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Dienstag (Nachmittag), 26. November 2013 Finanzdirektion 109 2013.0889 Bericht Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP 2014)

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Sitzungstitel7 2013.0889 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Dienstag (Nachmittag), 26. November 2013

Finanzdirektion

109 2013.0889 Bericht

Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP 2014)

Haushaltsdebatte – VA 2014, AFP 2015–2017, Bericht ASP 2014, Abtragung Defizit 2012

(Die Haushaltsdebatte wurde unabhängig der Reihenfolge der Geschäfte im Detailprogramm in Themenblöcken zusammengefasst geführt. Deshalb erscheint der Wortlaut der Haushaltsdebatte – das heisst, die Diskussionen über die Traktanden 60–109 – gesamthaft unter dem Geschäftstitel

«2013.0889 Bericht Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP 2014)».

Themenblock 19

«Finanz- und Lastenausgleich»

Antrag Grüne (Imboden, Bern) Abänderungsantrag VA 2014

Mindestausstattung der Gemeinden: Die Regierung reduziert den DB II der Produktegruppe 8.3.7 (Finanzausgleich Bund–Kanton / Kanton–Gemeinden) von heute CHF 35.67 Mio. um CHF 10 Mio.

auf neu CHF 25.67 Mio. und passt bei der Mindestausstattung der Gemeinden den Mindestwert gemäss FILAV (Art. 8 Abs. 2) von heute 86 Punkten entsprechend an.

Der Antrag gilt zugleich als Planungserklärung zu den finanziellen Effekten im AFP 2015–2017.

Präsident. Wir nehmen die Verhandlungen wieder auf und kommen zum Block 19, das wäre der Finanz- und Lastenausgleich. Hier haben wir einen Antrag der Grünen, vertreten durch Natalie Imboden. Der Antrag der FIKO wurde zurückgezogen, das haben Sie gesehen. Ich bitte Frau Imboden, sich einzutragen, und anschliessend ihren Antrag zu begründen. Anschliessend spricht der FIKO-Sprecher Jürg Iseli, und dann folgen die Fraktionen. Sie haben das Wort, Frau Imboden.

Ich bitte um etwas mehr Ruhe im Saal, danke vielmals.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). (Der Präsident läutet die Glocke.) Wir haben noch einen langen Nachmittag vor uns. Bei diesem Antrag geht es um eine eigentliche Strukturfrage, und da wir über Angebots- und Strukturüberprüfung diskutieren, ist er ganz sicher am richtigen Ort. Es geht um Gemeindestrukturen im Kanton Bern. Wenn wir den Kanton Bern anschauen, sehen wir, wir sind Spitzenreiter, wir haben die «Goldmedaille» mit unseren 379 Gemeinden, die wir im Kanton Bern haben. Aber diese «Goldmedaille» ist eine trügerische Sache. Es wäre, denke ich, besser für den Kanton, wenn einige Gemeindezusammenschlüsse erfolgen würden. Es gibt auch andere grossflächige Kantone, die man als Vergleich heranziehen kann, wie beispielsweise den Kanton Waadt. Der Kanton Waadt hatte bis vor kurzem auch 400 Gemeinden. Dem Kanton Waadt ist es jedoch gelungen, innerhalb von sehr wenigen Jahren die Anzahl auf 326 Gemeinden zu reduzieren.

Sie kennen die Beispiele aus den anderen Kantonen. Der Kanton Fribourg hat die Anzahl Gemeinden um 120 reduziert. Es gibt unzählige andere Beispiele aus den Kantonen Graubünden, Aargau, Luzern, Thurgau, Tessin, Jura, die alle einem Trend folgen, nämlich Gemeinden zu stärken. Darum geht es schlussendlich: Die Gemeinden zukunftsfähig zu machen, zu stärken. Wir haben es alle gesehen oder gehört, auch in den Zeitungen war es zu lesen: Auch letztes

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Gemeindefusionen. In der Region Fraubrunnen haben zum Beispiel einige Gemeinden den Zusammenschluss beschlossen. In Arch, Leuzingen und Rüti bei Büren lief es nicht ganz so positiv, es gab zwei Gemeinden, die keine Fusion wollten, und eine Gemeinde, welche der Fusion zustimmte. Aber immerhin tut sich etwas.

Wenn man die Zahlen anschaut, sieht man allerdings, dass der Kanton Bern hier nicht zu den Schnellsten gehört. Im Jahr 1999 hatten wir noch 401 Gemeinden, und heute, fast 20 Jahre später, sind es 20 Gemeinden weniger. Wenn wir in diesem Tempo weiterfahren, brauchen wir noch das ganze Jahrhundert. Im Jahr 2004 hat der Kanton Bern bereits einmal beschlossen, bis zum Jahr 2017, also recht bald, die Anzahl auf 300 zu senken. Das ist ein ambitiöses Ziel. Der vorliegende Antrag hat das Ziel, bei der Mindestausstattung von Gemeinden 10 Mio. Franken einzusparen. Um es klar zu machen: Es wird nicht die Mindestausstattung generell gestrichen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sie wird nur von 36 auf 26 Mio. Franken reduziert. Heute profitieren 197 Gemeinden von dieser Mindestausstattung. Das zeigt, dass jede zweite Gemeinde eigentlich zu klein und deshalb auf die Mindestausstattung angewiesen ist. Wenn man jetzt diese Reduktion um 10 Millionen vornehmen würde, würden immer noch 167 Gemeinden von dieser Mindestausstattung profitieren.

Das heisst, es gäbe keine tabula rasa, sondern nur eine moderate Reduktion. Diese Mindestausstattung ist heute eine Art Vollkaskoversicherung für Gemeinden, die nicht fusionswillig sind. Wir denken, dass dies für unseren Kanton nicht produktiv ist. Die Mindestausstattung wirkt eher wie eine Art finanzielle Fusionsbremse. Wir möchten jedoch in eine andere Richtung gehen und Fusionsanreize schaffen, wie wir dies an anderer Stelle bereits getan haben.

Zum Schluss: Es werden sicher einige von Ihnen kritisch darauf hinweisen, dass man nicht in diesem Bereich sparen solle. Doch wenn wir wollen, dass die Gemeinden einen Anreiz haben, zu fusionieren, dann müssen wir an dieser Stelle intervenieren. Und wie gesagt, es bleiben noch 26 Millionen in dem Topf drin, und es würden weiterhin 167 Gemeinden Beiträge erhalten.

Zweitens: Im Gesetz über den Finanz- und Lastenausgleich, Artikel 11, ist ein gesetzlicher Rahmen festgelegt. Es ist dort ein Wert definiert, der mindestens 75 und höchstens 90 betragen soll. Heute beträgt dieser Wert 87. Wir haben das Gesetz somit fast maximal ausgeschöpft, und das Gesetz erlaubt es, diesen Wert zu senken. Von daher ist die Kürzung vertretbar, und auch vom Gesetzgeber, also von uns allen, wurde vorgesehen, dass man diesen Wert senken kann; dies widerspricht nicht dem FILAG. Das ist ein wichtiger Punkt. Ich komme zum Schluss. Die Grünen beantragen hiermit, in diese Richtung zu gehen und Gemeinden zu stärken sowie die Zusammenarbeit und Gemeindefusionen zu fördern. So werden wir dem Ziel eines starken Kantons mit starken Gemeinden näherkommen. Danke für Ihre Unterstützung.

Jürg Iseli, Zwieselberg (SVP), Präsident der Finanzkommission. Ich gehe nicht auf den Inhalt ein, denn dies werden die Fraktionssprechenden sicher zur Genüge tun. Ich sage nur, was in der Finanzkommission diskutiert wurde. Durch den Finanz- und Lastenausgleich profitieren Gemeinden von Massnahmen, die der Regierungsrat beschlossen hat, im Umfang von rund 90 Mio. Franken.

Wir haben während unserer Retraite darüber diskutiert, ob wir davon etwas abschöpfen könnten zugunsten des Kantons. Wir sind jedoch klar zum Schluss gekommen, dass wir dies nicht wollen.

Warum? Als der Kanton die Steueranlage heruntersetzte, hatte dies auch Auswirkungen auf die Gemeinden. Auch andere Entscheide, die hier im Rat gefällt wurden, wirkten sich auf die Gemeinden aus. Sprich, die Gemeinden hatten Mindereinnahmen zu verkraften. Man hat es von Seiten des Kantons auch nicht in Erwägung gezogen, diese Mindereinnahmen auszugleichen.

Somit würden wir es als ungerechtfertigt und als nicht ganz der heutigen ASP entsprechend einschätzen, wenn wir heute zugunsten des Kantons Abstriche bei den Gemeinden machen würden. Die Finanzkommission hat alle Anträge, die in diese Richtung gingen, abgelehnt. Wir haben zwar eine Planungserklärung eingereicht betreffend den ÖV, wir haben uns jedoch mit der Zeit durch Argumente davon überzeugen lassen, dass auch dies nicht der Weg ist. Ich bitte Sie, das Gesetz über den Lastenausgleich nicht anzutasten bei dieser ASP-Runde. Ich bitte Sie, dem Antrag der Grünen, der die Mindestausstattung senken und Gemeindefusionen beschleunigen will, ebenfalls nicht zuzustimmen. Wir sind in der Kommission zum Schluss gekommen, dass dies nicht gut wäre.

Hans Rudolf Feller, Steffisburg (FDP). Ich kann mich gleich Jürg Iseli anschliessen. Ich habe hier ein Heft vor mir mit dem Antrag der FIKO, der zurückgezogen wurde. Die FIKO hatte die Gnade, zu erkennen, dass dies nichts ist, was hier hineingehört, und dass dies keine ASP-Massnahme ist. Ich lege Frau Imboden ans Herz, von dieser Gnade auch zu profitieren und ihren Antrag ebenfalls

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zurückzuziehen. Als sie allerdings zu reden anfing, glaubte ich, ich sei im falschen Film! Wir haben diese Diskussionen beim Fusionsgesetz bereits geführt. Wir werden sie selbstverständlich nochmals führen, aber nicht einfach so schnell; gewissermassen zwischen dem Zeitzeichen und dem Beginn der Nachrichtensendung. Erstens ist es keine ASP-Massnahme, und zweitens gehört sie nicht hierhin, weil der Finanz- und Lastgenausgleich viel zu fein gewoben ist. Wenn wir da an einer Stelle zerren, reisst das schnell ein Loch.

Der Finanz- und Lastgenausgleich besteht aus ganz vielen Elementen; Sie kennen ihn, man sollte nicht einfach eines herausbrechen. Wir haben den Gemeinden gesagt, wir würden an der Mechanik des Lastenausgleichs nichts ändern im Rahmen der ASP. Hier geht es um den Finanzausgleich.

Die erste Stufe ist bekanntlich jene des Disparitätenabbaus. Die reichen Gemeinden zahlen etwas, und die armen Gemeinden erhalten etwas in einem bestimmten Umfang. Dies ist im FILAG geregelt, in Artikel 10. Der Regierungsrat legt in einer Verordnung fest, wie gross dieser Prozentsatz ist. Jene Gemeinden, die danach immer noch arm sind, erhalten die erwähnte Mindestausstattung, das hat man in Artikel 11 des FILAG festgelegt. Diese beträgt zwischen 75 und 90 Prozent des harmonisierten Steuerindex’. Der Regierungsrat hat wiederum durch eine Verordnung festgelegt, dass es 86 Prozent sein sollen. Auch dies ist ein Grund, der dagegen spricht. Der Regierungsrat legt diesen Satz im Rahmen dieses Gesetzes fest, das gehört in seine Kompetenz. Diese Mindestausstattung wird alleine durch den Kanton bezahlt. Liebe Frauen und Männer, denken Sie, die Gemeinden, die für diesen Disparitätsabbau bezahlen, wie zum Beispiel Saanen, hätten Freude daran, wenn der Kanton sich auf Kosten der ärmsten Gemeinden sanieren würde? Denken Sie, diese Gemeinden würden einfach weiterzahlen für den Disparitätenabbau? Im Fall von Saanen sind es ungefähr 9 Mio. Franken, welche die Gemeinde jedes Jahr nach Bern schickt. (Zuruf aus dem Publikum: «10,5 Millionen!») Also, 10,5 Millionen. Es ist somit erstens hier nicht der Ort, um darüber zu verhandeln und zweitens ist die Mechanik so beschaffen, dass man hier nichts daran ändern sollte, es liegt in der Kompetenz des Regierungsrats. Ich würde Ihnen deshalb wärmstens empfehlen, an diesem filigranen FILAG-Netz jetzt nicht herumzuzerren.

Ursula Marti, Bern (SP). Die SP-JUSO-PSA-Fraktion bringt diesem Antrag viel Sympathie entgegen. Wir können uns gut vorstellen, dass die Senkung der Mindestausstattung für Gemeinden ein sinnvolles Mittel ist, um die Gemeinden dazu zu bewegen, vermehrt den Zusammenschluss untereinander zu suchen und diese viel zu kleinräumigen Gemeindestrukturen im Kanton Bern zu verändern. Obwohl für uns wie gesagt die Stossrichtung stimmt, werden wir heute diesem Antrag nicht zustimmen. Die Änderung der Mindestausstattung ist ein grosser Eingriff in die Finanzströme zwischen den Gemeinden und dem Kanton. Dazu brauchen wir zuerst eine Auslegeordnung. Wir brauchen eine Grundlage, die zeigt, wie die Auswirkungen sein werden. Die Änderung der Mindestausstattung betrifft längst nicht nur ein paar kleine Gemeinden. Es kann auch auf die grossen Gemeinden Auswirkungen haben, zum Beispiel auf den Abgleich der Zentrumslasten.

Diese Auswirkungen möchten wir zuerst kennen, bevor wir etwas beschliessen. Uns ist auch klar, dass es nicht möglich wäre, diese Massnahme bis nächstes Jahr umzusetzen. Ich kann mich kurz fassen: Wir möchten in diese Richtung gehen, das kann ich ganz klar festhalten. Wir möchten weniger Gemeinden und wir können uns vorstellen, dass eine Anpassung der Mindestausstattung der richtige Weg ist. Doch wir möchten dies nicht als Schnellschuss beschliessen, sondern alles zuerst prüfen. Man muss verschiedene Szenarien durchrechnen und dann aufgrund der Resultate entscheiden. Wir werden mehrheitlich nicht zustimmen, es wird jedoch die eine oder andere Sympathiestimme geben für diesen Antrag.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Am letzten Freitag hat es Alfred Schneiter bei der Eintretensdebatte zur ASP gesagt. Er zeigte ein Abbild der Situation der bernischen Gemeinden.

Vielleicht wissen nicht mehr alle genau, was er gesagt hat, aber ich komme darauf zurück. Der Druck auf die Gemeinden nimmt stetig zu; speziell auf die kleinen und kleinsten Gemeinden, die sich mit dem Problem konfrontiert sehen, Stellen in Gemeindebehörden zu besetzen, Steuereinnahmen zu generieren und die eigenen sowie die kantonalen Vorgaben zu erfüllen. Vor nicht allzu langer Zeit ist mit der Annahme der Initiative zur Lockerung der Bestandesgarantie durch das Volk der Druck zusätzlich erhöht worden. Die Vorlage schafft die Möglichkeit, dass der Regierungsrat Leistungen aus dem Finanzausgleich kürzen kann, wenn sich eine Gemeinde, die solche Leistungen bezieht, einer sinnvollen Gemeindefusion widersetzt. Das Stimmvolk hat Ja dazu gesagt und will diesen «Mecano» haben. Man sollte jetzt nicht den Druck auf die Gemeinden erhöhen, indem man 10 Mio. Franken bei der Ausstattung sparen will. Man kann das natürlich tun,

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aber dies will die BDP ganz klar nicht.

Hans Rudolf Feller hat es soeben ganz detailliert erklärt. Der Finanz- und Lastgenausgleich ist ein hochkomplexes und äusserst durchdachtes Konstrukt, um die Balance zwischen Kantonen und Gemeinden, aber auch zwischen Kantonen und Bund aufrecht zu erhalten. Ganz bestimmt müssen wir im Grossen Rat wieder über diese Balance sprechen. Dies soll aber im Rahmen eines bewährten Prozesses geschehen. Der Verband Bernischer Gemeinden (VBG) zum Beispiel ist bei dieser Thematik ein sehr verlässlicher Partner, der zwingend in diesen Prozess einbezogen werden muss. Die eine oder andere Massnahme, die wir explizit in dieser Session beschliessen, wird auch die Gemeinden betreffen. Der FIKO-Sprecher hat gesagt, die von der FIKO vorgeschlagenen Massnahmen würden die Gemeinden verschonen, doch wir haben die FIKO teilweise auch überstimmt. Darum sind wir der Meinung, dass wir das «Gemeinde-Fuder» nicht überladen sollten.

Umso mehr, da wir ja die aktuellen Budgetzahlen der Gemeinden haben, und die weisen auf grössere zukünftige Defizite hin. Zum heutigen Zeitpunkt möchten wir somit keinen zusätzlichen Druck ausüben und lehnen diesen Vorstoss ganz klar ab.

Thomas Rufener, Langenthal (SVP). Ich spreche im Namen der SVP, und es wird niemanden erstaunen, dass die SVP diesen Antrag einstimmig ablehnt. Ich bin dankbar für die Voten, die gefallen sind, ich danke auch für die verbalen «Blumen» für die Zusammenarbeit mit dem VBG. Die Erfahrungen zeigen, dass gerade Kleinstgemeinden sehr haushälterisch mit dem Geld umgehen.

Verschiedene Kreise könnten hierbei noch etwas lernen. Ich möchte noch einen anderen Punkt ansprechen. Ich möchte das Parlament davor warnen, hier wieder mit dem Feuer zu spielen. Dies betrifft die Zusammenarbeit im Kanton Bern zwischen den grossen Agglomerationen, den Städten und den ländlichen Gebieten. Es ist einfach so, dass es nicht jeder Kleinstgemeinde leicht fällt, einen Fusionspartner zu finden. Wenn ringsum alles Kleinstgemeinden in ländlichen Gegenden sind, wie sollen die dann fusionieren? Man kann diesen Druck aufsetzen, aber so etwas im Rahmen einer Spardebatte zu lancieren, lehnen wir kategorisch ab. Sonst müsste man alle Diskussionen öffnen, wir müssten auch über die Zentrumslasten der Städte und die entsprechenden Ansprüche und Ausgleiche diskutieren, über Disparitätenabbau und Mindestausstattungsansprüche. Ich möchte auch daran erinnern, dass wir gerade an der Umsetzung wichtiger Gesetze sind, wie zum Beispiel des neuen Kulturförderungsgesetzes, für welches die Zusammenarbeit zwischen den Agglomerationen und den ländlichen Gemeinden entscheidend sein wird. Lehnen wir den Antrag ab, und behalten wir die Zusammenarbeit in unserem Kanton auf einer guten Basis.

Hannes Zaugg-Graf, Uetendorf (glp). Ich habe mein Skript oben gelassen. Es wurde zu diesem Thema alles gesagt. Die Fraktion glp-CVP lehnt den Antrag ab.

Jakob Schwarz, Adelboden (EDU). Ganz so kurz wie Hannes kann ich mich diesmal nicht fassen, obwohl ich die Redezeit auch nicht ausnützen werde. Die Kollegin Imboden hat gesagt, sie wolle keine tabula rasa machen. Aber es ist eindeutig eine tabula rasa, wenn man den finanzschwächsten Gemeinden einfach den Geldhahn zudreht. Ich denke, dass wir mit einem solchen Druck auch keine besseren Gemeindestrukturen erreichen. Ich bin auch nicht sicher, ob es wirklich diejenigen Gemeinden trifft, die am geeignetsten sind für eine Fusion, und die am dringendsten fusionieren sollen. Diesen Nachweis müsste uns Frau Imboden noch erbringen. Noch etwas Wichtiges, das ich an diesem Pult schon mehrmals angedeutet habe: Die Gemeinden haben ihre Budgets erstellt. Wir haben letzten Samstag an der Gemeindeversammlung das Budget genehmigt. Und jetzt sollen wir im November noch handstreichartig einen Betrag herausnehmen; das ist einfach nicht umsetzbar.

Es wurde schon gesagt, und ich kann mich dem vollständig anschliessen: Der Finanz- und Lastge- nausgleich ist durch einen Dialog mit den Gemeinden entstanden, deshalb ist er auch im Dialog mit den Gemeinden abzuändern. Aus diesen Gründen lehnen wir diesen Vorstoss ab.

Beatrice Simon, Finanzdirektorin. Ich verzichte auch auf ein langes Referat, denn eigentlich wurde alles bereits gesagt. Diesmal ist die Mehrheit im Rat – was fast alle erstaunt – gleicher Meinung wie die Regierung, und lehnt diesen Antrag ab. Dies ist doch recht erfreulich. Deshalb komme ich bereits zum Schluss meines Votums. Ich danke Ihnen, dass Sie dieses Anliegen zurückweisen. Es ist das falsche Anliegen zum falschen Zeitpunkt.

Präsident. Dann folgt das zweite Votum von Frau Imboden, und dann stimmen wir in dieser harmonischen Stimmung ab.

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Natalie Imboden, Bern (Grüne). Ich bin nicht der Meinung, dass hier die falsche Idee zur falschen Zeit kommt. Wenn der Kanton Bern seine Gemeinden auf eine zukunftsfähige Basis stellen will, werden wir uns diese Frage weiterhin stellen müssen. Ich denke, diese Frage wird nicht heute endgültig entschieden, sie wird uns vielmehr weiterhin beschäftigen. Ich möchte auf zwei Punkte zurückkommen. Zuerst an die Adresse meines Kollegen Hans Rudolf Feller, den ich sehr schätze:

Er hat gesagt, dies gehöre in die Kompetenz der Regierung. Ja, es gehört in die Kompetenz der Regierung, aber, Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den letzten Tagen schon mehrmals interveniert in den Kompetenzbereich der Regierung; ich finde, dies ist kein stichhaltiges Argument.

Es steht im Gesetz, welches wir verfasst haben, dass man diesen Spielraum – du hast es sehr gut erklärt mit den 75–90 Prozent – anders festlegen kann. Deshalb tun wir hier etwas, das vom Gesetz ermöglicht wird. (Unterbruch, das Mikrofon ist ausgeschalten. Frau Imboden dreht sich nach dem Präsidenten um.)

Präsident. Ich bin unschuldig. (Heiterkeit).

Natalie Imboden, Bern (Grüne). (Das Mikrofon funktioniert wieder) Bei den Krankenkassenprämien hat der Grosse Rat Entscheidungen gefällt, die nicht im Gesetz vorgesehen sind. Hier allerdings würden Sie einer Sache zustimmen, die vom Gesetz ermöglicht wird. Deshalb hoffe ich auch, dass Sie dieses Argument mitnehmen. Nun an die Adresse von Thomas Rufener:

Ich habe Verständnis dafür, dass die Gemeinden eine gewisse Planungssicherheit wollen, aber es ist natürlich nicht so, dass hier nur Gemeinden an der Peripherie betroffen sind. Das Berner Mittelland erhält im Moment 5,9 Mio. Franken aus dieser Mindestausstattung, dies ist der grössere Betrag, als ihn zum Beispiel der Oberaargau erhält. Es ist somit überhaupt nicht so, dass die Region Bern nicht betroffen wäre. Es betrifft alle Regionen im Kanton Bern. Einzig die Region Jura- Seeland erhält fast nichts aus dieser Mindestausstattung, ansonsten ist der gesamte Kanton betroffen. Es stimmt somit nicht, dass dieser Vorstoss nur für die Stadt Bern gedacht oder gegen die Landgemeinden gerichtet ist.

Zum Schluss noch etwas; ich kann es mir nicht verkneifen: Es hiess, es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, das Vorgehen sei handstreichartig. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir bei diesen 381 Gemeinden eine Änderung bewirken wollen, dann müssen wir einmal damit anfangen.

Und ich weiss, ich bin nicht Bernerin, aber dieses «gäng wie gäng» bei diesem Thema führt uns nicht in die Zukunft. Noch zum Schluss: Es gibt eine Liste mit allen Gemeinden, die im Moment von der Mindestausstattung profitieren. Man weiss genau, welche Gemeinde wieviel erhält. Ich glaube nicht, dass es gut ist, dass wir die Strukturerhaltung dieser Gemeinden weiterführen. Ich denke, dieses Thema wird weiterhin auf der Traktandenliste stehen. Ich hoffe, ich überzeuge Sie doch noch davon, hier zuzustimmen, und sonst werden wir dieses Thema anderweitig wieder einbringen.

Präsident. Ich war wirklich unschuldig, Frau Imboden, die Zeitmessung hat schliesslich auch wieder bei Null angefangen; das hätte ich niemals zugelassen. (Heiterkeit). Wir stimmen ab. Wer diesem Abänderungsantrag der Grünen zustimmt, stimmt Ja, wer ihn ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (Abänderungsantrag VA 2014 (Grüne, Imboden) Der Grosse Rat beschliesst:

Ablehnung

Ja 21

Nein 108

Enthalten 16

Präsident. Sie haben den Antrag der Grünen abgelehnt.

Themenblock 20

«Erziehungsdirektion allgemein»

Geschäft 2013.1017

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Novembersession 2013 2013.0889 6

I 196-2013 SVP (Guggisberg, Kirchlindach) – Lektionenzahl einer 100-Prozent-Anstellung als Lehrkraft

Geschäft 2013.1016

I 195-2013 SVP (Guggisberg, Kirchlindach) – Weiteres Sparpotenzial in der Erziehungsdirek- tion?

Präsident. Hiermit wechseln wir zur Erziehungsdirektion. Ich warte auf den Herrn Erziehungsdirek- tor, doch wir können inzwischen mit dem Themenblock 20 anfangen, hier gibt es zwei Interpellatio- nen. Zur Interpellation Guggisberg, 196-2013. Herr Guggisberg ist von der Antwort befriedigt und gibt keine Erklärung ab. Bei der Interpellation 195-2013 gibt er seinen Zufriedenheitsgrad mit «teil- weise befriedigt» an, aber auch hierzu gibt er keine Erklärung ab.

Themenblock 21

«Kindergarten und Volksschule»

21.a Klassengrössen

Antrag Finanzkommission Abänderungsantrag VA 2014

Die folgenden ASP-Massnahmen ist vom Topf 2 in den Topf 1 zu verschieben und der Saldo der Produktgruppe «Kindergarten und Volksschule» entsprechend zu reduzieren:

– 15.1 Erhöhung des Durchschnitts der Klassengrössen Kindergarten/Volksschule; VA 2014 CHF 4.5 Mio.

Antrag Grüne (Keller, Hinterkappelen)

Abänderungsantrag VA 2014 (Ablehnung Antrag 8 FIKO) Auf folgende ASP-Massnahme ist zu verzichten:

– 15.1 Erhöhung des Durchschnitts der Klassengrösse; VA 2014 CHF 4.5 Mio.

Der Antrag gilt zugleich als Planungserklärung zu den finanziellen Effekten im AFP 2015–2017.

Planungserklärung SVP / BDP / FDP / EDU (Brand, Münchenbuchsee)

Erhöhung des Durchschnitts der Klassengrössen: Der untere Überprüfungsbereich ist flexibel zu handhaben.

Antrag EVP (Steiner-Brütsch, Langenthal) / Keller, Hinterkappelen (Grüne) / Müller, Langenthal (SP) Abänderungsantrag VA 2014

Im Voranschlagsjahr 2014 werden vorerst CHF 5.5 Mio. (anstelle von CHF 10.0 Mio.) des Defizits aus der Jahresrechnung 2012 von total CHF 196 Mio. kompensiert. Die restliche Kompensation des Defizits 2012 (CHF 190.5 Mio.) erfolgt im Aufgaben-/Finanzplan 2015–2017.

Die folgende ASP-Massnahme aus Topf 2 ist nicht umzusetzen und der Saldo der Produktgruppe 9.3.3 «Kindergarten und Volksschule» entsprechend nicht zu reduzieren:

– 15.1 Erhöhung des Durchschnitts der Klassengrösse Kindergarten/Volksschule; VA 2014:

CHF 4.5 Mio.

Antrag glp-CVP (Perina-Werz, Belp / Brönnimann, Mittelhäusern) Abänderungsantrag VA 2014

Die folgende ASP-Massnahme aus Topf 2 ist nicht vollumfänglich umzusetzen und der Saldo der Produktgruppe 9.3.3 «Kindergarten und Volksschule» entsprechend folgendem Vorschlag zu redu- zieren:

– 15.1 Erhöhung des Durchschnitts der Klassengrössen Kindergarten/Volksschule; VA 2014 CHF 3.5 Mio.

Zusätzliche ASP-Massnahme: zusätzliche Kürzung in der Zentralverwaltung der Erziehungsdirekti-

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on im Amt für Hochschulen: der Deckungsbeitrag III der Produktgruppe 9.3.7 „Hochschulbildung“

(Amt für Hochschulen) ist um CHF 1.0 Mio. zu kürzen. Der Antrag gilt als Planungserklärung zu den finanziellen Auswirkungen im AFP 2015–2017.

Planungserklärung Brönnimann, Mittelhäusern (glp)

Erhöhung des Durchschnitts der Klassengrössen (ASP-Massnahme 15.1): Die Klassendurch- schnittserhöhung ist mit Rücksichtnahme auf Härtefälle umzusetzen. Als Härtefälle gelten nament- lich:

1. Schulstandortgefährdung durch Klassenschliessung

2. Einjahresjahrgangsausreisser, die unverhältnismässige Klassenreorganisationen verursachen 3. Stark überdurchschnittlich betreuungsintensive Klassen aus pädagogisch-sozialen Gründen Geschäft 2013.1019

I 197-2013 SVP (Guggisberg, Kirchlindach) – Unterschreitung der Mindestklassengrössen in Stadt- und Agglomerationsgebieten?

Geschäft 2013.1139

I 208-2013 Brönnimann (Mittelhäusern, glp) – ASP-Massnahme Topf – Klassengrössenerhö- hungen

Präsident. Damit begrüsse ich jetzt den Herrn Erziehungsdirektor. Wir steigen sogleich ein in die grosse Debatte zu den Klassengrössen. Wir haben einen Antrag der FIKO und wir einen Antrag der Grünen, die auf eine Erhöhung verzichten wollen. Ich werde jetzt alles der Reihe nach behandeln, inklusive der Interpellationen ganz am Schluss. Zuerst hat der FIKO-Sprecher das Wort, um den Antrag zu begründen.

Mathias Tromp, Bern (BDP), Sprecher der Finanzkommission. Wir sprechen über die Klassen- grösse. Die Unterlagen sind etwas kompliziert. Wir haben den Antrag der FIKO aus der ursprüngli- chen Haushaltsdebatte mit weiteren Anträgen, nachher kommt ein Antrag der EVP, welcher abge- ändert wurde und inzwischen bei Version 8 angelangt ist. Weiter finden Sie einen Antrag glp-CVP, Perina-Werz, der bei Version 7 angelangt ist. Wir müssen das Ganze etwas zusammenhalten, wes- halb ich Ihnen zuerst eine Gesamtübersicht gebe. Ich mache dies bei jedem Traktandum so. Die FIKO will eine Massnahme aus dem Topf 2 herausnehmen und in den Topf 1 legen. Wir wollen an den Klassengrössen «herumschrauben» und diese um 0,5 Kinder pro Klasse erhöhen. Dies führt zu einer Einsparung von 4,5 Mio. Franken im nächsten Jahr. Wenn man dies weiter fortsetzt, gibt es in den Folgejahren 11 Mio. Franken. Das ist der Antrag FIKO. Der Antrag glp-CVP will die Massnahme auch aus dem Topf 2 in den Topf 1 versetzen, aber nur 3,5 Mio. Franken einsparen. Dies gibt eine etwas kleinere Kürzung. Die fehlende Million soll beim Amt für Hochschulen eingespart werden.

Dann gibt es einen dritten Antrag, diesmal von der EVP – es ist übrigens derselbe Antrag, wie ihn die Grünen und die Regierung stellen – auf die Massnahme ganz zu verzichten. Es soll nichts aus dem Topf 2 herausgeholt werden. Die EVP will jedoch, dass am Schluss das abzubauende Defizit, welches mit 10 Mio. Franken eingesetzt ist, um diese 4,5 Mio. Franken reduziert wird. Dies ist die Ausgangslage. Ich hoffe, Sie haben es verstanden, sonst erkläre ich es später nochmals.

Ich komme zum Inhalt. Die Finanzkommission fand, man könne in diesem Bereich durchaus einen Schritt weitergehen. Nur so als Zwischenbemerkung: Die Frage der Lektionenzahl hat sie ausdrück- lich nicht mehr touchiert. Man hat das schon gemacht, und man fand, es sei war vielleicht nicht op- timal gewesen. Man hat ausdrücklich gesagt, hier wolle man nichts mehr tun, aber man sei durch- aus bereit, nochmals über die Klassengrössen zu sprechen. Die Regierung hat bereits aufgrund von früheren Sparprogrammen Massnamen ergreifen müssen. Es geht hier immer um mathematische Werte, ich bitte Sie, dies zu beachten. Die Zahl wurde von 17,81 Schülern auf 18,48 hinaufgesetzt, und jetzt lautet das formelle Ziel 19,2. Wenn wir den Antrag der FIKO gutheissen, gehen wir hinauf auf 19,7 Kinder pro Schulklasse. Wir waren der Meinung, dass dies durchaus vertretbar sei. Es ist auch nicht etwa so, dass es die Landgemeinden besonders treffen würde. Bei der Umsetzung wird es wahrscheinlich schwergewichtig Stadtgemeinden treffen. Mein «eigenes» Schulhaus Lorraine-

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Novembersession 2013 2013.0889 8

Wylergut ist auch betroffen.

Sie haben auch eine Interpellation erhalten mit einer Liste mit all den Klassengrössen. In der Stadt ist das Problem wohl einfacher zu lösen, weil man einfach den Schulkreis etwas anpassen kann.

Oder ein Kind aus dem einen Kreis kann in einem andern zur Schule gehen. In meinem Schulkreis kann man je nach dem in der Lorraine oder im Breitfeld Klassen auffüllen oder Kinder abgeben.

Solche Dinge müssen möglich sein. Auf dem Land ist dies zum Teil schwieriger. Nicht zuletzt des- halb gibt es von den Bürgerlichen eine Planungserklärung, die verlangt, dass der untere Überprü- fungsbereich flexibel zu handhaben ist. Ich wiederhole: Die FIKO beantragt, diese Massnahme durchzuführen und die Klassengrösse von bisher mathematisch 19,2 auf 19,7 zu erhöhen. Auch wir in der FIKO erachten dies als Höchstmass, doch wir sind der Meinung, es sei noch verantwortbar.

Ich bitte Sie deshalb, dem Antrag der Finanzkommission zuzustimmen und die anderen Anträge abzulehnen. Ich muss ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir die anderen Anträge – sowohl jenen der EVP, wie er jetzt vorliegt, wie jenen der glp-CVP – in der FIKO nicht mehr behandeln konnten.

Ich nehme dazu auch nicht Stellung. Ich bitte Sie, dem FIKO-Antrag zuzustimmen.

Präsident. Wir kommen zu den einzelnen Anträgen. Für die Grünen spricht Frau Keller, anschlies- send für SVP, BDP, FDP und EDU Herr Brand. Ich bitte Sie, sich anzumelden. Sie haben das Wort, Frau Keller.

Bettina Keller, Hinterkappelen (Grüne). Ich bin jetzt grade etwas überrumpelt worden von der Geschwindigkeit der Sitzung. Zuerst möchte ich eine persönliche Erklärung abgeben. Ich finde, Herr Tromp ist in seinem Votum über seine Kompetenzen als FIKO-Sprecher hinausgegangen, das kam mir jetzt etwas in den falschen Hals. Ich spreche hier sowohl als Fraktionssprecherin wie auch als Antragstellerin und werde deshalb auch zu den anderen Anträgen Stellung nehmen. Zuerst zu un- serem Antrag. Die grüne Fraktion bittet Sie eindringlich, dem Antrag der Finanzkommission nicht zu folgen, welche diese Massnahme vom Topf 2 in den Topf 1 verschiebt. In den letzten Jahren muss- ten im Kanton Bern bereits viele Klassen und Schulstandorte geschlossen werden. Die Schülerzah- len sind an vielen Orten gesunken. Anderseits wissen wir, dass es in den nächsten Jahren wieder mehr Kinder geben wird. Diese Kinder kommen schon bald in den Kindergarten und in die Schule.

Sie sind bereits geboren, deshalb kennen wir die Zahlen. Für viele kleine Gemeinden ist es sehr schmerzhaft, und ausserdem meist endgültig, wenn sie ihre Schule schliessen müssen. Darum

«verhäbe» die Richtzahlen des Kantons längst nicht immer. Sie haben es in der Interpellationsant- wort gelesen. Viele Gemeinden leisten sich trotz neuer Finanzierung Volksschule und trotz Mehr- kosten, die sie selber tragen müssen, ihre Klassen oder Schulen weiterhin. Darum sind die Ziele der letzten Sparrunde vom Herbst 2012 diesen Sommer nicht erreicht worden.

Die Grünen sind der Meinung, mit der Erhöhung, die wir hier vor einem Jahr als Sparmassnahme beschlossen haben, sei im Moment genug Druck entstanden. Es ist uns bewusst, dass es noch ein paar Klassen im Kanton gibt, die man anders organisieren und relativ schmerzlos einsparen könnte, aber nicht in dem Umfang, wie es die FIKO vorschlägt. Ich persönlich rechne auch mittelfristig mit dem Erfolg des Basisstufenmodells, denn in diesem Modell können wir vier Jahrgänge – zwei Jahr- gänge Kindergarten und eine erste sowie eine zweite Klasse – zusammenlegen. Damit können wir viel flexibler auf Schwankungen der Kinderzahlen, gerade in kleinen Gemeinden, reagieren. Es geht auch um die Länge des Schulwegs für die ganz jungen Kinder. Sie wissen es alle: Es braucht Zeit, bis sich die Gemeinden, Behörden und Schulen entsprechend eingerichtet haben. Doch ich bin überzeugt, dass die Basisstufe in den nächsten Jahren einige dieser Probleme wird lösen helfen.

Noch etwas zu den grossen Gemeinden und den Städten: Es ist klar, wenn man mehr Kinder hat, scheint es einfacher, immer volle Klassen zu bilden. Doch es gibt auch hier Faktoren, die man nicht vergessen oder herunterspielen darf. Ich habe von Klassen in Biel und Bern gehört, in denen kein einziges Kind zuhause Deutsch oder Französisch spricht. Also müssen sie die Sprache im Kinder- garten und in der Schule lernen. In solchen Fällen spielt es eine Rolle, ob 15, 19 oder 23 Kinder in einer Klasse sitzen. Wenn die Lehrkräfte nicht mehr die Zeit und die Kapazität haben, um den Kin- dern gerecht zu werden, dann hat dies später, wenn es um die Berufsbildung dieser Kinder geht, teure Folgen.

Noch ein pädagogisches und soziales Argument: Die meisten von uns haben Kinder, viele haben auch schon Enkelkinder. Sie wissen alle, wie wichtig die Identifikation mit der Klasse für die Kinder ist. Häufig ist für die Kinder bereits die Parallelklasse «ein bisschen blöd». Wenn wir jetzt jedes Jahr Klassen auseinanderreissen und neu zusammensetzen müssen, bedeutet dies für die Kinder einen grossen Stress und eine Belastung. Dies muss dann wieder die Lehrkraft auffangen, und diese

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möchte lieber eine gewisse Kontinuität in der Klasse haben und zu den einzelnen Kindern eine Be- ziehung aufbauen. Diese Beziehungsarbeit ist die Grundlage jedes schulischen Erfolgs. Ich weiss, die Erhöhung der Schülerzahl ist eine weitere verlockende Sparmassnahme. Es ist schliesslich nur

«ein halbes Kind». Solche Massnahmen können wir hier von unseren breiten Ratsherrensesseln aus bequem beschliessen. Irgendwo in den Weiten des Kantons fällt ja ein halbes Kind nicht ins Gewicht. Aber seien Sie sich bewusst: Es trifft kleine Gemeinden und sozial belastete Schulstandor- te, es trifft engagierte Lehrkräfte und unschuldige, lernwillige Kinder.

Jetzt spreche ich als Fraktionssprecherin über die weiteren Anträge. Falls Sie sich trotz meines En- gagements von meinen Argumenten nicht überzeugen lassen, kommt der Antrag Brönnimann zur Geltung. Die Grünen unterstützen diesen Antrag klar. Ich bitte Sie, insbesondere den Punkt 3 zu unterstützen, der stark belastete Quartiere in den Städten besonders behandelt. Den Antrag glp-CVP lehnt die grüne Fraktion ab. In der ASP erfahren wir, wie deutlich unterdotiert die Universi- tät im Kanton Bern ist. Sie erreicht im interkantonalen Vergleich 90 Prozent. Deshalb kommt es nicht in Frage, dass wir bei der Uni noch mehr sparen. Zum Schluss äussere ich mich noch zu un- serem jüngsten Antrag über den Zeitpunkt der Kompensation des Defizits 2012. Dies ist gewisser- massen der rettende Strohhalm, den wir letzte Nacht bereitgestellt haben. Wir sind überzeugt, dass wir es uns leisten sollten, die 4,5 bis 5 Millionen des letztjährigen Defizits später zu kompensieren.

Die Aussichten sind im Kanton Bern dank höher prognostizierten Steuereinnahmen nicht so schlecht. Wir finden, wir sollten diesen Strohhalm packen und uns an ihm aus dem Dilemma mit den Klassengrössen herausziehen. Die grüne Fraktion tut dies jedenfalls.

Peter Brand, Münchenbuchsee (SVP). Unsere Planungserklärung hängt mit dem Antrag der FIKO zum Durchschnitt der Klassengrössen zusammen. Die Erhöhung der durchschnittlichen Schülerzahl würde auch bedeuten, dass der untere Überprüfungsbereich angepasst werden müsste. Wir wollen, dass dieser untere Überprüfungsbereich flexibel gehandhabt wird. In den Richtlinien der Erzie- hungsdirektion zu den Schülerzahlen ist das Vorgehen, was zu tun ist, wenn die Klasse in den unte- ren Überprüfungsbericht gerät, sehr gut und detailliert beschrieben. Hier ist auch eine gewisse Fle- xibilität enthalten. Es stellt sich trotzdem die Frage, wie die Richtlinien umgesetzt und durchgesetzt werden, und wie diese Flexibilität gehandhabt wird. Die Antworten auf die entsprechenden Interpel- lationen zum Thema Klassengrösse sind sehr interessant. Vor allem ist interessant, dass es nicht nur in den ländlichen Gebieten zu kleine Klassen gibt, sondern vor allem auch in den Städten und Agglomerationen. Mathias Tromp hat es bereits gesagt. Es ist erstaunlich, es muss doch in den Städten und Agglomerationen einfacher sein, die Schulorganisation so zu gestalten, dass keine oder wenige Klassen in den unteren Überprüfungsbereich geraten. Nötigenfalls müsste eben der Kanton hier Einfluss nehmen. Auch wenn es der Gemeinde nicht passt, muss er auf die Einhaltung der Richtlinien pochen. Hier sind vor allem die Schulinspektoren gefordert. Ein Problem ist offen- sichtlich auch Artikel 17 des Volksschulgesetzes, der Integrationsartikel, der auch in den Interpella- tionsantworten erwähnt wird. Über Artikel 17 werden wir früher oder später nochmal reden müssen.

Die Umsetzung dieses Artikels bereitet ganz offensichtlich Schwierigkeiten. Hinzu kommen die Rückmeldungen aus den Schulen und den Gemeinden. Die Schwierigkeiten, die sich durch Artikel 17 ergeben, wirken sich nicht zuletzt auch auf die Klassengrössen aus. Auch dies sieht man in den Interpellationsantworten. Im ländlichen Raum sind die Möglichkeiten bei der Schulorganisation na- turgemäss beschränkt. Diese Tatsache muss man bei der Suche nach den Klassen, die man schliessen will – wenn man das so beschliesst – berücksichtigen. Wir erwarten, dass der Kanton vor allem dort Einfluss nimmt, wo die Gemeinden und Schulen noch nicht alle Möglichkeiten ausge- schöpft haben, damit möglichst wenige Klassen im unteren Überprüfungsbereich sind. Aber dort, wo man die Möglichkeiten bereits ausgeschöpft hat, sollte man den unteren Überprüfungsbereich flexi- bel handhaben können. Dies betrifft vor allem die ländlichen Regionen. Ich bitte Sie, unsere Pla- nungserklärung zu unterstützen.

Daniel Steiner-Brütsch, Langenthal (EVP). Im Bildungssystem hat man im Wesentlichen drei Steuerungsgrössen: die Lektionenzahl, die Lehrerlöhne und die Klassengrössen. Die Lektionenzahl haben wir bereits korrigiert, bei den Lehrerlöhnen sind wir heillos im Rückstand, und heute sprechen wir über die Klassengrössen. Bei den Klassengrössen bewegen wir uns wieder einmal in einer hochsensiblen Thematik. Eine Thematik, die speziell die kleineren Schulgemeinden und ihre Attrak- tivität betrifft. Eine Thematik, die das Potenzial hat, eine grosse Unruhe bei den Schülerinnen, Schü- lern, Eltern, Schulleitungen und Lehrkräften auszulösen, und die eine grosse Signalwirkung auf die Berner Bildungslandschaft hat. Die EVP-Fraktion bekämpft den Vorschlag der Finanzkommission

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vehement, den «Giftschrank» Topf 2 zu öffnen und die Klassengrössen zusätzlich zu erhöhen. Es gibt auch eine pädagogische Komponente des Themas Klassengrössen. Ob es sich bei der Klas- sengrösse um eine zentrale Einflussgrösse für Schule und Unterricht handelt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Lehrer und Eltern werden behaupten, sie sei wichtig, sie gibt nämlich Aus- kunft darüber, wie das Betreuungsverhältnis zwischen Schülern und Lehrern aussieht. Andere, dar- unter auch Forschende, sagen, dass sie keine grosse Rolle spielt für die Schulleistungen.

Solche generellen Aussagen sind mit Sicherheit falsch, weil sie verschiedene Aspekte kleinerer Klassen ausblenden. Gerade beim Kindergarten und bei den unteren Klassen zeigen sich klare Vor- teile kleiner Klassen. In kleineren Klassen kann der Unterricht grundsätzlich besser realisiert wer- den. Sie weisen ein besseres Betreuungsverhältnis auf. Die Beziehung zwischen Schülerinnen und Schülern und Lehrern wird gestärkt. Kleine Klassen bieten den Lehrpersonen mehr Möglichkeiten, auf die Leistungsunterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern einzugehen. Schliesslich sind in grossen Klassen disziplinarische Schwierigkeiten häufiger. Aus diesen pädagogischen Gründen sowie aufgrund der Topografie tut der Kanton Bern gut daran, die Klassengrössen umsich- tig zu steuern. Wir wollen keine Hau-Ruck-Übungen, keine unüberlegten Massnahmen im Bereich der Klassengrössen. Diese bergen nämlich die Gefahr eines Bildungsabbaus, sind schulorganisato- risch meistens gar nicht durchführbar, setzen gerade ländliche Schulen stark unter Druck, führen zu Standortschliessungen und verschlechtern die Attraktivität der betroffenen Gemeinden.

Bei der Debatte muss aber auch berücksichtigt werden, dass die Bestimmung der Klassengrössen in der Realität nicht einfach eine Milchbüchleinrechnung ist, die technokratisch umgesetzt werden kann. Man kann nicht einfach die Anzahl Schülerinnen und Schüler im Kanton Bern durch die Ziel- grösse 19,7, die von der Finanzkommission postuliert wurde, dividieren und schlussfolgern, wir brauchten nur noch soundso viele Klassen. Es gibt auch organisatorische Grenzen. Stellen wir uns das Schulhaus Hinterfultigen vor: 30 Schülerinnen und Schüler werden eingeschult. Jetzt hat man faktisch drei Möglichkeiten. Entweder macht man eine Klasse mit 30 Schülern, oder man platziert einige Schüler um in ein anderes Schulhaus, was nicht immer möglich ist, oder man macht zwei Klassen daraus mit je 15 Schülerinnen und Schülern. Damit wäre man unterhalb des unteren Über- prüfungsbereichs. Die Erziehungsdirektion hat 2012 mit der neuen Finanzierung Volksschule ein umsichtiges Instrument entwickelt, welches es den Gemeinden erlaubt, die Grösse der Schulklas- sen zu optimieren und welches einen finanziellen Anreiz dafür schafft. Der Prozess ist in Gang und führt auch schon bald zu einer namhaften Anhebung der Klassengrössen auf 19,2 Schülerinnen und Schüler. Bereits in den vergangenen Jahren hatten wir eine Steigerung. Mit dem FIKO-Antrag auf eine zusätzliche Erhöhung der Klassengrössen auf 19,7 Schüler wird die angefangene Strukturbe- reinigung derart beschleunigt, dass die Folgen für die Gemeinden unabsehbar und unberechenbar würden.

Die heutige Diskussion um die Erhöhung der Klassengrössen ist nur vom finanziellen Ziel angetrie- ben, Lehrerstellen einzusparen, um dem Sparauftrag zu entsprechen. Leider – und dies bedaure ich wirklich – bleiben pädagogische oder schulorganisatorische Überlegungen im Hintergrund. Mit der Erhöhung der Schülerzahl und der damit verbundenen Reduktion der Lehrerzahl wird zwar die Lohnsumme der Lehrer reduziert, aber gleichzeitig werden andere Kosten generiert, die insbeson- dere den ländlichen Raum betreffen. Es fallen Kosten für Schülertransporte an, Klassen werden geschlossen und Schulräume bleiben leer, und unter Umständen werden an zentralen Schulorten neue Schulräume gebaut werden müssen. Man stellt sich die berechtigte Frage, ob unter solchen Umständen tatsächlich eine Einsparung erfolgt. Wir sind deshalb der Meinung, dass man hier diffe- renziertere Ansätze braucht. So brauchen zum Beispiel Vorschul- und Unterstufenklassen ein ande- res Betreuungsverhältnis als Klassen auf der Sekundarstufe I. In kleineren Gemeinden macht es unter Umständen Sinn, eine Klasse mit einer unterdurchschnittlichen Schülerzahl weiterzuführen.

Der Antrag der FIKO setzt jedoch dieses Anliegen aufs Spiel. Noch ein Wort zur vorgeschlagenen Kompensation, zu unserem Vorschlag, einen kleineren Teil des Defizits 2012, nämlich nur 5,5 Milli- onen, zu kompensieren. (Der Präsident bittet den Redner, zum Schluss zu kommen.) Wir schlagen vor, dass wir den Gemeinden mehr Zeit geben, damit sie den Prozess der schulischen Reorganisa- tion umsichtig planen und ausführen können. Die Massnahme ist als Schnellschuss nicht umsetzbar und gefährdet ländliche Schulen. Darum bitte ich Sie, den Antrag der EVP anzunehmen.

Alexandra Perina-Werz, Bern (CVP). Was ist die Motivation für unseren Antrag? Dies ist ganz klar:

Wir wollen Geld von der Zentralverwaltung in die Klassenzimmer hinüberschieben, und zwar eine Million Franken. Vous avez compris, mesdames et messieurs, il s’agit d’épargner dans le domaine de l’administration et de rendre de l’argent dans les classes. Wie begründen wir diesen Antrag? Seit

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ein paar Jahren haben wir eine neue Bundesverfassung. Bund und Kanton sorgen gemeinsam für die Qualitätssicherung im Hochschulbereich. Als Folge davon hat das Bundesparlament das Hoch- schulförderungs- und das Koordinationsgesetz verabschiedet. Es gibt nationale Ziele, eine nationale Koordination und auch eine nationale Kommission. Weiter bestimmt das Gesetz gemeinsame Or- gane, denen Zuständigkeiten übertragen werden. Die Organisation und die Verfahren werden gere- gelt. Deshalb wollen wir im Amt für Hochschulen eine Million Franken sparen. Was tut dieses Amt?

Salopp zusammengefasst nimmt dieses Amt Ausführungs- und Steuerungsaufgaben wahr, auf Neudeutsch sagt man dem auch «Controlling». Das Amt erarbeitet Konzepte und gesetzliche Grundlagen und setzt diese um. Es bietet auch Beratungen an, auf Neudeutsch «coachen» ge- nannt. Die glp-CVP-Fraktion sagt klar, dass wir hier eine Million Franken einsparen können.

Manchmal ist weniger mehr, zum Beispiel weniger Konzepte und weniger Coaching. Unser Grund- satz ist klar: Wir wollen mehr Mittel an der Front und weniger Amtsbürokratie. Kinder und Jugendli- che in Ausbildung brauchen Fachkräfte von hoher Qualität. Dafür setzen wir uns ein. Wir bitten Sie, den Antrag zu unterstützen.

Thomas Brönnimann, Mittelhäusern (glp). Wenn ich es richtig verstanden habe, spreche ich an- schliessend noch als Fraktionssprecher über die anderen Anträge. Zu meinem persönlichen Antrag zu den Klassengrössen: Ich bin zu diesem Antrag motiviert worden durch den Antrag Brand, der – ich sage es einmal so verkürzt – Flexibilität fordert. Nichts gegen Flexibilität. Heute braucht wohl jeder Regierungsrat im Kanton Bern Flexibilität, wenn er das umsetzen will, was wir hier über sein Budget entscheiden. Aber der Begriff «flexibel umzusetzen» hat mich gestört und insbesondere auch den Juristen in mir herausgefordert, der weiss, wenn da nur steht «flexibel umzusetzen», dann ist der Schritt zur Willkür nicht weit. Seien wir ehrlich und nennen wir das Kind beim Namen. Was wollte man mit diesem Begriff bezwecken? Man wollte sich natürlich politisch absichern, dass man die Landschulen verschonen kann. Das müssen wir uns hier alle bewusst sein. Wenn man die Zah- len anschaut, die von der Erziehungsdirektion als Antwort geliefert wurden auf die Interpellation zum Thema Klassengrössen, dann kommt man zum Schluss, dass viele Schulstandorte gefährdet sein werden. Darum habe ich präzisiert und Härtefälle definiert. Die Schulstandortschliessung ist ein Härtefall. Auch Jahrgangs-Ausreisser – Sie verzeihen mir die komische Wortschöpfung – gehören dazu. Hinzu kommen die speziellen Situationen, die es in hauptsächlich städtischen Gegenden gibt, zum Beispiel wenn viele Kinder mit schwierigem Migrationshintergrund die Schule besuchen oder Kinder mit Problemen, die eine intensive Betreuung benötigen. Ich habe noch dazugeschrieben, dass nur stark betreuungsintensive Klassen gemeint sind. Ich bitte Sie, auch im Sinne der Solidari- tät zwischen Stadt und Land, allen drei Punkten zuzustimmen. Nun äussere ich mich in meiner Ei- genschaft als Fraktionssprecher. Wie ich schon gesagt habe: Dem Antrag bezüglich der flexiblen Umsetzung von Herrn Brand und seinen Kollegen können wir zustimmen. Dem Antrag, den Herr Steiner vertreten hat, nun ja, dem kann die Mehrheit der Fraktion nicht zustimmen aus grundsätzli- chen Budget-Überlegungen. Sonst ist alles zu den Anträgen gesagt.

Präsident. Ich will noch etwas bekannt geben zu den beiden Interpellationen, 197-2013, Guggis- berg, SVP «Unterschreitung der Mindestgrössen von Schulklassen in Stadt- und Agglomerations- gebieten?». Der Interpellant ist teilweise befriedigt, gibt aber keine Erklärung ab. Dann haben wir noch die Interpellation 208-2013 Brönnimann, glp «ASP-Massnahmen Topf 2 – Klassengrössener- höhung». Der Interpellant ist von der Antwort befriedigt und gibt keine Erklärung ab. Nun zu den Fraktionserklärungen zum ganzen Block 21.a. Für die SP-JUSO-PSA-Fraktion spricht Herr Bach- mann.

Christian Bachmann, Nidau (SP). Zuerst möchte ich meine Interessenbindung offenlegen. Ich bin selber Lehrer und auch Mitglied des Berner Lehrerverbands LEBE. Wann immer in den letzten Jah- ren gespart wurde, musste die Bildung, neben dem Sozialbereich, einen Grossteil betragen. In die- sem Bereich, im Bereich unseres grössten Gutes und des besten Rohstoffes, sind die meisten Kür- zungen erfolgt. Die Lektionenzahl ist gekürzt worden und die Löhne der Lehrerinnen und Lehrer sind mittlerweile auf einem konkurrenzlos tiefen Stand angelangt. Die durchschnittliche Klassen- grösse wurde bereits letztes Jahr um 0,7 angehoben. Die Lehrerschaft und die Verbände haben dies alles mitgetragen. Und jetzt, bevor die letzte Klassenvergrösserung umgesetzt wurde, soll wei- ter daran geschraubt und die mittlere Klassengrösse nochmals um 0,5 erhöht werden. Wer hier in diesem Saal denkt, ein Schüler oder eine Schülerin mehr oder weniger pro Klasse sei nicht gravie- rend, und dass erst recht ein halber Schüler, oder eine halbe Schülerin, wie dies gefordert wird,

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nicht viel ausmacht, der hat Recht; doch er rechnet falsch. Wenn hier beschlossen wird, dass die mittlere Klassengrösse von 19,2 auf 19,7 angehoben werden soll, heisst dies, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Kanton Bern neu durch 19,7 dividiert wird. Dies ergibt eine Zahl, die um 120 kleiner ist als die Division durch 19,2. Das heisst, es gibt 120 Klassen weniger. Die Regie- rung hat diese Massnahme nicht von ungefähr in den toxischen Topf 2 gelegt. Er ist toxisch, weil nach Einschätzung der Regierung die Folgen gravierend sind. Zu den 150 Klassen aus der letzten Erhöhung der mittleren Klassengrösse kommen weitere 120 Klassen hinzu, die geschlossen wer- den. Es sollen weitere mindestens 120 Anstellungsverhältnisse aufgelöst und Hunderte von Schüle- rinnen und Schülern umverteilt werden. Nur in Klammer, es wurde schon erwähnt: Die zusätzlichen Transportkosten werden wohl einen Nachkredit erfordern.

Noch etwas zu den Auswirkungen. In der Antwort auf die Interpellation Guggisberg zeigt die Regie- rung auf, dass von den gegenwärtigen 4236 Regelklassen 477 im unteren Überprüfungsbereich liegen. Das heisst, diese Klassen umfassen höchstens 10–15 Schülerinnen und Schüler, je nach Struktur. Von den erwähnten 477 Klassen befinden sich 345 Klassen in ländlichen Gebieten. Wenn eine weitere Erhöhung der durchschnittlichen Klassengrösse vorgenommen wird, muss allen klar sein, dass damit Klassenschliessungen in städtischen, aber auch in ländlichen Gebieten beschlos- sen werden, ja, dass auch Schulschliessungen nicht umgangen werden können. Mit dem Beschluss der vorliegenden Massnahme im Schulbereich wird eine rote Grenzlinie überschritten. Ohne Pro- phet sein zu wollen, wage ich doch die Prognose, dass die Annahme dieser Massnahme Reaktio- nen bei der Lehrerschaft und bei den Verbänden auslösen wird. Die SP-JUSO-PSA-Fraktion lehnt den Abänderungsantrag der FIKO einstimmig ab. Sie stimmt dem Antrag Keller, Grüne, zu.

Zur Planungserklärung Brand, der untere Prüfungsbereich sei flexibel zu handhaben, muss ich sa- gen, dies wird heute bereits so gemacht. Deshalb sind ja auch 477 Klassen im unteren Prüfungsbe- reich bewilligt. Soll jedoch die Absicht dahinterstehen, dass kleine Schulen um jeden Preis erhalten bleiben, dann ist die Formulierung nicht ganz tauglich. Die SP-JUSO-PSA-Fraktion lehnt die Pla- nungserklärung ab. Zur Planungserklärung Brönnimann, glp, «Rücksichtnahme auf Härtefälle»: Die Punkte 2 und 3 werden bereits heute in der Praxis umgesetzt. Zum Punkt 1: Wenn weitere Klassen geschlossen werden müssten, könnte es zu einer Schulstandortgefährdung kommen. Ein besonde- rer Heimatschutz ist in der heutigen Lage jedoch nicht angebracht. Die SP-JUSO-PSA-Fraktion ver- langt hier eine punkteweise Abstimmung der drei erwähnten Punkte. Ich danke Ihnen für die Auf- merksamkeit.

Präsident. Bitte kommen Sie nachher noch rasch zu mir wegen dieser Punkte. Dann hat Herr Koh- ler das Wort für die BDP.

Mathias Kohler, Steffisburg (BDP). Die BDP-Fraktion begrüsst es, dass man nicht wieder an den Lehrerlöhnen herumschraubt. Den moderaten Abänderungsantrag für die Erhöhung der Schülerzahl der Finanzkommission unterstützen wir, so wie er jetzt hier steht. Wir wollen auf diese Massnahme nicht verzichten und lehnen den Abänderungsantrag der Grünen ab. Die Planungserklärung der Bürgerlichen, die den unteren Überprüfungsbereich flexibel handhaben will, unterstützen wir. Zu den Abänderungsanträgen EVP und glp-CVP: Der Antrag der EVP wurde zuerst zurückgezogen, und den neuen Antrag konnten wir in der Fraktion nicht mehr diskutieren, der kam zu kurzfristig.

Jedoch wenn ich die Grundstimmung in unserer Partei betrachte, gehe ich davon aus, dass wir den Abänderungsantrag plus die Planungserklärung grossmehrheitlich oder sogar einstimmig ablehnen werden. Der Hauptpunkt wird sein, dass wir im Budget kein Minus haben möchten, und dass wir keine Massnahmen rückgängig machen wollen.

Zum Abänderungsantrag glp-CVP: Sollte am Ende der Debatte ein Defizit bestehen, soll dieses mit dem RESKO-Schlüssel abgetragen werden. Auch dies wird die Erziehungsdirektion massiv treffen.

Wir wollen diese jedoch nicht zusätzlich belasten, darum lehnen wir diesen Abänderungsantrag ab.

Zur Planungserklärung Brönnimann: Der erste Satz, «die Klassendurchschnittserhöhung ist mit Rücksichtnahme auf Härtefälle umzusetzen», hätte uns von der BDP-Fraktion eigentlich gereicht.

Wenn aber an den drei Punkten festgehalten wird, sind wir der Meinung, dass man punktweise ab- stimmen soll. Eine kleine Mehrheit der BDP wird den Punkten 1 und 2 zustimmen, den Punkt 3 leh- nen wir hingegen klar ab. Zu guter Letzt komme ich zum Abänderungsantrag SVP, BDP, FDP und EDU, bei dem man beim Projekt Bildung und Kultur 0,9 Mio. Franken einsparen will. Diesem Abän- derungsantrag stimmen wir auch zu.

Präsident. Darüber diskutieren wir noch in einem separaten Block. Für die EVP spricht Herr Kipfer.

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Hans Kipfer, Thun (EVP). Wir haben uns bei den Direktionsbesuchen in der Erziehungsdirektion die Systematik der Klassengrössen erklären lassen. Mit der neuen Finanzierung der Volksschulen stehen die Gemeinden deutlich stärker in der Pflicht. Es ist aber so, dass die seit 2012 angestrebte Erhöhung der Klassengrössen nicht so schnell voranschreitet wie gewünscht. Wir hatten bereits in einer früheren Session einen entsprechenden Nachkredit zu behandeln. Der Zielwert wird wohl auch im Jahr 2013 nicht erreicht. Darum hat die Erziehungsdirektion für das Jahr 2014 ein realisti- sches Szenario vorgeschlagen, ohne die Absicht aufzugeben, die durchschnittliche Anzahl Schüler pro Klasse sukzessive zu steigern.

Wir können hier eine weitere Steigerung beschliessen und eine Zahl ins Budget schreiben. Ich habe die Massnahme in der Eintrittsdebatte bereits als Phantom-Massnahme bezeichnet. Es ist eine Massnahme, die uns beim Budgetieren beruhigt mit der Einsparung von 4,5 Mio. Franken, die aber nicht realisiert werden kann. Dies wäre an und für sich nicht weiter schlimm, wenn sie nicht zusätz- lich schädlich wäre. Der Kollege Steiner hat es bereits ausgeführt, die Massnahme zerstört Struktu- ren und benachteiligt unsere Kinder. Die EVP steht ein für ein redliches Budget und will die vorhan- denen Stärken, die wir im Bildungsbereich haben, nicht gefährden. Seien wir deshalb ehrlich und verzichten wir auf solche schädlichen Phantom-Massnahmen. Mit einer separaten Motion haben wir Ihnen vorgeschlagen, eine befristete Defizit-Abgabe vorzunehmen, das heisst, das Defizit separat zu behandeln und keine ASP-Massnahmen, die schädlich sind, umzusetzen. Es gibt bessere Mittel, um das Defizit abzutragen, als die Erhöhung der Klassengrössen. Darum stimmen Sie unserem Antrag zu, die Klassengrössen nicht auf diesem Weg zu erhöhen und vorerst auf das Abtragen des Defizits zu verzichten, damit wir hierzu gesonderte Massnahmen treffen können.

Den ergänzenden Planungserklärungen, die noch im Raum stehen, bitte ich Sie, zuzustimmen, wo- bei sich bei der von Herrn Brand vertretenen Planungserklärung die Katze etwas in den Schwanz beisst. Auf der einen Seite wird gefordert, die Schülerzahl zu erhöhen, aber auf der anderen Seite will man dies gleich wieder rückgängig machen. Dem Antrag glp-CVP betreffend der Kürzung beim Amt für Hochschulen bringen wir ein gewisses Verständnis entgegen. Man hat dort eine neue Pro- duktegruppe geschaffen, und nach unserer Meinung auch etwas zu viel hineingepackt, da muss man sicher nochmals anschauen, wie viele Mittel es für die Steuerung der Hochschulen wirklich braucht. In diesem Sinne bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

Lars Guggisberg, Kirchlindach (SVP). Die SVP-Fraktion hat überhaupt keine Freude daran, bei der Bildung zu sparen. Aber es ist bekannt, dass wir zum Ziel haben, mindestens eine schwarze Null im Budget zu erreichen. Unter dieser Prämisse erachten wir die Massnahme, die durchschnittli- che Schülerzahl in der Volksschule zu erhöhen, als verkraftbar, vor allem wenn man in Betracht zieht, dass die Klassengrössen in unserem Kanton eher unterdurchschnittlich sind. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Antwort auf die Interpellation «Unterschreitung der Mindest- klassengrössen von Schulklassen in Stadt- und Agglomerationsgebieten?». Sie haben die 21- seitige Antwort alle erhalten. Ich möchte an dieser Stelle zuerst der Verwaltung der Erziehungsdi- rektion danken für die umfassende Antwort, den Inhalt kann ich leider weniger rühmen. Was hat die Antwort auf diese Interpellation ergeben? 132 Klassen in städtischen Gemeinden liegen im unteren Überprüfungsbereich; das bedeutet, es gehören weniger als 15 Schüler zu einer Einjahrgangs- Schulklasse. 58 Klassen in städtischen Gebieten liegen sogar deutlich unter dem Normalbereich.

Nicht wenige Klassen liegen mit sechs Schülern unter dem Normalbereich, das heisst, es gibt auch Klassen mit zehn Schülern in einer Einjahrgangsklasse. Hier ist aus unserer Sicht anzusetzen, hier, wo es keine geografischen oder topografischen Gründe gibt, die gegen die Einhaltung der Normal- klassengrösse sprechen.

Wir sind sehr erstaunt über die Prioritätensetzung der Regierung. Sie hat die Erhöhung der Klas- sengrösse in den Topf 2 gelegt, man hat damit zum Ausdruck gebracht, dass es politisch schwierig ist, aber immerhin hat man sie in den Topf 2 gelegt. Massnahmen mit grossen Kostentreibern, zum Beispiel die Auswirkungen des Integrationsartikels mit dem Therapiewahn, den er zur Folge hat, sowie die Tagesschulen, die Basisstufe und so weiter, sind weder im Topf 1 noch im Topf 2 zu fin- den. Wir werden zu diesen Themen sicher Optimierungsvorschläge machen. Auch aus dem Bereich Kultur findet man keine Massnahmen, keinen einzigen Rappen, weder im Topf 1 noch im Topf 2 sieht man etwas aus diesem Bereich. Es ist mir bewusst, dass die Kultur den Benchmark 74 auf- weist; das ist tief. Aber wenn man Prioritäten bei der Bildung setzen würde, müsste man auch bei der Kultur aufzeigen, wo man sparen könnte. Guter Wille sieht anders aus. Ich fasse zusammen.

Die SVP-Fraktion unterstützt den Antrag der FIKO grossmehrheitlich. Umgekehrt lehnen wir die

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Planungserklärung der Grünen im selben Verhältnis ab. Wir lehnen den Antrag der glp-CVP- Fraktion auf Kompensation von einer Million bei der Zentralverwaltung ebenfalls ab, obwohl wir die- sem Antrag gewisse Sympathien entgegenbringen. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass wir am Schluss ein Defizit haben werden. Wir wollen ein allfälliges Defizit – darauf kommen wir beim The- menblock 30, bei der Schlussabstimmung, noch zu sprechen – nach RESKO-Schlüssel verteilen, und die Erziehungsdirektion würde dies sehr stark treffen, darum wollen wir dort nicht schon jetzt eine Million kompensieren. Wir lehnen auch den Planungsantrag EVP und Keller, Grüne, ab und unterstützen die Planungserklärung der bürgerlichen Parteien. Bei der Planungserklärung Brönni- mann unterstützen wir die Punkte 1 und 2, mit dem Hinweis darauf, dass zwischen Stadt und Land zu differenzieren ist. Der Punkt 3 ist uns zu schwammig, weshalb wir ihn ablehnen.

Corinne Schmidhauser, Unterseen (FDP). Die FDP unterstützt den Antrag der FIKO, und selbst- verständlich auch die Planungserklärung der SVP, BDP, FDP und EDU zur flexiblen Handhabung des Überprüfungsbereichs. Die weiteren Anträge lehnen wir ab. Der Kanton Bern hat schweizweit unterdurchschnittliche Klassengrössen. Es gibt keinen stichhaltigen Grund, warum Bern hier eine Sonderrolle einnehmen soll. Etwas wird hier immer wieder durcheinandergebracht. Die Erhöhung der Klassengrössen ist keine Massnahme gegen die Bildungsqualität. Die angestrebten Klassen- grössen bedeuten, wie diverse Studien zeigen, keine Minderung der Bildungsqualität. Kein Kind geht unter, und um Gottes Willen soll kein Kind gestrichen werden. Es sollen Klassen zusammenge- legt werden. Die Anzahl Unterrichtsstunden bleibt für jedes Kind genau gleich. Und, Bettina Keller, wenn du von der Parallelklasse sprichst, die «doof» ist, muss ich sagen, oft ist auch die eigene Klasse «doof». Ein Klassenwechsel und eine Klassenzusammenlegung kann durchaus eine Chan- ce sein in einer Schule. Die Zusammenlegung fordert vielmehr die Lehrer und die Schulleitungen und die Gemeinden. Man muss angemessene Lösungen finden, in der Stadt ebenso wie auf dem Land. Ja, das wollen wir. Daran soll man arbeiten.

Noch an Daniel Steiner-Brütsch: Wenn man 30 Schüler einschulen muss, kann man auch auf ande- re Lösungen kommen, als die Gruppe einfach durch zwei zu teilen. Es gibt die Variante, eine Basis- stufe einzurichten, oder man kann sich überlegen, mit einer zweiten Klasse zusammenzuarbeiten, wenn man dies früh plant. Man muss das nicht so einseitig betrachten. Um es nochmals festzuhal- ten: Die FDP nimmt die Anträge der FIKO sowie die Planungserklärung der bürgerlichen Parteien an. Die übrigen Anträge lehnen wir ab.

Präsident. Als letzter Fraktionssprecher spricht Herr Oester für die EDU.

Stefan Oester, Belp (EDU). Ich nehme es vorweg: Die EDU-Fraktion unterstützt den FIKO-Antrag und die Planungserklärungen, die in dieselbe Richtung gehen. Während der vergangenen Sparde- batte haben wir Stichworte gehört wie «Kinder und Rinder», «Beton und Bildung» oder «Klasse ghüdere». Und jetzt müssen wir dieses Thema angehen. Bildung und Sparen ist ein heikles Thema.

Die EDU hat keine Freude an diesen Massnahmen. Doch wir müssen uns zusammenraufen und zu einer Lösung kommen, damit wir ein ausgeglichenes Budget haben. Sobald man den Topf 2 nimmt, wird es eng. Die Klassengrössen sind ein Thema, welches selbst von Experten unterschiedlich be- urteilt wird. Frühere ähnliche Massnahmen haben nicht die erhoffte Wirkung erzielt, weil sich die Gemeinden grosse und kleine Klassen leisten konnten. Eine Umsetzung ist nicht immer einfach, und sie ist auch abhängig davon, ob man sich in städtischem oder ländlichem Gebiet befindet. Die Umsetzung wird länger dauern, denn die Vergrösserung der Klassen ist ein Prozess. Aber wir müs- sen jetzt in den sauren Apfel beissen. Wir müssen sparen. Und damit Sparen bei der Bildung mehr- heitsfähig ist, möchte ich nicht einfach sparen, sondern optimieren. In den vergangenen Debatten hiess es immer, ein Kanton sei nicht zu vergleichen mit einem Betrieb. Doch das ist er sehr wohl.

Wir müssen optimieren und nicht über unsere Verhältnisse leben. Wir denken, dass die Massnah- me, die wir heute anschauen, doch gerechtfertigt ist. Aus diesem Grund unterstützt die EDU den Antrag der FIKO sowie die Planungserklärungen, die in dieselbe Richtung gehen.

Präsident. Wir sind am Ende der Fraktionserklärungen angelangt. Ich kann dazu nur sagen «wehe, wenn sie ERZ gelassen». Was letzte Woche für die Bauern galt, würde eigentlich auch für die Leh- rerschaft gelten. Kann ich die Rednerinnen- und Rednerliste schliessen? – Das ist der Fall. Dann fahren wir weiter mit Frau Geissbühler.

Sabine Geissbühler-Strupler, Herrenschwanden (SVP). Im Jahr 2006 haben wir hier drin einen

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riesigen Fehler gemacht. Wir haben den Integrationsartikel angenommen. Ich habe damals eine Motion eingereicht und genau auf das hingewiesen, was dann auch passiert ist, nämlich dass die Lehrpersonen sehr grosse Probleme bekommen durch die Integration aller Kinder in die Regelklas- se. So ist es auch herausgekommen. Wir haben so viele Kinder mit Defiziten im Sozialen, im Emo- tionalen, im Kognitiven, sodass die Lehrer kaum mehr wissen, wie sie den Kindern den Schulstoff beibringen sollen. Letzte Woche war ich gerade bei einer Kollegin, um sie im Unterricht zu unter- stützen. Es kam mir vor, wie ein Sack voller Flöhe, dem man den Stoff vermitteln musste. Sie be- handelten gerade die Planeten, das ist zwar interessant, aber viele mochten nicht zuhören und be- schäftigten sich mit etwas anderem. Unsere Lehrer haben eine Riesen-Aufgabe. Im Jahr 2011 habe ich mit Thomas Knutti zusammen wegen der Integration eine Verkleinerung der Klassen verlangt.

Dies wurde hier drin abgelehnt. Ich staune heute über die vielen Voten, die abgegeben werden.

Damals hätte man reagieren müssen, denn kein Kanton praktiziert eine derart flächendeckende Integration wie wir. Das kann man nicht mit anderen Kantonen vergleichen. Und jetzt wollen wir noch erhöhen; es klingt zwar nach wenig, nur 0,5 Schüler mehr pro Klasse. Aber ich wäre dafür, dass wir den Durchschnitt senken. Warum hatten wir früher Kleinklassen mit 12 Schülern? Doch um die Schüler speziell zu fördern, die Probleme hatten. Darum hat man Kleinklassen geschaffen. Und jetzt wollen wir erhöhen, dabei haben wir all die Kleinklässler jetzt in der Regelklasse. In der Stadt ist das Problem wahrscheinlich grösser als auf dem Land. Darum möchte ich Sie bitten, auch wenn es nur 0,5 Kinder pro Klasse sind, daran zu denken, dass es um die Bildung unserer Kinder geht;

nicht um die Lehrer, sondern um unsere Kinder. Unser einziger Rohstoff ist die Bildung, und es ist schwierig, diese Bildung rüberzubringen in dermassen grossen Klassen. Bei uns waren es vielleicht einmal 30 Kinder pro Klasse, aber damals haben alle noch gewusst, was Gehorchen und Zuhören heisst und was Anstand und Respekt sind. Wir können die Zeit leider nicht zurückdrehen. Ich möch- te Sie bitten, der Erhöhung nicht zuzustimmen.

Eva Baltensperger, Zollikofen (SP). Nun sind wir also beim Stadt-Land-Graben angekommen. Wir haben gehört, die SVP wolle nicht bei der Bildung sparen. Da muss ich frei nach Goethe sagen,

«die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube». Wir haben Lars Guggisberg gehört und die Interpretation der Interpellationsantwort, die er erhalten hat. Er war erstaunt, dass es in der Stadt Bern Klassen gibt mit ganz wenigen Kindern. Ich glaube, dazu muss man wissen, wie die Stadt Bern funktioniert. Die Stadt Bern als Ganzes gilt als eine einzige Gemeinde. Die Stadt Bern hat ei- nen Schnitt von 19,6 Schülern pro Klasse, und daran will sie festhalten. Sie hat knapp 100 Kinder- gärten, die möglichst dezentral verteilt sein sollen, so wie man dies auf dem Land auch versucht, aus Sicherheitsgründen oder auch wegen der Länge des Schulwegs. Die Kinder sollen den Kinder- garten möglichst dort besuchen, wo sie wohnen. Es hat 450 Klassen an 24 Schulstandorten mit je einer Schulleitung. Diese hat die Möglichkeit, die Klassengrösse zu organisieren. Dies ist ganz im Sinne dessen, was Frau Schmidhauser gesagt hat, dass man angemessene Lösungen suchen soll in den Gemeinden. Dies gilt auch für die städtischen Schulstandorte. Jetzt hat also die Schulleitung die Vorgabe, im Schnitt eine 19er-Klasse zu organisieren. Sie kann jetzt bei einem Jahrgang mit 40 Kindern aufgrund der Situation der Kinder entscheiden, eine 15er- und eine 25er-Klasse zusam- menzustellen. Im Gesamten hat sie den Schnitt immer noch erreicht, aber dummerweise kommt die eine Klasse als Kleinklasse daher. Mit diesem Vorgehen hat man jedoch auf die Gesundheit der Lehrperson Rücksicht genommen, die vielleicht mit einer 25er-Klasse in einer anderen Zusammen- setzung überfordert wäre. Wie soll man jetzt in der Stadt Bern, aber auch in den Agglomerations- gemeinden, den Leuten erklären, dass ihre Kinder aus Solidarität mit den ländlichen Gemeinden in grosse Klassen eingeschult werden, damit auf dem Land die Kleinstklassen beibehalten werden können? Die soziale Belastung ist doch in den städtischen Gebieten um einiges grösser. Darum ist es wichtig, dass diese Klassen nicht einfach beliebig gross werden in den Städten. Die Lektionen für Integrierte Förderung, die man hat, reichen nicht aus.

Zum Glück kann ich hier wieder einmal etwas zur Selektion sagen. Diese hilft auch nicht, wenn man zum Beispiel die Oberstufe organisieren muss. Wenn man in einem städtischen Gebiet ist, in dem bildungsnahe Familien wohnen, kann es sein, dass es eine grosse Mehrheit von Sekundarschülern hat und eine Minderheit von Realschülern. In einem anderen Gebiet kann es auch umgekehrt sein.

Wenn wir hier die Klassen zusammenstellen, kann es sein, dass wir zwei 25er-Sekundarklassen haben in einer Gegend und eine 15er-Klasse in der Realschule. So geht es einigermassen gut.

Wenn man jedoch in einer Gegend lebt mit einer grossen Anzahl Immigranten, hat man möglicher- weise 25er-Klassen in der Realschule. Daran sieht man, dass wir uns durch die Selektion zusätzli- che Schwierigkeiten schaffen, das kommt auch hier zum Tragen. (Der Präsident bittet die Rednerin,

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