Karlsruher Institut f¨ur Technologie Institut f¨ur Theorie der Kondensierten Materie Moderne Theoretische Physik III (Theorie F – Statistische Mechanik) SS 17
Prof. Dr. Alexander Mirlin Musterl¨osung: Blatt 10
PD Dr. Igor Gornyi, Janina Klier Besprechung: 30.06.2017
1. Mikrokanonisches Ensemble f¨ur Spin s = 1/2: (4 + 10 + 3 = 17 Punkte) Betrachten Sie ein System von N 1 nichtwechselwirkenden Spins s = 1/2, welches im Magnetfeld B durch den folgenden Hamiltonoperator beschrieben wird:
Hˆ =−gµBB 2
X
i
σiz. (1)
In dieser Aufgabe betrachten wir das mikrokanonische Ensemble f¨ur das Spin-System.
(a) Bestimmen Sie die erlaubten Werte f¨ur die Gesamtenergie: Emin ≤ E ≤ Emax. Berechnen Sie die Zahl ΩE der Zust¨ande, die die gegebene Energie E haben.
L¨osung:
Mit n benennen wir die Spins, die nach unten zeigen, n = 0, . . . , N. Der minimale und der maximale Wert der Gesamtenergie lautet
Emin =−gµBB
2 N, Emax= gµBB
2 N (2)
und die Energie kann die folgenden quantisierten Werte annehmen:
E = −gµBB
2 (N −n) + gµBB
2 n
= −gµBB
2 (N −2n), (3)
Die Anzahl der Zust¨ande mit gegebenem n und Energie E aus Gl. (3) ist gegeben durch die Anzahl der M¨oglichkeiten um given byn aus N Spins auszuw¨ahlen:
ΩE = N!
n!(N −n)!. (4)
(b) Ausgehend von der EntropieS(E) =kBln(ΩE) finden Sie die TemperaturT(E) des Systems in Abh¨angigkeit von der Gesamtenergie E. Beachten Sie, dass das System groß ist, N 1, und nehmen Sie an, dass die Energie E nicht zu nahe an den Grenzen des Spektrums liegt (E−Emin gµBB und Emax−E gµBB). Welche exotische Eigenschaft des Spin-Systems erhalten Sie f¨urE >0? Welche Eigenschaft des Energiespektrums erlaubt es?
L¨osung:
Zur Vereinfachung schreiben wir
0 =gµBB/2. (5)
Wir benutzen das mikrokanonische Ensemble und finden die Entropie mit Hilfe der Stirling-Formel:
S(E) = kBln(ΩE)'kB[NlnN −nlnn−(N −n) ln(N −n)]
= −kBnln n
N −kB(N−n) ln 1− n
N
. (6)
Jetzt benutzen wir Gl. (3) und dr¨ucken n durch E aus:
n = E 20 +N
2. (7)
Dies f¨uhrt zu:
S(E) = −kBN 1
2 + E 20N
ln
1 2+ E
20N
+ 1
2 − E 20N
ln
1
2 − E 20N
.
(8) Die Temperatur des Systems im mikrokanonischen Ensemble ist definiert als
1
T(E) = kB∂S(E)
∂E . (9)
Wir erhalten:
1
T(E) = −kB 20
ln
1 2 + E
20N
+ 1−ln 1
2− E 20N
−1
= −kB 20 ln
0N +E 0N −E
=−kB
0 arctanh E N 0, T(E) = −gµBB
2kB
arctanh E N 0
−1
. (10)
Die Temperatur des Systems wird negative, wenn E > 0. In diesem Fall zeigen mehr Spins nach oben als nach unten. Das heißt, das System ist durch eine Beset- zungsinversion charakterisiert. Wenn E =−0 ist das System charakterisiert durch T = +∞und bei E = +0, T =−∞(s. Figur 1).
Das Energiespektrum des Spin-Systems ist nach oben beschr¨ankt:E ≤Emax =N 0. Diese Eigenschaft erlaubt es dem Spin-System exotische Gleichgewichstszust¨ande (oder Quasigleichgewichtszust¨ande, falls das Spin-System in schwachem Kontakt zu einem normalen Reservoir steht) zu tragen, die durch eine negative Temperatur charakterisiert sind, s. Zusatzmaterial:
http://www.quantum-munich.de/research/negative-absolute-temperature/
(c) Betrachten Sie nun zwei Spin-Systeme (N 1 Spins in jedem), die die Gesamtener- gien E1 > 0 bzw. E2 < 0 besitzen. Nachdem die Systeme in thermischen Kontakt gebracht werden relaxieren sie ins Gleichgewicht. Berechnen Sie die Temperatur des Gesamtsystems am Ende der Thermalisierung.
L¨osung:
Die Endtemperatur kann aus der Energieerhaltung bestimmt werden
E(T,2N) =E1+E2. (11)
- 1.0 - 0.5 0.0 0.5 1.0 0.0
0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7
Abbildung 1: Entropie eines beschr¨ankten Spin-Systems in Abh¨angigkeit der inneren Ener- gie U =E
Mit Gl. (10), finden wir:
T =−gµBB 2kB
arctanhE1+E2 2N 0
−1
. (12)
F¨ur E1 >|E2| erhalten wir T <0. Auf Grund der Tatsache, dass das Spin-System bei negativen Temperaturen w¨armer ist als bei positiven Temperaturen (s. Figur 1), fließt bei Kontakt zwischen zwei Systemen die W¨arme von System mit negativer Temperatur bis sich ein thermisches Gleichgewicht bei positiver Temperatur einge- stellt hat. Handelt es sich bei dem zweiten System ebenfalls um ein Spin-System (so wie hier behandelt), bleibt die Besetzungsinversion lange genug erhalten um negative Temperaturen zu messen.
2. Spin-System mit beliebigem Spin s: (8+6+4=18 Punkte) Betrachten Sie ein System aus N nichtwechselwirkenden Spins s≥1 in einem Magnet- feldB mit der Gesamtenergie
E =−gµBB
N
X
i=1
szi, szi=−s, −s+ 1, . . . s. (13) (a) Bestimmen Sie die kanonische Zustandssumme Z, die freie Energie, die Entropie
und die W¨armekapazit¨at cB bei konstantem Magnetfeld f¨ur dieses System.
L¨osung:
Die Zustandssumme lautet Z =
" s X
sz=−s
eβgµBBsz
#N
=
"
e−βgµBBs
2s
X
m=0
eβgµBBm
#N
=
e−βgµBBs 1−eβgµBB(2s+1) 1−eβgµBB
N
=
"
sinh gµB2kB(2s+1)
BT
sinhgµ2kBB
BT
#N
. (14) Die freie Energie wird mit Hilfe der ZustandsummeZ bestimmt:
F =−N kBT lnsinh gµB2kB(2s+1)
BT
sinhgµ2kBB
BT
. (15)
Die Entropie S=−∂F/∂T ist gegeben durch S =N kBlnsinhgµB2kB(2s+1)
BT
sinhgµ2kBB
BT
+N gµBB 2T
cothgµBB
2kBT −(2s+ 1) cothgµBB(2s+ 1) 2kBT
. (16) Die W¨armekapazit¨at lautet
cB=T ∂S
∂T
B
= N(gµBB)2 4kBT2
"
1 sinh2 gµ2kBB
BT
− (2s+ 1)2 sinh2 gµB2kB(2s+1)
BT
#
. (17) Bei tiefen Temperaturen ist die W¨armekapazit¨at unabh¨angig vom Spin:
cB ≈ N(gµBB)2 4kBT2 exp
−gµBB kBT
. (18)
Bei hohen Temperaturen, geht die W¨armekapazit¨at auf Grund des begrenzten Spek- trums von oben gegen null
cB = N(gµBB)2s(s+ 1)
3kBT2 . (19)
(b) Berechnen Sie die durchschnittliche Magnetisierung M und die magnetische Sus- zeptibilit¨at bei konstanter Temperatur χT = (∂M/∂B)T .
L¨osung:
Wir finden die Magnetisierung mit M =−∂F
∂B = N gµB 2
(2s+ 1) cothgµBB(2s+ 1)
2kBT −cothgµBB 2kBT
. (20) Magnetische Suszeptibilit¨at bei konstanter Temperatur:
χT = ∂M
∂B
T
= N(gµB)2 4kBT
"
1 sinh2 gµ2kBB
BT
− (2s+ 1)2 sinh2 gµB2kB(2s+1)
BT
#
(21) Bei großen Magnetfeldern sind alle Spins im Grundzustand und die Magnetisierung ist einfach gµBN s. Bei kleinem B ist die Magnetisierung linear, M ∝B, und
χT = N(gµB)2s(s+ 1)
3kBT . (22)
Das ist das Curie-Gesetz.
(c) Das Spin-System mit s= 1 werde bei einer Magnetfeldst¨arke B1 >0 durch Kopp- lung an ein W¨armebad auf die Temperatur T1 > 0 gebracht und anschließend w¨armeisoliert. Nun ¨andert man das Magnetfeld adiabatisch auf einen neuen Wert B2 > 0. Was gilt f¨ur die Temperatur T2, die das Spin-System nach der Magnet- feld¨anderung besitzt?
L¨osung:
Offensichtlich h¨angt die Entropie (16) nur vom Verh¨altnis von Magnetfeld und Tem- peratur ab, S(B, T) = S(B/T). Die Entropie ¨andert sich nicht im adiabatischen Prozess. DaS =S(B/T) folgt B/T =konst. und damit
S = konst. ⇒ B1 T1
= B2 T2
⇒ T2 = B2 B1
T1. (23)
10 Bonuspunkte: Das Spin-System aus Aufgabe 2(c) sei nun ¨uber einen W¨armeleiter mit einer Probe mit konstanter W¨armekapazit¨atcProbeV verbunden, welche zuvor auf die Temperatur T1 gebracht wurde. Finden Sie die Temperatur T∗, die das Spin- System und die Probe nach dem Temperaturausgleich besitzen f¨ur die beiden F¨alle:
(i) kBT1 > kBT2 gµBB2 und (ii) gµBB2 kBT1 > kBT2 unter der Annahme, dass kBN/cProbeV <1.
L¨osung:
Energieerhaltungssatz (innere Energie des Spin-SystemsUs =F +T S=−M B):
cProbeV T1+Us(T2, B2) = cProbeV T∗+Us(T∗, B2), (24) cProbeV ·(T1 −T∗) = [M(T2, B2)−M(T∗, B2)]B2. (25) Aufgabe 2(b), Gl. (20):
s= 1 : M(T, B) = N gµB
2
3 coth3gµBB
2kBT −cothgµBB 2kBT
= N gµB sinhgµkBB
BT
1 + 2 coshgµkBB
BT
. (26)
Daraus folgt:
cProbeV ·(T1−T∗) = N gµBB2
"
sinhgµkBB2
BT2
1 + 2 coshgµkBB2
BT2
− sinhgµkBB2
BT∗
1 + 2 coshgµkBB2
BT∗
#
. (27) Offensichtlich T2 < T∗ < T1.
(i)kBT1 > kBT2 gµBB2 (⇒ auchgµBB2 kBT∗):
Wir entwickeln die rechte Seite der Gl. (27) in gµBB2/kBT2, gµBB2/kBT2 1:
cProbeV ·(T1−T∗)' N(gµBB2)2 3kB
1 T2 − 1
T∗
, (28)
T∗ = 1 2
T1− N(gµBB2)2 3kBT2cProbeV +
s
T1 −N(gµBB2)2 3kBT2cProbeV
2
+4N(gµBB2)2 3kBcProbeV
. (29) (ii) gµBB2 kBT1 > kBT2 unter der Annahme, dass kBN/cProbeV <1:
F¨ur gµBB2/kBT∗ 1 und gµBB2/kBT2 1, ist die rechte Seite der Gl. (27) exponentiell klein:
cProbeV ·(T1−T∗)' N gµBB2 2
exp
−gµBB2 kBT∗
−exp
−gµBB2 kBT2
. (30) Wir benennen
t∗ = kBT∗
gµBB2, t1 = kBT1
gµBB2, t2 = kBT2
gµBB2, a= kBN 2cProbeV und schreiben Gl. (30) als
t1−t∗ = a e−1/t∗−e−1/t2
. (31)
Da a <1 undt2 < t∗ < t1 1, k¨onnen wir schlussfolgern, dass t1−t∗ < e−1/t∗−e−1/t2
< e−1/t1 −e−1/t2 < e−1/t1 und daher
t1−t∗
t21 < e−1/t1
t21 1. (32)
Deshalb k¨onnen wir schreiben exp
−1 t∗
= exp
− 1 t1−(t1−t∗)
'exp
−1 t1
1 + t1 −t∗
t1
= exp
−1 t1
exp
−t1−t∗
t21
'exp
−1 t1
. (33)
Ersetzen vone−1/t∗ mit e−1/t1 in Gl. (31), f¨uhrt uns zu T∗ 'T1− kBN
2cProbeV
exp
−gµBB2
kBT1
−exp
−gµBB2
kBT2
. (34)
3. Van-der-Waals-Gas: (8 + 6 + 6 + 5 = 25 Punkte) Betrachten Sie ein Van-der-Waals-Gas mit der Zustandsgleichung
P +N2a V2
(V −N b) =N kBT. (35) (a) Ausgehend von Gl. (35) berechnen Sie die innere Energie U des Gases. Die Teil-
chenzahlN sei konstant. Nehmen Sie an, dass N a/(kBT V)1 und N b/V 1.
L¨osung:
Zun¨achst betrachten wir das totale Differential der inneren Energie U(T, V):
dU = ∂U
∂S
∂S
∂T V
dT + ∂U
∂S
∂S
∂V T
dV + ∂U
∂V T
dV
=T ∂S
∂T V
dT +
T ∂P
∂T V
−P
T
dV
=cV (V, T)dT +
T ∂P
∂T V
−P
dV, (36)
wobei wir die Maxwell-Relation ∂P
∂T
V
= ∂S
∂V
T
verwendet haben. Die obige Relation k¨onnen wir nutzen um eine weitere
”Maxwell- Relation“ herzuleiten
∂U
∂T
V
(36)= cV (V, T) ,
∂U
∂V
T (36)=
T ∂P
∂T V
−P
,
∂U
∂T ∂V = ∂U
∂V ∂T ⇒ ∂cV
∂V T
= ∂
∂T
T ∂P
∂T V
−P
V
. (37)
Aus der Zustandsgleichung folgt:
P = N kBT V −N b −
N V
2
a,
∂P
∂T V
= N kB
V −N b ⇒ T ∂P
∂T V
−P = N
V 2
a. (38)
Wegen (38) und (37) ist die W¨armekapazit¨at unabh¨angig vom Volumen, wir k¨onnen also schreiben
dU =cV (T)dT + N
V 2
adV
Diese Beziehung kann nun integriert werden. Wir beginnen im Anfangszustand mit (T0, V0) sowie der inneren Energie U0 und erhalten somit
U(T, V) = U0(V0, T0) + Z T
T0
cV (T)dT −N2a 1
V − 1 V0
.
F¨urN a/(kBT V)1 und N b/V 1 k¨onnen wir die W¨armekapazit¨at als konstant annehmen,cV (T) = cV, da in einem idealen Gas (a= 0, b= 0) die W¨armekapazit¨at unabh¨angig von T ist. Dadurch erhalten wir
U(T, V) =U0(V0, T0) + cV ·(T −T0)−N2a 1
V − 1 V0
. (39)
Die innere Energie nimmt also f¨ur zunehmendes Volumen zu. Bei zunehmendem Volumen wird der mittlere Abstand zwischen den Teilchen gr¨oßer, wodurch der Effekt der anziehenden Wechselwirkung verringert wird, die Energie des Systems steigt folglich.
Bemerkung: Nun vergleichen wir dies mit dem Ergebnis, das man aus der Zu- standssumme erh¨alt. Die Zustandssumme ZN wird berechnet mit
ZN =
Z d3Npd3Nr (2π~)3NN!exp
"
−β X
i
~ pi2
2m +X
i<j
V(~ri−~rj)
!#
= 1
N!λ3NT Z
d3Nrexp
"
−βX
i<j
V(~ri−~rj)
#
= 1
N!λ3NT Z
d3NrY
i<j
e−βVij
| {z }
QN
mit
λT =
h2 2πkBT m
12
, ∂TλT =−λT 2T. F¨ur βVij 1 ist eine Entwicklung nicht-trivial. Wir k¨onnen
fij =e−βVij −1
entwickeln um dieses Problem zu entgehen. Dies ist im Allgemeinen Y
i<j
(1 +fij) = 1 +X
i<j
fij + X
i<k;j<l
fikfjl+. . . . Im vorliegenden Fall f¨uhrt dies zu
QN =VN +VN−1N(N −1) 2
Z
d3r e−βV(r)−1 +. . . . Damit kann man die Zustandssumme schreiben als
ZN = VN N!λ3NT
1 + N(N −1) 2V B(T)
. (40)
Mit Hilfe eines Potentials (f¨ur das reale Gas wird meistens das Lennard-Jones- Potential angenommen) kann nunB(T) bestimmt werden (s. Vorlesung):
B=b− a
kBT , ∂TB = a kBT2.
Bestimmen wir zun¨achst die Freie Energie und damit die Entropie
F =−kBT ln(Z), (41)
S =− ∂F
∂T
V,N
=kBln(Z) + kBT Z
∂Z
∂T. (42)
Somit erhalten wir f¨ur die Innere Energie U =F +T S= kBT2
Z
∂Z
∂T = kBT2 Z
∂Z
∂λT
∂λT
∂T +∂Z
∂B
∂B
∂T
'kBT2
−3N λT
∂λT
∂T − N2 V −NB
∂B
∂T
= 3
2N kBT − N2a V
1− N b
V + N a V kBT
−1
' 3
2N kBT −N2a V
1 + N b V
+N (N a)2
V2kBT. (43)
Bestimmen wir nun noch die W¨armekapazit¨at
cV = ∂U
∂T
V
'N kB
3 2−
N a kBT V
2
| {z }
1
' 3
2N kB. (44) so sehen wir, dass gilt
U(T, V)'cVT − N2a
V (45)
was zu zeigen war.
(b) Skizzieren Sie die Isothermen P =P(V) eines durch Gl. (35) definierten Van-der- Waals-Gases. Zeigen Sie, dass man die Helmholtzsche Freie Energie F(V) f¨ur kon- stante Temperatur durch ein Integral ¨uber P(V) erh¨alt, und skizzieren Sie F(V).
Identifizieren Sie Bereiche, in denenF(V) nicht konvex ist (d.h. die isotherme Kom- pressibilit¨at negativ ist).
L¨osung:
Die Isothermen des Van-der-Waals-Gases haben folgende Form:
Die ¨Anderung der freien Energie ist gegeben durch:
dF =−SdT −P dV +µdN.
Bei konstanter Teilchenzahl entlang einer Isothermen erhalten wir dF =−P dV.
Wir finden alsoF(V) aus P(V) durch integrieren F(V) =F(V0)−
Z V V0
P(V)dV,
wobeiP(V) die aus der Van-der-Waals-Gleichung resultierende Isotherme ist. Sche- matisch erhalten wir folgende Ergebnisse:
F¨ur die isotherme Kompressibilit¨at κT =−1
V ∂V
∂P
T,N
gilt
1
V κT =− ∂P
∂V
T ,N
= ∂2F
∂V2
T ,N
(46) F¨ur T < TC wird dieser Ausdruck negativ im Bereich V< < V < V>. In diesem Bereich ist die L¨osung der Van-der-Waals-Gleichung unphysikalisch. Das homogene Gas ist nicht stabil.
(c) Leiten Sie aus der Bedingung thermodynamischer Stabilit¨at den Verlauf der wahren Isothermen im (F-V)-Diagramm und im (P-V)-Diagramm ab. Zeigen Sie, dass sich die Lage der EndpunkteVAundVB des Koexistensbereichs von Gas und Fl¨ussigkeit im (P-V)-Diagramm aus der Bedingung
Z VB
VA
P dV =PA(VB−VA) (47) ergibt.
L¨osung:
Die Stabilit¨at der Koexistenz zweier Teilsysteme A und B erfordert:
TA=TB =T wenn W¨aermeaustauch m¨oglich ist, PA=PB =P wenn Volumenaustauch m¨oglich ist, µA=µB =µ wenn Teilchenaustauch m¨oglich ist.
Eine konvexe freie Energie im unphysikalischen Bereich der Van-der-Waals-Kurven kann erreicht werden, wenn die Koexistenz zweier PhasenAundB (fl¨ussig, gasf¨ormig) angenommen wird. Druck P und Temperatur T sind in beiden Phasen gleich, und im Gleichgewicht muss µA(P, T) = µB(P, T) gelten. Da die Funktionen µA(P, T) und µB(P, T) verschieden sind (das ist die Bedingung daf¨ur, dass es sich um zwei verschiedene Phasen handelt), f¨uhrt die Gleichung µA(P, T) = µB(P, T) auf eine Koexistenzkurve Pkoex(T) in einem (P-T)-Diagramm. Daraus folgt, dass entlang einer Isotherme (T=konst.) im Koexistenzbereich auch der Druck konstant bleiben muss. Aus dem Gesagten folgt, dass die korrekte Isotherme im (P-V)-Diagramm eine horizontale Linie ist. Wir m¨ussen also nur noch herausfinden, mit welchem Druck P = PA = PB diese horizentale Linie assoziiert ist. Im (F-V)-Diagramm entspricht die Koexistenzkurve einer Geraden mit Anstieg−PA=−PB.
DamitF uberall eine konvexe Funktion von¨ V wird, muss die entsprechende Gerade im Koexistenzbereich in die Tangenten vonF bei VA und VB m¨unden, das heißt,
−PA= ∂F
∂V
T ,N
V=VA
=−PB = ∂F
∂V
T ,N
V=VB
= F(VA)−F(VB)
VA−VB . (48) Benutzen wir nun, dass
F(VA)−F(VB)≡ Z VB
VA
P(V)dV, so ergibt sich mit (48)
Z VB
VA
P(V)dV =PA(VB−VA). (49)
Abbildung: Maxwell-Konstruktion.
Dies ist ein Ausdruck f¨ur die Maxwell-Konstruktion: Die Fl¨achen zwischen den Van- der-Waals-Isothermen und der horizontalen Isothermen im Koexistenzbereich sind oberhalb und unterhalb der horizontalen Isothermen gleich. Grafisch interpretiert besagt Gl. (49) n¨amlich, dass die Fl¨ache unterhalb der VdW-Isothermen gleich der Fl¨ache des hellgrauen Rechtecks sein muss. Dies ist jedoch nur m¨oglich, wenn der schraffierte Bereich (s. Abbildung) fl¨achengleich dem
”oben fehlenden“ weißen Bereich ist.
(d) Bei einer kritischen Temperatur Tc reduziert sich der Koexistenzbereich auf einen Punkt Pc(Vc) im (P-V)-Diagramm. Bestimmen Sie Tc, Vc und Pc in Abh¨angigkeit von a, b und N.
L¨osung: Zustandsgleichung:
P +N2a V2
(V −N b) =N kBT ⇒ V3−
N b+N kBT P
V2+ N2a
P V −N3ab
P = 0. (50)
Polynom dritten Grades hat 3 komplexe Nullstellen:
(V −V1)(V −V2)(V −V3) = 0
ist die Normalform. F¨ur T < Tc bei Dampfdruck (Koexistenzdruck) ergeben sich drei reelle Nullstellen. F¨ur T =Tc beiPc ergibt sich eine dreifache Nullstelle bei Vc:
⇒ 0 = (V −Vc)3 =V3−3VcV2+ 3Vc2V −Vc3.
Vergleichung mit Gl. (50) liefert drei Gleichungen f¨ur die Unbekannten Pc, Vc und Tc: 3Vc=N b+N kBTc
Pc , 3Vc2 = N2a
Pc , Vc3 =N3ab Pc und somit: Vc= 3N b; Pc= a
27b2, kBTc= 8 27
a b und PcVc
N kBTc = 3
8. Dies ist eine universelle, materialunabh¨angige Konstante.