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Institut des Deutschen Reiches

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MITGLIEDERNACHRICHTEN

Neue Mitglieder:

178 Seminar für Vorderasiatische Kunst und für Bauforschung der

Pliilipps-Universität, Marburg (Lahn), Jubiläumsbau, Biegen¬

straße 11.

2811 Kurt Hansen, Berlin-Wannsee, Schulstr. 3.

2812 Kanonier Schatte, Dessau-Köchstedt, 8. Flakrgt. 26.

2813 Otto Ahrens, Eisfeld (Thür.), Beim Schützenhof 14 (bei Hopf).

2814 Dr. Günther Martiny, Istanbul, Taksim, Sira Selvi 123, Arch. Institut des Deutschen Reiches.

Anschriften-Änderungen :

( Mit der Bitte um Abänderung Im Mitglieder-VerzeichnlB, Bd. 84, N. F. Bd. 9, H. 1.) Herr Prof. Dr. H. W. Bailey, Queen's College, Cambridge (England).

Herr Dr. Adolf v. Duisburg, Dippelsdorf-Buchholz bei Dresden.

Herr Prof. Dr. Lorenz Dürr, Regensburg, Dechbeltenerstr. 14.

Herr Rolf Eckstein, cand. phil., Heidelberg, Landfriedstr. 4 III.

Herr Alois Ferstl, Steuerinspektor, Augsburg, Kreiskasse.

Herr Prof. Dr. Johann Fück, Halle (Saale), Wettiner Str. 23 II.

Herr Dr. Wilhelm Hoenerbach, Breslau, p. Adr.: Orient. Seminar, Schuh¬

brücke 49.

Herr Pfarrer Dr. A. Hohenberger, Feuchtwangen, Hindenburgstr. 274.

Fräulein cand. phil. Liselotte Kulisch, Berlin W15, Schaperstr. 19.

Herr Prof. Dr. O. Kümmel, Berlin-Dahlem, Arnimallee 23b.

Herr Dr. Stanislaw Fr. Michalski, Warszawa (Polen), Wawelska 40.

Herr Dr. Hellmuth Müller-Feldmann, Berlin W 15, Kurtürstendamm 69.

Herr Dr. Johann .Mbert Potratz, Köln, Genter Str. 26.

Herr Prof. Dr. Walter Ruben, Ankora (Türkei), Oezenli Sokag. Ugur. Ap. Nr. 4 Yenisehir.

Herr Dr. Herbert D. Schaedel, Leipzig N 22, Monlbestr. 30.

Herr Univ.-Prof. Dr. Theodor Seif, Wien III, Trubelgasse 11.

Herr Prof. Dr. Walter Simon, Twickenham (Middlesex), 13 Li.sbon Avenue.

Orient. Institut an der Univ., Indische Abteilung, Berlin NW 7, Ziegelstr. 28.

(Nachf. des Indogermanischen Seminars, Berlin).

(2)

*2« Mitgliedernachrichten

Ausgetreten:

(Mit der Bitte mn Strelohmig im Mitglieder-Verzeichnis, Bd. 84, N. F. Bd. 9, H. 1.) Herr Reg.-Baurat Prof. Ernst Boerschmann, Berlin-Wilmersdorf, Prinz-

regentenstr. 78.

Herr Prälat Dr. Sebastian Euringer, DiUingen a. D.

Herr cand. theol. et phil. Friedrich Diening, Essen-Rüttenscheid, Emmastr. 72.

Herr Dr. Karl Mlaker, Gleisdorf (Österreich), Neug. 13.

Herr Otto Schlüter, Köln (Rhein), Gereonsmühlengasse 3.

Herr Kaufmann Ernst Schützmann, Leipzig N 24, Emil-Schubert-Str. 11 I.

Verstorben :

Herr Prof. Eduard James Rapson, Cambridge (England), 8, Mortimer Road.

Herr Dr. Norbert Peters, Paderborn, Dürener Weg 4.

Herr Prof. Dr. Arnold Walther, Chikago (III.), USA., 5405 Woodlawn Ave.

Die Mitgliederversammlung der Gesellschaft

Am Dienstag, dem 30. August 1938, nachm. S^/j Uhr im Orientalischen

Seminar, Bonn, Poppelsdorfer Allee 25.

Der 9. Deutsche Orientalistentag in Bonn vom 30. August

bis 3. September 1938.

Feierliche Eröffnung : Dienstag nachm. 5'/* Uhr in der Neuen Aula der Universität Bonn.

(3)

DER IX. DEUTSCHE ORIENTALISTENTAG

Bonn 1938

Der Neunte Deutsche Orientalistentag wurde ara Dienstag, dem 30. August, 17.30 Uhr in der Neuen Aula der Universität eröffnet. Nach einem Orgelvortrag von Prof. Hans Bachem- Köln (Passac^glia, C-Moll von J. S. Bach) begrüßte der 1. Vorsitzende der Gesellschaft, Ministerialdirektor Dr. C. PBÜPEB-Berlin, die erschienen Teilnehmer. Auf seinen Vorschlag wurde an den Führer und Reichs¬

kanzler das nachstehende Telegramm abgesandt:

,,Die zum Neunten Deutschen Orientalistentag in Bonn versammelten deutschen Orientalisten gedenken des Führers in unwandelbarer Treue und Dankbarkeit. Sie geloben, mit ihrer ganzen Kraft bestrebt zu sein, zum Heile des Vaterlandes die deutsche Wissenschaft zu mehren."

(Die Antwort, die im Anschluß an die Abendvorträge am Donnerstag, dem 1. Sept., von dem Geschäftsführer der Gesellschaft verlesen wurde, lautete:

„Der Führer und Reichskanzler hat mich beauftragt, den Teilnehmern am Neunten Deutschen Orientalistentag seinen Dank für die Treuebekun¬

dung und seine besten Grüße zu übermitteln. Staatsminister Dr. Meißner.") Er dankte dem Rektor der Universität, in deren Räumen die Tagung statt¬

findet, der Stadt Bonn, deren Oberbürgermeister in dankenswerter Weise der Abhaltung der Tagung seine Unterstützung zuteil hat werden lassen, den Be>

hörden der Provinz und der Partei, die ihr Interesse an der Tagung durch GrUße und Abgesandte bekundet haben. Ein herzlicher Gruß wurde den ausländischen Fachgenossen ausgesprochen, die sich wieder zu gemeinsamer Arbeit und kolle¬

gialer Fühlungnahme bei unserer Tagung eingefunden haben. Besonderer Beifall wurde gespendet, als er die Kollegen aus Wien und Graz hier begrüßte. Es folgten Begrüßungsansprachen des Rektors der Universität, Prof. Schmidt, und des Ver¬

treters der Stadt Bonn, Stadtrat Dr. Hibtz. Im Namen der ausländischen Gelehr¬

ten sprachen Prof. NTBEBO-Uppsala, Prof. GiBB-Oxford und Prof. BswBB-New York. Nach einem Orgelvortrag von Prot. Bachem- Köln (Präludium und Fuge, E-Moll von J. S. Bach) hielt Prof. E. Kübnbl, Direktor der islamischen Ab¬

teilung der Staatlichen Museen in Berlin, in dem vollbesetzten größten Audito¬

rium der Universität seinen eindrucksvollen Festvortrag über das Thema:

,, Normannen und Sarazenen". Zu diesem Vortrag, ebenso wie zu den Abendvor¬

trägen, die am Mittwoch, Donnerstag und Freitag stattfanden, hatten die Stadt Bonn und das Orientalische Seminar der Universität besondere Einladungen er¬

gehen lassen. Das hatte den Erfolg, daß sich zu diesen Vortragen eine ganz besonders große Zuhörerschaft eingefunden hatte.

Zeitschrift d. DMO Bd. »3 (Neue Folge Bd. 17) 4S

(4)

• 4 ♦ Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938

.\m Abend nach dem Festvortrag vereinigten sioli die Teilnehmer, einer Einladung der Stadt Bonn folgend, im Königshof. Hier begrüßtp Stadtrat Dr. lliKTZ namens der Stadt die Erschienenen und Prof. LiTTMANN-Tübingen sprach n.imcns der Orientalisten seinen Dank der Stadt Bonn und den Veran¬

staltern des Orientalistentages au.-.

An den folgenden Tagen war die Zeit von 9—-1 und 20—21.30 Uhr den Vor¬

tragen gewidmet. Die Nachmittage waren für Ausflüge in die Umgebung vor¬

gesehen. So fand am Mittwoch nachmittag ein Ausflug nach dem Petersberg statt; am Donnerstag eine Fahrt nach Godesberg, wo im Beethovensaal der Redoutc das Kirchenmaier-Quartett aus Bonn das Streichquartett von Beethoven Opus 59, 1, F-Dur vortrug; am Freitag ein Ausflug nach Maria Laacli, wo die Teilnelimer Gelegenheit hatten, die Kirche und das Benediktinerkloster unter sachverständiger Führung zu besichtigen. Diese Ausflüge waren von gutem Wetter begünstigt und erfreuten sich einer großen Teilnehmerzahl. Eine wert¬

volle Gelegenheit zum Meinungsaustausch boten auch die zwanglosen Zusammen¬

künfte an den Abenden nach den Vorträgen.

Der Orientalistentag wurde am Sonnabend, den 3. Sept., um 12.30 Uhr durch den Veranstalter der Tagung, Prof. Kahle, geschlossen. Üm 1 Uhr versammelten sich die Teilnehmer in großer Zahl zu einem gemeinsamen Essen in der Lese, bei dem Prof. Kaule den Dank an die Teilnehmer aussprach und Prof. Massignon- Paris und Prof. TscHCDi-Basel in freundlichen Worten den Dank für das vor¬

treffliche Udingen der Tagung zum Ausdruck brachte».

Der Orientalistentag hat im allgemeinen einen sehr erfreulichen Verlauf genommen und bot reichlich Uelegenheit zur wissenschaftlichen Fühlungnahme zwischen den deutschen und auslandischen Gelehrten.

Fest Vortrag am Dienstag, dem 30. August:

1) E. Kühnel, Berlin: Normannen und Sarazenen.

Dem Reiche der Karolinger drohten um die Mitte de.s 9. Jahrli. von

der See her zwei ernste Gefahren : im Süden durch die .\raber, die,

mit einem .Male zu Si'efalirorn geworden, nach der Eroberung Siziliens in Lnti'ritalien oindrangiMi und 8'iG und 87(> vor Rom standen, im Norden durch die Wikinger, dio naoh fortgesolzten Beutezügen 885 Paris belagerten, \ ielloioht isl os nur oin Zufall, daß diese beiden erbittorton Gegner der christlichen Religion und vor allem des großen Christon¬

staates, dor unter fränkisolior Fülirunu: dorn .Vbondlande sein neues Gesicht gab, «iamals nicht in t>olitisoho Hozioliung zueinander traten.

Sic gingen gotronnt vor. und dor Hndorfolg blieb beiden versagt, l'iul düoli hat der Gang dor Closohichto os gewollt, daß sie zwei Jahrhunderto spater, freilich unter andoron [ nisländen. zusanmiongoführt wurdon.

l'iio Zeit dor Normannonhorrsolinll in Sizilien ist dio giiinzondo Epoche, die ihnen Gelegenheit gab. in engorom Räume, aber mit desto größerem

Erfolge das Versäunito nachzuholen und durch ihr Zusammenwirken

Morgen- und Abendland oinandor so nahe zu brintron. wie sio es seitdem nie wieder gowosen sind.

(5)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 * 5 *

) lie Hoffnung, daß nach der Landnahme der Nordmänner in dem

Gebiete, das seitdem ihren Namen trägt, aus den wilden Seeteufeln

zahme Bauern und Bürger würden, erwies sich als trügerisch. Sie wurden zwar Christen und lernten französisch, aber das alte Wiltingerblut gärte weiter in ihnen, und das 11. Jahrli. sieht sie wieder auf dem Plan mit

ihren gefürchteten Drachenschiffen, mit denen Wilhelm der Eroberer

England unterwirft, während Tankred von Hautevillo in Unteritalien

eingreift. Erst Helfer der Langobarden gegen Byzanz, dehnen seine

Söhne ihre Macht immer weiter aus, und als nach der Eroberung

Siziliens der Graf Roger seine Regierung aufbaut, legt er von vorn¬

herein größten Wert auf ein gutes Einvernehmen mit der mohammeda¬

nischen Bevölkerung. Wir finden ihn 1098 mit 20000 Mann sarazo-

ni.scher Truppen vor Capua, und es isl wohl bezeichnend, daß er sich

ihrer Bekehrung durch den hl. .Vnselm energisch widersetzt.

Siziliens große Kulturblüte verbinden wir mit dem .\amen Uof,'ers IL, der sich 1130 zum König krönen laßt und von vornherein die .Stellung des mohammedanischen Elements zielbewußt stärkt, Rogieriingsfonii und Hofhaltung seiner islamischen Vorgängerin! wesentlichen beibeli.-ilt,

arabische Münzen prägt und Urkunden mit der '.Mäiiia des ,, Sultän

Rogär" versieht. Der Wikingergoist zeigt sich noch deutlich in der Bevorzugung der Flotte: im Diwän ist die wichtigste Persönlichkeit der Minister für Seewesen, der ,,ainlr al-bahr" (daraus äfippas und ,, ammiraglio"). Gendarmerie, Artillerie und Pioniere w'aron Sarazenen,

und ebenso wurde nach arabischem Vorbild die Feldtaubenpost ein¬

gerichtet. Die Vorliebe für orientalische Sitten am Hofe Rogers findet

ihre Erklärung schon in dem ßedüi'fnis, sich gegenüber der anderen

Christenheit abzuheben, ganz abgesehen davon, daß fränkische Lebens¬

art den Normannen nicht sonderlieh lug und byzantinisches Zeremoniell noch viel weniger. Der König sprach geläufig arabisch, zog arabische

Gelehrte und Dichter an seinen Hof und verschenkte wie ein Sultan

Ehrengewänder, die im ,,tiräz", seiner llofwerkstatt, von sarazenischen Mädchen und Sklaven verfertigt wurden. Er ließ physikalische Werke aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzen und stellte in ISjäliriger

freundschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Geographen Idrisi die

bekannte große Weltkarte her, die als sein Lebenswerk gelten darf.

Dabei wandte er alle verfügbaren Mittel an, um zu einem klaren Well¬

bild zu gelangen, und es ist interessant, zu verfolgen, wie hier durch den Wirklichkeitssinn des Nordländers arabische A\ issonschaft in das exakte

Fahrwasser gezwungen wird. Aus dem Bericht dos Ihn Gubair, der

1184 in Palermo weilt, ersehen wir, daß auch unter Roger's Nachfolgern

das arabische Element auf den verschiedensten Gebieten noch von ent¬

scheidender Bedeutung blieb.

Durch die Heirat Heinrichs VI. mit Rogers jüngster Tochter kommt 1194 Sizilien an die Staufer, und als Waise, hin und her gezerrt von den

verschiedensten Einflüssen, arm und in engster Berührung mit dem

(6)

• 6 * Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938

Volke, wächst in Palermo Friedrich II. heran, in dem Wikingerblut und Stauferstolz sich mit arabischer Bildung zu der glänzendsten Herrscher¬

gestalt verbinden sollten, die das Mittelalter gekannt hat. Seine Ver¬

trautheit mit dem Orient verhilft ihm zu einem seiner glänzendsten politischen Erfolge, als er, vom Papste gebannt und ohne zuverlässige

Truppen zur Kreuzfahrt ausgezogen, lediglich durch geschicktes Ver¬

handeln mit dem Sultan von Ägypten Jerusalem und die anderen

heiligen Stätten der Christenheit wiedergewinnt. Auch seine Hofhaltung

trägt noch stark morgenländisches Gepräge; die Sarazenen, die er in

Lucera angesiedelt hatte, stellen ihm Leibwache und Dienerschaft und

sorgen für jegliche Ausstattung. Arabische Gelehrte gehören zu seiner ständigen Begleitung, mit ihnen diskutiert er naturwissenschaftliche und philosophische Probleme, und seine ,, Sizilischen Fragen", die er an führende Köpfe der islamischen Welt sendet, sind vielleicht der schla¬

gendste Beweis, wie weit dieser überragende Geist in eine ihm blutmäßig fremde Denkweise einzudringen vermochte.

Können wir so von Roger I. bis zu Friedrich II. — und übrigens noch bei dessen Sohn Manfred — eine starke Vorliebe für sarazenische Kultur feststellen, so liegt es nahe zu untersuchen, wie sich diese Beziehung

in den Kunstschöpfungen der Normannenzeit geäußert hat. Leider ist

von den Baudenkmälern, die Palermo damals zu einer der schönsten

Städte der Welt machten, nur wenig erhalten geblieben, aber immerhin

genug, um uns über die architektonischen Bestrebungen dieser Epoche

aufzuklären. Die Belebung der Fassaden durch spitz zulaufende, dicht

gestellte oder sich kreuzende Blendbogen (Abb. 1) läßt sich auf fati-

midische Vorbilder in Nordafrika und Ägypten zurückführen, wird aber

gerade in Sizilien besonders eigenartig ausgebildet und auch auf Kirchen¬

bauten angewendet, die übrigens selbst in ihrer Raumgestaltung gelegent¬

lich ganz die islamische Richtung einschlagen, während in der Regel bei ihnen naturgemäß byzantinische und abendländische Formen stärker her¬

vortreten. Die Palastbauten waren meist bis in alle Einzelheiten saraze¬

nisch ; das Stalaktitwerk {mugarnas) kommt zu üppiger Entfaltung, auch der Inschriftschmuck ist arabisch, und nur in den Mosaiken verrät sich

die Mitwirkung griechischer Handwerker. Die prunkvolle Kassetten¬

decke in der Palastkapelle Rogers mit ihren vielen, vorzüglich beobach¬

teten, kleinen Bildern ist für uns von unschätzbarem Wert als das

einzige bedeutende Denkmal islamischer Malerei des 12. Jahrb., vielleicht ein -\bleger der Schule von Kairo, die damads in hoher Blüte stand.

Unter den kunstgewerblichen Erzeugnissen steht die Holzschnitzerei ganz im Banne des fatimidischen Stils, aber in einem Beispiel wenigstens klingt ein altes Wikingermotiv nach, von einem arabischen Handwerker übernommen (,\bb. 2, 3). überragend muß der Anteil Siziliens an orien¬

talischen Elfenbeinarbeiten gewesen sein; schon im 11. Jahrh. wurden

dort Jagdhörner und Schmuckkästen mit Reliefschnitzerei offenbar in

er • Linie für das Abendland gefertigt, dessen romanischen Bildstil

(7)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 • / » sie mehrfach beeinflußten, später finden wir Belagplatten mit kunst¬

voller Durchbrucharbeit, und noch im 13. Jahrh. wandern Kästen und

Büchsen mit Bemalung und Vergoldung von dort in unsere Kunst¬

kammern und Kirchenschätze. Vermögen wir von der keramischen

Tätigkeit und der Metallkunst unter den Normannen aus den wenigen

Belegen, die auf uns gekommen sind, keine klare Vorstellung zu ge¬

winnen, so sind wir desto besser unterrichtet über die hervorragenden

Leistungen der Textilindustrie. Gewirkte Goldborten (aurifrisia) aus

Palermo waren in allen christlichen Ländern sehr begehrt, und seit der

Mitte des 12. Jahrh. nimmt die Seidenweberei einen gewaltigen Auf¬

schwung, unter völliger Umwandlung der bis dahin üblichen Muster und

von vorbildlicher Bedeutung für die weitere Entwicklung in Lucca und

Venedig. Als berühmtestes Denkmal sarazenischer Stickerei aber be¬

wundern wir noch heute den prunkvollen Krönungsmantel, der laut

arabischer Inschrift im Jahre 1133 für König Roger in seiner Hofwerk¬

statt hergestellt wurde und durch die Staufer zu den deutschen Reichs¬

kleinodien kam (Abb. 4). Die Art, wie hier das Tierkampfmotiv in

die Fläche gesetzt ist, erinnert wiederum an gewisse Äußerungen der

Wikingerkunst, mit deren unwirklichem Zierstil die Normannen sich

trotz der langen Trennung von ihrer Urheimat offenbar immer noch so

eng verwachsen fühlten, daß ihnen die geistesverwandte sarazenische Richtung näher lag als alle christliche Symbolik.

Vorträge am Mittwoch, dem 31. August, vormittags:

2) Albebt Schott, Bonn: Eine älteste Urkunde mathematischer

Naturbetrachtung.

Je höher die Sonne steigt, desto kürzer werden die Schatten aller Dinge; je tiefer sie sinkt, desto länger die Schatten. Diese Tatsache ist natürlich auch schon von den Babyloniern und Assyrern beobachtet

worden. Darüber hinaus kennen wir einen Versuch, ihr einen mathe¬

matischen Ausdruck zu verleihen: in der zweiten Tafel der Serie Mul

Apin, die vermutlich um 700 abgefaßt ist, gibt es Gnomontabellen,

in denen die Längen der Schatten, die ein Gnomon (wie sich er¬

schließen läßt, ein Stab von einer Elle Länge) auf eine waagerechte Ebene wirft, für verschiedene Tageszeiten um die Gleichen und Wenden

des Jahres aufgezeichnet sind. Untersucht man die dort gegebenen

Zahlenwerte, so stellt sich heraus, daß ihre Übereinstimmung mit der

Wirklichkeit zu wünschen übrig läßt, daß indessen die vorgefundenen

Abweichungen von der Wirklichkeit nicht auf die in der Tat erheb¬

liche Schwierigkeit derartiger Beobachtungen zurückzuführen sind,

sondern darauf beruhen, daß der Verfasser der Tabelle seinen Be¬

obachtungsreihen den Anfang der bekannten Reziprokentabellen, mit

deren Hilfe die Babylonier ihre Divisionen ausführten, unterlegt hat.

Man muß, um dies recht zu würdigen, davon absehen, daß die Ver-

(8)

*8* Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 einbarkeit der Reziprokenreihe mit der Stunden- und Schattenreihe wesentlich zufälliger Art ist; es heißt vielmehr zu verstehen, daß der

Verfasser der Tabelle sich von der Überzeugung leiten ließ, es sei

möglich, in den Naturvorgängen Zahlenregeln nachzuweisen, die auch

unabhängig von diesen Vorgängen gelten. Damit ist ein Thema an¬

geschlagen, das sich im Lauf der Jahrhunderte eine maßgebende

Stellung im Geistesleben errungen und sich gegenwärtig in einer da¬

mals schlechthin ungeahnten Weise entfaltet hat.

3) H. H. Rowley, Bangor (North Wales): Zadok and Nehushtan.

Zadok was probably the pre-Davidic priest of the Jebusite shrine in Jerusalem, and Nehushtan the sacred symbol in the shrine he guarded.

Gen. xiv is evidence that there was an ancient shrine in Jerusalem,

and presumptive evidence that it was not destroyed by David, since

the story that Abram paid tithes to the priest-king of Jerusalem would

not have been preserved by a people that destroyed the shrine. The

aetiological character of that story lies in its legitimation of the ancient priesthood of Jerusalem. Moreover, Ps. cx. 4 implies that, in whatever

age this Psalm was written, the writer regarded the priesthood of

Melchizedek as of enduring validity, and therefore not already extinct.

David did not himself build a shrine in Jerusalem, but brought the Ark

and his own priest Abiathar into the city, and from that point on we

find Zadok standing beside Abiathar and associated with the Ark, until

the beginning of Solomon's reign, when Abiathar was dismissed and

Zadok stood alone. Probably the Ark was placed in the ancient Jebusite shrine until the erection of Solomon's Temple. The close examination of the passages that seem inconsistent with this view shows that they are not really fatal to it. It is not necessary, however, to suppose with

Mowinckel and Bentzen that Zadok was the king of Jerusalem whom

David conquered.

Again, it is unlikeiy that the Brazen Serpent was of genuinely

Mosaic origin, since its presence in Jerusalem would be unexplained.

For it is improbable that it had always accompanied the Ark, and its

separate introduction, were it so venerable a relic, should have been recorded. Moreover, had it been introduced from some other sanctuary,

where it had been venerated as a Mosaic symbol, its removal would

have amounted to sacrilege. The Ark could be removed, since its proper

sanctuary had been destroyed and it had lain in neglect for many

years. More probable is it that the Serpent was a Jebusite symbol

already in Jerusalem. For there are ample evidences of Serpent worship in Palestine in general, and some to associate it with Jerusalem. In that case, it is probable that Nehushtan stood in the ancient Jebusite shrine,

tended by Zadok. There is, indeed, some evidence to connect Zadok

not alone with a shrine in Jerusalem, but also with a shrine outside the city at Enrogel, where was a Serpent stone. Possibly at the latter

(9)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 * 9 •

the god he served was represented by a natural formation having

something of the shape of a serpent, and at the former by a bronze

image of a serpent. If the latter were brought into Solomon's Temple at the same time as Zadok and the Ark, the silence of the narrative in respect of Nehushtan would be intelligible, while later the fact of its

presence in the Temple would call for some explanation. This was

effected by assigning its origin to Moses, leaving awkward questions as to how it got there unsatisfied. If it came in at the same time as the Ark, and if it were already ancient when David conquered Jerusalem, it would be readily intelligible that it should be assigned an antiquity comparable with that of the Ark.

4) E. Frauwallner, Wien: Der arische Anteil an der indischen

Philosophie').

Um den arischen Anteil an der indischen Philosophie zu bestimmen,

genügt nicht die Betrachtung vereinzelter Erscheinungen, sondern

es ist notwendig, die Entwicklung der indischen Philosophie in ihrer

Gesamtheit zu betrachten. Dabei erweist sich als das Entscheidende die Beurteilung der Periode, welche weitaus die umfangreichste ist und sich fast über 2 Jahrtausende erstreckt, nämlich die Periode der voll

entwickelten philosophischen Systeme. Während diese Periode bisher

ihrem Wesen nach als Einheit aufgefaßt wurde, zeigt eine genauere

Untersuchung, daß sich in ihr die größte Umwälzung vollzogen hat,

welche die Geschichte der indischen Philosophie kennt. Es ergibt sich nämlich, daß die Systeme, welche in der ersten Hälfte dieses Zeitraums

führend sind und ihm das Gepräge geben, in der zweiten Hälfte ent¬

weder vollkommen verschwinden, wie die Schulen des Buddhismus

und das Lokäyatam, oder zu einem Scheindasein herabgedrückt sind,

wie das Säiiikhyam und das Vai^esikam, während an ihrer Stelle andere in den Vordergrund treten, welche bisher so gut wie bedeutungslos waren oder überhaupt noch nicht bestanden, vor allem die zahlreichen Schulen des Vedäntali. Dieser starke äußere Wechsel findet außerdem eine tiefere Begründung in einer weitgehenden Wesensverschiedenheit,

welche die Systeme der älteren und jüngeren Zeit voneinander unter¬

scheidet. Denn während die älteren Systeme atheistisch und in ihrer

Methode wissenschaftlich voraussetzungslos sind, erweisen sich die

jüngern als theistisch und von göttlicher Offenbarung als höchster Er¬

kenntnisquelle abhängig. Es zeigt sich also, daß der genannte Zeitraum in zwei grundlegend verschiedene Perioden zerfällt. Und da die ältere dieser beiden Perioden sich deutlich an die Entwicklung anschließt,

welche mit den Brähmanas und Upanisaden beginnt, und sie zur Voll¬

endung und zum Abschluß führt, während die jüngere auf dem Boden

1) Erscheint in der Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgen¬

landes.

(10)

• 10 • Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 des Visnuismus und Öivaismus entsteht, die früher zwar als Religionen mächtig, aber philosophisch unbedeutend sind und erst jetzt durch die

Übernahme wertvollen philosophischen Gedankengutes das Erbe der

älteren rein philosophischen Systeme antreten und die geistige Führung an sich reißen, ergibt sich die weitere Folgerung, daß die gesamte Ge¬

schichte der Indischen Philosophie in zwei große Entwicklungsabschnitte zu teilen ist, von denen der erste, der seinem Wesen nach rein philo¬

sophisch ist, mit der Philosophie des Veda beginnt, in den ersten nach¬

christlichen Jahrh. seinen Höhepunkt erreicht und etwa um die Jahr¬

tausendwende sein Ende findet, während der zweite, der wesentlich

religiöses Gepräge zeigt, in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends n. Chr. anhebt und bis in die neueste Zeit hineinreicht. Diese Erkenntnis

ist grundlegend für die gesamte Beurteilung der Entwicklung der

indischen Philosophie. Gleichzeitig ist damit aber auch die Frage nach

dem arischen Anteil an ihr beantwortet. Denn wenn man bedenkt, daß

die erste Entwicklungsperiode ihren Ursprung in vedischer Zeit in

Kreisen hat, in denen sicher das arische Element vorherrscht, während

die zweite ihre Kräfte aus dem Visnuismus und Sivaismus schöpft, die

in nichtarischem Boden wurzeln, daß die bedeutendsten Schulen der

älteren Zeit teils sicher, teils höchst wahrscheinlich im Norden ent¬

standen sind, während alle bedeutenden Vedäntalehrer aus Südindien

stammen, und wenn man schließlich die Lehren in Betracht zieht, die

sich aus dem ähnlichen .\blauf der griechischen Entwicklung ergeben, läßt sich zuversichtlich behaupten, daß die Träger der ersten Periode

im wesentlichen arische Inder waren, während wir in der zweiten eine

Schöpfung der nichtarischen Völker zu sehen haben, und daß der Ab¬

lauf der Entwicklung durch den rassenmäßigen Untergang der Arier

und den Sieg des vorarischen Blutes bedingt ist. .Abschließend sind noch

die Folgerungen allgemeinerer Art zu beachten, die sich aus den ge¬

wonnenen Erkenntnissen ergeben. Da die Indische Philosophie die

einzige selbständige philosophische Entwicklung von größerer Bedeu¬

tung außerhalb Europas darstellt und sich nunmehr gezeigt hat, daß

in ihr die eigentlich philosophischen Leistungen den arischen Indern

zuzuschreiben sind, läßt sich daraus schließen, daß die Begabung zur

wissenschaftliclien Philosophie den arischen Völkern eigentümlich ist.

Es erhebt sich die Frage, ob nicht dem arischen Geist die philosophische Einstellung mehr entspricht als die religiöse u. a. m.

5) J. H. Kramers, Leiden: Die Feuertempel in Fars in islami¬

scher Zeit.

Anlaß zu diesem Vortrag war die Bestimmung der Orthographie

der Namen der Feuertempel in Fars für die von Ref. bearbeitete Neu¬

ausgabe des Ibn Haukal'). An handschriftlichem Material konnte jetzt

1) Istahri, ed. de Goeje S. 110—119; Ibn Hauqal, ed de Goejb

S. 189—190, neue Ausgabe S. 273—274.

(11)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 « 11 • außer der schon beliannten Istahri- und Ibn Hau^al-Handschriften

auch über den alten Istanbuler IH.-Kodex aus dem 11. Jahrhundert

verfügt werden. Wie aus IH. und anderen Quellen hervorgeht, war im

10. christlichen Jahrhundert der Feuerkultus fast nur auf die Land¬

schaft Fars beschränkt; die alten berühmten Tempel wie der in Siz in

Ädarbaigän und der bei Nisäbür werden zwar öfters erwähnt (al-Mas-

'OdT; Ibn al-Fakih) aber bloß als tradionelle Berichte. Nur in Fars

beruht die Beschreibung auf eigener Anschauung. Aus dem Umstand,

daß Ist.-IH. sagt, die vollständige Kenntnis der Feuertempel sei nur

den Angaben der Diwane zu entnehmen, geht außerdem hervor, daß

die Tempel ein Steuerobjekt waren.

Als am meisten verehrter Feuertempel wird in dem betreffenden

Abschnitt erwähnt derjenige in al-Käriyän, welcher nach Jackson's

Untersuchung (JAOS 1921) das Ätur Farnbag oder vielleicht besser

Farrbag ist, das nach der Überlieferung in alter oder älterer Zeit von

Hwärizm nach Fars gebracht worden war. Bei al-Birünl heißt dieser

Tempel ädar fewarra; im Ist.-IH.-Text wird bait när farrä zu lesen

sein. Dann wird ein Tempel in Girra genannt, der nach Därä Sohn des

Därä genannt vnirde. Der Text erwähnt weiter einen Tempel beim

Teich von Öür (Gör), der bärln , d. i. pärln ,,antiquus" genannt wurde;

eine Pehlewi-Inschrift gab an, daß für dieses Gebäude 30 Millionen

Dirham ausgegeben worden seien; diese Inschrift ist also von derselben

Art gewesen wie die neulich auf der Ka'ba-i ZardOst in NaH-i

Rustam entdeckte Inschrift; in letzterer werden nämlich große Stiftun¬

gen erwähnt (Sprenglino in ZDMG, Bd. 91 S. 663f.). Ein anderer Feuer¬

tempel in öür hatte auf dem tirbäl genannten Gebäude gestanden,

aber scheint im 10. Jahrhundert nicht mehr dagewesen zu sein; den

persischen N amen, der in den Hss. überliefert wird, liest Ref. Irän-kung- burra d. h. ,, Mögest du" oder ,,Möge es (das Feuer) Iran glanzvoll

machen"; auch andere gleich zu erwähnende Tempel tragen Satz¬

namen. In Käzerün gab es einen Tempel namens gufta d. h. ,,der

Doppelte"; hier haben also vielleicht zwei Altäre nebeneinander ge¬

standen, ähnlich wie das Doppelaltar aus Achämenidischer Zeit bei

NakS-i Rustam. Ein anderer Tempel in Käzerün wird nach Ref. kawä-

dan zu lesen sein; hierin steckt also der Name Kawäd; im Bundehisn

wird ein Tempel in Hamadän namens Kawatakan genannt. Diese

Ableitung von einem berühmten legendarischen Namen hat Ref. ver¬

anlaßt für einen der beiden in der Stadt Sähür erwähnten Tempel die

Lesung Gunbad Käwusan wiederherzustellen, obgleich de Goeje,

nach einer archäologischen Angabe von Ouseley, sich später zu der

Lesung gäwsar ,, Stierkopf" entschlossen hat. Ein zweiter Tempel in Säbür hat einen Namen, den Ref. jetzt siyawuhsin liest; also wieder

nach einem Helden der Vorzeit. Tabari erwähnt weiter im Tal von

öirra verschiedene Feuertempel, die von dem Sassanidenvisir MihrnarsS errichtet worden sind; der wichtigste hieß nach dem Stifter Mihrnar-

4 7

(12)

• 12 * Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938

siyän, andere waren nach seinen Söhnen benannt und einer hieß

faräz marä äwar ^udäy „schenke mir Erfolg, o Herr", also wieder

ein Satzname. Hebzpeld (Arch. Hist, of Iran, S. 91 f.) glaubt diese

Tempel gefunden zu haben. Sie werden nicht von Ist.-IH.- erwähnt, es

sei denn, daß einer mit dem in Girra identisch ist. In und bei Äträz werden drei Feuertempel genannt ; der eine hieß das Feuer von Hormizd;

den Namen des zweiten möchte Ref. al-Käraniyän lesen, eine Be¬

nennung nach einem Mitgliede der Familie Kären; für den dritten

gibt die Istanbuler Hs. die unzweideutige Lesung al-mansariyän,

was deuten kann auf die theologische Figur des spenta manthra.

In diesem letzten Tempel werden, wie der Text berichtet, die Ehe¬

brecherinnen mit Kuhurin gereinigt. Schließlich erwähnt der Text bei

Istahr das Gebäude genannt Masgid Sulaimän, das ausführlicher

von al-Mas'üdi beschrieben wird. Im 10. Jahrhundert war es schon

eine Ruine. Nach der Beschreibung muß es ein Feuertempel gewesen

sein und Ref. hält es nicht für unmöglich, daß es mit der Ka'ba-i Z ard Ost identisch ist.

6) O. Kbessleb, Bonn: Wakon-Kansai.

Der japanische Geist hat alles, was sich ihm geboten hat, zunächst in Bausch und Bogen aufgenommen. Aber er hat fast nichts so gelassen, wie er es gefunden hat: allem hat er in stärkerem oder schwächerem

Grade den Stempel eigener Verarbeitung aufzudrücken verstanden. Für

diese seine ureigentümliche Verhaltensweise hat er sich selbst einen Kunstausdruck geschaffen, den Terminus Wakon Kansai, ,, Japanische

Seele — Chinesisches Talent". War doch Chinas Kultur das erste

fremde Geistesg^t, welches Japan sich aneignete. Auf dem Wege über

Wakon-Kan-Yösai hat sich der Terminus schließlich zu Wakon-

Yösai „Japanische Seele — Abendländisches Talent'! umgestaltet. Der

in Rede stehende Terminus, in der abendländischen Japanliteratur noch

so gut wie unbekannt, findet sich in einer Schrift, die von der ein¬

heimischen Tradition als das Werk des großen Ministers, Gelehrten,

Dichters und Kalligraphen Sugawara no Michizane (844—903) betrach¬

tet wird. Diese Schrift führt den Titel Kanke-Yuikai (oder Yuikun) ,, Letztwillige Verfügung des Sugawara." In Abschnitt 22 dieser Schrift findet sich jener kurze Satz, der für die Tradition von der denkbar

größten Bedeutung ist, weil er, wie man überzeugt ist, den Beweis

erbringt, daß der bewußte Terminus eine Schöpfung des Sugawara

sei und somit auf das ehrwürdige Alter von mehr als tausend Jahren

Anspruch erheben könne.

Die philologisch-wissenschaftliche Kritik ist nun aber zu ganz

anderer Ansicht gekommen. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß

sowohl die Schrift des Sugawara als solche eine Fälschung ist, wie auch, daß der Abschnitt 22 eine weitere Fälschung aus späterer Zeit darstellt.

Es handelt sich hier also um zwei Probleme: das eine ist das Kanke-

(13)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 » 13 *

Yuikai-Gisaku-Problem (Fälschung des K.-Y.), das andere ist das

ZannyO (Interpolations)-Probleni. Hinsichtlich des letzteren sagt der

Japanologe Mutobe Yoshika: „Wenn der ursprüngliche Fälscher auch

die beiden Sätze 21 und 22 geschrieben hätte, so hätte er sie an einer

anderen Stelle einfügen müssen, und zwar zwischen Satz 4 und 5."

Wie nämlich einerseits eine nahe inhaltliche Verwandtschaft zwischen Satz 21 und 22 besteht, so gehören andererseits die Sätze 1, 2, 4 und 21 eng zusammen.

Als der literarisch-ideengeschichtliche Hintergrund, auf den der

Terminus W.-K. zurückgeht, ist wohl ohne Zweifel das Meisterwerk der

klassisch-japanischen Literatur, der kulturhistorische Roman Genji

Monogatari (Anf. d. 11. Jahrb.), anzusprechen.

7) S. Behrsing, Berlin: Zum Problem des Ursprungs des in¬

dischen Kastenwesens.

Wenn man der Lösung der Frage näherkommen will, so muß man

an der von Senart eingeführten Trennung zwischen den arischen varna

und den indischen ,, Kasten" festhalten.

Was das Purusasükta angeht, so wäre zu untersuchen, wie sich

die hier genannte Vierzahl zu den verschiedenen im Rigveda nach¬

weisbaren Gliederungen [fana, vii, gräma usw.) einerseits und dem

vielfältigen varnasamkara etwa bei Manu andererseits verhält. Statt

die Vier-varna-Theorie bei Manu entweder gläubig zu verteidigen oder als Fiktion abzulehnen, wäre es vielleicht fruchtbarer festzustellen, woher diese Theorie bei den indischen Ariern auftaucht. Gemeinsamer

Ursprung mit der im Avesta erwähnten Vierteilung ist nicht wahr¬

scheinlich, da sonst die Namen der vier Stände gemeinsam sein müßten.

Vielleicht spielen hier sakrale Zahlensymbolik oder eine vereinfachende

Zusammenfassung aus verwaltungstechnischen Gründen eine Rolle?

Dem Vortragenden scheint das Viererschema jedenfalls nicht am Anfang, sondern am Ende einer langen Entwicklung zu stehen.

Im Rigveda ist varna (ebenso wie sreni oder gotra) jedenfalls

noch keine soziale Größe. Nach dem Vortragenden bedeutet das

Wort in dem Usas-Kreis ,, Sonne" (es handelt sich offenbar um eine Abwandlung des von Sieg gefundenen Bildes der sich herumwerfenden Sonne), im Agni- oder Soma-Kreis „Licht" oder „Feuer" (vgl. Gbass- MANN8 Bedeutungsansatz „Glanz") und schließlich in Verbindung mit ärya und däsa ,, glückbringendes Feldzeichen, Standarte" (Stan¬

darten mit der Sonnenscheibe sind in Ägypten, Assyrien, Java nach¬

weisbar). KV I, 179, 6 bleibt ungeklärt. Der Bedeutungsansatz „Rasse"

ist nicht zu halten, auch ist kr^nä (asikni) tvac nicht auf die Haut¬

farbe, sondern eher auf einen Kultgegenstand wie das im späteren

Opfer verwendete schwarze Antilopenfell zu beziehen, und Indras

,,weißf Freunde" sind nicht hellhäutig, sondern wahrscheinlich wei߬

gekleidet. Somit wären auch die Hypothesen von einem Hautfarben-

(14)

♦ 14» Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938

gegensatz des ärya varna und des däisa varna hinfällig, was auch durch die rassengeschichtlichen Forschungen Eickstbdt's bestätigt wird. Die spätere Bedeutung „Farbe", ,, Zeichen" käme dann von der äußeren

Kennzeichnung einzelner Gruppen (vgl. das avestische piStra).

Was die „Kasten" anbetrifft, so hat hier die Philologie der Völker¬

kunde die Hauptarbeit zu überlassen. Von völkerkundlicher Seite ist

darauf hingewiesen worden, daß gerade der Totemismus die Neigung

hat, kastenartige Gebilde hervorzubringen, und daß sich wichtige für

die Kaste charakteristische Eigenschaften ohne Schwierigkeit aus den

in Totemklans herrschenden religiös fundierten Verhältnissen erklären lassen.

Wie sind aber diese beiden getrennten Kreise, der ,,varna-Kreis"

und der ,, Kasten-Kreis", an der Entstehung des Kastenwesens beteiligt?

Eine Untersuchung der vedischen Lieder nach der geschichtlichen

Seite spiegelt den Prozeß des allmählichen Zusammenschlusses ver¬

schiedener Kultgemeinschaften, also Völkerschaften, zur arischen

Herrenschicht. Die Auseinandersetzung mit dem hinduistischen Prie¬

stertum zwang später die Brahmanen dazu, sich in eine schon bestehende

Kastenordnung einzureihen, die wohl schon in sehr alter Zeit ein

integrierender Bestandteil des Hinduismus war. Das ist ihnen nicht

leicht gefallen, denn die frei-vaterrechtlichen Brahmanen mußten

schon durch die Nebenfrauen-Wahl den totemistischen Grundgedanken

der Kaste fremd gegenüberstehen, aber kraft ihrer geistigen Über¬

legenheit haben sie das Kastensystem logisch ausgebaut und eine

Hierarchie geschaffen, in der sie sich die leitende Stellung sicherten.

So ist das heute bestehende Kastenwesen eine geschichtlich gewordene Synthese aus hinduistischer Religiosität und arischer Staatenbildung.

Mittwoch, den 31. August, abends :

8) 0. Kümmel, Berlin: Ein unbekanntes Tagebuch eines

Deutschen in Japan 1673—74.

Das „Tagregister dreizehnjähriger indischer Reise" von Heinrich Muche, gewesenem Sergeanten in Diensten der Ostindischen Compagnie,

jetzt Gefreitem im Ziegeltor zu Breslau, 1694, eine Handschrift von

nahezu 1000 Seiten 2', mit vielen Abbildungen, befindet sich im Besitze der Breslauer Stadtbibliothek. Es ist bisher völlig unbekannt und wird

in der Literatur nirgends erwähnt. Den Kern bildet ein Tagebuch von

1670—1683, das später wesentlich erweitert worden ist. 1670 reist

Muche mit der holländischen Flotte nach-Batavia und wird 1673 zum

holländischen Kontor in Nagasaki versetzt, wo er am 18. August 1673

ankommt und das er am 19. Oktober 1674 wieder verläßt. In Batavia

bleibt er bis zum 25. März 1683 und nimmt in dieser Zeit an den Ex¬

peditionen und Kriegen der holländischen Compagnie teil. Am 3. Ok¬

tober 1683 scheidet er aus ihren Diensten aus.

(15)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 »15»

Dem Tagebuch über diese Zeit folgen verschiedene Anhänge. 1. Aus¬

zug aus dem Tagregister des Präsidenten Franfois Caron in Hirado 1639.

Das Original dieses sehr interessanten Tagebuches scheint nicht mehr zu existieren. Es ist aber großenteils in Valentijns Oud en Nieuw Oost

Indien, Amsterdam und Dordrecht 1724—1726, abgedruckt. 2. Tage¬

buch des Schiffers der Yacht Breskens, der 1643 in der Nambu-Bai ge¬

fangen genommen wurde. Auch dieses Tagebuch ist nicht mehr vor¬

handen, ist aber von Montanus in seinen Gedenkwaerdige Gesantschap-

pen der Oost-Indische Maetschappy . . . aen de Kaisaren van Japan,

Amsterdam 1669, ausgiebig benutzt worden. 3. Übersicht über die in

Japan aufgewandten Kapitale und den Gewinn, den sie erzielt haben,

von 1640—1673, offenbar nach den Hauptbüchern der Compagnie.

Die Angaben sind sehr genau, beziehen sich aber nur auf die Einfuhr.

4. Übersicht der Waren, die die asiatischen Länder einführen und aus¬

führen. 5. Preise der von der holländischen Compagnie für den Verbrauch

auf ihren Schiffen bezogenen Waren, hauptsächlich Proviant. 6. Eine

Übersicht über die Münzen, Maße und Gewichte, die in den asiatischen Ländern in Gebrauch sind. Sie ist handelsgeschichtlich von dem aller¬

größten Interesse.

Muche, von Beruf Maler und ein durchaus gebildeter Mann, ist

zwar in den Anschauungen seiner Zeit befangen, aber ein ausgezeich¬

neter und sehr interessierter Beobachter, der in seinem Tagebuch das

Leben der Holländer auf ihrer abgeschlossenen kleinen Insel Deshima

bei Nagasaki sehr anschaulich schildert und auch auf das Leben der

Japaner manches Streiflicht wirft. Bei der Dürftigkeit der nichtjapa¬

nischen Quellen dieser Zeit ist auch dieser verhältnismäßig kurze Ab¬

schnitt von großem Interesse. Der Hauptwert der Handschrift liegt aber in den indischen Abschnitten, die geschichtlich, vor allem handels¬

geschichtlich, und völkerkundlich sehr viel Neues geben. Die Bearbei¬

tung der Handschrift mit ihren unzähligen, nur nach dem Klange

niedergeschriebenen Orts- und Völkernamen wird noch erhebliche Zeit

in Anspruch nehmen. Veröffentlichung ist beabsichtigt.

9) Dr. Ing. E. Heinbich, Berlin: Ausgrabungen in Uruk-Warka.

Von den vielfältigen Ergebnissen der letzten Grabungswinter

wurden nur diejenigen vorgelegt, die sich auf Geschichte und Vorge¬

schichte der großen Hauptheiligtümer der Stadt Uruk beziehen.

Vorgeschichtliche Tempel sind in Uruk an zwei Stellen ausgegraben worden: Im Mittelpunkt der Stadt bei der Zikurrat des Innin-Tempels

Eanna und südwestlich davon in der Nähe des (seleukidischen) Anu-

Antum-Tempels. An der letztgenannten Stelle fand sich eine Zikurrat, d. i. eine hohe Tempelterrasse, von unregelmäßigem Umriß. Der Treppen¬

aufgang zur Plattform und der Hochtempel darauf waren bemerkens¬

wert gut erhalten. In vier älteren Bauschichten innerhalb der Zikurrat

kamen Reste ähnlicher Hochtempel zutage, von denen einer aus Holz

4 7«

(16)

*16» Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 erbaut war. Die Hochtempel sind im Grundriß den im Eanna-Gebiete

gefundenen Tempeln der Uruk-Zeit (Ende des 4. Jahrtausends), die

zu ebener Erde liegen, ähnlich, unterscheiden sich jedoch von ihnen in

bestimmten Eigentümlichkeiten, besonders in bezug auf die Zahl und

die Lage der Eingänge. Es ist zu vermuten, daß sich darin ein Wesens¬

unterschied zwischen Hoch- und Tieftempeln ausdrückt.

Die Datierung der alten Zikurrat mit ihren Hochtempeln war un¬

sicher, bis im letzten Winter durch die Grabung ein Schichtzusammen¬

hang zwischen beiden Grabungsstellen gesucht und gefunden wurde.

Es hat sich dabei bestätigt, daß die Kultbauten im Gebiet des Anu-

bezirks in ältere Zeit hinaufreichen als die uns bekannten Tempel im

Eannagebiet. In alter Zeit scheinen beide Kultstellen in enger Beziehung zueinander gestanden zu haben. Die Geschichte der Heiligtümer stellt sich augenblicklich so dar:

Die älteste Kultstelle entstand, wahrscheinlich zur älteren ,,Uruk- zeit" (um die Mitte des 4. vorchristlichen Jahrtausends), im Gebiet des späteren Anutempels. Es ist die beschriebene alte Zikurrat mit ihren

Hochtempeln. Dort wurde ein männlicher Gott verehrt, vielleicht, wie

in junghistorischer Zeit, der Himmelsgott Anu. Nordöstlich von die.ser Stelle lag damals ein Wohnviertel. Es wuchs, wie das bei orientalischen

Siedlungen noch heute zu beobachten ist, sehr schnell in die Höhe.

Zur jüngeren Urukzeit erreichte der Stadthügel die Höhe der Zikurrat.

Dieser Zustand muß den Voraussetzungen des Kults widersprochen

haben, denn die Zikurrat wird zunächst erhöht und schließlich wird der gesamte Tempelbezirk durch einen gewaltigen, massiven Terrassenbau

von etwa 300 m Länge und 200 m Breite in die Höhe gehoben. Gleich¬

zeitig scheinen die Tempelbauten auf den Wohnhügel überzugreifen.

Der früheste Zeuge dafür ist ein aus Kalkbruchsteinen erbauter Tempel, der mit Wandmosaiken aus schwarzen, weißen und roten Steinstiften

geschmückt war. Von nun an zeigt der Tempelbezirk die Tendenz, sich

nach Nordosten über den Stadthügel auszudehnen. Es entstehen die

großen archaischen Tempel im Eannagebiet. Diese Bewegung fängt sich

zur „6-emdet-Nasr"-Zeit (kurz vor 3000) an einem neugebildeten Kult¬

mittelpunkt an der Stelle der Eanna-Zikurrat. Während der Kult des

männlichen Gottes an der alten Kultstelle einschläft und anscheinend

erst in junghistorischer Zeit wieder aufgenommen wird, kommt an der

neuen Stelle die Verehrung einer weiblichen Gottheit, der Göttin

Innin, zu ausschlaggebender Bedeutung. Zur Zeit der ,, frühen Dyna¬

stien" (nach 3000) gewinnt der Tempelbezirk eine großzügige, um eine Zikurrat geordnete Form, die zur Zeit der III. Dynastie von Ur (etwa

von 2300 ab) weiter ausgebaut wird und mit wenigen Änderungen bis

ans Ende seiner Geschichte (um Christi Geburt) Bestand hat.

Besonders wichtig in diesem Gedankengang ist die Erkenntnis,

daß die Tradition der vorgeschichtlichen Uruk-Tempel bis in die ältere

Urukzeit (wahrscheinlich bis an die Wende von der 'Obed- zur Uruk-

(17)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 * 17 ♦

Periode) hinabreicht. Die Uruli-Tempel zeigen in der Anordnung des

Hauptlcultraumes und seiner Eingänge Verwandtschaft zu der großen,

in ganz Mesopotamien und Syrien verbreiteten Gruppe der Herdhaus¬

tempel. Zeitlich am nächsten stehen ihnen innerhalb dieser Gruppe die Tempel der 'Obedschicht von Tepe Gaura, einem kleinen Ruinenhügel

nordöstlich von Mossul. Zwischen den Uruk- und den Tepe Gaura-

Tempeln lassen sich noch andere Ähnlichkeiten finden, die sich auf

Einzelheiten der Architektur und auf die Abstammung beider Tempel¬

formen von einem hölzernen Pfostenbau beziehen. Enge Beziehungen

zwischen Mesopotamien und dem Iraq zeigen sich auch in der Keramik

der 'Obed-Zeit und sie sind vielleicht schon in der noch älteren Bunt¬

keramikzeit vorhanden. Darauf scheint eine neuerdings in der Nähe

von Uruk gefundene, bisher im Süden ganz unbekannte bemalte Topf¬

ware hinzuweisen. Diese Beziehungen sind so stark, daß man an eine

Verwandtschaft zwischen wesentlichen Bevölkerungsteilen im Süden

und im Norden des Zweistromlandes denken darf. Im Süden entstehen

in dieser Zeit die frühestbekannte Zikurrat, die ersten Tempelbezirke, die Schrift, die Ausprägung der menschlichen Gestalt in der bildenden

Kunst uri3 vieles andere, was als Kulturgut der Sumerer angesehen

wird. Allerdings sind an beiden Stellen auch andere Komponenten

wirksam. Im Süden spricht sich eine solche in dem Auftreten des „Hof¬

hauses" aus, das in einer Siedlung der 'Obedzeit in der Nähe von Uruk nachgewiesen wurde und vielleicht mit einem aus Arabien eindringenden

semitischen Bevölkerungselement in Verbindung gebracht werden darf.

Donnerstag, den 1. September, vormittags:

10) W. Eichhorn, Bonn: Kulturelle Probleme der Sung-

staaten (s. unten S. *37*).

11) W. Brandenstein, Graz: Völker und Sprachen in Troia

(s. oben S. 303—319).

12) W. Rudolf, Giessen; Die Entstehungszeit von Threni 1.

Thr. 1 bezieht sich nicht wie Thr. 2 und 4 auf die Zerstörung Je- russüems im Jahre 587 (noch weniger auf eine spätere Zeit), sondern

auf die erste Wegführung im Jahre 598. Beweis: 1. Das Fehlen jeder

Klage über die Zerstörung von Stadt und Tempel (i''rriä V. 4 heißt

,, verödet"), 2. die Beteiligung der Nachbarvölker Israels, am Kampf (l;*». 2<=) vgl. 2 Reg. 24 2. Jer. 35 u. Ez. 198, während 587 nichts darüber

verlautet, 3. die Tatsache, daß von Kampf nur in der Landschaft

Juda (15<=. 20C, vgl. 15^ und Jer. 13i». 15? ff.), in der Hauptstadt

dagegen nur vom Hunger die Rede ist. Auf der anderen Seite waren

auch im Jahre 598 die Aussagen weder von V. 1 noch von V. 3 (vgl.

Jer. 13it) noch von V. 7 übertrieben. (Die ausführliche Begründung

gibt der im SELLiN'schen Kommentarwerk erscheinende Klagelieder-

(18)

• 18» Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938

Kommentar.) Die Deutung auf 598 vertritt schon Euseb, auch einzelne

Erklärer des 18. Jahrhunderts, während sie in den neueren Kommen¬

taren nicht einmal erwähnt wird.

13) F. Hkstermaun, Münster: Das Japanische, eine monosyllabe

Klassensprache.

Über die Stellung des Japanischen kann man nur aus der Sprache

selbst zu einem gesunden Urteil kommen. Das sieht man zunächst an

der Einsilbigkeit, die eine Schicht der Sprache darstellt. Ich benutze das Wb. des Kokinshfl von Florenz zu Gedichten ' aus dem ersten Drittel

des 10. Jahrhunderts mit rund 1300 Vokabeln. In 6 Gruppen zeige ich

die Gebilde. 1. die diphthongartigen Gebilde nach den Kana 122 Fälle, dazu 2. die Längen ebenso entstanden 26 Fälle. 3. Die Suffixe einsilbig, 37 Beispiele. Dem schließt sich die Dopplung an. 4. Der Vokalvorschlag in 2 Unterklassen, teils echt, teils mit abgefallenem konsonantischem

Anlaut. Hier mit a allein 89 Belege, wohl altes Demonstrativ. 5. An

Dopplungen haben wir 83 einsilbige gegenüber 17 zweisilbigen. Diese

5 Klassen bilden zusammen 357 Belege, denen ich nun erst die eigent¬

lichen Wurzelbeispiele in 207 Gruppen zufüge. Jede Gruppe enthält

ein halbes bis zu zwei Dutzend Belege. Ich rechne statt 207 nur die

Hälfte, 100 zu je 4 Belegen, macht 400, zu den 357 macht rund 750 Ver¬

treter, die hinreichen, sich mit Ernst diesem Studium zu widmen,

nachdem einer der letzten Vertreter Japans mit rund 100 Belegen dem

Austrischen gegenübertrat. Ich will aber die Ansicht Matsumotos nicht

ablehnen, sondern zeige nur einen Weg aus dem Japanischen selbst,

wie man sicherer zum Ziel kommen kann.

14) A. Alt, Leipzig: Eine Bevölkerungsklasse im Alten Orient.

Das in den hieroglyphischen und hieratischen Texten der Rames¬

sidenzeit wiederholt auftretende Wort mikb für eine Klasse von Dienst¬

leuten der Pharaonen stammt aus dem Kanaanäischen, wo es uns in der

Form D3Doa als Bezeichnung einer Bevölkerungsklasse minderen Rechtes

in dem nordsyrischen Staatswesen von Ja'di (Zendschirli) durch eine

Inschrift des Königs Kilamuwa aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. bezeugt ist. Diese Klasse wird sich dort mit der alteingesessenen Bauernschaft

des Landes gedeckt haben, die bei dem Eindringen der Aramäer ihres

freien Besitzrechtes an Grund und Boden beraubt und in ein Hörigkeits¬

verhältnis gezwungen worden war. Ein analoger Vorgang kann aus

2. Sam. 8,2 für das 10. Jahrhundert in Palästina erschlossen werden;

aber auch schon im 2. Jahrtausend waren in den Herrschaftsgebilden

von Syrien und Palästina die Voraussetzungen für die Entstehung

solcher Klassen gegeben, da dort in der Regel eine dünne fremde Ober¬

schicht über die Masse der einheimischen Bevölkerung gebot und sie

entrechtete. Unter diesen Umständen dürfen wir in der Übernahme des

Wortes mikb durch die Ägypter der Ramessidenzeit oder schon der

(19)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 * 19 *

vorausgegangenen Jahrhunderte einen Beweis für das Alter der Sache

sehen. Die Verpflanzung von Angehörigen jener Klasse minderen

Rechtes aus Syrien oder Palästina nach Ägypten zu Dienstleistungen

für die Pharaonen kann entweder bei Feldzügen der letzteren durch

Gefangennahme und Wegführung oder in friedlichen Zeiten durch

bezahlte oder unbezahlte Lieferung der kleinen Dynasten in der asia¬

tischen Provinz an ihre ägyptischen Oberherren erfolgt sein.

(Der Vortrag wird in ÄZ 75 erscheinen.)

15) Emil Baer, Zürich: Sprachgeographische Aufnahmen in

Iran und ihre etymologische Auswertung.

Bei aller Anerkennung dessen, was Zükovskij, Mann, Christensen und andere auf dem Felde iranischer Dialektforschung geleistet haben, muß doch auf die Mängel ihrer Methode hingewiesen werden. Die folklori¬

stischen Texte, auf die sie es in der Regel abgesehen haben, sind als

Volksgut zumeist einem viel größeren Gebiete eigen und können, weil

sie von Landschaft zu Landschaft wandern, den Ortsdialekt nicht in

seiner Reinheit bieten. Vollends müssen Übersetzungen aus dem Neu¬

persischen in einen Ortsdialekt als solche stets verdächtig erscheinen.

An lexikologischen Materialien wird auf diesem Wege nur das erfaßt, was zufällig in diesen Texten erscheint. Für dialektvergleichende Zwecke sind diese vollends ungeeignet.

Die sprachgeographische Methode verlangt Aufnahmen mitten in

der Umwelt und Sachkultur der betreffenden Sprechergruppe, aus dem

Munde von Gewährsleuten, die in engster Beziehung zu Blut und Boden ihrer Gruppe stehen. Das Fragebuch des Forschers muß möglichst große Teile des Sprachguts jener Lebensgebiete erfassen, die, wie Viehzucht

und Ackerbau, Kinderstube und Brauchtum, den alten Schatz an Wort

und Wendung naturgemäß am treuesten bewahrt haben. Mit der pho¬

netisch exakten Aufnahme des Wortes geht die beschreibende und

photographische Aufnahme der Sache Hand in Hand.

Der Vortragende skizzierte seine während dreieinhalb Monaten der

Jahre 1932—33 ausgeführte Reise durch Äzärbäijän, Tälysh, Gilän und

Mäzändärän, auf der er elf medische (im Sinne einer Arbeitshypothese

verstanden) und drei kurdische Dialekte aufgenommen hat. Auf Grund

der dabei gemachten Erfahrungen trat er mit großer Entschiedenheit

für die Anwendung dieser Methode auf die Erforschung iranischer

Dialekte ein. Er wies darauf hin, daß sprachgeographische Forschung

heute für den, der die Beschwerden der Reise nicht scheut, dank der

durch das neue Regime gewährleisteten Sicherheit, in ganz Iran möglich

geworden ist, daß Regierung und Volk ihr günstig gesinnt sind, daß

zuverlässige Gewährsleute gerade in Bauerngegenden dem Forscher

überall ohne weiteres zur Verfügung stehen, daß solche Forschung,

von der bäuerlichen Sachkultur ausgehend, uns den herrlichen alten

Wortschatz in wahrhaft beglückender Weise erschließt, daß der For-

ZeitactarUt d. DMO Bd. »1 (Neue Folge Bd. 17} i6

(20)

*20» Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 scher die Sprache in ihrer natürlichen Verknüpfung mit Landschaft

Siedelungsweise, Häuserbau, häuslichen und bäuerlichen Geräten und

Verrichtungen, mit Kleidung, Brauchtum und Glauben erlebt und den

Sprecher als Menschen in seiner Ganzheit vor sich hat, daneben mit

geringer Mühe Ortsnamen zu Tausenden sammelt.

Der Vortragende legte der Versammlung als Manuskripte seine

beiden Arbeiten „Sache und Wort in Nordwestiran" mit Lichtbildern

und Skizzen und ,, Prolegomena und Epilegomena zur iranischen Wort¬

forschung" mit Dialektkarten vor. Er zeigte zum Schluß an einigen

Beispielen, daß durch Verarbeitung der so gewonnenen Materialien

unser wortgeschichtliches Wissen ergänzt und alte Probleme etymo¬

logischer Forschung neu beleuchtet werden können.

Eine Diskussion fand nicht statt, doch haben die Professoren

Nybbko, Mobgenstebne, Tschüdi und Kbahers im weiteren Verlaufe

der Tagung übereinstimmend ihrer Überzeugung Ausdruck gegeben,

daß auf dem Gebiete iranischer Dialektologie inskünftig nach dieser

Methode gearbeitet werden muß. Unsere Zeitschrift wird aus der Feder

des Vortragenden einen größeren Aufsatz über den Gegenstand ver¬

öffentlichen.

16) O. Hansen, Berlin: Tocharisch-iranische Beziehungen.

Der Vortragende unternahm den Versuch zu bestimmen, welchen

iranischen Dialekten die iranischen Lehnworte des Tocharischen ent¬

nommen sind. Bei einer Reihe von Worten, nämlich amok, psuk (und

pässäk), peräk, ratäk, särn, tmärn, läßt sich eine genauere Bestimmung

nicht durchführen, da die im Tocharischen belegte Lautform in mehr

als einem iranischen Dialekt nachweisbar ist. Sieht man von diesen

Worten ab, lassen sich zwei Gruppen feststellen: die aus dem Sogh¬

dischen (kässi(?), metrak, postak, risak, yämutsi, die Endung -aiic) und die aus dem Sakischen (äsärn(-ik), äsari, asi, avis, kätäk, mahirs-, paräm, pinwät, parat, wasir, wasämpäl, Toch. B. ksum; vielleicht auch sämarn)

entlehnten Worte. Entlehnungen iranischer Sprache aus dem Tocha¬

rischen konnte der Vortragende nur im Sakischen feststellen: das

sak. Wort für König rre. Gen. rrundi stammt aus dem Tocharischen:

wäl (Dial. B. walo) König, Gen. läm- aus *wlänt- (nach Liden, Fest¬

schrift E. Kuhn 1916, 1 lOf.). Weitere Verwandte dieser beiden Worte sind einerseits der bei den Kusana auftretende Titel muruiida, anderer¬

seits vula (im Xamen des Ksatrapa Rajuvulal, gula in den Xamen

Sakagula. Mnnigula, Mihiragula (var. -kula: t'osmas Indicopl. nennt ihn

Collas). vielleicht im Stammes(?inamen Kamaguli; endlich im Rei¬

namen des Sassanidenkönigs Baliram V. (in der sagenhaften Form der

Cberlieferung in Anlehnung an das beliebte Jagdtier, np. gür, lautlich entstellt).

(Der Vortrag erscheint in erweiterter Form im nächsten Heft der

ZDMG.)

(21)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 *21 *

17) A. Baumstark, Bonn: Frühchristliche Bilderrolle der neu¬

testamentlichen Geschichte in armenischer Spiegelung.

Der von Th. Birt als Grundlage der Reliefs der Traian- und Mark-

Aurel-Säule in Rom erwiesene Typus des antiken Bilderbuches in

Rollenform wird auf frühchristlichem Boden zunächst für Themen der

alttestamentlichen Geschichte durch die Josuarolle und durch ent¬

sprechende Bilderrollen vertreten, die schon hinter der kontinuierenden Bilderzählung der Wiener Genesis wie hinter der byzantinischen Okta- teuchillustration und den mit beiden verwandten Mosaiken von S. Marco in Venedig und des Domes in Monreale stehen. Diesen Erscheinungen,

für die angesichts der Wandgemälde der Synagoge von Dura-Europos

eine letzte Abhängigkeit von schon vorchristlichen Vorbildern helleni¬

stisch-jüdischer Kunstübung nicht mehr als unwahrscheinlich gelten

kann, müssen naturgemäß frühchristliche Rollenbilderbücher auch der

neutestamentlichen Geschichte entsprochen haben. In der Tat begegnen wir dem >fachhall solcher wie in dem den unteren Blattrand füllenden

Bilderschmuck des griechischen Evangelienbuches Parsin. Gr. 115 wohl

noch des 10. Jahrhunderts so in den über dem Text oder zwischen

dessen Zeilen herlaufenden Bilderfriesen zweier weiter griechischer

Tetraevangelien des 12.: Parsin. Gr. 74 und Laur. VI 23. Von diesen

steht das letztere in einem gelegentlich denkbarst frappanten ikono¬

graphischen Zusammenhang mit dem im Jahre 1179 ausgeführten

reichen Bilderbestand des koptischen Evangelienbuches Parsin. Copt. 13, während Repliken der in der ersteren vorliegenden Illustration durch

die Armenierin S. Der Narsessian in kirchenslavischen Tetraevan¬

gelien nachgewiesen wurden. Für das Alter der hier überall nach¬

wirkenden Schöpfungen christlicher Antike ist es dabei bezeichnend,

daß das Verklärungsbild der koptischen Hs. die Darstellung dreier

Kirchenbauten aufweist, die für die Höhe des Tabor im 6. Jahrhundert bezeugt sind, den Persersturm des beginnenden 7. Jahrhundert aber ge¬

wiß nicht überdauert haben.

In der vielgestaltigen Welt armenischen Evangelienbuchschmuckes erweisen sich als hierher gehörig. Die besonders reichen Serien ganz¬

seitiger, teilweise aber in zwei übereinanderliegenden Streifen ange¬

ordneter Vorsatzbilder der Berliner Hs. Armen. 6 (Or. minut. 291) vom Jahre 1450 und einer seit dem Sommer 1905 unauffindbar gewordenen

künstlerisch ungleich wertvolleren Hs. der armenischen Jakobus¬

kathedrale in Jerusalem vom Jahre 1415/16. Das Verhältnis der beiden Schwesterhss. ist ein höchst auffallendes. Mit einer oft bis zu photo¬

graphischer Treue sich steigernden Identität der ikonographischen Fassung vieler Gegenstände geht für andere die Herausgreifung zeitlich verschiedener Momente, ja mehrfach ein bald in dieser, bald in jener Hs.

zu beobachtendes vollständiges Fehlen Hand in Hand. Der Befund

läßt sich nur dahin erklären, daß wir zwei verschiedenen Auswahlen aus einer und derselben umfassenderen Bilderfolge einer gemeinsamen

46«

(22)

* 22 * Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938

Vorlage gegenüberstehen, für die letzten Endes der Charakter einer

Bilderrolle durch bezeichnende Züge kontinuierender Darstellung ge¬

sichert wird, welche noch die vorliegenden Arbeiten des 15. Jahrhunderts

bewahrt haben. Solche Züge beherrschen denn auch geradezu und in

stärkstem Maße die sehr rohen ganzseitigen Vorsatzbilder eines weit

älteren Denkmals armenischer Buchmalerei; des 1057 in Melitene

hergestellten Evangelienbuches Nr. 302 in Etschmiadzin. Ungefähr

gleichaltrig mit diesem, erinnert nicht minder das für König Gagik

(1029—1064) geschaffene Evangelienbuch von Kars in seinen durch

einen zweispaltigen Text bzw. über oder unter demselben sich hin¬

ziehenden Darstellungen an die kontinuierende Erzählung der Bilder¬

rolle und des auf ihren Typus zurückgehenden byzantinischen Bilder¬

schmucks griechischer Tetraevangelien. Die engste Beziehung zu dessen ältestem erhaltenen Beispiels verrät vollends der wieder erst erheblich jüngere, teilweise auf Sargis Pidzak, den Hofmaler des kleinarmenischen

Königs Leon IV. (1320—1342), zurückgehende bildliche Dekor eines arme¬

nischen Tetraevangeliums in Nor Nakhitchevom, der in reichster Fülle

kontinuierender Darstellung ständig unter dem Text fortläuft, so daß

zwei nebeneinander aufgeschlagene Seiten in ihrem unteren Teile noch den unmittelbarsten Eindruck eines Ausschnittes aus einer wirklichen Bilderrolle ergeben.

Donnerstag, den 1. September, abends:

18) A. Falkenstein, Berlin: Die Bevölkerungsverhältnisse in

der Frühzeit Babyloniens.

Die zwei wesentlichsten Komponenten der babylonischen Kultur

sind mit den Namen Sumer und .\kkad gegeben. Von Haus aus sind

beide geographisch-politische Bezeichnungen für Süd- und Nord¬

babylonien. Entsprechend der einheimischen Benennung reden wir

von sumerischer und akkadischer Sprache. Die letztere gehört zur

Familie der semitischen Sprachen, das Sumerische kann dagegen bis

jetzt noch keinem größeren Sprachkreis mit Sicherheit zugeordnet

werden. Die Kamen Sumerer und Akkader sind als zusammenfassende

Bezeichnung der durch gemeinsame Sprache und Kultur verbundenen

Bevölkerungsschichten zu verwenden, nicht aber ohne weiteres als

Rasse-Termini.

Die akkadische Schicht, die mit der Dynastie von Akkad zur

politischen Herrschaft gelangt ist, hat in den Inschriften der vorher¬

gehenden Geschichtsabschnitte nur geringe Spuren hinterlassen. Die

ältesten Anzeichen für ihr Vorhandensein reichen in die Zeit des Königs

Mesilim von Kisch hinauf. Die sumerische Sprache ist etwas weiter

zurückzuverfolgen. Sicher sumerisch geschrieben sind die archaischen Texte aus Ur und wohl auch die Tafeln aus öemdet Nasr. Wahrschein¬

lich sind auch die Urkunden der ältesten Schriftstufe in Babylonien,

(23)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 »23*

die in der Schicht Uruk IV gefunden sind, sumerisch abgefaßt. Dem¬

nach haben wir guten Grund, die Sumerer als die Erfinder der Keil¬

schrift anzusehen. Die gegenteilige Annahme, daß nämlich die Sumerer erst in der Mesilim-Zeit nach Babylonien gekommen sind, läßt sich zum

mindesten nicht damit begründen, daß zwischen der filemdet-Nasr-

Zeit und der Mesilim-Periode ein Bruch im archäologischen Material

vorliegt. Denn die sumerisch geschriebenen alten Texte aus Ur sind vor dem Bruch anzusetzen.

Die anthropologischen Untersuchungen, die mangels genügenden

Materials bisher keine endgültigen Ergebnisse erzielen konnten, zeigen

für die Frühzeit das Nebeneinander zweier Grundrassen. Die eine ist

die kurzköpfige ,, vorderasiatische" oder ,,armenoide" Rasse. Die zweite überwiegende ist eine langköpfige, teilweise sogar eine überlang- köpfige Rasse. Da die Skelettfunde, abgesehen von nicht verwertbaren Einzelstücken, nur in Zeiten zurückreichen, in denen das Vorhanden¬

sein einer akkadisch sprechenden Schicht gesichert ist, brauchen wir

keine Bedenken zu tragen, in dem langköpfigen Typ Vertreter derselben Rasse zu sehen, der die heutigen nordarabischen Beduinen angehören.

Diese Auffassung, die vor allem von Sir Abthüb Keeth vertreten worden ist, hat sich gut durch die Untersuchung der heutigen Bevölkerungs¬

verhältnisse im südlichen Iraq, die H. Field ausgeführt hat, bestätigt.

Der für die akkadische Schicht bestimmende Typ ist in den Bild¬

werken aus der Zeit der Dynastie von Akkad gut faßbar. Das beste

Zeugnis ist der wundervolle Kupferkopf aus Nineveh (Iraq III 104ff.),

der deutlich die Merkmale der heutigen nomadischen Araber zeigt. Die

älteren Darstellungen geben dagegen überwiegend einen wesentlich

anderen Typ wieder, den man mit der ,, vorderasiatischen" Rasse

verbinden kann. Ganz ähnlich, was den Rassetyp anlangt, sind

Menschendarstellungen aus viel späterer Zeit im nordsyrischen Gebiet

(z. B. in Teil Hälaf). Diese alten Bildwerke aus Babylonien hat man

bisher als die von Sumerern angesehen. Neuerdings hat dagegen A. Un¬

onad und ihm folgend W. von Sodbn die Meinung vertreten, daß die

Sumerer der ,,aralischen" Rasse, das heißt einer langköpfigen weißen

Rasse, deren Schädelform im Durchschnitt noch länger ist als die der

nordischen und orientalischen Rasse, angehören. Der kurzköpfige Typ

müßte vorsumerische Bewohner des Iraq darstellen. Diese Auf¬

fassung ist unter anderem deshalb unwahrscheinlich, weil die Bild¬

werke der öemdet-Nasr-Zeit den kurzschädeligen Typ darstellen, die

gleichzeitigen Schrifturkunden aber als sumerisch zu gelten haben.

Mit der sumerischen und akkadischen Bevölkerungsschicht sind

noch lange nicht alle Komponenten der frühen Kultur Babyloniens

erfaßt. Im Osten von Babylonien, in Elam und auf der iranischen

Hochebene hat ein Volk gesessen, das sich sehr stark von dem baby¬

lonischen Nachbargebiet abhob, wie die Verwendung eines eigenen

Schriftsystems zeigt ( „protoelamische Schrift"). Ebenso unterschied

(24)

• 24 • Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 sich der Norden des Iraq so erheblich vom Süden, daß man unbedingt

mit völkischer Verschiedenheit rechnen muß. Der geographischen Lage

nach kann sich Babylonien dem Einfluß dieser Nachbarländer nicht

entzogen haben.

19) O. Puttbich-Reignabd, Berlin: Deutsche Ausgrabungen in

Tabgha am See Genezareth in Palästina.

Die Jahrtausende alte von Damaskus nach Kairo führende Kara-

wranen- und Handelsstraße, die via maris, berührt auf dem Boden

Palästinas das Nordwestufer des Genezarethsees und an diesem einen

breiten Landstreifen, der seit vielen Jahrzehnten in den Händen des

Deutschen Vereins vom Heiligen Lande ist und den Namen Tabgha

trägt. Weit über die Grenzen Palästinas hinaus reicht der Ruf des erst

nach dem Kriege ausgebauten Tabghahospizes und dessen einzigartig

schöner landschaftlicher Lage, die der deutsche Reichsminister des

Inneren Dr. Frick gelegentlich eines Besuches mit den treffenden

Worten schilderte: ,,Ich fand hier ein kleines Paradies." Neben den

landschaftlichen Vorzügen und Reizen birgt der Boden Tabghas eine

Reihe von historisch wie kulturhistorisch gleich wichtigen Denkmälern,

von denen einige zu den bedeutensten Palästinas zu zählen sind. Die

Zeugen der großen Vergangenheit reichen bis zu den frühesten Spuren

menschlicher Besiedlung zurück. Bei einem besonders niedrigen Stand

des Seespiegels lassen sich am Ufer steinzeitliche Stationen in seltener

Massigkeit verfolgen. Ein vom See aus steil aufragender Berg, der

Oreme, von dem aus die ganze Umgebung beherrscht wird, diente den

Menschen der Bronze- und Eisenzeit als Wohnstatt. Hier vermutet

man die alte Stadt Kenereth, nach der der See seinen Namen erhalten hat. Zufallsfunde und Probegrabungen lassen für die in Kürze beginnen¬

den, von dem Deutschen Archäologischen Institut in Kairo geleiteten

Ausgrabungen manche Überraschung erwarten. Beispielsweise wurde

das Fragment einer Stele aus der Zeit des ägyptischen Königs Tut-

mosis III. und ein Skarabäus mit dem Namen der ägyptischen Königin

Teje gefunden. Aus der Römerzeit stammen eine Preßdruckleitung mit

einem aus dem Felsen herausgeschlagenen Wasserkanal und die Reste

einer römischen Badeanlage.

Die frühchristliche Zeit, das 4.—6. Jahrb., ist durch die vor einigen

Jahren von E. A. Madeb und A. M. Schnkideb ausgegrabene Brot¬

vermehrungskirche mit wundervollen Fußbodenmosaiken würdig ver¬

treten^). Madeb war es auch vergönnt, einen anderen hochbedeutsamen Bau, die kastellähnliche Anlage von Chirbet el-Minje, zu finden und in

1) A. M. ScmiBroiEB, Die Brotvermehrungskirche in Tabgha am

See Genezareth, London 1936.

(25)

Der IX. Deutsche Orientalistentag zu Bonn 1938 *25*

einer kurzen Grabung im Jahre 1932 in ihren Umrissen festzustellen i).

Das Bauwerk erregte bald nach seinem Bekanntwerden lebhaftes

Interesse, da sich der Ursprung auf den ersten Blick nicht klar erkennen ließ. Madee war der Ansicht, es mit einem spätrömischen Straßenkastell zu tun zu haben. Dafür schien ihm der wehrhafte Charakter der Anlage

mit Halbrundtürmen in den Ecken und der Mitte einer jeden Seite,

Chirbet el-Minje

ferner die Lage an der via maris und die bestechende Hau- und Bau¬

technik des Mauerwerkes in fugenlosem Läufer- und Binderverband

zu sprechen. Schneider, der die Grabungen einige Jahre später über¬

nahm, kam dagegen zu dem Schluß, daß Chirbet el-Minje wesentlich

jünger sei und in die Nähe des seiner Ansicht nach vorislamischen

Wüstenschlosses Mschatta in Transjordanien gerückt werden müsse*).

1) E. A. Madeb, Forschungen und Fortschritte 8, 1932, S. 229f.,

Journ. of the Palest. Orient. Soc. 13, 1933, S. 209ff.

2) A. M. Schneider, Oriens Christ. Bd. 33, S. 102f. A. M. ScHKEmES,

O. Putteich-Rbionard, Ein frühislamischer Bau am See Genezareth,

Köln 1937 (Pal. Hafte d. D. Vereins vom Hl. Lande, Heft 15).

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