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Zentralitäten in Graphen

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Academic year: 2022

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Diplomarbeit von

Burkhard M¨oller

Universit¨ at Konstanz

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Sektion Fachbereich Informatik & Informationswissenschaft

Juli 2002

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An dieser Stelle m¨ochte ich mich bei Professor Dr. Dorothea Wagner und Dr. Ulrik Brandes f¨ur die interessante Aufgabenstellung und die Betreuung der Diplomarbeit bedanken. Desweiteren danke ich meinem guten Freund Wolfgang Freitag, mit dem ich des ¨ofteren ¨uber das Thema philosophierte.

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1 Einf¨uhrung 3

2 Vereinbarungen 5

3 Zentralit¨aten in Graphen 11

3.1 Popularit¨atsindex P . . . 21

3.2 Nachbarzentralit¨aten . . . 26

3.2.1 Status-Index S . . . 26

3.2.2 Hubbell-Index H . . . 39

3.2.3 Standardzentralit¨at B . . . 45

3.2.4 Verhandlungszentralit¨atV . . . 55

3.2.5 PageRank R . . . 62

3.2.6 Authorities KA und Hubs KH . . . 68

3.2.7 Res¨umee . . . 77

3.3 Entfernungszentralit¨aten . . . 80

3.3.1 Stresszentralit¨at ST . . . 81

3.3.2 Zwischenzentralit¨at ZW . . . 85

3.3.3 Abstandszentralit¨at AB . . . 90

3.3.4 Graphenzentralit¨atGR . . . 93

3.3.5 Res¨umee . . . 95

4 Normierung 97 4.1 Ans¨atze am Popularit¨atsindex P . . . 98

4.1.1 ¨außere Relativ-Popularit¨at P1 . . . 99

4.1.2 innere Relativ-Popularit¨at P2 . . . 100

4.1.3 prozentuale Relativ-Popularit¨atP3 . . . 102

4.2 Verallgemeinerung . . . 103

4.2.1 ¨außere Relativ-Zentralit¨atZ1 . . . 103

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4.2.2 innere Relativ-Zentralit¨at Z2 . . . 107

4.2.3 prozentuale Relativ-Zentralit¨atZ3 . . . 109

4.3 Normierung der Nachbarzentralit¨aten . . . 112

4.3.1 Status-IndexS . . . 113

4.3.2 Hubbell-Index H . . . 115

4.3.3 Standardzentralit¨atB . . . 116

4.3.4 Verhandlungszentralit¨atV . . . 119

4.3.5 PageRankR . . . 121

4.3.6 Authorities KA und HubsKH . . . 122

4.4 Normierung der Entfernungszentralit¨aten . . . 126

4.4.1 Stresszentralit¨atST . . . 126

4.4.2 Zwischenzentralit¨at ZW . . . 128

4.4.3 Abstandszentralit¨at AB . . . 130

4.4.4 Graphenzentralit¨atGR . . . 133

5 Zusammenfassung 137

A Beispielgraph GC 141

B Grundlagen 155

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Einf¨ uhrung

Zusammenh¨ange zwischen Objekten, wie z.B. Personen, Bahnh¨ofen, WWW- Seiten usw. k¨onnen oft durch Graphen modelliert werden. Zur Analyse ge- wisser struktureller Eigenschaften in diesen Graphen, wie beispielsweise Zen- tralit¨aten und Symmetrien, oder auch zur Bestimmung (und Visualisierung) stark zusammenh¨angender Subgraphen, k¨onnen dann mathematische Metho- den angewandt werden.

So werden z.B. in sozialen Netzwerken die daran beteiligten Personen als Knoten eines Graphen modelliert, und die untereinander stattfindende Kom- munikation durch die (evtl. gerichteten) Kanten. Auf diese Weise ist es dann m¨oglich, durch Anwendung von Graphenalgorithmen und anderen mathe- matischen Methoden besonders gut oder schlecht kommunizierende Unter- gruppen, oder auch — bez¨uglich gewisser, noch zu definierender Kriterien

— herausragende (z.B. besonders zentrale) Personen und manches mehr zu bestimmen.

In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene M¨oglichkeiten er¨ortert, die Knoten in einem Graphen ausgehend von ihrer strukturellen Lage ad¨aquat zu bewerten. Diese hierf¨ur definierten Bewertungsmaße beschreiben bzgl. unter- schiedlicher Kriterien, wie sehr die von den Knoten repr¨asentierten Objek- te im Mittelpunkt des Geschehens stehen oder aber periphere Erscheinun- gen sind. Da diese Bewertungen, die sogenannten Zentralit¨aten, auch von der Gr¨oße der betrachteten Graphen abh¨angen, werden anschließend einige Ans¨atze zur Normierung vorgestellt. Dadurch sollen diese Abh¨angigkeiten entfernt werden, was es erm¨oglicht, Zentralit¨aten von Graphen unterschied- licher Gr¨oße zu vergleichen.

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In Kapitel 2 werden Vereinbarungen ¨uber Grundbegriffe der Graphentheo- rie getroffen. In Kapitel 3 werden verschiedene Zentralit¨atsmaße vorgestellt.

In Kapitel 4 werden verschiedene Ans¨atze zur Normierung von Zentralit¨ats- maßen untersucht. In Anhang A werden die vorgestellten Zentralit¨atsmaße anhand eines ausgew¨ahlten Graphen dargestellt. Anhang B enth¨alt einige mathematische Grundlagen.

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Vereinbarungen

Um die Zentralit¨atskonzepte beschreiben zu k¨onnen, werden im folgenden einige dazu ben¨otigte Begriffe aus der Graphentheorie eingef¨uhrt.

Ein Graph G = (V, E) der Gr¨oße n N besteht aus einer Menge V = {v1, . . . , vn} von Knoten und einer Menge E = {e1, . . . , em} ⊆ V ×V von Kanten. Jede Kante e = (vi, vj) verbindet zwei Knoten vi und vj. Gilt (vi, vj) E, so heißt vi adjazent zu vj. Die Nachbarn von vj sind die zu vj adjazenten Knoten.

1

2

3

Abbildung 2.1:Geinf ach

1

2

3

Abbildung 2.2:Gnichteinf ach

Ein Graph heißteinfach, wenn zu jedem Knotenpaar{vi, vj}ausV h¨ochstens eine Kante (vi, vj) (und h¨ochstens eine Kante (vj, vi)) in E existiert. Er heißt nichteinfach, wenn er nicht einfach ist. Abb. 2.1 zeigt einen einfachen Graph, Abb. 2.2 einen nichteinfachen. Existieren mehrere Kanten (vi, vj), so

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heißen dieseMehrfachkanten(z.B. (v1, v2) in Abb. 2.2). Eine Kante (vi, vi) heißt Schleife.

1 2

3

4

5

Abbildung 2.3: Gger

1 2

3

4

5

Abbildung 2.4:Gunger

Zu unterscheiden sind gerichtete (Abb. 2.3) und ungerichtete (Abb. 2.4) Graphen. Im gerichteten Graph haben alle Kanten e = (vi, vj) einen An- fangsknotenviund einenEndknotenvj. Im ungerichteten Graph hingegen sind alle Kanten bidirektional.

1 2

3

4

5

1 2

3

4

5

Abbildung 2.5: ungerichtete und gerichtete Darstellung von Gunger Ein ungerichteter Graph kann aufgefasst werden als gerichteter Graph, indem man jede ungerichtete Kante durch zwei gegenl¨aufig gerichtete ersetzt (Abb.

2.5).

Jeder Kante (vi, vj) wird einGewichtc(vi, vj)R+zugeordnet. Giltc(vi, vj) = 1 f¨ur alle (vi, vj)∈E, so heißt Gungewichtet, andernfalls gewichtet.

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Ein ungewichteter Graph Gwird dargestellt durch seine quadratischeAdja- zenzmatrix A= (aij), wobei gilt:

aij = (

1 , falls (vi, vj)∈E

0 , sonst .

F¨ur die Adjazenzmatrix W = (wij) eines gewichteten Graphen gilt wij =

(

c(vi, vj) , falls (vi, vj)∈E

0 , sonst .

▲ Praktisch alle hier vorkommenden Graphen sind ungewichtet. Daher beschr¨anken wir uns bei den folgenden Aussagen auf ungewichtete Gra- phen. F¨ur gewichtete Graphen gilt entsprechendes.

Da in ungerichteten Graphen wegen der Bidirektionalit¨at aller Kantenaij = aji gilt, sind deren Adjazenzmatrizen symmetrisch. Die Transponierte AT = (aTij) einer Adjazenzmatrix A ist gegeben durch

aTij = (

1 , falls (vj, vi)∈E

0 , sonst .

Es ist also aij = aTji. F¨ur symmetrische Matrizen gilt daher A = AT. Mit GT bezeichnen wir den zu G transponierten Graph, welcher durch die transponierte Adjazenzmatrix AT beschrieben wird.

Mit 0:= (0, . . . ,0)T bezeichnen wir den Nullvektor, mit 1:= (1, . . . ,1)T den mit Einsen gef¨ullten Spaltenvektor jeweils passender Dimension.

DerEingangsgraddin(vk) eines Knotensvkist gleich der Summe derk−ten Spalte der Adjazenzmatrix A, d.h.

din(vk) = Xn

i=1

aik = (A1)k.

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DerAusgangsgraddout(vl) eines Knotensvl ist gleich der Summe derl−ten Zeile der Adjazenzmatrix, d.h.

dout(vl) = Xn

j=1

alj = (AT1)k.

Im GraphGger (Abb. 2.3) beispielsweise hat der Knoten v2 einen Eingangs- grad von din = 2 und auch einen Ausgangsgrad vondout= 2.

Da im ungerichteten Graphen f¨ur jeden Knotenvk Eingangs- und Ausgangs- grad aufgrund der Symmetrie der Adjazenzmatrix gleich sind, sagen wir hier kurz derGrad d(vk).

EinWegvonvinachvj ist eine Folge von Kanten (vi, va),(va, vb), . . . ,(vz, vj) aus E, wobei jeweils End- und Anfangsknoten aufeinanderfolgender Kanten gleich sind. Die L¨ange eines Weges ist die Summe der Kantengewichte, im ungewichteten Graphen daher die Anzahl der daran beteiligten Kanten. Ein k¨urzester Weg ist ein Weg minimaler L¨ange. DerAbstand oder dieEnt- fernungdist(vi, vj) vonvinachvj ist die L¨ange eines k¨urzesten Weges vonvi nachvj. Existiert kein Weg vonvi nachvj, so ist dist(vi, vj) =. Im Graph Gger ist die Entfernung dist(v1, v3) = 2, wogegen dist(v3, v1) = gilt.

Der Gesamtabstand von vi zu den anderen Knoten ist die Summe der (Einzel-)Abst¨ande.

Ein Knoten vk liegt auf einem Weg von vi nach vj, wenn vi 6= vk 6= vj gilt und vk Endknoten (oder Anfangsknoten) einer der Kanten des Weges ist.

Liegt vk auf einem k¨urzesten Weg von vi nach vj, so liegt vk zwischen vi und vj.

Gk = (Vk, Ek) heißt von Vk V knoteninduzierter Teilgraph von G = (V, E), wenn Ek={(vi, vj)∈E :vi, vj ∈Vk}.

Ein Tupel (V1, . . . , Vt) mit ∅ 6=Vk ⊂V, k ∈ {1, . . . t} und Vr∩Vs 6=, r6=s und V =tk=1Vk heißt Partition der Knotenmenge V.

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Ein Graph G= (V, E) heißt unzusammenh¨angend, falls es eine Partition (V1, . . . , Vt) von V gibt, so dass zwischen je zwei Knotenmengen Vr und Vs, r 6=s, keine Kante existiert.

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4

Abbildung 2.6: unzusammenh¨angender Graph Gunzus

Der Graph l¨asst sich dann in die von Vk, k ∈ {1, . . . , t} knoteninduzierten Teilgraphen, die Komponenten von G, zerlegen. Kann man die Kompo- nenten nicht weiter zerlegen, so heißen sieZusammenhangskomponenten.

GraphGunzus(Abb. 2.6) ist unzusammenh¨angend. Die Zusammenhangskom- ponenten von Gunzus sind die von {v1, v2} bzw. {v3, v4} knoteninduzierten Teilgraphen. Ein Graph heißt zusammenh¨angend, wenn er nicht unzu- sammenh¨angend ist.

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Zentralit¨ aten in Graphen

Um Vorg¨ange in der realen Welt wissenschaftlich untersuchen und auswerten zu k¨onnen, werden diese oft auf passende mathematische Modelle abgebildet.

Die Vorg¨ange werden dabei stark vereinfacht dargestellt, ohne dabei die f¨ur die angestrebte Erkenntnis notwendige Information zu unterdr¨ucken. Auf den Modellen k¨onnen dann existierende Standardanalyse-Methoden angewendet werden, und auch die M¨oglichkeit der Entwicklung neuer, auf das spezielle Problem zugeschnittener Methoden, wird dadurch stark vereinfacht.

Wir betrachten hier ein Netzwerk, bestehend aus einer endlichen Menge O von Objekten, und einer darauf existierenden Struktur, die durch Beziehun- gen zwischen den einzelnen Objekten gegeben ist. Hierbei kann es sich bei- spielsweise handeln um Personen und die unter ihnen stattfindende Kom- munikation (soziales Netzwerk), Informationstr¨ager wie Websites mit ihrer zugeh¨origen Hyperlinkstruktur (WWW, World Wide Web), Kommunikati- onsger¨ate (wie Telefone, Terminals, Router, ...) mit den entsprechenden Da- ten¨ubertragungskan¨alen (Telefonnetz), Bahnh¨ofe mit ihren Schienenverbin- dungen (Schienennetz) und vieles mehr.

Die so gegebene Situation soll nun auf ein Modell abgebildet werden, das die strukturellen Eigenschaften respektiert, und f¨ur das bereits ausgereifte Analysem¨oglichkeiten existieren. Geeignet ist hierf¨ur ein Graph G= (V, E), bestehend aus einer Menge Knoten V und einer Menge Kanten E.

Jedes Objekt oi O wird identifiziert mit einem Knoten vi V, die Be- ziehungen zwischen den Objekten werden dargestellt durch Kanten e E, wobeie:= (vi, vj)∈E gdw. “Objektoi steht in Beziehung zu Objektoj“. Im

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folgenden werden wir anstelle der ObjektmengeO nur noch die Knotenmenge V betrachten. Wir sagen daher “vi steht in Beziehung zu vj“.

Bei der Modellierung der Kanten ist folgendes zu beachten:

1

2

Abbildung 3.1: Darstellung eines Links

Ist eine Kante gerichtet, so gibt sie die Richtung der zwischen zwei Objekten existierenden Beziehung an, wie beispielsweise des von einer Website auf eine andere Website verweisenden Hyperlinks (Abb. 3.1).

1

2

c(v1,v2)=56

Abbildung 3.2: Darstellung einer Telefonleitung

Ungerichtete Kanten stehen f¨ur die Bidirektionalit¨at der urspr¨unglichen Beziehung, wie dies z.B. bei einer Telefonleitung der Fall ist (Abb. 3.2).

Bei einer gewichteten Kante steht das entsprechende Gewicht f¨ur die Gr¨oße der Beziehung zwischen zwei Objekten, beispielsweise f¨ur die

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Daten¨ubertragungskapazit¨at einer Telefonleitung in kb/s (Abb. 3.2) oder f¨ur die direkte Entfernung zwischen zwei Bahnh¨ofen in km.

In ungewichteten Graphen wird nur das Vorhandensein einer Bezie- hung zwischen Objekten ber¨ucksichtigt und deren Gr¨oße implizit als

“1“ angenommen.

Unser Graphenmodell wird dann dargestellt durch seine Adjazenzmatrix.

Sind die Kanten von G ungewichtet, so bestimmt sich die zugeh¨orige Ad- jazenzmatrix A= (aij) durch

aij = (

1 , falls “vi steht in Beziehung zuvj“ 0 , sonst

=

(1 , falls (vi, vj)∈E

0 , sonst .

Sind die Kanten gewichtet, so wird noch eine Gewichtsfunktion c:E R+ f¨ur die Bewertung der Kanten vorgesehen. Die zugeh¨orige Adjazenzmatrix W = (wij) bestimmt sich dann durch

wij = (

c(vi, vj) , falls “vi steht in Beziehung zuvj

0 , sonst

=

(c(vi, vj) , falls (vi, vj)∈E

0 , sonst .

Betrachten wir nun wieder die reale, also die zu modellierende Situation.

So wie es in einer Gruppe von Personen mehr und weniger herausragende Pers¨onlichkeiten gibt (Abb. 3.3), so gibt es im WWW Websites mit unter- schiedlicher Informationsqualit¨at, und auch in Telefon- und Streckennetzen lassen sich f¨ur die beteiligten Objekte gewisse intuitive G¨utekriterien ange- ben.

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Abbildung 3.3: mehr und weniger herausragende Pers¨onlichkeiten

Diese intuitive Beurteilung der in den verschiedenen F¨allen beteiligten Objek- te soll nun durch eine explizite Zuordnung eines Maßes konkretisiert werden.

Dieses Maß ordnet dann jedem Objekt, bzw. dem diesem Objekt entsprechen- den Knoten, eine (i.a. nichtnegative) reelle Zahl zu. Dabei wird nur die nach der Modellierung der urspr¨unglichen Situation noch vorhandene Information herangezogen, d.h. nur strukturelle Eigenschaften werden ber¨ucksichtigt. Be- trachten wir die aufgef¨uhrten Beispiele, so werden hierbei Eigenschaften wie Alter und Aussehen einer Person, Inhalt und Speicherbedarf einer Website, Telefonkosten, Gr¨oße des Bahnhofsrestaurants und ¨ahnliches ignoriert.

Definition 3.1. Ein Zentralit¨atsmaß Z (auch Zentralit¨atsindex oder kurz Zentralit¨at) ist also eine Abbildung

Z :V R+0, vi 7→ Z(vi), i= 1, . . . , n.

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Definition 3.2. Ein Spaltenvektor, dessen Komponenten die Zentralit¨ats- werte s¨amtlicher Knoten enthalten, sei bezeichnet durch Z(G), d.h.

Z(G) := (Z(v1), . . . ,Z(vn))T. Diesen Vektor bezeichnen wir als Zentralit¨ats-Vektor.

In einem Graphen wird ein Zentralit¨atsmaß also jedem Knoten, abh¨angig von seiner strukturelle Lage im Graphen, einen (i.a. nichtnegativen) reellen Wert zuordnen. Dieser Wert soll beschreiben, wie wichtig oder zentral dieser Knoten relativ zu den anderen Knoten des Graphen ist. Einige M¨oglichkeiten, ein solches Zentralit¨atsmaß zu definieren, werden im folgenden detailliert vorgestellt. Dabei wird klar werden, was es f¨ur einen Knoten bedeutet, in einem Graphen im Vergleich zu den anderen Knoten eine bzgl. verschiedener Kriterien mehr oder weniger wichtige bzw. zentrale Position einzunehmen.

Das Ergebnis der Untersuchung des Modells soll dann von einer solchen Ge- stalt sein, dass daraus eine Interpretation der gesuchten Eigenschaften der realen Welt m¨oglich ist, und auch zu nachvollziehbaren Bewertungen f¨uhrt.

So wird bei der Untersuchung der tats¨achlichen Hierarchiestruktur eines Un- ternehmens erwartet werden, dass der Chef des Unternehmens eine wichti- gere und damit zentralere Position einnimmt, als der Auszubildende im 1.

Lehrjahr. Dem mit dem Chef identifizierten Knoten k¨onnte dazu beispiels- weise ein vergleichsweise hoher Zentralit¨atswert zugeordnet werden, dem Auszubildenden-Knoten ein vergleichsweise niedriger.

➤ Die hier vorgestellten Zentralit¨atsmaße sollen daher die Eigenschaft haben, dass der Zentralit¨atswert Z(vi) eines Knotens vi umso h¨oher ist, je gr¨oßer das Ansehen, die Popularit¨at, der Status, die Prominenz, die Wichtigkeit eines durch einen Knoten vi repr¨asentierten Objektes bzgl. unterschiedlicher Bewertungskriterien ist.

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Welche der Zentralit¨aten letztendlich ¨uberhaupt bzw. besonders gut zur Be- wertung einer Situation geeignet ist, wird von etlichen Faktoren abh¨angen.

Sollen zur Beurteilung eines Knotens strukturelle Eigenschaften seiner n¨achsten Umgebung oder des gesamten Graphen herangezogen werden, soll das Zentralit¨atsmaß also lokal oder global bestimmt werden?

Sind die Beziehungen uni- oder bidirektional, betrachten wir also ge- richtete oder ungerichtete Graphen?

Was soll das Maß ¨uberhaupt aussagen?

Es wird auch von großer Bedeutung sein, ob die durch die Kanten model- lierten Beziehungen zwischen den Objekten auf eine gewisse Weise transitiv sind. Dies soll an zwei unterschiedlichen Situationen verdeutlicht werden.

1. Werden die Kanten zum einen beispielsweise ein Vorgesetztenverh¨altnis modellieren, d.h. (vPj, vPi) E bedeutet “Pi ist Vorgesetzter von Pj“, so ist hier eine gewisse Transitivit¨at erkennbar. Ist n¨amlich “P1 Vor- gesetzter von P2“ und “P2 Vorgesetzter von P3“, so ist P1 in gewisser Weise auch Vorgesetzter von P3.

2. Modelliert andererseits eine Kante (vPj, vPi) die Beziehung “Pi hasst Pj“, so w¨urde aus “P1 hasst P2“ und “P2 hasst P3“ keineswegs folgern, dassP1auchP3hasst. Ganz im Gegenteil, wir k¨onnten daraus, aufgrund des gemeinsamen “Feindes“ P2, sogar eine gewisse Sympathie von P1 f¨urP3 folgern. Eine solche Beziehung nennen wir negativ transitiv.

Auch ist darauf zu achten, dass die Modellierung einer Situation ausschließ- lich mit Beziehungen des gleichen Typs geschieht. Kombinationen von Be- ziehungen wie Vorgesetztenverh¨altnis und Freundschaft f¨uhren nicht zu sinn- vollen Ergebnissen.

Bevor wir die Graphen bewerten k¨onnen, wollen wir an ihnen zun¨achst einige Transformationen durchf¨uhren. Durch diese Vereinfachungen geht keine f¨ur die Bewertung relevante Information verloren.

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1

2 2

1

2

Abbildung 3.4: Eliminierung von Schleifen

Beziehungen, die Objekte zu sich selbst haben, werden bei der Bestimmung von Zentralit¨atsmaßen keine Rolle spielen, wir werden Schleifen daher igno- rieren (Abb. 3.4).

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3

1

2

3

c(v1,v2)=3

c(v2,v3)=2

Abbildung 3.5: Eliminierung von Mehrfachkanten

In nichteinfachen Graphen auftretende Mehrfachkanten werden durch eine entsprechende Kantengewichtung zu einer Kante zusammengefasst (Abb.

3.5). Dabei ist zu beachten, dass alle hier vorgestellten Zentralit¨atsmaße (mit Ausnahme des Hubbell Index H, 3.2.2) eine allgemeine Kantengewichtung von 1 voraussetzen.

S¨amtliche im folgenden betrachteten Graphen G = (V, E) seien daher ohne Mehrfachkanten und ohne Schleifen; dabei sei |V| = n, |E| = m. A = (aij) im ungewichteten Graphen bzw. W = (wij) im gewichteten Graphen sei die Adjazenzmatrix von G. Seien 1 := (1, . . . ,1)T der mit Einsen gef¨ullte Spaltenvektor und I die Einheitsmatrix jeweils passender Dimension.

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Im folgenden wollen wir zwei grunds¨atzlich verschiedene Ans¨atze zur Bewer- tung der Knoten eines Netzwerkes, und damit der Definition von Zentra- lit¨atsindizes betrachten.

1. Ansatz: Kapitel 3.2 Nachbarzentralit¨aten

Zum einen bestimmen wir den Zentralit¨atswert Z(vi) eines Knotensvi in Abh¨angigkeit von seinen Nachbarn vj und/oder deren Zentralit¨ats- werten Z(vj). Ein hoher Zentralit¨atswert Z(vi) wird dabei beispiels- weise erreicht werden, wenn besonders viele und/oder besonders hoch bewertete Knotenvj in der Nachbarschaft vonvi liegen.

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3 4 5

6

7

Abbildung 3.6: Beispielgraph G1

So w¨urden im Beispielgraphen G1 (Abb. 3.6) die Knoten v3 und v5

von einem Zentralit¨atsmaß Z1, welches nur die Anzahl der Nachbarn ber¨ucksichtigt, h¨ochste Werte in diesem Graphen erhalten. Dagegen k¨onnte ein anderes Maß ˜Z1, welches auch die Werte der Nachbarn eines Knotens vi in dessen Bewertung ˜Z1(vi) miteinbezieht, dem au- genscheinlich sehr zentralen, zwischen den Knotenv3 und v5 liegenden Knotenv4 ein h¨oheres Maß an Zentralit¨at zuerkennen.

In einem sozialen Netzwerk, beispielsweise bestehend aus einer Men- ge von Personen (repr¨asentiert durch Knoten) und der unter diesen Personen stattfindenden Kommunikation (Kanten), ließe sich diese un- terschiedliche Bewertung wie folgt interpretieren: einerseits ist eine Per- son einflussreich, wenn sie mit vielen anderen Personen kommuniziert (Zentralit¨atsmaß Z1), andererseits wird einer Person hoher Einfluss best¨atigt, wenn die ihr nahestehenden Personen ihrerseits einflussreich sind (Zentralit¨atsmaß ˜Z1).

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2. Ansatz: Kapitel 3.3 Entfernungszentralit¨aten

Zum anderen werden wir den Zentralit¨atswert eines Knotensviabh¨angig von seiner Entfernung zu den anderen Knoten eines Netzwerkes be- stimmen. Dabei werden wir nur ungerichtete Graphen betrachten. Ein hoher Zentralit¨atswertZ(vi) wird dabei beispielsweise erreicht werden, wennvi zu den anderen Knoten kleine Abst¨ande hat oder auf vielen sie verbindenden k¨urzesten Wegen liegt.

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7

Abbildung 3.7: Beispielgraph G2

So w¨urde im Beispielgraphen G2 (Abb. 3.7) der Knoten v3 von einem Zentralit¨atsmaß Z2, welches nur den Maximalabstand zu den anderen Knoten ber¨ucksichtigt, den h¨ochsten Wert in diesem Graphen erhalten.

Dagegen k¨onnte ein anderes Maß ˜Z2, welches die durch einen Knoten f¨uhrenden k¨urzesten Wege z¨ahlt, dem Knoten v4 ein h¨oheres Maß an Zentralit¨at zuerkennen.

In einem sozialen Netzwerk ließe sich diese unterschiedliche Bewertung wie folgt interpretieren: einerseits ist eine Person einflussreich, wenn sie jede andere Person schnell erreichen kann (Zentralit¨atsmaß Z2), andererseits wird einer Person hoher Einfluss best¨atigt, wenn sie die Kommunikation vieler anderer Personen beeinflusst (Zentralit¨atsmaß Z˜2).

Bei den Entfernungszentralit¨aten wird außerdem das Zentrum eines Sterns eine besondere Stellung einnehmen. Betrachten wir den Stern S9 (Abb. 3.8), so sehen wir, dass sein zentraler Knoten v9 sehr klei- ne Abst¨ande zu den anderen Knoten hat, und auch auf sehr vielen k¨urzesten Wegen der anderen Knoten liegt. Einige extremale Eigen- schaften besitzt nur das Zentrum eines Sterns (gleichzeitig).

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3

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5

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9

Abbildung 3.8: Stern S9 mit 9 Knoten

In einem Graphen gleicher Gr¨oße

✓ hat es den maximal m¨oglichen Grad

✓ liegt es auf k¨urzesten Wegen von der gr¨oßtm¨oglichen Anzahl an Paaren anderer Knoten

✓ hat es den minimal m¨oglichen Abstand zu allen anderen Punkten Auch intuitiv erkennen wir den zentralen Knoten eines Sterns als her- ausragende Position. In einem sozialen Netzwerk beispielsweise hat eine solch zentrale Person ausgezeichnete Kommunikationsm¨oglichkeiten, da die Wege zur Weitergabe von Information kurz sind, und auch die Kom- munikation der ¨ubrigen Personen untereinander maßgeblich beeinflusst wird.

Drei der im Kapitel Entfernungszentralit¨aten (3.3) vorgestellten Zen- tralit¨atsmaße werden wir so definieren, dass das Zentrum eines Sterns den jeweils h¨ochstm¨oglichen Zentralit¨atswert erreicht.

Die als erstes vorgestellte Stresszentralit¨at (3.3.1) ¨ahnelt den anderen, anschließend vorgestellten Maßen in dem Sinne, dass sie in Abh¨angig- keit von k¨urzesten Wegen und somit von der Entfernung von Knoten- paaren bestimmt wird. Allerdings wird der Stern hierbei im allgemeinen nicht das h¨ochstm¨ogliche Maß an Zentralit¨at erreichen.

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Zun¨achst wollen wir aber den Popularit¨atsindex P betrachten. Dieser stellt einen Sonderfall dar, da seine Knotenbewertung durch beide Ans¨atze inter- pretiert werden kann.

Die danach vorgestellten Maße werden gem¨aß ihrer Interpretation bzgl. obiger Ans¨atze in den beiden Kapiteln Nachbarzentralit¨aten (3.2) und Entfernungs- zentralit¨aten (3.3) getrennt behandelt.

3.1 Popularit¨ atsindex P

Der Popularit¨atsindex ist unter den hier vorgestellten Zentralit¨atsmaßen das am leichtesten zu bestimmende. Gleichzeitig wird an ihm auf einfache Art und Weise deutlich, was Zentralit¨at in einem Graph bedeuten kann. Um eine intuitive Herleitung des Popularit¨atsindex zu erhalten, betrachten wir das im folgenden beschriebene soziale Netzwerk:

Gegeben sei eine (endliche) Menge von n Individuen, die eine Abstimmung wie folgt durchf¨uhren:

Jedes Individuum steht zur Wahl, d.h. kann gew¨ahlt werden

Jedes Individuum hat die M¨oglichkeit, jedem der anderen Individuen jeweils h¨ochstens eine Stimme zu vergeben (d.h. 0 oder 1)

Dadurch ergibt sich, dass jedes Individuum h¨ochstensn−1 Stimmen abgeben und auch h¨ochstens n−1 Stimmen erhalten kann.

➤ Unser Ziel ist es jetzt also, jedem der beteiligten Individuen eine von dieser Abstimmung abh¨angige (intuitiv nachvollziehbare) Zentralit¨ats- bewertung zuzuordnen.

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Dazu modellieren wir diese Abstimmung als gerichteten, ungewichteten Graph G= (V, E), wobei V ={v1, . . . , vn} die Menge der daran beteiligten Indivi- duen repr¨asentiert und die Kanten inE die abgegebenen Stimmen beschrei- ben, d.h. (vi, vj)∈E gdw. “vi w¨ahlt vj“. Wir definieren die Adjazenzmatrix A von G also durch

aij = (

1 , falls “vi w¨ahlt vj

0 , sonst .

Die Popularit¨at eines an dieser Abstimmung beteiligten Individuums betrach- ten wir als umso gr¨oßer, je mehr Stimmen es erh¨alt. Wir nehmen alle Stimmen als gleichwertig an und definieren den Popularit¨atsindex P durch die Anzahl der f¨ur ein Individuum abgebenen Stimmen.

Um uns bei unserer Intuition nicht zu sehr auf soziale Netzwerke zu versteifen, betrachten wir nun ein v¨ollig anderes Netzwerk. Gegeben sei eine Menge von n Websites mit ihrer zugeh¨origen Hyperlinkstruktur.

➤ Unser Ziel ist es jetzt, jeder der beteiligten Websites eine von ihrer strukturellen Lage abh¨angige (intuitiv nachvollziehbare) Zentralit¨ats- bewertung zuzuordnen.

Dazu betrachten wirG= (V, E) als einen knoteninduzierten Teilgraphen des durch die Hyperlinkstruktur des WWW gegebenen gerichteten, ungewichte- ten Graphen. Die KnotenV ={v1, . . . , vn}repr¨asentieren hierbei die Menge der Websites des WWW, und die Kanten beschreiben die durchV induzierte Hyperlinkstruktur, d.h. (vi, vj) E gdw. Seite “vi enth¨alt einen Hyperlink auf Seitevj“. Wir definieren die Adjazenzmatrix A von G also durch

aij = (

1 , falls “vi enth¨alt einen Hyperlink zu vj

0 , sonst .

So erscheint es hier, zumindest als erste N¨aherung, sinnvoll, einer Seite auf- grund einer hohen Anzahl auf sie verweisender Links einen hohen Zentra- lit¨atswert zuzuerkennen. Hierbei soll also indirekt das Expertenwissen der an

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der Entstehung und Vergr¨oßerung des WWW aktiv beteiligten Web-Designer ausgewertet werden, welche im allgemeinen nur dann einen Hyperlink zu einer gewissen Seite setzen, falls diese ihrer Meinung nach “gute“ Informationen enth¨alt, d.h. auf eine gewisse Art und Weise wichtig bzw. zentral ist. Wir betrachten jeden Hyperlink als gleichwertig und definieren den Popularit¨ats- index durch die Anzahl der auf eine Website verweisenden Hyperlinks.

Betrachten wir unser Graphenmodell, so ordnet P also jedem Knoten seinen Eingangsgrad zu, d.h.

P(vi) = din(vi) f¨ur alle vi ∈V.

Der Popularit¨atswert eines Knotensvi ist also nur von seiner direkt adjazen- ten Umgebung abh¨angig, weiter entfernte Knoten haben keinerlei Einfluss, d.h. der Popularit¨atsindex ist lokal bestimmt.

Die tats¨achliche Berechnung des Popularit¨atsindex ist dann mit Hilfe der zu einem Graphen G geh¨orenden Adjazenzmatrix sehr einfach. Da die Spalten der Adjazenzmatrix A = (aij) von G jeweils die in einen Knoten eingehen- den Kanten beschreiben, und man den Eingangsgrad eines Knotens demnach durch Aufsummieren der entsprechenden Spalteneintr¨age erh¨alt, d.h.

din(vi) = Xn

j=1

aji

ergibt sich f¨ur den Popularit¨ats-Vektor vonG

P(G) = (P(v1), . . . ,P(vn))

= (din(v1), . . . , din(vn))

=

ÃPn j=1

aj1, . . . , Pn j=1

ajn

!

= ¡

(AT1)1, . . . ,(AT1)n¢

= AT1.

(30)

P ist sowohl Nachbar- als auch Entfernungszentralit¨at:

1. P(vi) ist also nur von der Anzahl der Nachbarn von vi abh¨angig, kann also zum ersten Ansatz geh¨orend interpretiert werden.

2. Andererseits beschreibt P(vi) auch die Anzahl der Knoten der Entfer- nung 1 und erf¨ullt daher auch die im zweiten Ansatz geforderten Eigen- schaften. Weiterhin ist der in einem einfachen, ungerichteten Graphen mit n Knoten maximal m¨ogliche (Eingangs-)Grad eines Knoten vi ge- geben durch din(vi) =n−1. Das Zentrum eines Sterns vZ erf¨ullt diese Maximalbedingung, d.h. es gilt auchdin(vZ) =n−1.

Popularit¨atsindex P am Beispielgraphen GB

Um den Popularit¨atsindex und weitere in den n¨achsten Abschnitten definierte Zentralit¨atsmaße an einem Beispiel zu erl¨autern, betrachten wir den durch die folgende AdjazenzmatrixB dargestellten Graphen GB.

B =













0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 1 0 0













Abb. 3.9 zeigt eine Einbettung des resultierenden Graphen.

(31)

1

2

3

4

5

6 7

Abbildung 3.9: Beispielgraph GB

F¨ur den Popularit¨atsindex ergibt sich also

P(GB) = BT ·1

=













0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 1 1 0 0













T

·











 1 1 1 1 1 1 1













=













0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 0 0 1 1 0 0 1 0 1 0 1 0 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0













·











 1 1 1 1 1 1 1













= (1,0,4,3,2,0,2)T.

(32)

Abb. 3.10 zeigt eine Einbettung des Beispielgraphen GB, wobei die Gr¨oße der Knoten die H¨ohe ihrer Bewertung widerspiegelt.

2

6 1

5 7

4 3

Abbildung 3.10: Popularit¨atsindex am Beispielgraph GB

3.2 Nachbarzentralit¨ aten

Im folgenden sollen nun, wie bereits in (Kapitel 3, S. 18) angek¨undigt, Zentra- lit¨atsmaße vorgestellt werden, welche die Knoten eines Netzwerkes in Abh¨ang- igkeit von ihren Nachbarn bewerten. Dabei betrachten wir in dieser Rei- henfolge den Status-Index von Katz, den sehr allgemeinen Hubbell-Index, die Standard-(Eigenvektor-)Zentralit¨at und die Verhandlungszentralit¨at von Bonacich, den in der Internet-SuchmaschineGoogleverwendeten Index Pa- geRank, sowie die beiden Maße Hubs und Authorities von Kleinberg.

3.2.1 Status-Index S

Als ein weiteres Zentralit¨atsmaß stellte Leo Katz 1953 den sogenannten (New) Status-Index vor [17]. Er entstammt der Analyse sozialer und emotio- naler Beziehungen zwischen Mitgliedern einer Gruppe, der Soziometrie. F¨ur eine solche Analyse werden zun¨achst in einem soziometrischen Test unter anderem die Sympathien zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern ermit- telt. Daraus sollen dann typische Positionen wie z.B. der Star, der F¨uhrer, der Außenseiter, der S¨undenbock usw. bestimmt werden.

(33)

Bei der Auswertung erwies es sich jedoch als nicht zufriedenstellend, den aus rein lokalen Eigenschaften des Graphen bestimmten Popularit¨atsindex (3.1) als g¨ultig anerkennen zu m¨ussen. Daher wurde dieser Ansatz erdacht, welcher bei der Bewertung des Status eines einzelnen Gruppenmitgliedes (globale) Eigenschaften des gesamten Graphen mit einbezieht. Um die hierbei zur Be- schreibung von Zentralit¨at verwendeten Beurteilungskriterien zu erl¨autern, betrachten wir wieder die in (3.1) beschriebene Abstimmung.

Gegeben sei also wieder ein gerichteter, ungewichteter GraphG= (V, E), wo- beiV ={v1, . . . , vn}die Menge der an der Abstimmung beteiligten Individu- en repr¨asentiert und die Kanten inE die abgegebenen Stimmen beschreiben, d.h. (vi, vj)∈E gdw. “vi w¨ahlt vj“.

Sei also A die Adjazenzmatrix des gerichteten, ungewichteten Graphen G, d.h. f¨ur die Eintr¨age von A gilt

aij = (

1 , falls “vi w¨ahlt vj

0 , sonst .

Bei der Bestimmung des Status-Index S(vi) einer Person vi wird im Ge- gensatz zum Popularit¨atsindex P (3.1) nicht nur ber¨ucksichtigt, wie viele Stimmen eine Person vi erh¨alt, sondern auch, von wemvi gew¨ahlt wird. Die hier eingesetzte Methode z¨ahlt dabei nicht nur die direkt f¨urvi abgegebenen Stimmen, sondern ber¨ucksichtigt auch den Status jener, dievi gew¨ahlt haben sowie deren W¨ahler usw. Um diese Vorgehensweise mathematisch formulieren zu k¨onnen, zun¨achst folgende

Definition 3.3. Das Gewicht eines Weges (vi, va),(va, vb), . . . ,(vz, vj) von vi nach vj sei das Produkt der Gewichte der daran beteiligten Kanten, also c(vi, va)·c(va, vb)· · · · ·c(vz, vj).

Es folgt unmittelbar, dass in ungerichteten Graphen alle Wege das Gewicht 1 haben.

(34)

Satz 3.4. Sei W = (wij) die Adjazenzmatrix eines gewichteten, einfachen Graphen ohne Schleifen. Ein Eintrag (Wl)ij der l-ten Potenz von W ist gleich die Summe der Gewichte aller Wege der L¨ange l von vi nach vj.

Beweis:vollst¨andige Induktion:

l= 1 : (W1)ij = wij = c(vi, vj) ist das Gewicht des (einzigen) Weges der L¨ange 1 vonvi nachvj.

Induktionsannahme: F¨url Nsei (Wl)ij die Summe der Gewichte aller Wege der L¨ange l von vi nachvj.

Es ist dann (Wl+1)ij =Pn

k=1(Wl)ik·wkj.

Jeder Weg der L¨angel+ 1 vonvi nachvj setzt sich zusammen aus einem Weg der L¨angel von vi zu einemvk∈V, und einer Kante (vk, vj). (Wl)ik ist nach Induktionsannahme die Summe der Gewichte aller Wege der L¨ange l von vi nachvk. Daher ist (Wl)ik·wkj die Summe der Gewichte der Wege der L¨ange l+ 1 von vi nachvj, deren letzte Kante (vk, vj) ist. Also istPn

k=1(Wl)ik·wkj die Summe der Gewichte aller Wege der L¨ange l+ 1 von vi nach vj.

Korollar 3.5. Ist insbesondereW =Adie Adjazenzmatrix eines ungewich- teten, einfachen Graphen ohne Schleifen, so ist (Al)ij die Anzahl der Wege der L¨ange l von vi nach vj.

F¨ur z.B.l= 2 ist (A2)ij =Pn

k=1aik·akj; f¨urk = 1, . . . , nist dabeiaik·akj = 1 gdw. aik = 1 und akj = 1, d.h. gdw. im Graphen G eine Kante von vi nach vk und eine Kante vonvk nach vj existiert.

(35)

Fassen wir die MatrixAwieder als Adjazenzmatrix der betrachteten Abstim- mung auf, so bedeutet das: aik·akj = 1 gdw. “vi w¨ahlt vk und vk w¨ahlt vj“.

So wie die Spaltensummen vonAdie Anzahl der direkt f¨ur die entsprechende Person abgegebenen Stimmen angeben, so interpretieren wir die Spaltensum- men von A2 als die jeweils f¨ur eine Person ¨uber Wege der L¨ange 2 indirekt abgegebenen Stimmen, die Spaltensummen von A3 als die jeweils ¨uber Wege der L¨ange 3 abgegebenen usw.

Der Status-Index ergibt sich dann aus der Aufsummierung all dieser Stim- men, die passend gewichtet (abgeschw¨acht) werden, um die geringere Effek- tivit¨at von weniger direkter Zustimmung zu ber¨ucksichtigen.

Dieses Konzept der Abschw¨achung soll im folgenden erl¨autert werden:

Dazu betrachten wir eine von der zu untersuchenden Gruppe abh¨angige Kon- stante ϕ∈[0,1]. Interpretieren wir die Kanten vonGals Kan¨ale f¨ur die Wei- tergabe von Information, so dr¨uckt die Konstante ϕ die Wahrscheinlichkeit der Wirksamkeit einer direkten Verbindung aus, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass eine von vi ¨uber die Kante (den Informationskanal) (vi, vj) mitzutei- lende Information auch tats¨achlich bei vj ankommt. ϕ = 0 bedeutet also vollst¨andige Abschw¨achung, ϕ = 1 hingegen keine Abschw¨achung. Ein Weg der L¨ange k ist dann mit der Wahrscheinlichkeit ϕk wirksam. Die zu den Spaltensummen von A, A2, usw. passenden Gewichte sind demnach ϕ, ϕ2, usw.

Wir definieren

T := ϕA+ϕ2A2+· · ·+ϕkAk+· · ·

= X

l=1

ϕlAl.

ϕ kann dabei nicht beliebig gew¨ahlt werden, um Konvergenz zu erreichen.

Um den zul¨assigen Bereich vonϕzu bestimmen, ben¨otigen wir einige vorbe- reitende Hilfss¨atze.

Lemma 3.6. Sei M Rn×n, xRn, λ R. Es gilt:

Mx=λx⇒Mlx=λlx

(36)

Beweis:vollst¨andige Induktion: Sei Mx=λx l= 1 : Mlx=Mx=λx=λlx

Induktionsannahme: es gelteMl1x=λl1x

⇒Mlx=M Ml1x=M λl1x=λl1Mx=λl1λx=λlx

Lemma 3.7. Sei p∈R. Es gilt:

p∈(0,1) X

l=1

pl konvergiert

Beweis:Sei p∈(0,1). Dann gilt

1 = 1 +p−p+p2−p2+· · ·+pr+1−pr+1

= 1 +p+p2+· · ·+pr+1(p+p2+· · ·+pr+1)

= pr+1+ Pr l=0

pl−p·Pr

l=0

pi

= pr+ (1−p)·Pr

l=0

pl

Xr

l=0

pl = 1−pr+1 1−p

Xr

l=1

pl = 1−pr+1 1−p 1

= (1−pr)

1−p < 1 1−p.

(37)

Lemma 3.8. Sei M eine reellwertige Matrix, kMk eine Matrixnorm von M. Dann gilt:

kMk <1X

l=1

Ml konvergiert

Beweis: Mit den Rechenregeln f¨ur Normen und mit Lemma 3.7 gilt k

Xr l=1

Mlk Xr

l=1

kMlk

Xr

l=1

(kMk)l

= (kMk)·(1(kMk)r) 1− kMk .

Wegen kMk (0,1) ist lim

r→∞(kMk)r = 0,

⇒ kX

l=1

Mlk = lim

r→∞k Xr

l=1

Mlk

lim

r→∞

(kMk)·(1(kMk)r) 1− kMk

= kMk 1− kMk.

(38)

Jetzt k¨onnen wir eine f¨ur die Konvergenz vonP

l=1Ml notwendige und hin- reichende Bedingung formulieren.

Satz 3.9. Sei M Rn×n, sei λmax der gr¨oßte Eigenwert von M. Dann gilt:

λmax <1X

l=1

Ml konvergiert

Beweis:

: indirekt:

Sei λmax 1, sei xmax Eigenvektor von M zuλmax mit kxmaxk= 1

⇒ k Xs

l=1

Mlk ≥ k Xs

l=1

Mlxmaxk

= k

Xs l=1

λlmaxxmaxk

= | Xs

l=1

λlmax| k| {z }xmaxk

=1

Xs

l=1

1

= s

lim

s→∞k Xs

l=1

Mlk → ∞

X

l=1

Ml divergiert.

(39)

:

Sei λmax <1,δ := 1−λmax, ²:=δ/2. Sei k k² eine Norm aufRn so, dass f¨ur die induzierte Matrixnorm gilt (Satz B.21):

λmax ≤ kMk² ≤λmax+² Dann gilt:

kMk² λmax+²

= λmax+ δ 2

= λmax+1−λmax 2

= λmax 2 +1

2

< 1

Lemma 3.8

X

l=1

Ml konvergiert.

Der zul¨assige Wertebereich unseres Abschw¨achungsfaktors ϕ ergibt sich aus Korollar 3.10. Sei A Adjazenzmatrix eines Graphen G, 0< ϕ∈ R, λmax der gr¨oßte Eigenwert von A.

Dann gilt:

λmax< 1

ϕ X

l=1

ϕlAl konvergiert

(40)

Wir w¨ahlen daher ϕ so, dass λmax <1/ϕ gilt. Ein Eintrag tij von T enth¨alt dann also die Summe an direkten und indirekten Wegen von vi nach vj, umgekehrt proportional (beachteϕ [0,1]) gewichtet zu ihrer L¨ange, d.h.

tij = X

l=1

ϕl(Al)ij

= X

l=1

ϕl· {Anzahl Wege der L¨ange l von vi nachvj}

und die Spaltensummen vonT ergeben die Gesamtanzahl aller in die einzel- nen Knoten eingehenden Wege, ebenfalls entsprechend gewichtet.

Wir definieren den Statuswert eines Knotensvi durch

S(vi) = Xn

j=1

ϕ1(A1)ji+ Xn

j=1

ϕ2(A2)ji+· · ·+ Xn

j=1

ϕk(Ak)ji+· · ·

= Xn

j=1

X l=1

ϕl(Al)ji

= Xn

j=1

tji.

Somit ergibt sich f¨ur den Status-Vektor von G

S(G) = (S(v1), . . . ,S(vn))

= Ã n

X

j=1

tj1, . . . , Xn

j=1

tjn

!

= TT ·1.

Außerdem haben wir

(41)

T = ϕA+ϕ2A2+· · ·+ϕkAk+· · ·

= ¡

I+ϕA+· · ·+ϕk1Ak1+· · ·¢

·ϕA

= µ

I+P

l=1

ϕlAl

·ϕA

= (I+T)·ϕA

= ϕA+ϕT A

TT = ϕAT +ϕATTT

⇒ S(G) = TT ·1

= (ϕATTT +ϕAT)·1

= ϕATTT ·1+ϕAT ·1.

Mit P(G) = AT · 1 (siehe 3.1) erhalten wir eine andere Darstellung des Status-Index, n¨amlich

S(G) = ϕAT · S(G) +ϕ· P(G), d.h.

S(vi) = ϕ· Xn

j=1

aji· S(vj) +ϕ· P(vi)

= ϕ· X

(vj,vi)E

S(vj) +ϕ· P(vi).

Hierbei sieht man, dass sich das Statusmaß S eines Knotens vi bestimmt als die (mit Faktor ϕ) gewichtete Summe der Statusmaße der zu ihm adjazenten

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