ein- binden sollen, aber jetzt sei deutlich gewor- den, d a ß die Integrationskraft der N A T O für eine solche Entwicklung nicht ausreiche.

Offen ausgesprochen wird manchmal auch die wirtschaftliche Angst vor einem einigen Deutschland. Dominique Moisi hat diesen Be- fürchtungen z. B. in dem Artikel „Partnerschaft mit Unbehagen: Ist die Bundesrepublik Deutschland wirtschaftlich zu machtig, poli- tisch zu schwach?", in der „Zeit" vom 7. Okto- ber 1983 beredten Ausdruck gegeben.

In den U S A hingegen wird das Thema aus der Sicht einer Weltmacht sehr viel nüchter- ner gesehen. A u s ihrer weltpolitischen Ge- samtschau heraus sind sie daran interessiert, daß an der e u r o p ä i s c h e n Front der Ost-West- Auseinandersetzung keine Auflosungsten- denzen und Schwachstellen entstehen. A n -

den Hintergründen dieser Haltung. Es wird dabei manchmal fast abenteuerlich spekuliert, die westeuropäische Partnerschaft sei für die Westdeutschen nur ein Trick zur Beruhigung der Nachbarn, um ohne Anklage der umlie- genden Mächte der Lösung der nationalen Frage nachgehen zu können.

Doch nicht nur die Suche nach Erklärungen für deutsches Verhalten hat sich in den letzten Jahren im westlichen Ausland verstärkt, son- dern auch die Diskussion um Lösungen. Im Mittelpunkt steht dabei die Auseinanderset- zung darüber, ob die europäische Einigung in ihrem gezielten Streben nach „Verschmel- zung" den Deutschen einen Ersatz für die N a - tion und die verlorene Einheit bieten könnte.

Die konservativen Strömungen in Frankreich, die de Gaulies Vorstellungen vom Europa der Vaterländer weiterentwickelt haben, beant-

für eine verstärkte Besinnung auf eigene euro- päische Initiativen einsetzen. Manche franzö- sischen Konservativen verbinden solche Ge- danken mit der Forderung nach einer eigenen europäischen Atommacht. Neue Impulse be- kamen solche Diskussionen dadurch, daß in der US-Öffentlichkeit im wachsenden Maße darüber offen nachgedacht wird, ob die Euro- päer es ü b e r h a u p t verdienten, daß die Ameri- kaner im Notfall für deren Schutz einen N u - klearkrieg in Kauf n ä h m e n . Nur wenn die Deutschen eine e i g e n e Atomstreitmacht besäßen, und k e i n e gemeinsame europäi- sche sich entwickeln ließe, so hören wir Stim- men aus Frankreich und England, wäre ein sol- cher europäischer W e g abzulehnen. Im Rah- men einer solchen Entwicklung einer gemein- samen Verteidigung sei die deutsche Einheit, weil keine Gefahr einer Hegemonie bestünde, durchaus auch für die Nachbarn akzeptabel.

Fassen wir alle diese Meinungen des Aus- landes zusammen, so wird sichtbar, daß nach wie vor erhebliche Bedenken des Auslandes in bezug auf eine deutsche Wiedervereinigung lebendig geblieben sind, daß man sich aber auf der anderen Seite nicht vorstellen kann, daß eine wirtschaftlich so erfolgreiche Nation wie die Deutsche längerfristig auf die Durchset- zung ihrer nationalen Ziele verzichtet. Was viele ausländische Beobachter schon nüch- tern beim Namen nennen, wird jedoch in der offiziellen Politik der Bundesrepublik noch nicht eindeutig formuliert: Europa kann für die Deutschen wie für andere Nationen kein Er- satz für das verlorene Vaterland sein.

Und die deutsche Politik wird sich in den nächsten Jahren — ob es ihren eigenen Inten- tionen entspricht oder nicht, spielt dabei keine Rolle — darauf einstellen müssen, eigene, auch für die Nachbarn akzeptable Vorschläge zur Lösung der nationalen Frage zu machen.

Das Wort vom „Offenhalten der deutschen Frage", das für manche Untätigen oder Gleich- gültigen unter den Führungskräften unseres Landes als Mittel der öffentlichen Beschwich- tigung ausreichend zu sein schien, hat sich nicht nur abgenutzt. Vielmehr sehen unsere Nachbarn darin bereits Unlauterkeit in dem Sinne, als daß die bundesdeutsche Führung

35 Jahre stabiler und freiheitlicher Demokratie sprechen für sich

worten die Frage eindeutig mit nein! In den kleineren Ländern wie Luxemburg oder Bel- gien wird das anders gesehen. Hier neigen Po- litiker und Diplomaten ebenso wie die Politik- wissenschaft weniger zum Staatenbund Euro- pas als zum europäischen Bundesstaat. Dabei klingt immer wieder deutlich durch, daß dann die deutsche Frage ihre Risiken verliere, wenn sie — in erster Linie was die Sicherheitspolitik angehe — in die größere Gemeinschaft einge- bettet sei. Hier schwingen noch immer sehr stark die geschichtlichen Erfahrungen und Vorurteile von einem Deutschland als „euro- päischer Ordnungsmacht" mit.

Die von allen europäischen NATO-Ländern mitgetragene europäische Sicherheitsdiskus- sion hat auf der anderen Seite aber auch zur Folge, daß immer häufiger die Europäisierung der N A T O gefordert wird. Die verstärkt pazifi- sche Ausrichtung der U S A in den letzten Jah- ren hat — vorwiegend in Frankreich — Strö- mungen entstehen lassen, welche sich zwar nicht für eine Abkoppelung von den U S A , aber

nicht bereit sei, ihre „wirklichen Ziele" vor der Öffentlichkeit zu enthüllen.

Praktisch heißt dies, die Bundesregierung muß sich mehr als bisher überlegen, welche Wegrichtung zur Lösung der deutschen Frage langfristig wirklich eingeschlagen werden kann und soll. Sie kann dabei auf Vorausset- zungen aufbauen, die besser sind als je in der Zeit nach 1945. Die alten Gegensätze Europas, die entscheidend die Weltkriege provozier- ten, wie z. B. der Streit um Rohstoffe, Märkte oder Kolonialbesitz sind bis auf geringe Rest- b e s t ä n d e so eingeebnet, daß mit ihrer W i e - derbelebung nicht gerechnet werden braucht.

Die politischen und wirtschaftlichen Gemein- samkeiten, die sich zwischen der Bundesrepu- blik Deutschland und ihren westlichen Nach- barn entwickelt haben, sind immer tragfähiger geworden, auch wenn der bürokratische Streit um Einzelfragen der Europäischen Gemein- schaft die Gemüter in vielen Ländern noch stark zu erhitzen vermag. Die Beschwörung der nationalsozialistischen Epoche zur Stig-

matisierung der Deutschen und ihrer nationa- len Interessen nimmt mit jedem Jahr ab, ob- wohl es einflußreiche Kreise gibt, die gerade mit den Jubiläumsdaten dieser Jahre eine neue Vergangenheitsbewältigungswelle aus- lösen möchten. Besonders die jungen Genera- tionen der Nachbarvölker sind in dieser Rich- tung kaum mehr gegen Deutschland manipu- lierbar, weil 35 Jahre stabile Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland einfach zu stark für sich selbst sprechen. Das Vorfeld für eine nüchterne und langfristig angelegte Deutsch- landpolitik mit dem Ziel der Uberwindung der Teilung hat sich damit erheblich verbessert.

Es reicht in den nächsten Jahren nicht aus, ständig zu betonen, das deutsche Problem sei offen, aber müsse lösungsmäßig .einem Frie- densvertrag (der sich nicht abzeichnet) oder zukünftigen Generationen überlassen werden.

Die deutsche Politik wird in den kommenden Jahren in wachsendem Maße daran gemessen werden, inwieweit sie eigene Ideen zum Abbau der deutschen und europäischen Spal- tung einbringt. Die Unklarheit, was Deutsch- land eigentlich will, kann auf die Dauer nur zu neuem Mißtrauen führen. Die Bundesrepublik, gelegen an der Reibungsfläche der Blöcke, muß im europäischen Rahmen nach neuen Lö- sungen suchen, welche die alten Zielkonflikte aufzulösen vermögen. Ihre Politiker sollten dabei versuchen, auch einmal über die jetzt dominierenden Blockdimensionen des Ost- West-Gegensatzes hinauszudenken. Der Nord-Süd-Gegensatz am Beginn des 21. Jahr- hunderts wird neue Konstellationen und neue Möglichkeiten schaffen, die auch den Europä- ern und Deutschen einen veränderten Bewe- gungsspielraum verschaffen können. Behut- sam und in geistiger Offenheit über diese Mög- lichkeiten nachzudenken, dazu bieten sich die letzten Jahre dieses Jahrzehnts geradezu an.

Es wäre z. B. absolut unklug und gefährlich, derzeit in der praktischen Politik den Weg einer Blockfreiheitspolitik für Deutschland und Europa anzustreben. Aber langfristig zu überlegen, inwieweit unter veränderten welt- politischen Bedingungen — Vielpolarität statt Zweipolarität — Deutsche und Europäer einen selbständigen W e g zwischen den G i - ganten suchen könnten, das scheint schon heute angezeigt. Deutschland liegt nicht nur in West-Europa, obwohl es sich westlichen Tra- ditionen und Werten vielfältig verpflichtet fühlt! Es hatte und hat auch in der Zukunft eine bedeutende mitteleuropäische Funktion. Es ist das Scharnier Europas. A u s unserem Lande werden neue Impulse erwartet zur Überwin- dung verkarsteter Strukturen und zur Wieder- entdeckung großer gemeinsamer abendländi- scher Traditionen. A u c h das ist ein Teil der geistigen Wende, deren Ansätze immer stär- ker sichtbar werden. Zur Wiederentdeckung der Tradition gehört nicht zuletzt, daß Deutschland sich nicht über Europa aus der Geschichte wegstehlen kann, sondern daß gemeinsame Wege zu einer europäischen Staaten-Gemeinschaft gefunden werden, wel- che die nationalen Interessen der Deutschen ebenso akzeptiert, wie wir die nationalen In- teressen unserer Verbündeten anerkennen.

Und, auch wenn sich viele darüber verwundert

äußern, das Ausland erwartet gerade dies von

uns: vernünftige Interessenpolitik, wie sie

einer Mittelmacht angemessen ist!

(4)

Politik

I M 5 £ f u m u f i m b l ü ! i

16. März 1985 — Folge 11 — Seite 4

Werbung:

D e r „ P o l e " C o p e r n i c u s Historische Wirklichkeit verfälscht

„Die Neigung, sich für fremde Nationalitä- ten zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eigenen Vaterlandes ver- wirklicht werden können, ist eine politische Krankheitsform, deren geographische- Ver- breitung sich leider auf Deutschland be- schränkt." Die Worte Bismarcks im Preußi- schen Landtag 1863 scheinen zeitlos gültig zu sein. Beispiele hierfür in der Bundesrepublik Deutschland begegnen dem Zeitgenossen auf Schritt und Tritt."

So wunderten sich Reisende der Deutschen Bundesbahn (DB) nicht schlecht, als sie beim Blättern der in den Waggons ausliegenden DB- Zeitschrift „Die schöne Welt" in der Februar- ausgabe in einer Anzeige lasen: „Bewies Co- pernicus, Polens großer Sohn, daß sich die Erde um die Sonne dreht — dreht sich heute in Polen alles um den Gast." Bei manchen Zugrei- senden drehte sich da allerdings bei der Lektü- re eher der Magen um ob solcher Unbedarft- heit (?) eines Werbetexters. Oder ist die Rei- sefirma Hummel im TUI bei ihrer Anzeige „Zu Gast in einem vielseitigen Land" schon so sehr mit den polnischen Geschäftspartnern im

„Dialog", daß sie in Neuberger-Manier lieber einen Bückling zuviel in Richtung Osten macht, als zu wenig?

Ein Blick in ein deutsches Konversationsle- xikon hätte für das Touristikunternehmen ei- gentlich genügt, um die Unmöglichkeit solcher National-Dekretierung Copernicus' festzu- stellen. So schreibt der Brockhaus (Ausgabe 1970) über den Thorner Astronomen und Be- gründer des heliozentrischen Weltbildes: „Die väterliche Familie von Kopernikus stammt aus dem Neißer Bistumsland in Schlesien, so daß seine deutsche Herkunft als erwiesen an- gesehen werden kann, zumal er sich schriftlich nur der deutschen oder lateinischen Sprache bediente."

Polenbegeisterung, in gewissen histori- schen Abständen immer wieder aufflackernd in Deutschland, darf nicht dazu führen, daß nur die Identität der einen Nation, gestärkt wird — auf Kosten der anderen. Wer den Roh?n]eicht- fertig und ungerechtfertigt den großen Astro- nomen Copernicus überantwortet, im heute polnischen Thorn geboren und im ostpreußi- schen Frauenburg 1543 gestorben, wie will der argumentieren, wenn eines Tages die Russen den Königsberger Immanuel Kant für sich re- klamieren? S. P.

Vertriebene:

Der Rettung über See gedacht

LvD-Veranstaltung in Kiel: Bekenntnis zu einem freien und geeinten Deutschland

Der L a n d e s v e r b a n d der v e r t r i e b e n e n D e u t s c h e n

— V e r e i n i g t e L a n d s m a n n s c h a f t e n S c h l e s w i g - H o l - stein e . V . (LvD) hatte z u m G e d e n k e n an die F l u c h t u n d V e r t r e i b u n g vor 40 J a h r e n u n d z u m D a n k für die Rettung ü b e r See d u r c h die K r i e g s - u n d H a n d e l s - m a r i n e a m 2. M ä r z v o r d e m M a r i n e e h r e n m a l i n L a b o e u n d i n der K i e l e r O s t s e e h a l l e z w e i e i n - d r u c k s v o l l e G e d e n k f e i e r n veranstaltet. Es war e i n D a n k an diejenigen, die unter E i n s a t z ihres L e b e n s bis M a i 1945 z w i s c h e n 2 u n d 3 M i l l i o n e n Z i v i l i s t e n u n d S o l d a t e n n a c h D ä n e m a r k u n d S c h l e s w i g - H o l - stein brachten.

G l e i c h z e i t i g b e k a n n t e n s i c h die V e r t r i e b e n e n er- neut zur C h a r t a , i n der sie s i c h für e i n e n friedlichen W i e d e r a u f b a u u n d für die A u s s ö h n u n g mit a l l e n V ö l k e r n eingesetzt h a b e n .

V o r ca. 1500 M e n s c h e n s p r a c h s o w o h l der E h r e n - p r ä s i d e n t des Dt. M a r i n e b u n d e s Frg. K p t . a. D . R o h l - finger als a u c h der K o m m a n d a n t des M a r i n e - A b - s c h n i t t s k o m m a n d o Ostsee, K a p i t ä n z. S. Bär, v o n der g r o ß e n L e i s t u n g der K r i e g s - u n d H a n d e l s m a r i n e w ä h r e n d der g r ö ß t e n R e t t u n g s a k t i o n aller Z e i t e n . Frg. K p t . a. D . Rohlfinger erinnerte daran, d a ß die G e - s c h i c h t e z u m S e l b s t v e r s t ä n d n i s eines V o l k e s b e i - trage. D i e G e s c h i c h t e der V e r t r e i b u n g d ü r f e s i c h nie w i e d e r h o l e n .

Der V o r s i t z e n d e des L v D G ü n t e r Petersdorf e r i n - nerte an das grauenvolle S c h i c k s a l der Z i v i l b e v ö l - k e r u n g i m O s t e n des D e u t s c h e n R e i c h e s u n d daran, d a ß die Rettungsschiffe die bereits unter sowjeti- s c h e m Feuer l i e g e n d e n H ä f e n ansteuerten, u m F l ü c h t l i n g e u n d S o l d a t e n an Bord z u n e h m e n . Ins-

gesamt seien es 790 Schiffe gewesen, d a v o n 509 Handelsschiffe, deren Besatzungen in aufopfe- r u n g s v o l l e m Einsatz das L e b e n v o n M i l l i o n e n M e n - schen retteten.

L a n d t a g s p r ä s i d e n t Rudolf T i t z c k g e d a c h t e der g r o ß e n L e i s t u n g derjenigen, d i e m e h r als 2 M i l l i o - n e n M e n s c h e n das L e b e n gerettet haben, aber a u c h der 25 000 M e n s c h e n , die auf See g e b l i e b e n s i n d . Er betonte, d a ß s o w o h l die G e r e t t e t e n als a u c h dieje- nigen, d e n e n das bittere S c h i c k s a l der V e r t r e i b u n g erspart geblieben, z u m G e d e n k e n u n d z u m D a n k aufgerufen s i n d . D e r W i l l e u n d die Entschlossenheit der V e r t r i e b e n e n z u m d e m o k r a t i s c h e n N e u b e g i n n sei für das L a n d S c h l e s w i g - H o l s t e i n z u e i n e m gro- ß e n G e w i n n g e w o r d e n . S c h l e s w i g - H o l s t e i n e r , H e i - m a t v e r t r i e b e n e u n d F l ü c h t l i n g e h ä t t e n ihre B e w ä h - rungsprobe vor der G e s c h i c h t e g e m e i n s a m bestan- den. D e r L a n d t a g s p r ä s i d e n t wies auf das Selbstbe- s t i m m u n g s r e c h t a l l e r V ö l k e r h i n u n d a u c h darauf, d a ß die V e r t r i e b e n e n i n ihrer C h a r t a s i c h z u m G e - w a l t v e r z i c h t u n d z u d e n Z i e l e n eines g e e i n t e n E u - ropas bekannt h a b e n .

E i n e g r o ß e Z a h l v o n K r ä n z e n u n d B l u m e n g e - s t e c k e n w u r d e n zur E r i n n e r u n g an d i e T o t e n der V e r t r e i b u n g a m E h r e n m a l niedergelegt. A n der G e - denkfeier n a h m e i n E h r e n z u g der B u n d e s m a r i n e teil. D i e m u s i k a l i s c h e U m r a h m u n g hatte das M a r i - n e m u s i k k o r p s Ostsee ü b e r n o m m e n .

A m N a c h m i t t a g i n der O s t s e e h a l l e k o n n t e G ü n - ter Petersdorf eine g r o ß e Z a h l v o n E h r e n g ä s t e n be- g r ü ß e n , unter i h n e n Innenminister C l a u s s e n , D r . v.

B i s m a r c k v o m E u r o p a p a r l a m e n t , d e n V o r s i t z e n d e n

Gedenkfeier in der Ostseehalle: Eine Mahnung für die Lebenden

F o t o H ä r d e r

Tagung:

Bilanz nach zehn Jahren gezogen

Internationale Gesellschaft für Menschenrechte zur Situation in der UdSSR

„ 10 J a h r e K S Z E — Bilanz u n d A u s b l i c k " — unter d i e s e m M o t t o fand A n f a n g M ä r z i n K ö n i g s t e i n / T a u n u s die d i e s j ä h r i g e J a h r e s h a u p t v e r s a m m l u n g der Internationalen Gesellschaft für M e n s c h e n - rechte (IGFM) statt.

Erstmals hatten d i p l o m a t i s c h e V e r t r e t u n g e n i n der B u n d e s r e p u b l i k , darunter die U S A , Belgien, die N i e d e r l a n d e u n d G r i e c h e n l a n d , Beobachter z u d i e - ser V e r a n s t a l t u n g entsandt, z u der 550 M i t g l i e d e r u n d F ö r d e r e r der Gesellschaft aus der B u n d e s r e p u - b l i k u n d v o n d e n S e k t i o n e n der U S A , der S c h w e i z , Ö s t e r r e i c h s u n d S p a n i e n s n a c h K ö n i g s t e i n ge- k o m m e n waren.

A u f der Referentenliste standen „ h o c h k a r ä t i g e N a m e n " wie O t t o v o n H a b s b u r g , der jugoslawische D i s s i d e n t Prof. M . M i h a j l o w u n d Prof. T o m o s c h a t , der V e r t r e t e r der B u n d e s r e g i e r u n g i m M e n s c h e n - r e c h t s a u s s c h u ß der V e r e i n i g t e n N a t i o n e n .

Breiten R a u m n a h m e n an d e n z w e i Sitzungstagen d i e Zeugenaussagen v o n e h e m a l i g e n p o l i t i s c h e n H ä f t l i n g e n u n d B ü r g e r r e c h t l e r n aus M i t t e l d e u t s c h - l a n d , der S o w j e t u n i o n , der C S S R , N i c a r a g u a , K a m - bodscha, V i e t n a m , Iran u n d U g a n d a e i n , d i e er- s c h ü t t e r n d e Berichte v o n der m e n s c h e n r e c h t l i c h e n S i t u a t i o n i n ihren H e i m a t l ä n d e r n gaben.

D e r 2 8 j ä h r i g e B ü r g e r r e c h t l e r V i c t o r D a w y d o w , der 1984 als einziger p o l i t i s c h e r Gefangener aus der S o w j e t u n i o n i n d e n W e s t e n ausreisen durfte, be- richtete ü b e r d e n M i ß b r a u c h der P s y c h a t r i e i n so- w j e t i s c h e n K l i n i k e n . D a w y d o w selbst w a r einer m e h r m o n a t i g e n S o n d e r b e h a n d l u n g i n einer s o l - c h e n K l i n i k ausgesetzt gewesen, b e v o r er 6000 K i - l o m e t e r weit i n die N ä h e der c h i n e s i s c h - s o w j e t i - schen G r e n z e v e r s c h i c k t w u r d e .

N a c h s e i n e n A n g a b e n w i r d i n d e n sowjetischen p s y c h a t r i s c h e n A n s t a l t e n d u r c h Z w a n g s v e r a b r e i - c h u n g v o n N e u r o l e p t i k a die G e s u n d h e i t u n d Per- s ö n l i c h k e i t der Inhaftierten, d i e z . T . m i t w i r k l i c h G e i s t e s k r a n k e n z u s a m m e n g e s p e r r t w e r d e n , s y - stematisch z e r s t ö r t . D a w y d o w berichtete d a b e i v o n den S e l b s t t ö t u n g s v e r s u c h e n verzweifelter Gefan- gener, die versuchten, s i c h mit zerschlagenen G l ü h b i r n e n die P u l s a d e r n aufzuschneiden.

I h m selbst h a b e sehr geholfen, d a ß n a c h Be- k a n n t w e r d e n seines Falls Trostbriefe a n i h n u n d Protestbriefe a n die K l i n i k l e i t u n g u n d die sowjeti- s c h e n B e h ö r d e n v e r s c h i c k t w o r d e n waren, was z u einer d e u t l i c h e n V e r b e s s e r u n g seines Status als G e - fangener u n d zur A b s e t z u n g der Z w a n g s b e h a n d - l u n g g e f ü h r t hatte.

Im H i n b l i c k auf die K S Z E f ü h r t e D a w y d o w aus, d a ß die s i c h aus der U n t e r z e i c h n u n g der S c h l u ß a k t e v o n H e l s i n k i ergebenden M e n s c h e n r e c h t s v e r - p f l i c h t u n g e n nicht e i n m a l b e k a n n t g e g e b e n w o r d e n seien, geschweige d e n n z u einer V e r b e s s e r u n g der S i t u a t i o n der p o l i t i s c h e n Gefangenen g e f ü h r t h ä t - ten.

In d i e s e m Z u s a m m e n h a n g e r k l ä r t e D a w y d o w , d a ß die einzige M ö g l i c h k e i t , v o n der S o w j e t u n i o n K o n z e s s i o n e n i n b e z u g auf die V e r w i r k l i c h u n g der M e n s c h e n r e c h t e z u erlangen, i n der A u s ü b u n g v o n D r u c k bestehe, etwa i n F r a g e n der W i r t s c h a f t s b e - z i e h u n g e n u n d des Technologietransfers. D i e g l e i - che A n s i c h t vertrat O t t o v o n H a b s b u r g , der i n s e i - ner Rede i m m e r w i e d e r v o m s t ü r m i s c h e n Beifall der T e i l n e h m e r u n t e r b r o c h e n w u r d e . T e i l e n der M e - d i e n u n d der Ö f f e n t l i c h k e i t warf er vor, i m H i n b l i c k auf d e n 8. M a i 1985, d e m v i e r z i g s t e n Jahrestag der K a p i t u l a t i o n , „ n u r v o n toten D i k t a t o r e n , aber nicht v o n i h r e n l e b e n d e n a b s c h e u l i c h e n E p i g o n e n z u sprechen". E r v e r b a n d dies m i t der Forderung, n i c h t aufgrund v o n Feigheit p o l i t i s c h e O p p o r t u n i t ä t ge- g e n ü b e r der S o w j e t u n i o n an die Stelle v o n Recht z u setzen, s o n d e r n auf d i e Kraft des Rechtes z u ver- trauen. In d i e s e m Z u s a m m e n h a n g erinnerte er a n die E i n f l u ß m ö g l i c h k e i t des W e s t e n s auf d e m G e b i e t der H a n d e l s p o l i t i k u n d m a h n t e seinen Z u h ö r e r n an, z u b e d e n k e n , „ d a ß es der K a p i t a l i s m u s des W e s t e n s ist, der d e n M a r x i s m u s vor d e m T o d e bewahrt", i n d e m er i h n d u r c h d e n O s t h a n d e l u n t e r s t ü t z e , o h n e eine angemessene G e g e n l e i s t u n g z u v e r l a n - gen. D i e Sowjets k ö n n t e n nicht die V o r t e i l e des H e l - s i n k i - A b k o m m e n s auf w i r t s c h a f t l i c h e m G e b i e t i n A n s p r u c h n e h m e n , o h n e die dort zugesagten h u - m a n i t ä r e n V e r b e s s e r u n g e n z u g e w ä h r e n .

Joachim W e b e r

der C D U - F r a k t i o n des Landtages H e i k o H o f f m a n n u n d m e h r e r e C D U - A b g e o r d n e t e s o w i e K i e l s Bür- germeister H o c h h e i m ( C D U ) u n d s i e b e n D a m e n u n d H e r r e n der F r a k t i o n . Petersdorf d a n k t e d e n T r a c h t e n g r u p p e n für ihr E r s c h e i n e n s o w i e d e m S i n - fonie-Orchester des K i e l e r E r n s t - B a r l a c h - G y m n a - s i u m s u n d s e i n e m D i r i g e n t e n Robert K ö n i g u n d d e n J u g e n d s p r e c h e r n aus B u r g / F e h m a r n , d i e F l u c h t e r - lebnisse ihrer E l t e r n v e r l a s e n . G ü n t e r Petersdorf erinnerte daran, d a ß die V e r t r i e b e n e n der G e w a l t a b g e s c h w o r e n h ä t t e n u n d s i c h für eine A u s s ö h n u n g mit a l l e n V ö l k e r n einsetzten. E r sagte: „ W i r h a b e n i n guten u n d s c h l e c h t e n Z e i t e n z u D e u t s c h l a n d ge- h a l t e n u n d w e r d e n dies a u c h i n Z u k u n f t t u n . W i r h a b e n a u c h das Recht, unserer T o t e n i n E h r e n z u gedenken." D a ß die V e r t r i e b e n e n s i c h — w i e d i e

Kirche:

m e i s t e n B u n d e s b ü r g e r — für e i n e W i e d e r v e r e i n i - gung D e u t s c h l a n d s i n F r i e d e n u n d F r e i h e i t einsetz- ten, sei n i c h t s P r o v o z i e r e n d e s . E r b e g r ü ß t e es, d a ß die B u n d e s r e g i e r u n g d i e D o k u m e n t a t i o n der Ver- t r e i b u n g n u n m e h r zur V e r ö f f e n t l i c h u n g freigege- b e n habe. D i e V e r t r i e b e n e n u n d F l ü c h t l i n g e wür- d e n s i c h stets d a f ü r e i n s e t z e n , d a ß s i c h dieses F u r c h t b a r e n i c h t w i e d e r h o l e .

D e r Befehlshaber des T e r r i t o r i a l k o m m a n d o s S c h l e s w i g - H o l s t e i n , K o n t e r a d m i r a l Ehrhardt, der die E r e i g n i s s e 1945 m i t e r l e b t hat, gab der Hoffnung A u s d r u c k , d a ß d u r c h seine R e d e das Geschichts- b e w u ß t s e i n u n s e r e s V o l k e s vertieft w ü r d e , damit d i e W i e d e r h o l u n g der V e r g a n g e n h e i t vermieden w e r d e n k a n n .

F l u c h t u n d V e r t r e i b u n g h ä t t e n 2,3 M i l l i o n e n M e n s c h e n das L e b e n gekostet. Bei der E v a k u i e r u n g ü b e r See seien 25 000 M e n s c h e n u m g e k o m m e n . Der U n t e r g a n g der „ W i l h e l m Gustloff" u n d der „Goya"

m i t i n s g e s a m t 12 000 T o t e n z ä h l t e n z u d e n verhee- rendsten S c h i f f s k a t a s t r o p h e n der W e l t g e s c h i c h t e ü b e r h a u p t . K o n t e r a d m i r a l E h r h a r d t hat als 17jähri- ger das E l e n d der v e r z w e i f e l t e n M o n a t e 1945 selbst miterlebt, d a m a l s , als die S o l d a t e n versuchten, so- v i e l w i e m ö g l i c h der F l ü c h t l i n g e , V e r t r i e b e n e n und V e r w u n d e t e n z u retten. V i e l e seiner K a m e r a d e n h ä t t e n dies selbst n i c h t ü b e r l e b t . J e n e n , u n d allen m i t d i e s e m S c h i c k s a l v e r b u n d e n e n M e n s c h e n zu g e d e n k e n , w a r e i n p e r s ö n l i c h e s A n l i e g e n des Red- ners.

S c h l e s w i g - H o l s t e i n s I n n e n m i n i s t e r Claussen ü b e r b r a c h t e d i e G r ü ß e des S c h i r m h e r r n der Ver- anstaltung, M i n i s t e r p r ä s i d e n t D r . D r . U w e Barschel, der m i t dieser S c h i r m h e r r s c h a f t d e n V e r t r i e b e n e n für i h r e n E i n s a t z b e i m W i e d e r a u f b a u des Landes S c h l e s w i g - H o l s t e i n d a n k t e . M i n i s t e r C l a u s s e n be- tonte d a n n , d i e V e r t r i e b e n e n h ä t t e n d i e P o l i t i k des L a n d e s mitgestaltet. E i n e g r o ß e S t u n d e sei es gewe- sen, als die V e r t r i e b e n e n auf G e w a l t v e r z i c h t e t und für e i n e V e r s ö h n u n g a u s g e s p r o c h e n h a b e n . W e r ü b e r d i e p o l i t i s c h e n Z i e l e der V e r t r i e b e n e n urteile, d ü r f e das B e k e n n t n i s i n der C h a r t a n i c h t ü b e r s e h e n . T r o t z der T e i l u n g b e s t e h e d i e d e u t s c h e N a t i o n fort.

U n s e r e A u f g a b e sei es, d i e s e T e i l u n g e r t r ä g l i c h zu m a c h e n . Ä n d e r n k ö n n e m a n sie n u r d u r c h eine F r i e d e n s o r d n u n g i n E u r o p a , i n der das deutsche V o l k i n freier S e l b s t b e s t i m m u n g seine E i n h e i t wie- d e r e r l a n g e n k a n n . W i r m ü ß t e n d e n G e d a n k e n an diese E i n h e i t e r h a l t e n u n d das K u l t u r g u t pflegen.

D i e Pflege dieses K u l t u r g u t e s w ü r d e v o n der Lan- desregierung stets u n t e r s t ü t z t . D i e L a n d s m a n n - schaften forderte M i n i s t e r C l a u s s e n auf, neue W e g e zur U n t e r r i c h t u n g der jungen G e n e r a t i o n z u er- s c h l i e ß e n . D i e Pflege des o s t d e u t s c h e n Kulturgutes w ü r d e die L a n d e s r e g i e r u n g a u c h w e i t e r h i n mate- riell u n d i d e e l l u n t e r s t ü t z e n .

H e r b e r t S c h w a r z , e i n Ü b e r l e b e n d e r der „Wil- h e l m Gustloff", s c h i l d e r t e die g r a u s a m e Schiffska- t a s t r o p h e v o n d a m a l s u n d s c h l o ß m i t d e n W o r t e n , d i e V e r w i r k l i c h u n g des F r i e d e n s b l e i b e unsere Auf- gabe.

I m p o n i e r e n d war das g r o ß e Polizeiaufgebot, das d e n r u h i g e n A b l a u f der K u n d g e b u n g sicherte. De- m o n s t r a n t e n , d i e T r a n s p a r e n t e trugen m i t der Auf- schrift „ W i r d a n k e n der r o t e n A r m e e für die Befrei- u n g v o m F a s c h i s m u s " w a r e n e i n e R a n d e r s c h e i - nung, d i e d i e F e i e r s t u n d e n i c h t z u s t ö r e n v e r m o c h - ten.

D i e B i l d e r einer A u s s t e l l u n g , d i e M i n i s t e r i a l r a t a . D . D r . H e i n z W a l s d o r f f z u s a m m e n g e s t e l l t hat, w u r d e n i m V o r r a u m der O s t s e e h a l l e gezeigt. Sie s o l l t e n k e i n e W u n d e n a u f r e i ß e n , s o n d e r n veran- s c h a u l i c h e n , d o k u m e n t i e r e n u n d z u m Frieden m a h n e n . U. v. L.

Gelder an afrikanische Partisanen

Lutherisches Konvent im Rheinland verurteilt die Unterstützung

Die in der rheinischen Landeskirche mögli- che Unterstützung von gewalttätigen Wider- standsgruppen im südlichen Afrika mit Kir- chensteuern stellt eine „Gewissensvergewal- tigung" dar, wegen der die Einheit dieser Lan- deskirche zerbrechen könnte. Das erklärte jetzt der Vorsitzende des Lutherischen Kon- ventes im Rheinland, Superintendent Ernst Volk (Trier), in einem Offenen Brief an alle rheinischen Pfarrer. Er wendet sich darin kri- tisch gegen die von der Landessynode im Ja- nuar mehrheitlich beschlossene Regelung, daß Presbyterien unter bestimmten Voraus- setzungen auch Kirchensteuergelder an den Sonderfonds des ökumenischen Rassismuspro- gramms überweisen können. Aus dem Fonds werden auch terroristisch kämpfende Grup- pen in Südafrika und S W A / N a m i b i a unter- stützt. Die rheinische Kirchenleitung infor- mierte vor kurzem alle Gemeinden über die neue Regelung; zusätzlich verschickte sie

dazu eine Handreichung mit dem Titel „Soli- darität mit den Leidenden".

In seinem Offenen Brief weist Volk darauf hin, daß der Synodenbeschluß umstritten sei, weil zu dieser Frage unterschiedliche theolo- gische Grundpositionen bestünden. Viele Christen sähen die Unterstützung politischer Gruppen nicht als Aufgabe der Kirche an. Weil aber diese theologischen Unterschiede nicht überwunden seien, „ist es unverantwortlich, Vertreter einer abweichenden theologischen Position durch Mehrheitsentscheidung in Ge- wissensnot zu bringen", meint Volk. Er plädiert dafür, daß wie früher nur freiwillige Spenden an den Sonderfonds gehen dürfen. Zuvor hatte Volk vergeblich beantragt, daßsich Protestan- ten umgemeinden lassen können, wenn ihr Presbyterium Kirchensteuern für den Sonder- fonds freigibt, sie selbst dies aber nicht mitver-

antworten können. idea

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Soweit sich nach der Legalinspektion dagegen der Verdacht auf eine deliktische Handlung ergibt, sind die Kosten für die erfolg- te Legalinspektion wie auch für weitere Abklärungen

Der Bundesrat wird beauftragt, das IVG sowie weitere notwendige Erlasse dahingehend anzupassen, dass Ärzte künftig für Krankheitszeugnisse haft- bar gemacht werden können, wenn

Es ist daher eine Selbstverständlichkeit, dass sie dabei auch den Konsequenzen Rechnung tragen muss, die die institutionelle Zukunft des Berner Juras auf die

Projekte / Konzepte nach dem neusten Stand der Technik

Welche Möglichkeiten hat der Gemeinderat Riehen, damit die Kleinschule ihre wichtige Aufgabe wieder erfüllen könnte?. Was gedenkt der Gemeinderat mit dem Weissenbergerhaus

ten Terpentetrahromiden führten nun zu dem Resultat, dass keiner der drei Körper sich in einen andern durch Temperaturiinderung übert'iihren ließ7 dass also, der Annahme von

Frittenporzellans in der Weise hergestellt, dass dasselbe zuvor künstlich ver- arbeitungsfähig gemacht wurde, ehe es geformt, roh gebrannt, bemalt, mit einer bleiischen Glasur

durchschnittlich entfernten Blättern pro Trieb ge- zählt werden. Beim Entlauber von Clemens lag die Entblätterungsleistung mit 1.2 entfernten Blättern pro Trieb etwas darunter.