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Donnerstag (Nachmittag), 6. Juni 2013 Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion 47 2013.0276 Motion 055-2013 Schmid (Achseten, SVP) Kein unnötiges Lahmlegen der Bautätigkeit

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Sitzungstitel7 2013.0276 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Donnerstag (Nachmittag), 6. Juni 2013

Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion

47 2013.0276 Motion 055-2013 Schmid (Achseten, SVP) Kein unnötiges Lahmlegen der Bautätigkeit

Vorstoss-Nr: 055-2013

Vorstossart: Motion

Eingereicht am: 07.03.2013

Eingereicht von: Schmid (Achseten, SVP) (Sprecher/ -in)

Schwarz (Adelboden, EDU) Neuenschwander (Rubigen, BDP) Weitere Unterschriften: 0

Dringlichkeit: Ja 21.03.2013

Datum Beantwortung: 08.05.2013

RRB-Nr: 561/2013

Direktion: JGK

Kein unnötiges Lahmlegen der Bautätigkeit

Der Regierungsrat wird beauftragt, die Regierungsstatthalter anzuweisen, die «Richtlinien zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative im Baubewilligungsverfahren im Kanton Bern ab 2013» wie folgt anzupassen:

1. Umbauten und Erweiterungen von altrechtlichen Zweitwohnungen innerhalb der am 31.12.2012 bestandenen oder bewilligten Bruttogeschoss- und Nebennutzflächen (BGF/ NNF) sind im Rahmen von 20 Prozent der bestehenden BGF möglich.

2. Infolge Geringfügigkeit sind Erweiterungen ausserhalb der bestehenden Flächen bis zu 15 m2 BGF zulässig.

Begründung:

Die Geschäftsleitung der Regierungsstatthalter hat am 23. Januar 2013 Richtlinien zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative zu Händen der Baubewilligungsbehörden erlas- sen. Die Richtlinien sehen unter Punkt 5 vor, dass die Erweiterung einer altrechtlichen Zweitwohnung nicht bewilligungsfähig ist.

Diese Einschränkung führt zu einem faktischen Baustopp in allen altrechtlich erstellten Bauten in Gemeinden, die der Zweitwohnungsinitiative unterliegen. Eine derartige Ein- schränkung lähmt die Bautätigkeit und hat damit grossen Einfluss auf die Beschäftigungs- lage in den betroffenen Gemeinden. Sinnvolle Optimierungen und zur Werterhaltung der Bausubstanz nötige Um- und Erweiterungsbauten an bestehenden Gebäuden werden damit verhindert. Selbst geringfügige Erweiterungen, wie eine Überdachung eines beste- henden Hauseingangs oder der Einbau eines Wintergartens, sind nicht mehr möglich.

Ebenso untersagt sind Ausbauten innerhalb des bestehenden Gebäudevolumens, die we- der äusserlich wahrnehmbar sind, noch einen zusätzlichen Landverbrauch zur Folge ha- ben. Die Verhinderung derartiger Bauvorhaben dürfte im Rahmen der Initiative (Zubetonie- ren schöner Landschaften) kaum im Sinne des Stimmvolkes gewesen sein!

Antwort des Regierungsrates

Die Motionäre beauftragen den Regierungsrat, die Regierungsstatthalter anzuweisen, die

«Richtlinien zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative im Baubewilligungsverfahren im Kanton Bern ab 2013» insoweit anzupassen, als altrechtliche Zweitwohnungen innerhalb

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der am 31.12.2012 bestandenen oder bewilligten Bruttogeschoss- und Nebennutzflächen (BGF/NNF) um bis zu 20 Prozent der bestehenden BGF umgebaut und erweitert werden können. Ausserdem seien Erweiterungen ausserhalb der bestehenden Flächen um bis zu 15 m2 BGF zuzulassen.

Bei der vorliegenden Motion handelt es sich um eine Motion im abschliessenden Zustän- digkeitsbereich des Regierungsrates (Richtlinienmotion). Der Regierungsrat hat bei Richt- linienmotionen einen relativ grossen Spielraum hinsichtlich des Grades der Zielerreichung, der einzusetzenden Mittel und der weiteren Modalitäten bei der Erfüllung des Auftrages, und die Entscheidverantwortung bleibt beim Regierungsrat.

Am 11. März 2012 haben Volk und Stände die Zweitwohnungsinitiative angenommen. Am 22. August 2012 hat der Bundesrat als Übergangsregelung bis zum Erlass eines Bundes- gesetzes über Zweitwohnungen die Verordnung über Zweitwohnungen (ZWVo, SR 702) erlassen. Diese Bundesverordnung ist am 1. Januar 2013 in Kraft getreten. Art. 3 Abs. 1 ZWVo bestimmt, dass Wohnungen, die am 11. März 2012 bereits bestanden oder rechts- kräftig bewilligt waren, im Rahmen der vorbestandenen, anrechenbaren BGF und unter Vorbehalt bestehender Nutzungseinschränkungen von Erst- in Zweit- und von Zweit- in Erstwohnungen umgenutzt werden können.

Der Begriff der «anrechenbaren BGF» wird im Bundesrecht und auch nicht in Art. 3 Abs. 1 ZWVo näher definiert. Es ist somit Sache der Kantone, diesen Begriff näher zu umschrei- ben, wobei sich die Kantone bei der Auslegung des Begriffs der anrechenbaren BGF nach Auffassung des Bundesamtes für Raumentwicklung an den SIA-Normen orientieren müs- sen. Dieser bundesweit akzeptierte Standard verhindert, dass jeder Kanton einen anderen Standard wählt.

Der Regierungsrat ist deshalb bereit zu prüfen, ob mit einer Anpassung der oben erwähn- ten Richtlinien der Regierungsstatthalter zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative im Baubewilligungsverfahren oder der kantonalen Bauverordnung vom 6. März 1985 (BauV, BSG 721.1), in welcher die BGF in Art. 93 definiert ist, die Anliegen der Motionäre teilwei- se umgesetzt werden können. Geringfügige Erweiterungen der BGF von altrechtlichen Wohnungen sollten innerhalb des bestehenden Gebäudevolumens möglich sein, solange dadurch nicht eine neue Wohnung entsteht. Sinnvolle energetische Sanierungen von alt- rechtlichen Wohnungen sind auch nach geltendem Recht weiterhin bewilligungsfähig. Wei- tergehende Erweiterungsmöglichkeiten, wie sie die Motionäre fordern, sind nicht bundes- rechtskonform und können erst im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung zur Zweitwoh- nungsinitiative geschaffen werden.

Der Bund ist gegenwärtig daran, die Ausführungsgesetzgebung für Zweitwohnungen aus- zuarbeiten. Er hat zu diesem Zweck eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in welcher auch Ver- treter des Kantons Bern mitwirken. Der Kanton Bern wird sich im Gesetzgebungsverfahren für die Erweiterung bestehender altrechtlicher Wohnungen einsetzen.

Der Regierungsrat beantragt:

Annahme als Postulat

Präsident Bernhard Antener übernimmt wieder den Vorsitz.

Präsident. Wir fahren mit dem Traktandum 47, der Motion Schmid, weiter. Die Regierung ist bereit, diese Motion als Postulat anzunehmen. Der Motionär hat das Wort.

Hans Schmid, Achseten (SVP). Nach der Annahme der Zweitwohnungsinitiative am 2. März 2012 hat die Geschäftsleitung der Regierungsstatthalter am 23. Januar 2013 Richtlinien zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative zuhanden der Baubewilligungsbehörden erlassen. Diese Richtlinien sehen unter Punkt 5 vor, dass die Erweiterung einer altrechtlichen Zweitwohnung nicht bewilli- gungsfähig ist. Was sind altrechtliche Zweitwohnungen? Dies sind Wohnungen, die alle vor dem 1. Januar 2013, bewilligt wurden. In den Gemeinden, welche die Definition der Erst- und Zweitwoh- nungen noch nicht festgelegt haben, können keine Baubewilligungen mehr erteilt werden. Die einzi-

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ge Möglichkeit besteht noch, wenn Grundbucheinträge für Wohnungen gemacht werden, sodass sie noch als Erstwohnungen genutzt werden dürfen. Das ist eine Einschränkung des Besitzstandes für die entsprechende Wohnung. Diese Einschränkung führt in vielen Gemeinden zu einem faktischen Baustopp. Derartige Einschränkungen der Bautätigkeit haben grossen Einfluss auf die Arbeitsplätze in den betroffenen Gemeinden. Die Baugeschäfte im Berner Oberland werden vermehrt Arbeiten im Unterland suchen, und es müssen möglicherweise Kündigungen ausgesprochen werden. Wir möch- ten in Ziffer 1, dass der Umbau und die Erweiterung altrechtlicher Zweitwohnungen innerhalb der am 31. 12. 2012 bestandenen oder bewilligten Bruttogeschoss- und Nebennutzflächen im Rahmen von 20 Prozent der bestehenden Bruttogeschossflächen möglich sind. Die Bruttogeschossfläche ist nach Bauverordnung der beheizbare Raum einer Wohnung. Die Nettogeschossfläche umfasst nach SIA-Normen Estrich, Keller und Abstellräume. Wir möchten zu unserem Kulturland Sorge tragen und haushälterisch mit unserem Bauland umgehen. Wir möchten aber die Wohnqualität in den be- stehenden Wohnungen nicht einschränken. Deshalb sollte die Möglichkeit bestehen, ein Badezim- mer oder eine Küche etwas zu vergrössern oder ein Kinderzimmer im Teil des Estrichs, des Abstell- raums oder des Kellers auszubauen. Bei einem Familienzuwachs ist es immer mehr oder weniger entscheidend, ob die Wohnung noch genutzt wird oder nicht. Das heisst, die Fenster bleiben zu oder sie werden geöffnet. Werden sie geöffnet, wird im Ort konsumiert, sei es beim Einkauf von Nahrungsmitteln oder Skiausrüstungen. So müsste es in einer Tourismusregion eigentlich sein.

Zur Antwort der Regierung auf Ziffer 1: Die Regierung ist bereit zu prüfen, ob im Baubewilligungs- verfahren oder in der kantonalen Bauverordnung die geforderten Punkte angepasst werden können.

Die Regierung sagt auch, dass geringfügige Erweiterungen der Bruttogeschossflächen altrechtlicher Wohnungen innerhalb bestehender Gebäude möglich sein sollen. Soweit erfüllt die Regierung Ziffer 1. Ich frage mich aber, weshalb sie diese nur als Postulat erfüllen will. In Ziffer 2 fordern wir gering- fügige Erweiterungen ausserhalb der bestehenden Flächen bis zu 15 m2 der Bruttogeschossflä- chen. Wir möchten, dass bei altrechtlichen Wohnungen, innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen ein Hausdach, ein Wintergarten oder ein Dachfenster gebaut werden kann. In Ziffer 2 fehlt der Re- gierung das Ausführungsgesetz. Sie hält aber fest, dass sich der Kanton Bern im Gesetzgebungs- verfahren für Erweiterungen einsetzen werde. Im Wissen darum, dass die Ausarbeitung zum Aus- führungsgesetz zur Zweitwohnungsinitiative auch in die Richtung von Ziffer 2 vorangetrieben wird, müssten die Anliegen der Gemeinden und von der Regierung unterstützt werden, wenngleich die Regierung zurzeit noch keine Rechtsgrundlage hat, um «Ja» zu sagen. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, die Motion zu unterstützen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Präsident. Wir kommen zu den Mitmotionären. Herr Schwarz hat das Wort und spricht zugleich auch als Fraktionssprecher.

Jakob Schwarz, Adelboden (EDU). (Der Präsident läutet die Glocke.) Im Vorfeld sind gewisse Unsicherheiten aufgekommen bezüglich des Anliegens der Motionäre. Auch wurde das Bundesur- teilgericht genannt. Das Bundesgericht hat vor rund zwei Wochen einzig entschieden, dass die Initi- ative per Abstimmungsdatum in Kraft tritt und nicht am 1. Januar 2013 oder an einem sonstigen Datum. Das Bundesgerichtsurteil hat ansonsten nichts mit unserer Motion zu tun. Zu Ziffer 2, zur definitiven Gesetzgebung des Bundes: Diese befindet sich derzeit in Bearbeitung und ist von uns Motionären nicht direkt angesprochen, obwohl wir selbstverständlich hoffen, dass sich der Kanton Bern auch dort im Sinne unserer Motion einsetzen wird. Der Regierungsrat hat dies übrigens in sei- ner Antwort versprochen. Es geht um die aktuelle Übergangsphase zwischen der Abstimmung und dem Inkrafttreten der definitiven Gesetzgebung des Bundes. Ich möchte nochmals klar betonen, dass es uns nicht um die Erstellung von neuen Wohnungen in bestehenden Häusern geht. Es geht ebenfalls nicht darum, dass Wohnungen ausgebaut werden können, sodass neue Wohnungen ent- stehen. Es geht lediglich um die Sanierungen in bestehenden Wohnungen, die bereits vor Annahme der Initiative bestanden haben. In Adelboden gibt es sehr viele Ferienchalets, die in den 1960er- oder 1970er-Jahren erbaut wurden. Diese genügen den heutigen Anforderungen, vor allem in den Bereichen Bad oder Küche, schlichtweg nicht mehr. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, das ich selber erlebt habe: Eine Wohnung hat im Erdgeschoss ein bestehendes, 8 m2 grosses Badezimmer ge- habt, welches 1976 erbaut wurde und mit einer Sitzbadewanne ausgestattet war. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe bis dahin nicht einmal gewusst, was eine Sitzbadewanne ist, weil ich zu jung bin. Eine Sitzbadewanne ist 1,2 Meter lang, sodass ich sie mit meiner Körpergrösse nicht einmal sitzend benutzen könnte. Neben diesem Badezimmer befand sich ein 6 m2 grosser Keller, welcher als Gerümpelkammer genutzt wurde. Diese Fläche hat man zum Badezimmer hinzugenommen,

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sodass ein praktisches Badezimmer erstellt werden und die Wohnung damit vermietbar gemacht werden konnte. Nach der jetzigen Regelung ist das genannte Beispiel nicht bewilligungsfähig.

In der Antwort wird angesprochen, dass sinnvolle energetische Sanierungen altrechtlicher Wohnun- gen weiterhin bewilligungsfähig sind. Dem ist leider nur in der Theorie so. (Der Präsident läutet die Glocke.) In der Praxis sieht es bei einer energetischen Sanierung anders aus. Ich habe eine solche vor rund sieben Jahren gemacht und dabei – trotz der mir gestern seitens Grossrat Hofmann unter- stellten geistigen Trägheit – im Erdgeschoss eine Ölheizung mit Tankraum herausgerissen und er- setzt. Dadurch habe ich Raum gewonnen, welcher jedoch zur Nebennutzfläche gehört hat, und ha- be auch ein Badezimmer eingebaut. Diese Wohnung wurde danach vermietbar. Den heutigen Re- gelungen entsprechend, ist ein solcher Umbau nicht mehr bewilligungsfähig.

Es gibt noch einen touristischen Aspekt: Genau diese Leute, die bei uns eine Wohnung sanieren wollen, möchten sie auch selber benutzen oder vermieten. Dies sind nicht Leute, die uns die leeren Betten und geschlossenen Fensterläden präsentieren. Diese Leute bringen ihre Wohnungen auf Vordermann. Deshalb ist es wichtig, dass nicht diejenigen gestraft werden, die etwas machen wol- len. Die EDU-Fraktion unterstützt das Anliegen. Weil es sich um eine Richtlinienmotion handelt, steht dem Regierungsrat immer noch ein gewisser Spielraum bezüglich der Erfüllung offen. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.

Präsident. Der Mitmotionär Neuenschwander ist nicht anwesend und verzichtet wahrscheinlich auf ein Votum. Somit kommen wir zu den Fraktionssprecherinnen und -sprechern. Zuerst hat Grossrat Bernasconi für die SP-JUSO-PSA-Fraktion das Wort und anschliessend Grossrätin Luginbühl- Bachmann für die BDP-Fraktion. – Ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen: Sie haben eine Synopsis zur Revision des Spitalversorgungsgesetzes (SpVG) erhalten. Diese wird im Moment als deutschsprachige Fassung verteilt; die französische Fassung wird nachgesandt. Grossrat Bernasconi, Sie haben das Wort.

Peter Bernasconi, Worb (SP). Diese Motion ist zugegebenermassen interessant; es geht um den Bereich der Zweitwohnungen, über welche wir schon einige Male diskutiert haben. Vor allem ging dieses Thema im grossen Stil durch die Presse. Über die Initiative haben wir im letzten Jahr abge- stimmt. Es hat nicht lange gedauert, bis wir vor ein paar Wochen den ersten Bundesgerichtsent- scheid vorliegen hatten. Dabei ging es auch um die Auslegung des Initiativtextes, aber vor allem auch um die Fristen. Ich mache diese Aussage bewusst. Denn es ist absehbar: Wenn wir in diesem Saal etwas beschliessen, das nur ein wenig im Gegensatz zur Initiative steht, so wird sicher am Schluss das Bundesgericht entscheiden müssen. Dies dürfte nicht der anzustrebende Weg sein, zumal dieser nur zu einer langwierigen Verzögerung führen dürfte.

Dieser Vorstoss enthält zwei Ziffern. In Ziffer 1 heisst es, dass Umbau und Erweiterung altrechtli- cher Zweitwohnungen innerhalb der am 31.12.2012 bestandenen oder bewilligten Bruttogeschoss- und Nebennutzflächen im Rahmen von 20 Prozent der bestehenden Bruttogeschossflächen möglich sind. Das ergeht aus den Richtlinien zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, welche bei den Regierungsstatthaltern angesiedelt sind. Wir sind auch der Auffassung, dass es tatsächlich einen Spielraum beim Begriff der Bruttogeschossfläche (BGF) gibt. Dieser Begriff ist, so wie wir ihn im Kanton Bern hören, im Bundesrecht nicht abschliessend definiert. Die Kantone sind jedoch auch nicht frei, wenn sie die Bruttogeschossfläche definieren. Nach Ansicht des Bundesamtes für Raum- entwicklung (ARE) muss mindestens die SIA-Norm 416 eingehalten werden. Im Moment ist natür- lich unklar, ob es bei einer Änderung der BGF-Definition entsprechend der SIA-Norm überhaupt einen Spielraum gibt. Man hat dies noch nie miteinander verglichen. Vielleicht ist ein Spielraum vor- handen, vielleicht aber auch nicht. Man muss es ganz sicher prüfen.

Aufgrund dieser Unklarheit ist die Motion nicht das richtige Instrument, sondern das Postulat. Vor allem müssen Sie sich bewusst sein, dass nicht nur Zweitwohnungen von einer Änderung der BGF- Definition betroffen sind. Plötzlich werden wir wegen der Zweitwohnungsinitiative für den ganzen Kanton eine komplett neue Definition der Bruttogeschossfläche, wie sie in der Bauverordnung ist, haben. Ob dies immer zielführend und angemessen ist, dürfte nicht klar sein. Für uns ist die Situati- on so, dass wir das Postulat unterstützen würden, sodass eine Prüfung erfolgen kann. Jetzt über eine Motion zu befinden, von welcher wir gar nicht wissen, wo wir am Schluss landen, ist der fal- sche Weg.

Bei Ziffer 2 geht es um eine Erweiterung ausserhalb der bestehenden Fläche, wenn auch nur um 15 m2 BGF. Diese Erweiterung widerspricht ganz klar dem Bundesrecht bzw. dem Verfassungsartikel über die Zweitwohnungsinitiative. Dort werden wird nicht nur die Anzahl der Zweitwohnungen gere-

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gelt, sondern auch die Bruttogeschossfläche. Damit die Durchführung überhaupt möglich ist, bedarf es zuerst des Ausführungsgesetzes zur Zweitwohnungsinitiative. Dabei handelt es sich nicht um ein kantonales, sondern um ein eidgenössisches Gesetz. Wir sind der Meinung, dass die Forderungen von Ziffer 2 der Motion im Moment widerrechtlich wären und auch nicht in ein Postulat umgewandelt werden könnten; wobei ein Postulat, das ein Prüfungsauftrag ist, so laufen gelassen werden kann.

Eine Motion kann jedoch ganz sicher nicht umgesetzt werden, zumal sie dem Bundesrecht wider- spricht. Sie müssen bedenken, dass die Initianten der Zweitwohnungsinitiative sehr beschwerde- freundlich sind. Wenn die falsche Entscheidungen herauskommt, haben wir nur eine desolate Situa- tion, indem massenhaften Beschwerden vor Bundesgericht landen werden, sodass es zu einer grossen zeitlichen Verzögerung käme. Das scheint mir nicht der Weg zu sein, wie mit der Zweit- wohnungsinitiative umzugehen ist. Wir könnten uns bei beiden Ziffern mit einem Postulat, entspre- chend dem Vorschlag des Regierungsrats, einverstanden erklären. Eine Motion geht zum heutigen Zeitpunkt sachlich zu weit.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Peter Bernasconi und Kobi Schwarz haben er- wähnt, dass der Bundesgerichtsentscheid von Ende Mai den Termin festlegt, ab wann die Umset- zung der Initiative genau in Kraft tritt, nämlich rückwirkend auf den Abstimmungssonntag vom 11. März 2012. Das «Wie» der Umsetzung befindet sich zurzeit noch in Arbeit. Eine Gruppe erarbei- tet im Auftrag des Bundes die Modalitäten. In dieser Gruppe arbeiten auch Personen aus dem Kan- ton Bern mit. Wir unterstützen die Motion in beiden Punkten. Es ist uns aber auch wichtig zu sagen, dass wir das Resultat der Abstimmung über die Zweitwohnungsinitiative akzeptieren, wenn teilweise auch leicht zähneknirschend. Wir akzeptieren den Volkswillen. Was wir seitens der BDP nicht un- terstützen können, ist die Weisung der Geschäftsleitung der Regierungsstatthalter, welche mit den Richtlinien zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative zuhanden der Baubewilligungsbehörden erlassen wurde. Sie legt fest, dass die Erweiterung altrechtlicher Zweitwohnungen im Sinne beider Ziffern der Motion nicht bewilligungsfähig sein soll. Das kommt – wie es die Motionäre in ihrer Be- gründung schreiben – einem faktischen Baustopp in allen altrechtlich erstellten Bauten in den Ge- meinden, die der Zweitwohnungsinitiative unterliegen, gleich. Auch die Sanierung und Renovierung von Ferienwohnungen sollen der heutigen Bauweise angepasst werden können. Hierfür bedarf es eines gewissen Spielraums. Beim vorliegenden Vorstoss geht es im weitesten Sinn um flankierende Massnahmen zur Zweitwohnungsinitiative. Zu dieser Thematik liessen sich die Initianten im Rah- men der Abstimmungsdiskussion nie verlauten. Es ging einzig und alleine um den Bau von neuen Wohnungen. Diesbezüglich will die Motion bewirken, dass genau diese Differenzierung zwischen Neubau und altrechtlichen Bauten klar definiert wird. Der Bundesrat hat gerade erst die Übergangs- regelungen erlassen, und die Verordnung ist seit dem 1. Januar 2013 in Kraft. Sie bestimmt den Rahmen, wie – ich zitiere: «vorbestandene, anrechenbare Bruttogeschossfläche und unter Vorbe- halt bestehender Nutzungseinschränkungen von Erst- in Zweit- und von Zweit- in Erstwohnungen ungenutzt werden können». Der Begriff «anrechenbare Bruttogeschossfläche» fehlt jedoch und wird in der Verordnung nicht näher erläutert. Laut Antwort des Regierungsrats sind die Kantone in dieser Hinsicht frei, die Begriffe selber auszulegen. Einziger Orientierungspunkt bilden die SIA-Normen, wie sie Peter Bernasconi vorhin erwähnt hat. Eigentlich könnten die Kantone von diesen Normen abweichen. Genau diese Situation ist unklar und sollte geklärt werden.

Es handelt sich um eine Richtlinienmotion. Die BDP wird diesen Vorstoss, wie erwähnt, dennoch als Motion unterstützen und zwar, damit die Diskussion innerhalb der zuständigen Gremien auch ein Gewicht erhält und so weitergeführt werden kann. Übrigens, wer gestern Zeitung gelesen hat, hat bemerkt, dass wir nicht ganz alleine mit diesem Anliegen dastehen. «Lex Grisons» heisst der neue Vorstoss, der von drei Bündner Parlamentariern eingereicht wurde. Das Vorgehen ist etwas spe- ziell, zumal sie einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt haben. Bei einem Punkt handelt es sich genau um den von den Motionären umschriebenen Aspekt, nämlich die altrechtliche Zweitwohnun- gen. Wie gesagt, unterstützt die BDP-Fraktion beide Ziffern als Motion. Sollte diese in ein Postulat umgewandelt werden, unterstützen wir selbstverständlich beide Ziffern als Postulat.

Präsident. Grossrätin Häsler, reicht Ihnen die verbleibende Zeit für Ihr Fraktionsvotum?

Christine Häsler, Burglauenen (Grüne). Wenn Sie noch mögen.

Präsident. Wir mögen immer!

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Christine Häsler, Burglauenen (Grüne). Kurz vor dem Feierabend gebe ich Anita Luginbühl gerne in einem Punkt recht, nämlich betreffend die Abstimmung und die Initiative. Bei letzterer ging es ganz sicher um Neubauten und nicht um Sanierungen, wie sie nun zum Problem geworden sind.

Tatsache ist aber auch, dass sich die Politik – und davon können wir uns als Berner Grossräte lei- der nicht ausnehmen – zu lange nicht wirklich um diese Problematik kümmern wollte. Diese war nämlich vorhanden, aber man wollte sie nicht wirklich ernst nehmen. So hat beispielsweise Emil von Allmen mehrere Vorstösse verschiedenster Stossrichtung eingereicht, um die Problematik aufzu- nehmen und um Lösungen zu finden. Obwohl seine Vorstösse inhaltlich stets differenziert waren, ist er immer wieder gescheitert. Auch ich habe entsprechende Vorstösse – wie ich meine, pragmati- scher Art – eingereicht, und auch ich bin mehrheitlich gescheitert. Wir haben das Problem nicht wirklich anpacken und ernstnehmen können. Danach wurde die Initiative von Franz Weber einge- reicht. Diese wurde auch nicht ernst genommen. Die nationale Politik hat es leider nicht für nötig erachtet, der Initiative, die St. Moritz und Egerkingen gleich behandeln will, einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Die Zustimmung zur Initiative hat aufgezeigt, dass das Problem zum Teil wirk- lich vorhanden ist, obwohl man es vorher nicht richtig wahrnehmen wollte. Das hat sich anhand der Abstimmungsresultate gezeigt. Eine Gemeinde, wie meine Wohnsitzgemeinde Grindelwald, lebt vom Tourismus und braucht, nebst der Hotellerie, sicher auch Zweitwohnungen. (Der Präsident läutet die Glocke.) Wenn in einer solchen Gemeinde die Initiative eine Zustimmung von 42 Prozent erhält, dann hat es sich eben um eine für die Bevölkerung spürbare Problematik gehandelt. In der Folge hat die Bevölkerung, die sich nicht wohl gefühlt und die Problematik gespürt hat, im Rahmen der Abstimmung gezeigt, was sie davon hält. Diese Entscheidung ist zu akzeptieren. Die grüne Fraktion will aber auch dazu beitragen, dass bei der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative mit dem nötigen Fingerspitzengefühl, gerade den betroffenen Gemeinden gegenüber, vorgegangen wird und sinnvolle Lösungen erarbeitet werden. Wir finden die von den Motionären angestrebte Stossrichtung verständlich. Wir wollen nicht, dass Sanierungen in diesem Ausmass eingeschränkt werden. Wir sehen aber auch, dass die klare Vorgabe der Motionsform auf Bundesebene scheitern wird. Peter Bernasconi hat dies gut erläutert, sodass ich es nicht näher ausführen muss. Die Frakti- on der Grünen unterstützt das Anliegen der Kollegen Schmid, Schwarz und Neuenschwander als Postulat. Als Motion können wir das Anliegen nicht unterstützen. Danke für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und ein gutes Wochenende.

Präsident. Wir unterbrechen die Beratungen an dieser Stelle. Grossrat Schmid, es tut mir leid, dass wir die Behandlung Ihres Vorstosses an dieser Stelle für ein paar Tage unterbrechen müssen. Wir haben mehr als einen halben Tag Vorsprung im Programm gehabt. Mittlerweile haben wir diesen verspielt und sind wieder bei null angelangt. Bis jetzt wurden für dieses Jahr 172 Vorstösse einge- reicht. Wir werden per Ende der Junisession weit über 180 Vorstösse bzw. 60 neu eingereichte Vorstösse pro Session zu behandeln haben. Wir haben die Zeit zu nutzen, ansonsten können wir diese Vorstösse nicht bewältigen. Ich bitte Sie, Ihre Plätze zu räumen. Der Stadtrat tagt heute Abend. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Wir sehen uns am kommenden Montag wie- der. (Applaus).

Hier werden die Beratungen unterbrochen.

Schluss der Sitzung 16.05 Uhr.

Die Redaktorinnen:

Eva Schmid (d)

Catherine Graf Lutz (d)

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