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er Rote Platz heißt über- setzt aus dem Altrussi- schen schöner Platz, er- klärt die polyglotte Reiselei- terin Marta Adams. Bei der Besichtigung sind der Kreml und der Rote Platz leicht ver- schneit, die goldenen Kuppeln der Mariä-Verkündigungs- Kathedrale sind zart mit Schnee überzogen, und die wenigen Touristen haben die Kragen der Mäntel hochge- schlagen, um vor dem kalten Ostwind Schutz zu finden.Hier befindet man sich nicht nur im Herzen Moskaus, son- dern auch im Zentrum Russ- lands. Dass in dieser Stadt jahrhundertelang die Zaren residiert haben, davon geben die pompösen, verschwende- rischen und teilweise skurri- len Exponate in der Rüstkam- mer im Kreml reichlich Zeug- nis. In einer der größten Schatzkammern der Welt wurden Kostbarkeiten aus fünf Jahrhunderten zusam- mengetragen. Krönungsge- wänder, Throne, Schmiedear- beiten bis hin zu kaum be- nutzbaren, mit Verzierungen,
Edelsteinen und Gold ge- schmückten Kutschen sind zu bewundern. Daneben werden Ikonen, Handschriften und Gastgeschenke aus aller Her- ren Länder ausgestellt. Im so genannten Diamanten-Fonds werden hinter dickem Panzer- glas walnussgroße Diamanten und Edelsteine präsentiert, die zu den wertvollsten der Welt gehören.
Auf Veranlassung von Niki- ta Chruschtschow wurde im Kreml der Kongresspalast er- richtet – eine Konstruktion aus Beton und Glas, die viel Ähn- lichkeit mit dem Ostberliner
„Palast der Republik“ hat.
Der einzige Vorzug dieses Ge- bäudes scheint darin zu lie- gen, dass sich fünf der Stock- werke unter der Erde befin- den. Mangelndem Denkmal- schutz sind auch das an der Nordwestseite des Kremls ge- legene Tor und einige kleinere Gebäude zum Opfer gefallen:
Um einen reibungslosen Ab- lauf der jährlichen Militärpa- raden während der Sowjetzeit zu gewährleisten, musste eine Schneise geschlagen werden, damit die Panzer direkt am dunkelroten marmornen Le- ninmausoleum über den Ro- ten Platz fahren konnten.
Prominentenfriedhof
Gegenüber dem Mausoleum erstreckt sich das Kaufhaus GUM. Es ist das größte und exklusivste Einkaufszentrum Moskaus; das Akronym GUM bedeutet Gosudarstvij Universalnij Magasin, zu deutsch: staatliches Univer- salgeschäft. Zu Sowjetzeiten wurden in den einzelnen Ge- schäften des 1894 errichteten Gebäudes hauptsächlich er- schwingliche Gebrauchsarti- kel angeboten. Dies hat sich völlig geändert. Heute wer-
den in den drei parallelen La- denpassagen mit dem ein- drucksvollen Glasdach vor- zugsweise europäische Desi- gnerkleidung und andere Lu- xusartikel offeriert. Hier kau- fen die kleine Moskauer Oberschicht und wohlhaben- de Ausländer. Der Manager einer deutschen Schuhmarke, die hier vertreten ist, verrät, dass als Verkäufer überwie- gend Akademiker eingestellt werden, die im GUM be- trächtlich mehr verdienen als in ihren angestammten Beru- fen. Auf dem Prominenten- friedhof neben dem Neujung- frauenkloster kann man an den Gräbern einen Teil der wechselvollen und oft auch leidgeprägten russischen Ge- schichte ablesen. Auf diesem Friedhof, der sehr an den Pa- riser Friedhof Père Lachaise erinnert, sind Nikita Chruscht- schow, Nikolaj Gogol, Anton
Tschechow und viele andere Prominente beerdigt. Der Friedhof wurde im 16. Jahr- hundert zur standesgemäßen Beisetzung von Adel und Klerus angelegt und ab dem 19. Jahrhundert auch für an- dere Bevölkerungsschichten geöffnet. Neben abstrakten Kunstwerken, wie dem von Ernst Neiswestnyj geschaffe- nen Grabmal von Chruscht- schow, sind zwischen den al- ten Bäumen, Sträuchern und Gartenanlagen auch realisti- sche Steinmetzarbeiten von Generälen mit noch immer ordenstrotzender Brust zu sehen. Stephan Mertens V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1–25. Januar 2004 AA59
Russland
Rot heißt schön
Moskau im Winter bietet die Möglichkeit, die Stadt ohne viele Touristen zu erleben.
Reise
Die Moskwa trennt den Kreml an der Westseite von der Stadt.
Foto:Stephan Mertens
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