discusslon papers
FS I 88 - 19
MikroÖkonomik der Arbeitereffizienz und makroökonomische Arbeltslosenquote -
kritische Bestandsaufnahme und Erweiterung
der partialanalytischen Effizienzlohn
theorie
Gerhard Michael Ambrosi
Dezember 1988
ISSN Nr. 1011 - 9523
Forschungsschwerpunkt
Arbeltsmarkt und
Beschäftigung (IIHV)
Research Unit Labour Harket and
Employment (IIH)
Research Unit
Labour Market and Employment (UM) Reichpietsch-Ufer 50
1000 Berlin 30
Mlkroökonomik der Arbeitereffizienz und makroökonomische Arbeitslosenquote -
kritische Bestandsaufnahme und Erweiterung der partialanalytischenEffizienzlohntheorie ZUSAMMENFASSUNG
Die Eöizienzlohntheorie stellt einen gegenwärtig viel diskutierten neuen Ansatz zur
Analyse der Arbeitslosigkeit dar. In der vorliegenden Untersuchimg werden die Hauptrich tungen dieser Theorie neu strukturiert, implizite Annahmen werden erörtert und Erweite rungsmöglichkeiten werden aufgezeigt. Strukturierungsprinzip dieser Studie sind die in der Literatur vorfindbaren unterschiedlichen Ausrichtungen auf einzelwirtschaftliche Produk tions— und Haushaltsentscheidungen.
Dabei wird in der Diskussion effizienztheoretischer Produktionsentscheidungen ausführ lich auf Fragen der innerbetrieblichen Lohnstruktur und der effizienzorientierten Diskrimi nierung von Arbeitergruppen bei Entlohnung und Einstellung eingegangen. In der Diskussion der emzienztheoretisch relevanten Haushaltsentschddungen werden eingehend die besonde ren nutzentheoretischen Vorstellungen erörtert, die hinter den gängigen effizienztheoreti schen Modellformulierungen stehen.
Ein Gesichtspunkt, der in der bisherigen Literatur zur Effizienzlohnproblematik nur ungenügend Beachtung fand, ist die Frage der Merdependenz von Untemehmensentschei- dungen. Ein Reaktionsmodell, das diese Problematik behandelt, wird hier ausführlich darge
stellt.
Schließlich werden Zusammenhänge zwischen produktionstheoretischer Effizienzlohn- detennination und makroökonomischer Analyse von Einkommen und Beschäftigung erörtert.
In diesem Rahmen wird insbesondere dargestellt, daß —anders als auf partialanalytischer Betrachtungsebene — die Effizienzlohntheorie in makroökonomischem Kontext verschiedene Ergebnisse generiert, je nachdem, ob sie als Theorie der Reallohndetermination oder als Theorie der Nominallohndetermination aufgefaßt wird. Es wird dargelegt, daß bei der Real lohninterpretation die neoklassische Vorstellung eines monotonen Zusammenhangs zwischen Grenzprodukt der Arbeit und Beschäftigung hinfällig wird.
Im Rahmen einer Nominallohninterpretation wird dann eine niakroökonomische Lohn funktion generiert, die mit keynesianischen Versionen makroökonomischer Analyse kompati bel ist. Dieses Ergebnis ist aus zwei Gründen bedeutsam: Zumeinen macht diese Funktion es möglich, die keynesianische Annahme eines rigiden Nominallohnes, die bisher oft als ökonomisch unmotiviert kritisiert worden war, durch ein ökonomisches Optimierungsmodell zu ersetzen. Zum anderen ergibt sich aus dem produktionstheoretischen Charakter dieses Optimierungsansatzes, daJi nicht die "Geldillusion" der Haushalte, sondern die Gewinnmaxi- mierung der Unternehmungen als kausal für die makroökonomische Nominallohnentwicklung angesehen werden kann.
Auf jeden Fall —ob nun als Reallohn— oder als Nominallohntheorie interpretiert — stellt die Effizienzlohntheorie eine interessante und vielfältig erweiterbare Bereicherung der Beschäftigungstheorie dar.
The Microeconomlcs of the Efficiency of Labour and the Macroecononilc Rate of Unemployinent -
Critical Review and Extension of the Partial Analytic Approach to the Theory of Efficiency Wages
SUMMARY
The pr^ent paper discems, surveys, and extends production theoretic and household theoretic approaches to the theory of efficiency wages. In the production theoretic part,
detailed attention is given to efficiency motivated discrimination of groups of workers. In the household theoretic part, the implicit "indirect Utility function" underlying this type ofanalysis is made explicit. In a further section it is then demonstrated, that —although it is
considered as plausible that in partial analytical thought experiments there is a positive relation between the rate of unemployment and the efficiency of workers —the interaction ofprofit maximizing firms could lead to "Okun-type" phenomena, ie. to a negative relation between unemployment and workers' efficiency. In a macroeconomic context the paper then checks the implications of interpreting the efficiency wage theory either as a theory of real
wages or as a theory of nominal wages. Both versions lead to novel theoretical results.
ERWEITERUNG DER PARTIALANALYTISCHEN EFFIZIENZLOHNTHEORIEi
GLIEDERUNG
I. Einleitung
II. EfGzienzlohn und Produktionsentscheidung
1. Das Grundmodell des produktionstheoretischen Eöizienzlohnkalküls
2. Das Versagen des Arbeitsmarktes aus der Sicht des produktionstheoretischen
Grundmodells
3. Produktionstheoretische Mikrofundierungen der Effizienzlohnhypothese al Die Hypothese der Arbeiterfiuktuation
b) Das Konzept der 'negativen Auswahl'
4. Innerbetriebliche Lohnstruktur, Diskriminierung und produktionstheoretisches
Effizienzlohnkalkül
III. Effizienzlohn und Haushaltsentscheidung
1. Das Grundmodell des nutzentheoretischen Effizienzlohnkalküls
a) Nutzenempfindung und Effizienzeinsatz b) Effizienzeinsatz und Arbeitsangehot
2. Efiizienzniveau und Haushaltsentscheidung: Die 'Nicht—Schummel'Bedingung al Allgemeine Charakterisierung der Bedingung
b) Graphische Darstellung c) Wahltheoretische Begründung
3. Das Marktversagen im nutzentheoretischen Effizienzlohnansatz
al Das Arbeitsmarktmodell und die sanktionsbedingte UnterbescI&ftigung b) Kritische Evaluation der Marktversagensanalyse
c) Wohlfahrtstheoretische Aspekte
IV. Effizienzlohnkalkül und interbetriebliche Lohnstruktur
1. Eine Synthese der Grundmodelle
2. Gleichgewichtige Lohnstruktur und Arbeitereffizienz
3. Individual— vs. Marktexperiment in der Effizienzdetermination
V. Das Problem der Effizienzlohninterpretation in makroökonomischem Kontext 1. Die Problemstellung
2. Die Reallohninterpretation und das Reaktionsmodell
3. Die Nominallohninterpretation des Effizienzlohnes und das Reaktionsmodell VI. Zusammenfassung und Schlußfolgerung
^Erweiterte Fassung eines Habilitationsvortrages, gehalten am 28. Oktober 1987 vor dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin. Für anregende Hinweise und intensive Diskussionen in der Vorbereitungsphase des Manuskripts möchte der Autor
Herrn Prof. Dr. Elmar Wolfstetter von der Freien Universität Berlin sehr herzlich danken.
Herzlicher Dank gebührt auch Herrn Priv.—Doz. Dr. H.—Peter Spahn vom Wissenschaftszen trum Berlin, der hilfreiche Kritik am Manuskript vorgetragen hat. Eventuelle Unzuläng
lichkeiten sind dem Autor zuzurechnen.
I EINLEITUNG
In den letzten Jahren ist die Frage des Zusammenhangs zwischen Effizienz der Arbeit, Lohnsatz und Unterbeschäftigung intensiv erörtert worden. Man hat dabei u.a. ver sucht, das Konzept 'unfreiwilliger Arbeitslosigkeit' unter neuem Blickwinkel zu betrachten.2 Kürzlich hat Winfried Vogt (1986) in effizienztheoretischem Rahmen sogar sehr weitgehende
Überlegungen über die Charakteristika kapitalistischer Wirtschaftsordnungen angestellt.
Andere Autoren, wie z.B. Shapiro und Stiglitz(1984; S.443) betonen, daß die von ihnen be handelte Effizienzlohnproblematik nur Teilaspekte des Arbeitsmarktgeschehens erhellen kann. Kurzum: auch nach Jahren ihrer intensiven Erörterung vermittelt die Diskussion des Effizienzlohnkonzepts noch immer ein recht heterogenes Bild der unterschiedlichsten Ansätze und Relevanzbehauptungen.
In der folgenden Untersuchung soll die Effizienzlohndebatte bezüglich ihrer argu- mentativen Grundmuster und ihrer Relevanz für Lohn— und Beschäftigungstheorie gesichtet und fortgeführt werden. Der dabei verfolgte Gedankengang sei vorab kurz umrissen: Seine Hauptziärichtung ergibt sich aus der Behauptung, daß im Rahmen der Effizienzlohndebatte der Zusammenhang zwischen Lohnsatz und Beschäftigung in grundlegend neuer Weise the matisiert wird. Dadurch ergibt sich insbesondere die Frage, in welchem Verhältnis die über die Effizienzlohnhypothese generierten Aussagen zu jenen Aussagen stehen, die im Rahmen traditioneller Erklärungen des Beschäftigungsniveaus gemacht werden. Bevor dieser Themen komplex behandelt werden kann, muß angesichts einer Vielzahl unterschiedlicher Formulie rungen dieser H3rpothese nach den wichtigsten Argumentationsmustern in der Effizienzlohn debatte gefragt werden. In der Beantwortung dieser Frage werden wir uns auf eine Erörte rung der partialanalytisch orientierten Ansätze beschränken, was inhaltlich bedeutet, daß wir hier auf einen detaillierten Nachvollzug der oben erwähnten totalanalytisch orientierten Arbeit von Vogt(1986) verzichten müssen.
Im Rahmen der mikroökonomischen Partialanalyse wird traditionellerweise zwi schen produktionstheoretisch orientierten Untemehmensmodellen und nutzentheoretischen Haushaltsmodellen unterschieden. An dieser Grundstruktur orientiert sich auch die vorlie
gende Studie, so daß sich schließlich folgende Gliederung ergibt: Nach den einleitenden Be merkungen unter Gliederungspunkt I folgt in Teil II ein Nachvollzug des produktionstheo retischen Zugangs zur Effizienzlohnproblematik unter dem Gesichtspunkt gewinnmaximaler Unteraehmensentscheidungen. In Teil III wird diesen Ausführungen eine Diskussion von haushaltstheoretisch orientierten Effizienzlohnmodellen gegenübergestellt.
2Als jüngsten Beitrag zu dieser Diskussion siehe die Kontroverse zwischen Fehr(1988) und Spahn(1988).
gen, als die Reaktionen von zwd Unternehmungen bezüglich der Effizienzlohnfindung expli zit erörtert werden. Der dabei verwendete methodische Ansatz ist vergleichbar mit den bekannten Reaktionsmodellen der Oligopoltheorie. Es ist vor allem in diesem Kontext, daß wir uns veranlaßt sehen werden, über die bestehende Literatur zur Effizienzlohntheorie hinauszugehen.
Die beschäftigungstheoretischen Schlußfolgerungen, die sich aus dieser kritischen Bestandsaufiaahme ergeben, werden in Teil V erörtert. Dort wird es sich erweisen, daß die Beantwortung der Frage nach der makroökonomischen Bedeutung der Effizienzlohnhypothe se stark von ihrem Erklärungsanspruch abhängt. Wir werden dafür plädieren, ihre Bedeu timg in dem hier gesichteten Kontext vor allem darin zu sehen, daß sie die traditionell keynesianische These von der Nominallohnrigidität ablösen kann durch das Postulat einer wahltheoretisch begründeten Lohnfimktion. In dieser Sicht liefert die Effizienzlohnhypothese dann aber nur eine von mehreren Strukturgleichungen eines Makromodells. Sie kann dann auch nicht selbständig das Beschäftigungsniveau erklären, sondern benötigt hierzu ein über geordnetes Makromodell, welches simultan mit dem Effizienzlohn auch Angebot und Nach frage auf dem Gütermarkt erklärt.
So kann eine Schlußfolgerung dieser Arbeit sein, daß die Effizienzlohntheorie als neuer beschäftigungstheoretischer Ansatz die traditionell makroökonomische Beschäftigungs
theorie nicht ersetzt, aber sehr wohl sie erweitert.
II EFFIZIENZLOHN UND PRODUKTIONSENTSCHEIDUNG
1. Das Grundmodell des produktionstheoretischen Effi^nßn^lnbnlfalldila
Die Effizienzlohnproblematik kann man mit Yellen(1984) auf der Grundlage eines rudimentären Produktionsmodells für eine gewinnmaximierende Unternehmung entwickeln.
Der wesentliche Schritt besteht dabei darin, die traditionelle (neoklassische) Produktions funktion geringfügig umzuinterpretieren. In einfachster Form kann man bekanntlich den Zusammenhang zwischen Produktionsmenge Q und Arbeitsinput L mit den algebraischen
Ausdrücken
(1) Q = F{L) wobei F'>0 , F" < 0
angeben. Traditionell wird dabei der Arbeitsinput L mit der Anzahl der im Produktions prozeß eingesetzten Arbeiter bzw. deren Arbeitsstunden gleichgesetzt.
Im Zusammenhang mit der Effizienzlohnhypothese wird nun behauptet, der Arbeitsinput
müsse differenzierter gesehen werden: man müsse die volumenmäßig erfaßte Inputgröße der
Arbeitsdienste {N) unterscheiden von der Effizienz der Arbeiter, die man als einen Gewich-tungsfaktor (e) auffassen kann. Wird die Effizienz als Funktion des Reallohns {w/p) gesehen,3
so ergibt sich nun für den Arbeitsinput L in Gl.(l) der Ausdruck(2) L = eN mit e = e(w/p) ; e'>0 , €"<0 ,
wobei in Gl.(2) für die Effizienzgröße e die analogen Input-Output Beziehungen bezüglich
des Reallohnes unterstellt werden, die zuvor bezüglich des Arbeitsinputs in Gl.(l) gemachtwurden.
Diese produktionstheoretische Uminterpretation hat kostentheoretische Konse quenzen, die anhand von Fig.l dargestellt werden können:
tanz.a= w/e= DK , tam.ß=\le' = GK
£ c
(a) (b)
Figur 1
Für die in Gl.(2) angegebene Effizienzfunktion kann man den Kurvenverlauf der Fig.la) als typisch unterstellen. Wird der Güterpreis mit dem Symbol (p) als durch den Gütermarkt exogen gegeben angesehen, so lassen sich die Kostenkurven der Fig.lb) bei technisch effizien ter Produktion bekanntlich aus dieser Darstellung graphisch herleiten: Die Durchschnittsko
stenkurve der Effizienz {DKJ der Fig.lb) drückt definitionsgemäß den Quotienten (w/e) aus-
und entspricht damit dem in Fig.la) ausgewiesenen Tangenswert des Steigimgswinkels des Fahrstrahls aus dem Ursprung an die Effizienzkurve (z a). Die Grenzkostenkurve {GK ) der Fig.lb) entspricht der Größe (1/e') und damit in Fig.la) dem reziproken Wert der jeweili gen Tangentensteigung der e-Kurve (z ß).
3Warum gerade der Reallohn als Argument der Effizienzfunktion verwendet wird, läßt sich auf verschiedene Weisen mikroökonomisch begründen, von denen zwei im übernächsten Ab
schnitt näher betrachtet werden sollen.
Unternehmung. Im Schnittpunkt dieser beiden Kurven zahlt eine Unternehmung den mini malen Betrag pro Effizienzeinheit, und bei Gewinnmaximierung wird sie diesen Punkt wäh len. Damit determiniert sie einen bestimmten Effizienzlohn vf* und ein entsprechendes
Effizienzniveau e*.
Im Gewinnmaximum muß demnach
(3) DK= GK^, d.h. w/e = 1/e' bzw. = 1
O w V
gelten. Es muß aber auch noch die bekannte Aussage gelten, daß bei vollkommenem Wett bewerb der Lohn gleich dem Wertgrenzprodukt der Arbeit ist, so daß auch die Gleichge- wichtsbedingung^
(4) w = peF'{eN)
in das Untemehmenskalkül eingeht. Wenn nun in dieser Beziehung p durch den Produkt markt exogen gegeben ist und w sowie e durch das Effizienzlohnkalkül als uf bzw e* deter miniert sind, ergibt sich auch unmittelbar - d.h. ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktsi tuation - eine determinierte Beschäftigungsmenge N^. Damit bietet sich über die effizienz theoretische Argumentation die Modellierung eines Marktversagens an, das in dem folgenden
Abschnitt näher betrachtet werden soll.
2. Das Versagen des Arbeitsmarktes aus der Sicht des produktionstheoretischen Grundmod^s
Das Zusammenwirken der soeben erörterten Gleichgewichtsbedingungen der
Untemehmensentscheidungen bei der Determination einer Ungleichgewichtssituation auf
dem Arbeitsmarkt wird in Fig.2 dargestellt.Quadrant II stellt das Effizienzlohngleichgewicht dar. Quadrant I unterstellt ein gegebenes Arbeitsangebot Ns und konfrontiert dieses mit der gleichgewichtigen Wertgrenzproduktkurve der Gl.(4) als der herkönunlichen Arbeitsnachfragekurve. Auf dieser Kurve sei Punkt E über
das Effizienzlohnkalkül des-Quadranten II determiniert. Damit ist auch eine bestimmte Ar
beitsnachfrage iVJ festgelegt. Wenn nun aufeinem Arbeitsmarkt diese Arbeitsnachfrage auf das Arbeitsangebot trifft, herrscht bei einem Effizienzlohn von vf ein Überschußangebot
^Die Gleichgewichtsbedingungen (3) und (4) folgen aus einem Gewinnmaximierungsansatz
mit der Gewinnfunktion
n = pF(e{^N)-wN
und mit den Extremwertbedingungen
^=0.. a.)pPN^=N ; ^=0- h)m =peF(eN).
Gl.fbl ist hierbei identisch mit Gl.(4) ; Gl.(3) ergibt sich aus der Division von Gl.(a) durch
Gl.(b) und anschließendem Umformen.
an Arbeit {XN'm Fig.2, Quadrant I).
Figur 2
In der herkömmlichen Arbeitsmarktanalyse wird man angesichts solch eines Über
schußangebotes postulieren, daß in einer Marktwirtschaft ohne Angebotsrigiditäten eine Lohnanpassung nach unten plausibel sei, so daß der Arbeitsmarkt im Punkt G der Fig.2 im Gleichgewicht sein kann. Im vorliegenden Rahmen ist solch eine Anpassung jedoch nicht plausibel, da die Unternehmer bei einem niedrigeren als dem Gleichgewichtslohnsatz vf , wie in Fig.lb) ausgewiesen, relativ hohe Durchschnittskosten der Effizienz haben, die sie durch Lohnerhöhungen auf vf wieder auf das Minimalniveau senken werden. Es gibt also bei einer Ungleichgewichtssituation auf dem Arbeitsmarkt aufgnmd des Untemehmerverhaltenskeine inhärente Änderungstendenz der Löhne, die zu einem Marktgleichgewicht führen wür
de. Diese Aussage stellt ein entschiedenes Abgehen von der gängigen Sicht des Arbeitsmarkt geschehens dar, derzufolge mangelhafte Lohnanpassung bei Unterbeschäftigung aus dem Ver halten der Gewerkschaften oder aus anderen Rigiditäten auf der Arbeiterseite zu erklären ist.Eine Arbeitsmarktanpassung ließe sich in der dargestellten Unterbeschäftigungs situation zwar dadurch bewerkstelligen, daß das Güterpreisniveau angehoben wird. Dadurch wird die Wertgrenzproduktkurve nach oben verlagert, wodurch sich dann bei effizienztheore tisch determiniertem Lohnsatz eine Beschäftigungssteigerung ergibt. Zwar ist solch eine Marktanpassung formal denkbar, sie ist aber wenig wahrscheinlich als automatische Markt reaktion, da ja die unterbeschäftigten Arbeiter einkommensbeschränkt sind und die für diese Anpassung notwendige Nachfragesteigerung auf dem Produktmarkt selber nicht entfalten
können.
Eine weitere Möglichkeit der Marktreaktion bei Unterbeschäftigung könnte darin gesehen werden, daß in solch einer Situation die Arbeiter zu erhöhter Effizienzanstrengung bereit sind, derg^talt daß sich die Effizienzfimktion verändert, so daß sich der Gleichge wichtswert e* in Fig.2 nach unten verlagert bei gleichzeitig gegenläufiger Verschiebung der
Wertgrenzproduktkurve in Quadrant I. Es ist jedoch nicht unbedingt gesichert, daß das neue
Untemehmensgleichgewicht bei erhöhtem EfBzienzparameterwert sich tatsächlich in der gewünschten Wase verlagert^.Aber selbst wenn der gleichgewichtige EfBzienzlohn bei erhöhter individueller EtOzienzleistung der Arbeiter tatsächlich sinken würde und somit eine Bewegung auf einer Wertgrenzproduktkurve hin zu einem höheren Beschäftigungsniveau ermöglichen würde, so muß man sich fragen, ob es nicht von Seiten der bereits Beschäftigten einen wirksamen Widerstand gegen solch eine Entwicklung geben könnte. Denn die angesprochene Lohnre duktion bedeutet eine Reallohnreduktion für alle, also auch für die voll beschäftigten Arbeiter. Es ist fraglich, ob diese Arbeiter hierzu bereit sind.
Die spezifischen Entscheidungsprobleme, die sich in di^em Zusammenhang erge ben, werden unter dem Stichwort der 'Insider-Outsider'-Theorie in der Literatur näher betrachtet^. Danach kann davon ausgegangen werden, daß den beschäftigten Firmeninsidern verschiedene Möglichkeiten offen stehen, solch eine Effizienzanpassung zu verhindern, deren Auswirkung auf das Niveau der Arbeitsnachfrage - dies sei noch einmal betont - sowieso keineswegs eindeutig ist.
Eine automatische Anpassung des Arbeitsmarktes bei Unterbeschäftigung er scheint somit aus verschiedenen Gründen als problematisch. Diese Gründe sind vor allem in der Effizienzlohntheorie betont und bearbeitet worden, wobei mehrere interessante neue An sätze der Mikrofundierung des Arbeitsmarktgeschehens erarbeitet wurden. Auf produktions theoretisch orientierten Mikrofundierungen, die in diesem Kontext präsentiert wurden, soll im folgenden Abschnitt etwas näher eingegangen werden.
3. Produktionstheoretische Mikrofundierungen der Effizienzlohnhypothese
Die Existenz einer lohnabhängigen Effizienzfimktion e(') ist oben vorerst nur postuliert worden. Es gibt jedoch verschiedene Ansätze, um solche Funktionen in detaillier ter Argumentation mikrofundiert zu begründen. Eine Gruppe dieser Ansätze ist als 'Hypo these der Arbeiterfluktuation' (labor tumover hypothesis) bekannt, die sich beispielsweise bei Schlicht(1978) findet. Eine weitere Gruppe firmiert unter dem Begriff der 'negativen Auswahl' (adverse selection theories) , ein Konzept, das beispielsweise dem Ansatz von
Weiss(1980) zugrunde liegt. Die Mikrofundierungen der erwähnten Ansätze seien im folgen
den als 'pars pro toto' näher erläutert.
5Für eine graphische Darstellung dieser Problematik siehe Spahn(1987), Abb.3
6Für eine Einordnung dieser Literatur siehe Stiglitz(1987; S.38). Einen speziellen Ansatz
verfolgt Solow(1985). Eine knappe Übersicht über oie Insider-Outsider Literatur bietet
auch Snower(1985).a) Die Hypothese der Arbeiterßuktuation
Nach Sdilicht(1978; S.338f) ist in einer Unternehmung die Arbeitseffizienz nega tiv mit der Arbeiterfluktuation verbunden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeits prozeß eine spezifische Ausbildung am Arbeitsplatz erfordert. Durch ein relativ hohes Lohn niveau kann eine Unternehmung die Arbeiter davon abhalten, anderweitig Beschäftigung au&unehmen. Dadurch kann sie die Arbeiterfluktuation cet.par. senken.
Wenn also v der Relativlohn in der betrachteten Unternehmung ist mit v= w/w (& = Refe renzlohnniveau) und wenn x die Fluktuation der Arbeiter in der Betrachtungsperiode aus
weist, so ergeben sich aus diesen Überlegungen die Beziehungen
(5) nüt /<0 und x=x{v) mit x'< 0.
Leitet man nun e nach v ab, so ergibt sich hieraus ein positiver Zusammenhang zwischen Relativlohn und Arbeitseffizienz, nämlich
(6) %= r-x' > 0,
wobei V bei gegebenem Bezugslohnniveau w durch das individuelle Lohnniveau w beein flußt werden kann. Man erhält also über Gl.(6) einen qualitativ ähnlichen Zusammenhang, wie er oben als Ausgangspunkt der Effizienzlohntheorie in Gl.(2) postuliert wurde.
Als weitere erklärende Variable für das Effizienzniveau kann man in diesen produktionstheo retischen Rahmen noch die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosenquote u einbringen und aus führen, daß sie einen positiven Einfluß hat, da bei hoher Arbeitslosenquote die Bereitschaft der Arbeiter zu Kündigungen relativ gering sein wird - ein Sachverhalt, der sich senkend auf die Fluktuationsgröße x auswirken wird.
Die Hypothese der Arbeiterfluktuation generiert damit eine Effizienzfunktion der
Form
(7) e = ^wjw, u) ,
+ +
wobei ein Vorzeichen unter einem Argument der Funktion den Vorzeichenwert der entspre chenden partiellen Ableitung wiedergibt.
b)Das Konzept der ^negativen AuswahV
Nach diesem Ansatz der Mikrofundierung einer Effizienzfunktion wird davon aus gegangen, daß der Reallohn, der in abhängiger Beschäftigung von einem Arbeiter in einer Unternehmung verdient wird, als Ausdruck seiner Opportunitätskosten interpretiert werden kann, d.h. als Ausdruck seines Verzichts auf anderweitig erreichbare Verdienstmöglichkeiten.
Als ein Beispiel für die Erläuterung dieses Sachverhalts gelten die Erwerbsmöglichkeiten von Fabrikarbeitern, denen die Möglichkeit offenstünde, im Agrarsektor selbstbeschäftigt den Lebensunterhalt zu bestreiten. Ein anderes Beispiel wären die Verdienstmöglichkeiten von angestellten Akademikern, die sie als selbständige Architekten, Steuerberater u.s.w. hätten.
Wenn nun der Reallohn für solche Arbeitergruppen gesenkt wird, so sinkt die Entlohnung
gerade für die produktivsten unter ihnen unter ihre Opportunitätskosten. Diese Arbeiter werden am ehesten aus der abhängigen Beschäftigrmg abwandern und die durchschnittliche Produktivität der verbliebaien Arbeiter wird sinken.Die Grundzusammenhänge dieser Hypo- th^e werden in Fig.3) näher erläutert.
In Fig.3) wird eine diskrete Verteilung von drei Produktivitätsniveaus Ci (i = 1,2,3) unterstellt, deren Höhe bestimmten Mindestlohnforderungen Wi der entsprechenden Arbeiter zugeordnet werden kann. Unterhalb des jeweiligen Mindestlohnes würden die Arbei ter aus der abhängigen Beschäftigung abwandern. Die Durchschnittsproduktivität Ci der Fig.3b) ist dann eine Funktion von:
(}.) der Produktivitätsfunktion ai(wi) ,
(».) der Dichtefunktion , beispielsweise ausgedrückt durch Fig.2a) und
(m.) der Verteilungsfunktion $(i/^).
Es ergibt sich somit für die in Fig.3b) dargestellte Durchschnittsproduktivität der algebra
ische Ausdruck
(8)
^'U>)
o,sr
e,zsr
^ S ^(tgi)fli(tPi)
$(toi)
oi =
L'^i)
mit
(a) Figur 3
Aui
%
%
r
»Xr Wi W,
TL. h
(b)
•^Zi>
Der in Fig.3 und in 01.(8) ausgewiesene positive Zusanunenhang zwischen Durchschnittspro duktivität und Lohnsatz läßt sich verbal wie folgt erläutern: So lange, wie die einzelnen Pro
duktivitätsklassen Oi in ansteigender Ordnung mit steigendem Reallohn in die abhängige
Beschäftigung gebracht werden können, so lange bringt jede Reallohnerhöhung annahmege
mäß auch einen Produktivitätszuwachs. Da zudem die abhängig arbeitende Gesamtarbeitsbe- völkerung sich damit erhöht, und zwar um einen relativ produktiven Anteil der Arbeiter schaft, sinkt gleichzeitig auch das Gewicht der relativ unproduktiven Arbeiter bei der Er-11
mittlung des Durchschnittswerts der Produktivität. Es sind also zwei Effekte, ein 'Produkti vitätseffekt' und ein 'Anteilseffekt', die gemeinsam zu dem dargestellten positiven Wert von Aäi/Auoi führen.
Setzt man das Konzept der Durchschnittsproduktivität abhängig Arbeitender gleich mit dem oben verwendeten Konzept der repräsentativen Arbeitereffizienz, so kann diese Mikrofundierung ebenfalls für eine Begründung der Existenz der verwendeten Effizienz funktion herangezogen werden. Ob die Anstiege der Durchschnittsproduktivität mit zuneh
mendem Lohnniveau abnehmen und damit ebenso wie in der oben verwendeten Effizienz
funktion der Gl.(2) abnehmende Grenzerträge an Effizienz ausgewiesen werden, das hängt von der Form der Dichtefunktion ^{w) ab, die hier jedoch nicht näher erörtert werden kann.
4. Innerbetriebliche Lohnstruktur, Diskriminierung und produktionstheoretisches
F.ffiCTpng1nhTilca.l1ni1
Bekanntlich ermöglichen Marktungleichgewichte, daß diejenigen Marktteilneh mer, die sich auf der kürzeren Marktseite befinden, zwischen ihren Kontraktpartnern diskri- minieren^. Da im vorliegenden Fall durch das Effizienzlohnmodell ein Arbeitsmarktungleich gewicht ausgewiesen wird, können hier diese generellen Aussagen braüglich der Marktun gleichgewichte entsprechend auf den Arbeitsmarkt angewendet werden. Auf diesem Weg kann man dann erklären, warum von Unternehmungen zwischen einzelnen Arbeitergruppen
diskriminiert wird^.
Das produktionstheoretische Effizienzlohnmodell ermöglicht es jedoch auch, in einer speziellen Anwendung darüber hinaus zu erklären, daß eine als Diskriminierung empfundene Ungleichbehandlung von Arbeitergruppen auch auf gruppenspezifischen Effi
zienzunterschieden basieren kann.^
Zur Darstellung dieses Aspekts der Effizienzlohntheorie sei unterstellt, es gebe in einer Unternehmung drei verschiedene Arbeitergruppen A, B und C mit unterschiedlichen Effizienzfunktionen, so daß
> %{w) > ßcC«')
gilt, falls jeder der drei Gruppen derselbe Lohn bezahlt werden würde. Es läßt sich dann im Rahmen der Effizienzlohntheorie ein einfaches Modell entwerfen, das die Existenz einer privi legierten Gruppe A ausweist, die keine Beschäftigungsrationierung erfährt und relativ hohe Lohnzahlungen erhält, das aber andererseits auch die Existenz einer anderen Gruppe C veranschaulicht, die keinerlei Beschäftigungsaussichten hat, während eine Gruppe B nur
^Siehe hierzu z.B. Alchian und Allen (1964), Kap.8 über 'Nonclearing Market Prices'
8Auf diese Art von Diskriminierungserklärungen ist in der Effizienzlohntheorie verschiedent lich hingewiesen worden, so z.B. bei Spahn(1987).
^Bei. den folgenden Ausführungen handelt es sich um eine Explizierung einiger Bemerkungen
im Übersichtsartikel von Stiglitz(1987; S.IOf.).
teilwdse Beschäftigung bei relativ niedrigem Lohn findet. Dieses Modell geht von der
Gewinnfunktion
(9)
n = •N^}) - - tOgiVg - . i = a,b,c
aus, wobei der Marktlohn für die Mitglieder der annahmegemä£ vollbeschäftigten Grup pe A sei^o. Im Gewinnmaximum muß für jede Gruppe der Lohn gleich dem Wertgrenzpro dukt sein, so daß gilt:
(10) Wi = pCiF' bzw. =
Wenn aber für beliebige Löhne die Effizienzfunktion für die Gruppe C einen so ungünstigen
Effizienzwert ausweist, daß die Lohnkosten pro Effizienzeinheit w^/höher liegen als bei
den Vergleichsgruppen, dann kann für diese Gruppe die Extremwertbedingung der Gl.(lO) nicht erfüllt werden, und kdn Mitglied der Gruppe C findet eine Anstellung. Dagegen kann es durchaus sein, daß die etwas produktivere Gruppe B zu ihrem Effizienzlohn, der nun die Bedingung
(11) KK = 1/«B* = V«A
erfüllen muß, teilweise Beschäftigung findet. Diese Situation wird in Fig.4 veranschaulicht:
lODie in Gl.(9) verwendete Produktionsfunktion verbindet die verschiedenen Arbeitsinputs additiv und stellt damit eine sehr spezielle Form dar, von der jedoch die in diesem Zusammenhang zu erörternden Modellergebnisse entscheidend abhängen.
13
In Fig.4 erfüllen die Gruppen A und B die Gleichgewichtsbedingung =
w^lcg in den Punkten o* bzw e* des Quadranten II. Dieser relativ günstige Wert der
Lohnkosten pro EfQzienzeinheit ist für Gruppe C in dieser Darstellung aufgrund des relativ niedrigen Verlaufs ihrer - hier ebenfalls mit C bezeichneten - EfGzienzkurve nicht erreich bar. Sie findet daher keine Anstellung. Für Arbeiter der Gruppe B wird der Effizienzlohn
lüg bezahlt. Er ist niedriger als der Marktlohn , den die effizientere Gruppe A erhält.
Die Unternehmung firagt aus der ß-Gruppe iW Arbeiter nach, und es existiert für diese
Gruppe die in Quadranten I ausgewiesene Unterbeschäftigung N^-N^ . Die Gruppe A ist
Dbei hoher Bezahlung (ü;^) vollbeschäftigt mit ^1 = Es existiert somit in dieser Dar
stellung eine differenzierte Diskrinünierung der Arbeiterschaft.
Abschließend sei anhand dieser Darstellung noch auf die Auswirkung eingegangen, die ein Gütemachfrageschock auf die Diskrinünierung haben kann. Sinkt aufgrund solch eines Schocks der durch den Gütermarkt gegebene Preis p, so ändert dies weder den Gleichge wichtspunkt a* noch e*, sofern die Effizienzkurven A und B in Quadrant II unverändert bleiben. Die notwendigen Produktionsanpassungen vollziehen sich dann in Quadrant I für die
Arbeitergruppe B in der Weise, daß bei konstantem Effizienzlohnn vf^ deren Wertgrenz
produktkurve pe*F' sich nach links verschiebt und die Nachfrage nach ß-Arbeitern ent sprechend sinkt. Die Unterbeschäftigung der ß-Gruppe steigt.
Diese für die unterprivilegierte Gruppe cetpar. unvermeidliche Anpassung hat für die besser gestellte A-Gruppe positive Auswirkungen: Der gesunkene Einsatz von ß-Arbei- tern erhöht das Grenzprodukt F' und erhöht für diese in deren Wertgrenzproduktkurve die Komponente c*F' . Dieser Effekt kann nun bei speziellen Produktionsfunktionen genau so groß sein, daß die zweite Wertgrenzproduktkurve in Quadrant I in ihrer vorherigen Position verbleibt, obwohl ja auch für diese eine Linksverschiebung zu erwarten wäre aufgrund der Preissenkung. In diesem speziellen Fall kompensierender p- und F'-Veränderungen herrscht dann auch bei vemünderter Produktnachfrage Vollbeschäftigung für die schon zuvor durch Vollbeschäftigung und Lohnvorteil privilegierte Gruppe A, während der Anpassungsdruck nach einem Nachfrageschock voll von der schon zuvor benachteiligten Gruppe ß getragen werden muß.
III EFFIZIENZLOHN UND HAUSHALTSENTSCHEIDUNG
1. Das Grundmodell des nutzentheoretischen Effizienzlohnkalküls
Eine Mikrofundierung der Effizienzfunktion muß letzlich das Verhalten der Arbei ter als Träger der Effizienz thematisieren. Weim dem so ist, so kann man sich fragen, ob in der Effizienzlohntheorie nicht auch vom Arbeiterverhalten ausgegangen werden kann, um die wesentlichen Fragestellungen, die sich in diesem Zusammenhang anbieten, zu erörtern. Es liegt daher nahe, die produktionstheoretische Argumentationskette des vorigen Kapitels
einmal umzukehren und primär die zugnmde liegenden Haushaltsgleichgewichte zu analysie ren, um auf dnem weiteren Wege eine Effizienzlohnhypothese zu entwickeln.
a) Nutzenempfindung und Effizienzeinsatz
Die einfachste Vorgehensweise bei dner nutzentheoretischen Erörterung der Efii- zienzlohnhypothese kann davon ausgehen, daß es plausibel erscheint, daß die Anstrengungen, die eine erhöhte Arbeitseffizienz erfordert, in dem ökonomisch relevanten Analysekontext ein Unlustgefühl bewirken, ähnlich wie es bd der 'Arbdtsleidhypöthese' der herkömmlichen Arbeitsangebotstheorie unterstellt wird. In der besonders einfachen Version dieser Hypothese von Shapiro und Stiglitz(1984) lautet dann die Nutzenfunktion des repräsentativen Haus
halts
(12) U = w ' e bei p = l ,
derzufolge dem nutzensenkenden Einfluß der Effizienzvariablen e ein nutzenstdgernder Einfluß des Reallohnes w/p gegenübergestellt wird, wobd hier das exogen gegebene Güter preisniveau gldch Eins gesetzt wird.
Man kann nüt dieser Formulierung ein einfaches Pendant zur produktionstheore^
tischen Variante des Effizienzlohnansatzes schaffen". Wurde dort dargestellt (siehe Fig.l), daß
im effizienzorientierten Untemehmensgldchgewicht die Größe w/e minimiert wird, so folgt
nun aus einer Nutzenmaximierungshypothese über Gl.(12), daß diese Größe - bzw w - e -maximiert werden soll.
Um die Effizienzlohnproblematik zu entwickeln, braucht hier allerdings vorerst noch gar nicht auf die Nutzenmaximierung ausführlich eingegangen zu werden. Vielmehr kann man den Arbeiterhaushalt vor eine einfache 'on or off-Wahl bezüglich der Effizienz stellen: Entweder er erbringt ein bestimmtes Effizienzniveau e und realisiert dann in der laufenden Periode bei gegebenem Reallohn ein bestimmtes Nutzenniveau
(13) = w - e ,
oder er vermeidet den erforderlichen Effizienzeinsatz am Arbeitsplatz und realisiert den
Nutzen
(14) ü? = lü .
Da nun der Nutzen bei Effizienzeinsatz kleiner ist, also gilt, weil in dem zweiten
Fall ja der nutzeninindemde Effizienzeinsatz fehlt, lohnt es sich nach den bisherigen Überle
gungen niemals für den Arbeiter, sich um Effizienz am Arbeitsplatz zu bemühen. Da aber Effizienzeinsatz tatsächlich beobachtet wird, bedarf es eines weiteren Analyseschritts, um effizientes Arbeitsverhalten plausibel zu machen. Dieser Schritt wird im folgenden Abschnitt"In formal abweichendem, inhaltlich aber ähnlichem Rahmen betont insbesondere
Vogt(1986) in einem einleitenden Kapitel die Entsprechung von Effizienzentscheidungen
bei Haushalten und Unternehmungen.15
nachvollzogen. Zuvor ist es jedoch erforderlich, einige Bemerkungen zur wahltheoretischen Charakterisierung der hier verwendeten Nutzenfunktion nachzutragen.
b) Effizienzeinsatz und Arbeitsangebot
Die bisherigen nutzentheoretischen Ausführungen bedürfen deswegen noch einer Vervollständigung, weil in der Form der Gleichung (12) ein wichtiger Aspekt der Haushalts entscheidung gar nicht auftritt, nämlich das Arbeitsangebot. Will man jedoch den Zusam menhang zwischen EfGzienzlohn und Unterbeschäftigung erörtern, so muß dieser haushalts theoretisch wichtige Gesichtspunkt zumindest angesprochen werden. Es ist deshalb ausdrück lich darauf hinzuweisen, daß wir es bei einer Nutzenfunktion wie Gl.(12) mit einem besonde ren Typus, nämlich einer 'bedingten indirekten Nutzenfunktion' zu tun habeni2, bei dem be reits eine wahltheoretische Berücksichtigung der Haushaltsrestriktionen unterstellt wird.
Implizit wird in diesem Ansatz damit eine zweistufige Haushaltsentscheidung be trachtet. Die erste Entschddungsstufe befaßt sich dabei mit dem Problem, eine Nutzenfunk tion, beispielsweise der Formi®
(15) = Q^'{T-Nf'{x-e)^ mit 0<7,t',»7<l ,
durch Variation von Gütemachfrage Q und Arbeitsangebot N unter der Nebenbedingung der Budgetausschöpfung, also der Gleichung^^
(16) pQ = wN
zu maximieren, wobei T (mit 0 < N < T ) in der Nutzenfunktion das verfügbare Zeit budget ausweist und x (mit 0 < 6 < z ) den maximal denkbaren Efüzienzeinsatz bezeich
net. .
Wesentlich an dieser Nutzenfunktion ist, daß sie auf einer Erweiterung der her kömmlichen Nutzenfunktion des Arbeiterhaushalts beruht und noch einmal die Entsprechung des nutzentheoretischen Effizienzlohnansatzes zum produktionstheoretischen Ansatz verdeut licht: so wie dort der entscheidende Schritt in der Erweiterung der neoklassischen Produk tionsfunktion der Unternehmungen (Gl.(l)^ um das Effizienzargument e bestand, so ergibt sich auch hier die analoge Erweiterung in Gl.(15) auf der Seite der Arbeiterhaushalte, indem nun die Nutzenfunktion um das Effizienzargument erweitert wurde.
i2Die Verwendung dieser Art der Nutzenfunktionen ist in der Mikrofundierung der MakroÖkonomik vor allem von Malinvaud(1977) propagiert worden. Für eine eingehendere Diskussion der Malinvaudschen Nutzenfunktionen siehe Hildenbrand und Hildenbrand(1977)
i^Das Beispiel dieser Nutzenfunktion wird gewählt, weil sie die von Stiglitz und Shapiro(1984) verwendete Annahme unelastischen Arbeitsangebots reproduziert, wie in Gl.(17) ausgewiesen wird.
i^Die Formulierung der Budgetgleichung schließt Gewähnmg und Empfang von Krediten durch Haushalte aus und entspricht in dieser Annahme der Modellformulierung von Shapiro und Stiglitz(1984).
Aus dieser Problemstellung einer teilweisen Nutzenmaximierung — die wahl- theoretische Betrachtung des Einflusses des Efßzienzeinsatzes ist ja noch ausgeklammert - ergeben sich Hann auf der ersten Entscheidungsstufe des Arbeiterhaushaltes das gleichge wichtige Arbeitsangebotis N* und die gleichgewichtige Gütemachfrage Q* als
(17) N* =Kf —const. ; Q*= ^kT ; K=ff{u+i) .
Erst wenn man diese Gleichgewichtswerte in die anfangliche Nutzenfunktion der Gl.(15) dnsetzt, erhält man nach einigen Umformungen eine NutzenfunJktion, die in ihrem Typus jenem der GL(12) so wät entspricht, daß man jene Form der Nutzenfunktion nun als verein fachte Darstellung einer Beziehung ...
(18) Ä( iV*, G*, z, e ) = U{ K, r, z, e, j?)
ausweisen kann: bei gegebener Zeit— bzw. EfiBzienzbeschränkung T bzw. z und gegebenen Nutzenelastizitäten 7, z/, rj bzw. gegebenem k erweist sich die Nutzenfunktion nur noch als abhängig vom Reallohn w/p und dem EfGzienzeinsatz e . Auf die Darstellung dieser bei den Variablen beschränkt sich die Formulierimg der Gl.(12). Ihr liegt jedoch eine differen ziertere nutzentheoretische Haushaltsbetrachtung zugmnde, als es im Kontext jener Formu lierung den Anschein haben könnte, nämlich das implizite analjrtische Postulat, daß der Akt der Efüzienzentscheidung als nachgelagerte Phase einer zweistufigen Haushaltsdisposition aufgefaßt werden kann.
Zusätzliche Komplikationen in den zugrundeliegenden Annahmen der Gleichung
(12) treten auf, wenn zu den herkönmilichen Budget— und Zeitbeschränkungen zusätzliche
Mengenrestriktionen auf dem Arbdtsmarkt auftreten. Da jedoch die Problematik der Herlei tung einer 'indirekten Nutzenfunktion' für den Reallohn in der Literatur zur Effizienzlohnhy pothese unseres Wissens bisher noch keine Bearbeitung gefunden hat, würde es hier zu weit
führen, auch diesen Aspekt der mikroökonomischen Fundierung dieser Theorie eingehender
erörtern zu wollen.
2. Effizienzniveau und Haushaltsentschddung: Die 'Nicht-Schummel'Bedingung
a) Allgemeine Charakterisierung der 'Nicht—SchummeV BedingungDas oben entworfene Entscheidungsproblem bezüglich des Effizienzeinsatzes ist, wie bemerkt wurde, noch nicht vollständig. Es vernachlässigt den intertemporalen Aspekt der Haushaltsentscheidung, indem es sich nur auf eine Betrachtungsperiode (daher Index 1
^5Aus Gl.(15) unter der Nebenbedingtmg (16) folgt, nachdem man partiell nach Q und N abgeleitet und gleich Null gesetzt hat (Extremwertbedingung)
^g/(r-iv) =|
wenn man die Extremwertbedingimgen für N und Q dividiert. Da aber gleichzeitig die Bud getgleichung (16) mit Wp = QfN rilt, kann man in diesem Ausdruck den Reallolm ersetzen
und Q eliminieren, so daß man schließlich das in Gl.(17) angegebene Resultat erhält.
17
in Gl(13)f) bezieht. Berücksichtigt ein Haushalt aber die intertemporalen Konsequenzen
mangelnden Effizienzeinsatzes am Arbeitsplatz, so wird nun deren Einsatz aus der naheliegenden Überlegung plausibel, daß entdeckte Effizienzverweigenmg vom lohnzahlenden Un
ternehmen nicht toleriert werden wird. Kommt es zur Kündigung, so verliert der betrachtete Haushalt sein Einkommen und ist damit nach der einfachen Nutzenfunktion der Gl.(12) im Extremfall auf ein Nutzenniveau von Null reduziert. Je größer nun die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosenquote ist, desto geringer werden die Wiedereinstellungschancen des Arbeiters sein, der bei seinem Effizienzeinsatz 'geschummelt' hatte und erwischt wurde. Mit höherer Arbeitslosenquote steigt somit die Verweildauer des Gekündigten im Reservoir der Arbeits losen und dementsprechend höher ist sein Einkommensverlust.
Es ist also festzuhalten, daß Effizienzeinsatz sich in diesem Ansatz aus Sanktionen erklärt, die im Kontext intertemporaler Analyse eintreten, wenn der Arbeiter beim Erfüllen seines Arbeitsvertrages 'schummelt'. Das Sanktionsmittel der Kündigung ist desto wirksa mer, je höher bei gegebenem Reallohn die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosenquote ist. Ande rerseits sind die Opportunitätskosten der Arbeitslosigkeit desto höher, je höher der Lohnsatz der Beschäftigten ist. Effizienten Arbeitseinsatz wird man also einerseits bei niedriger Ar beitslosenquote und hohem Lohn erwarten können, andererseits aber auch bei niedrigem Lohn, aber entsprechend höherer Arbeitslosigkeit, wie in der folgenden Fig.5 dargestellt wird.
Figur 5
&)Eine graphische Darstellung
Fig.5 gibt mit der «y-Kurve die sogenannte 'Nicht-Schummel'-Bedingung an:
Sie ist der geometrische Ort all jener Kombinationen von Lohnsätzen und Beschäftigungs bzw. Arbeitslosenquoten, die hinreichend sind, um die Arbeiter zur effizientem Arbeiten bei vorgegebenem Effizienzanspruch e zu veranlassen.
Die Nachfrage nach Arbeit wird wie in Kap.II durch die Wertgrenzproduktkurve peF' (eN) angegeben, wobei p=l nicht weiter ausgewiesen zu werden braucht. Die Analyse
weicht von der vorherigen aber insofern ab, als die Marginalbedingungen für e' nicht mehr
ausgewiesen werden, da ja ein vorgegebenes e unterstellt wird. Dennoch ist die Effizienz
auch im vorliegenden Rahmen für die Unternehmer bedeutsam, da sie ja nur an efüzienten Arbeitern interessiert sind und somit bei gegebenem Beschäftigungsniveau nur denjenigen Lohnsatz zu zahlen bereit sind, der die 'Nicht-Schummer Bedingung erfüllt.Die durch die Kurve ausgedrückte Bedingimg wirkt demgemäß wie dne An gebotskurve. Tatsächlich wird das Arbeitsangebot, wie im vorigen Abschnitt dargelegt, in einer der Effizienzentscheidung vorgelagerten Haushaltsentscheidung festgelegt und kann mit
A* angegeben werden. Die an der to^-rrKurve orientierten Unternehmer lassen dieses Arbeits
angebot unberücksichtigt, so daß wiederum ein 'Marktversagen' eintritt, das im folgenden
Abschnitt 3. näher betrachtet werden soll.
h)Eine wahltheoretische Begründung
Angesichts der zentralen Bedeutung des Konzepts der tty-Kurve für die Erörte
rung des Marktversagens aus nutzentheoretischer Sicht mag es nicht uninteressant sein, die wahltheoretischen Vorstellungen etwas genauer nachzuvoUziehen, die zur Generierung dieses Konzepts führen. Es handelt sich dabei lun eine Anwendung des Bellman—Prinzips der dyna mischen Optimierung, das auch in anderen Bereichen der Arbeitsmarktanalyse, insbesondere dem der 'Suchtheorie' vielfältige Anwendung findet, wie insbesondere Mortensen(1986) aus führlich darlegt.
Auf dieser analytischen Grundlage kann man nun in Anlehnung an Shapiro und
Stiglitz(1984) die «y-Kurve aus folgendem wahltheoretischen Ansatz herleiten. Dabei sind
prinzipiell vier Fälle der Nutzenempfindung (V) zu unterscheiden, je nachdem, ob der be trachtete Haushalt bereit ist zu schummeln (Index 5 bzw. N) und/oder ob er arbeitslos
(Index ü bzw. E) ist, wie sich aus folgender Tabelle ergibt.
Nutzenempfindung und Effizienzeinsatz
arbeitslos
ja nein
'Schummeln'
ja u
nein u
Diese Nutzenempfindungen ergeben sich in intertemporalem Rahmen, beispielsweise für den in der unteren Zeile ausgewiesenen Nichtschummler als
(19) 1? =
(20) Vj =
{y3-e)h ^ + Gegenwart
19
+ (i-t<.)v; I Zukunft
.VN.
0 + oÄV^ + (i-«Ä)vJ]; ,
wobei die Länge der Zeitperiode mit h bezeichnet wird und die in 01.(19) ausgewiesene gegenwärtige Nutzenempfindung für A=1 gleich dem Ausdruck der 01.(13) ist.
Bei der Darstellung der zukünftigen Nutzenempfindungen in den eckigen Klam mem dieser Gleichungen wird von einem stationären Zustand und einem unendlichen Zeit horizont ausgegangen, wobei p die subjektive Zeitdiskontierungsrate für diese Nutzen empfindungen angibt, mit der über eine ^Funktion der entsprechende Oegenwartswert er mittelt wird. In 01.(19) ist dann b die Wahrscheinlichkeit unverschuldeter Kündigung auf grund von konjunkturellen oder strukturellen Bedingimgen, und a in 01.(20) ist die Wiedereinstellungswahrscheinlichkeit eines Arbeitslosen.
Verbal ausgedrückt besagt 01.(19) also: der Nutzen eines beschäftigten Nicht- schummlers setzt sich aus dem Oegenwartsnutzen und dem Zukunftsnutzen zusammen, wo bei sich der Oegenwartsnutzen aus Reallohnbezug und Effizienzeinsatz ergibt, während der Zukunftsnutzen von der Wahrscheinlichkeit der Weiterbeschäftigung des Betrachteten ab hängt, die durch {1—bh) ausgedrückt wird. Tritt der Fall der Weiterbeschäftigung ein,so wird der gleiche Nutzen wie in der Oegenwartsperiode realisiert. Wird dem Nichtschummler je doch aufgrund von Umständen gekündigt, die er selber nicht zu verantworten hat —was mit einer Wahrscheinlichkeit von bh eintritt —so muß er sich bei der Abschätzung seines Zu kunftsnutzens am Fall der Arbeitslosigkeit orientieren, der in 01.(20) berücksichtigt wird.
Dort ist ersichtlich, daß dieser Nutzen dann entscheidend von der Wahrscheinlichkeit der Wiedereinstellung ah bestimmt wird.
Beträchtliche Vereinfachungen in der Darstellung lassen sich bewirken, wenn man die ^Funktion durch die Näherungsformel
(21) 7P^»\-ph
ersetzt. Aus den 01.(19) und (20) erhält man dann nach dieser Ersetzung und einigen Um formungen für A-»0 das lineare Oleichungssystem
(22)
" 6+/3 -b
•
w - e
_—a a+p
•
0
aus dem man dann als reduzierte Form die Lösung
(23) K=^70^
erhält.
Entsprechendes Vorgehen für den Arbeiter, der sich zum Schummeln bezüglich seiner Effi zienzerbringung entschließt, weist seinen Nutzen dann als
^ ^ E ß(a+b+q+p)
aus.
Der Zähler reproduziert wiederum den bereits oben erörterten Aspekt einer Entscheidung zum Schummeln, daß — im Vergleich mit dem entsprechenden Ausdruck für den Nicht- schummler der Gl.(23) —das Nutzenniveau höher ist, weil im Zähler mm der Term —e fehlt.
Der Nenner relativiert diese Aussage jedoch: Hier tritt eine neue Variable q auf, die die Kündigungswahrscheinlichkeit wegen mangelnder Effizienz ausweist. Diese Größe vermindert nun den Nutzen d^ Schummlers im Vergleich mit dem Nichtschummler. Diese Größe ergibt sich aus einer genaueren Betrachtung des analog zu dem in Gl.(19) ausgewiesenen Nutzen wertes eines augenblicklich als Arbeiter beschäftigten Schummlers, nämlich
(25) vl= Wh + + ,
wobei ttA die spezifische Kündigungswahrscheinlichkeit für den Schummler angibt, die na
türlich höher ist als beim Nichtschummler und mit
(26) ttA = bh+ qh— bql?
wiedergegeben wird: der Schummler trägt die gleichen konjunkturellen Risiken wie der
Nichtschummler (i), zusätzlich jedoch noch das Risiko, wegen seines Schummeins gekündigt zu werden (9), wobei der letzte Ausdruck in Gl.(26) Doppelzählungen in diesen Wahrschein
lichkeiten berücksichtigt.Die entscheidende Frage für die Konstruktion der ay-Kurve ist nun, unter
welcher Bedingung
(27) Vj >
gilt, d.h. unter welcher Bedingung ein Beschäftigter, der nicht schummelt,mindestens einen ebenso hohen Nutzen hat wie ein Schummler.Ein ökonomisches System mit effizienten Arbei tern muß offensichtlich in der Lage sein, diese Bedingung zu erfüllen. Einsetzen von Gl.(23) und (24) in Gl.(27) weist diese Bedingung dann nach einigen Umformungen aus als
(28) «;> e+ (c/?)( a+b+p) .
Bei stationärer Arbeitslosenquote kann man diesen Ausdruck dann noch weiter umformen.
Dann muß nämlich bei erfüllter Nicht—Schummel Bedingung der Strom in die Arbeitslosig keit {bN) genau gleich sein dem Strom aus dem Lager der Arbeitslosen ( a{N*—N) ). Folglich
21
kann man in Gl.(28) a ersetzen durch
®= N^—N ^ '
so daß man schließlich als algebraischen Ausdruck für die w —Kurve
9
(30) w> e+ (e/9)( bfu + p) mit u =
erhält.
3. Das Marktversagen im nutzentheoretischen P.ffiiripn'glnhnanHaty.
a) Das Arbeitsmarktmodell und die sanktionsbedingte Unterbeschäftigung
Bei der Betrachtung des Arbeitsmarktmodells der Fig.5 kann man davon ausge hen, daß nach herkömmlicher Vorstellung Vollbeschäftigung im Punkt G herrscht, dem Schnittpunkt der Arbeitsnachfragekurve mit der Arbeitsangebotskurve. Bei Vollbeschäfti gung wäre jedoch die Effizienz der Arbeit nicht gewährleistet, da die Sanktionswirkung von Kündigungen wegen Nichteinhaltens des Arbeitsvertrages entfiele, wenn bei Vollbeschäfti gung der gekündigte 'Schummler' mit sofortiger Neueinstellung bei einem anderen Unterneh
men rechnen könnte.
Das tatsächliche Arbeitsmarktgleichgewicht wird sich bd w und im Schnitt
punkt der Arbeitsnachfragekurve mit der w^-Kurve einstellen, so daß ein 'gleichgewichtiges
Überschußangebot' von XN entsteht, das von den betroffenen Arbeitern als unfreiwillige
Arbeitslosigkeit erfahren wird.b) Kritische Evaluation der Marktversagensanalyse
Gegen das soeben erörterte Modell des Marktversagens ist u.a. eingewendet wor den, daß es aus verschiedenen Gründen als Darstellung der Arbeitsmarktvorgänge nicht ganz überzeugen könne. Insbesondere sei es (i.) nicht plausibel, daß ein entwickeltes Wirtschafts—
und Rechtssystem einer modernen Industriegesellschaft nur den sehr groben Sanktionsmecha nismus der Kündigung und des Einkommensverlustes durch Arbeitslosigkeit kennen sollte, um effizientes Arbeiten zu gewährleisten. Spielt dieser Sanktionsmechanismus aber keine große Rolle bei der Effizienzdetermination, so könne das Effizienzkalkül nicht die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Arbeitslosenquote hinreichend erklären.
Solch eine Kritik wirft natürlich die Frage nach der genauen Ausgestaltung der denkmöglichen alternativen Arbeitsverträge auf. Es ist dann in der Literatur in der Fortfüh rung dieser Diskussion betont worden (Fehr(1988)), daß die bereits oben erörterten Gesichts punkte, die die Existenz von Effizienzlohnüberlegungen als plausibel erscheinen ließen, wie insbesondere die Ansätze der "Arbeiterfluktuation" und der "negativen Auswahl", durch alternative Arbeitsvertragsgestaltung sich nicht überzeugend beseitigen lassen. Insbesondere erweist sich der in diesem Zusammenhang unterbreitete Vorschlag, versicherungsvertragliche
Arrangements für die Beseitigung der Arbeitslosigkeit im "Bummelanten-Modell" einzufüh
ren,iß als wenig tragfahig.i^ Für sich genommen, scheint der Kritikpunkt der Existenz alter nativer Anreizsysteme keine fundierten Zweifel an der Relevanz der erörterten Efßzienzlohn-modelle bewirkt zu haben.
Daneben wird (n.) kritisiert, daß dieser Modellansatz prinzipiell gar nicht in der Lage sei, unfreiwillige Arbeitslosigkeit zu erklären, wie er vorgibt. Vielmehr sei die hier dar gestellte 'Unterbeschäftigung' tatsächlich freiwilliger Natur. Schließlich säen es ja nutzen
orientierte Überlegungen der Arbeiter, die die Bereitschaft zur Verletzung des Arbeitsvertra
ges durch Bummän bewirkten, worauf dann die Unternehmer mit anreizkompatiblen, aber für die Vollbeschäftigung 'zu hohen', Efßzienzlöhnen reagierten. In Fortführung dieses Argu ments wird dann weiter ausgeführt, daß der Eindruck der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit deswegen entstünde, weil die Arbeiter zwei verschiedene Offerten ihrersäts —nämlich bei niedrigem Lohn mit niedriger Effizienz oder bei hohem Lohn mit hoher Effizienz zu arbeiten - mit äner einzigen Offerte der Gegenpartei verglichen, nämlich mit der relativ hohen Arbeits nachfrage der Unternehmungen bei hoher Effizienz,ißDer letztgenannte Kritikpunkt kann jedoch nicht überzeugen, weil ja aus der pro duktionstheoretischen Effizienzlohnanalyse bekannt ist, daß es keine verläßliche positive Korrelation zwischen hohem Effizienzänsatz der Arbeiter und hoher Arbätsnachfrage der Unternehmen gibt.iß Zudem ist in der nutzentheoretischen Analyse gezeigt worden, daß der Modellansatz hier ja so konzipiert ist, daß die Arbeitsangebotsentschädung völlig unbeein flußt ist von der Effizienzeinsatzentscheidung, wäl erstere der letzteren als vorgelagert und
als von ihr separierbar dargestellt wurde. Das Überschußangebot an Arbät kann also hier
nicht deswegen entstehen, weil zwei effizienzabhängige Arbeitsangebotsniveaus von denArbeitern oder dem sie analysierenden Ökonom unzulässigerweise vermischt werden. Das Überschußangebot an Arbeit ist in der Tat ein ökonomisches Ungleichgewicht im herkömm
lichen Sinn, nämlich eine vereitelte Erfüllung änes Haushaltsplanes.
ißFür solch einen Vorschlag siehe Bull(1985) i^Siehe hierzu Shapiro und Stiglitz (1985)
ißBei der Darstellung dieser Kritik am Effizienzlohnansatz orientieren wir uns an
Spahnfl987: S.235). Die in der Einleitung erwähnte Kontroverse zwischen Fehr(1988) und Spahn(l988) befaßte sich im Anschluß an diese Kritik u.a. mit der Frage, ob "statistische
Faulheit" der Arbeiter oder spezifische Effizienzanforderungen der Unternehmer für die ausgewiesene Arbeitslosigkeit verantwortlich zu machen sä. Diese eher "semantische"
(Spahn(1988)) Frage trifft u.E. aber nicht den Kern der Problematik, nämlich ob die
Arbeiter in diesem Modell ihren Arbeitseinsatz an ihren Grenznutzenvorstellungen
orientieren können und ob ein wirtschaftspolitisches Eingreifen des Staates in diesem Rahmen nach dem Paretokriterium zu befürworten ist. Siehe hierzu die Ausführungen auf der folgenden Seite des Textes.
ißDies wird ausführlich gerade bei Spahn(1987) in der Diskussion säner Fig.3 dargelegt.
23
Schließlich ist {iii.) von Schneider (1987; S.194) an diesem Modellansatz kritisiert
worden, daß er zwar unfreiwillige Arbeitslosigkeit zu erklären vorgibt, tatsächlich aber
inuner Vollbeschäftigung ausweist, wenn die Ereigniswahrscheinlichkeit von struktureller Arbeitslosigkeit, ausgedrückt durch den Parameter b , Null wird.20Mit der Fordenmg, nicht 6>0 sondern &=0 zu setzen, wird u.E. eine Annahmen kritik formuliert, die weder plausibel noch wirklich kritisch ist. Sie ist deswegen unplausibel,
weil kaum ein Ökonom ernsthaft 'qua Annahme' das Auftreten jeglicher Art von Arbeitslo
sigkeit wird leugnen wollen. Darauf läuft die Forderung, 6=0 zu setzen, aber hinaus: Da ja In der Modellformulierung nach der 'Nicht-Schummel—Bedingung' gefragt wird, setzt die Lö sung des Modells voraus, daß die durch den Parameter q ausgewiesene 'schummelbedingte' Arbeitslosigkeit Null ist. Die einzige andere denkbare Art der Arbeitslosigkeit in diesem Modell ist diejenige, die sich über den Parameter b ergibt. Wird nun zusätzlich gefordert, 6=0 zu setzen, so bedeutet dies, jegliche Form der Arbeitslosigkeit durch eine spezielle Parameterwahl auszuschließen. Das Shapiro-Stiglitz-Modell zeigt dann auf, daß in diesem Fall die Modellösung in der Tat Vollbeschäftigung generieren kann. Damit besteht das Modell zwar einen formal interessanten, tatsächlich aber wenig plausiblen2i Konsistenztest.
Insofern weist Schneiders Diskussion des Falles 6=0 nicht eine kritikwürdige Schwäche des Modells auf; vielmehr zeigt sie, daß es in dieser Hinsicht durchaus stimmig formuliert ist.
c) Wohlfahrtstheoretische Aspekte
Das grundlegende Problem, das durch das Konzept der unfreiwilligen Arbeitslo sigkeit angesprochen werden sollte, ist die wahltheoretische Begründung wirtschaftspoliti schen Eingreifens. In dieser Hinsicht geht die EfGzienzlohnliteratur nun in der Tat einen neuen Weg, indem bei Shapiro und Stiglitz(1984) nachgewiesen wird, daß im Falle des Effi- zienzlohngleichgewichtes selbst nach dem sehr schwachen Paretokriterium wohlfahrtsvermeh- rende Eingriffe des Staates möglich sind, die ja bei herkömmlichen Marktgleichgewichten ansonsten nicht ausgewiesen werden können.
20Dieses Ergebnis ergibt sich aus der "Nicht—Schummel-Bedingung" der Gl.(30), in der die Arbeitslosenquote über den Quotienten (6/«) ausgewiesen wird. Wenn man nun, wie Schnei der fordert, 6=0 setzt, dann wird die tWg-Kurve eine Gerade, von der angenommen werden kann, daß sie die Grenzproduktivitätskurve unterhalb des Schnittpunktes mit der Arbeits angebotskurve schneidet und somit keine bindende Beschränkung für ein Vollbeschäftigungs gleichgewicht mehr liefert.
2iAuch Schneider (1987; S.194) räumt ein, daß nicht 6=0 , sondern "ein Wert 6>0 empirisch
durchaus zutreffend sein wird".
IV EFFIZIENZLOHNKALKÜL UND INTERBETRIEBLICHE LOHNSTRUKTUR 1. Eine Synthese der Grundmodelle
Der rudimentäre produktionstheoretische Ansatz von 'Kap.II thematisierte als
grundlegend den Zusammenhang zwischen Lohnsatz w und Efßzienzniveau e. Der nutzen
theoretische Ansatz von Kap.III erweiterte die Analyse insofern, als er die Konstellation von w y e und der Arbeitslosenquote u betrachtete. Man kann nun die Analyse des Effizienzloh nes um einen zusätzlichen Gesichtspunkt ausweiten, nämlich um die Frage der Lohnstruktur zwischen einzelnen Unternehmungen. Dieser Gesichtspunkt war zuvor bei der Erörterung der fluktuationstheoretischen Mikrofundierung der Effizienzlohnhypothese (s.o.S. 8) kurz ange sprochen worden, indem auf die Bedeutung der relativen Lohnstruktur hingewiesen wurde.
Man kann diesen Gesichtspunkt nun so formalisieren, daß man die Effizienzfunktion der Gl.(2) entsprechend modifiziert zu
(31) Ci = ei( Wi, üJ-h u),
wobei u-i einen Vektor der Lohnsätze angibt, die von anderen als dem H;en betrachteten Unternehmen geboten werden und wobei das Symbol u den Lohnsatz angibt. Die Frage, ob es sich hierbei um den Real— oder um den Nominallohn handelt, sei vorerst für eine spätere Diskussion zurückgestellt. Die Vorzeichen unter den Variablen bezeichnen die Vorzeichen werte der entsprechenden partiellen Ableitungen.
Die Formulierung der Effizienzfunktion durch Gl.(31) stellt kein prinzipielles
Abgehen von den bisherigen Überlegungen dar, sondern eher eine allgemein akzeptable Syn
these der bisherigen Ansätze. So präsentiert Stiglitz(1987; S.20) die prinzipielle Aussage des nutzentheoretischen Effizienzlohnmodells des vorigen Kapitels neuerdings ebenfalls in dieserForm. Hahn(1987; S.7) verbindet suchtheoretische Überlegungen und Grundbeziehungen des
'adverse selection' Ansatzes, um eben so eine Effizienzfunktion zu begründen. Es wurde be reits darauf hingewiesen, daß auch die Fluktuationstheorie der Arbeitseffizienz eine ähnliche Struktur aufweist. Schließlich generieren auch die von Stiglitz(1987; S.22) referierten, hier aber nicht ausdrücklich erörterten 'Arbeitsmoralmodelle' solch eine Effizienzgleichung.Es bietet sich somit an, für weiterfuhrende Überlegungen die Effizienzfunktion der 01.(2) durch einen Typus wie den der Gl.(31) zu ersetzen. In Anlehnung an Hahn(1987; S.9)
kann hierbei der speziellere Ausdruck
(32) e, =(€,0.1-^-1)^' mit |g>0 , |a>0
verwendet werden. Gl.(32) legt dar, daß die Effizienz im f-ten Unternehmen nicht nur als Funktion des unternehmensspezifischen Lohnsatzes ui anzusehen ist, sondern auch mit
einem Faktor ßi von den alternativen Verdienstmöglichkeiten uTj ihrer Arbeiter abhängt,
wobei jedoch noch die Arbeitslosenquote u zu berücksichtigen ist, die sich nach den bisherigen effizienztheoretischen Überlegungen —zumindest in partialanalytischem Rahmen —posi
tiv auf die Arbeitereffizienz auswirken wird.
25
2. Gleichgewichtige Lohnstniktur und ArbeiterefBzieiiz
Wird der Arbeitsinput, wie in dem produktionstheoretischen Teil unserer Unter
suchung unterstellt, durch das Produkt ei'Ni angegegeben, so erfordert die Gewinnmaximie-
rungsbedingung in Analogie zu Gl.(3) nun entsprechend(33) | = i/|g bzw. e;^; =i.
Für den speziellen Fall einer Efßzienzfunktion, die durch Gl.(32) angegeben wird, ermittelt man dann Gl.(34) als den Elastizitätsausdruck, der gemäß dieser Bedingimg den Wert Eins
annehmen muß:
AjCUJi
(34) E®' =
Ui 1
U
i 1
für Ci = e*i
Hieraus ergibt sich dann dinch Umformen die Geradengleichung
(35) = beie, = er
als die gleichgewichtige Lohnfonktion einer Unternehmung.
Die gleichgewichtige zwischenbetriebliche Lohnstruktur kann man nun hieraus er mitteln, indem man für die beteiligten Unternehmungen ein Marktgleichgewicht, beispiels weise vom Typus Coumot-Nash, unterstellt. Man kann dabei die Gl.(35) als Reaktionsfunk tion im Sinne der herkömmlichen Oligopoltheorie auffassen. Wird ein Dyopolfall mit i = c und j= m unterstellt, ergibt sich über Gl.(35) das lineare Gleichungssystem
(36) f ^
. -^ CmCl-Am)
aus dem man dann die gleichgewichtige Lohnstruktm als
(37) 0^ = {Cm(l-Ain)+^}/|M|
(38) 01. = {<c(l-Ac) +^}/|M|
ermittelt, wobei
(39)
' Uc' l"
. '«'in . .1.
|M| = Cc(l-Ac) •Cnj(l-AiD) _ßcßa > 0 gelten muß, sollen positive Lohnniveaus realisiert werden.
Inhaltlich bedeutet die Positivitätsbedingung der Gl.(39), daß die Lohnfunktion der Gl.(35) ganz bestimmte Ableitungswerte annehmen muß. Man sieht dies vielleicht am deutlichsten, wenn man 01.(39) umformt zu dem Ausdruck der Gl.(40)
ßc
in dem die Multiplikanden auf der linken Seite nichts anderes als die Anstiegswerte der mit 01.(35) ausgedrückten Geradengleichung sind. Man kann also die Positivitätsbedingung der
U
Gl.(39) auch durch den Ausdruck
/ j-j \ Öu}c
(^1) JEi
Cc=e*. ÖWmÖ(jJq < 1wiedergeben, durch den noch einmal ausgedrückt wird, daß eine ökonomisch sinnvolle Lösung
des Modellansatzes (mit positiven Lohnsätzen) bestimmte Informationen über die genauere Gestalt der mit GL(35) ausgedrückten untemehmensspezifischen Lohnfunktionen beinhaltet.Man ifATin sich diesen Sachverhalt anhand von Fig.6 auch graphisch veranschauli chen: Für den Fall von zwei repräsentativen Unternehmungen beschreibt Gl.(35) zwei Reak-tionsfimktionen Rc und Rm , deren Schnittpunkt in Fig.6 die gleichgewichtige Lohnstruktur wiedergibt. Damit sich diese Kurven nun tatsächlich schneiden, müssen sie bestimmte Anstiegswerte aufweisen, und diese werden durch Gl.(40) bzw.Gl.(39) algebraisch ausgedrückt. Weiterhin kann man sich anhand von Fig.6 überzeugen, daß mit Zunahme der Arbeitslosenquote beide Lohnfunktionen sich zum Ursprung hin drehen und somit die Löhne sinken. Das vorliegende Modell generiert damit eine Art von Phillipskurvenrelation.
Leitet man nun E^ nach u ab, so stellt man fest, daß in dem vorliegenden Ansatz die
M'-u
t n f
Figur 6
Algebraisch kann man die Phillipskurvenrelation dieses Modellansatzes besonders einfach ausdrücken, wenn identische Reaktionsfunktionen in den beiden betrachteten Betrie ben unterstellt werden. Man erhält dann einen einheitlichen Gleichgewichtslohnsatz , der durch die gesamtwirtschaftliche Lohnhmktion
(42) W* =(6(1—A) ~^ ) niit U) =Wc=<'Aii •> ß—ßcr^ßm >A=Ac=Ain
erklärt wird. Für positive uf ermittelt man dann die Elastizitäten mit den in Gl.(43) ausgewiesenen Vorzeichenwerten:
(43) (a) = < 0 und (b) Ef = -(l-A)ca;* < 0 .
27
Lobnelastizität mit steigender Arbeitslosenquote u steigt. Da sie einen negativen Wert hat, bedeutet dies, daß ihr numerischer Wert sinkt und somit der Lohnsatz absolut gesehen desto weniger reagiert, je höher die Arbeitslosenquote ist. Dies ist zwar nicht die genaue Aussage
der Phillipskurvenrelation, die ja für zeitliche Veränderungen des Lohnes spezifiziert ist, undhier nur komparativ-statische Variationen betrachtet werden. Gl.(43a) entspricht der Phil
lipskurvenrelation jedoch für gegebene Zeitperioden.3. Individual- is. Marktexperiment in der Effizienzdetermination
Man ist sich in der Wirtschaftstheorie spätestens seit Patinkins(1965) Gegenüber stellung von Individual— vs. Marktexperiment bewußt, daß ökonomische Beziehungen, die auf individueller Ebene plausibel erscheinen, auf gesamtwirtschaftlichem Betrachtungsniveau es keineswegs ebenfalls zu sein brauchen. Der ökonomische Grund hierfür ist, daß diejenigen ökonomischen Größen, die im Individualexperiment als exogen gesetztes Datum erscheinen können, im Kontext gesamtwirtschaftlicher Interaktionen sich keineswegs als unveränderlich erweisen müssen. Im Extremfall kann dann ein bestimmter qualitativer Zusammenhang zwi schen ökonomischen Größen sich in sein Gegenteil verkehren, je nachdem, welche Betrach tungsebene gewählt wird. Das hier entwickelte Reaktionsmodell ist in der Lage, diese —an sich bekannten, in der Effizienzlohntheorie bislang jedoch noch nicht eingehend erörterten - Zusammenhänge in recht einfachem Rahmen zu illustrieren.
Die Betrachtungsebene des Individualexperiments wird in dem vorliegenden An satz durch Gl.(32) abgedeckt. Demnach besteht ein positiver Zusammenhang zwischen ge samtwirtschaftlicher Arbeitslosigkeit und Effizienz der Arbeiter in jedem Betrieb. Diese Aus sage entspricht jener der in Gl.(30) wiedergegebenen nutzentheoretischen Effizienzlohnanaly se: Bei gegebenem Lohnsatz w kann das geforderte Effizienzniveau e desto höher ausfallen, je höher die gesamtwirtschaftliche Arbeitslosenquote u ist.
Unterstellt man nun in Zusammenhang mit Gl.(32), daß die einzusetzenden Lohn sätze jene sind, die sich aus dem Gewinnmaximierungskalkül der Unternehmungen ergeben, so sind in dem oben erörterten Dyopolfall die in Gl.(37) und (38) ausgewiesenen Optimalwer te heranzuziehen, und es ergibt sich somit unter der Annahme der Gewinnmaximierung nach Einsetzen dieser Werte in Gl.(32) beispielsweise der Ausdruck
(44) «r = ( £14i «! )•*' ,
bzw für den in Gl.(42) unterstellten vereinfachten Fall identischer Lohnfunktionen ermittelt man den gleichgewichtigen Zusammenhang zwischen Effizienz und Lohnsatz als
(45) e* =: (c mit eJ*=AE^<0,
wobei sich in GL(45) der negative Wert der Elastizität der gleichgewichtigen Effizienz über GL(43a) ergibt.
Dieses Resultat knüpft nun an den Bemerkungen bezüglich der Unterschiede von Individual- und Marktexperimenten an: Während man nämlich anhand der in Gl.(32) wie dergegebenen Individualanalyse einen positiven Zusammenhang zwischen Arbdtslosenquote und Effizienz behaupten konnte, erweist sich dieser Zusammenhang bei Berücksichtigung der
gewinnmaximalen Reaktionsfunktionen als negativ. Ähnlich widersprüchliche Resultate las
sen sich nicht nur für den Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Effizienz, sondern auch für den Zusammenhang zwischen Effizienzparameter e bzw ei imd tatsächlich realisier ter Effizienz e bzw. e* generierend^, so daß die generelle Anwendbarkeit partialanalytisch gewonnener Effizienzlohnzusammenhänge für die Analyse gesamtwirtschaftlicher Beschäfti gung zweifelhaft erscheinen muß.
V DAS PROBLEM DER EFFIZIENZLOHNINTERPRETATION IN MAKRO ÖKONOMISCHEM KONTEXT
1. Die Problemsteilung
So lange wie man sich im traditionellen untemehmenstheoretischen Argumenta tionszusammenhang bewegt, ist es unerheblich, ob man in der Effizienzlohntheorie Nominal lohnvariationen von Reallohnvariationen unterscheidet: Da in den partialanalytischen Ansätzen unterstellt wird, daß die Unternehmer auf dem Gütermarkt Preisnehmer sind, sind die Güterpreise exogen gegeben, und jede Nominallohnvariation ist gleichbedeutend mit
einer Reallohnvariation.
Es ist natürlich bezweifelbar, daß Unternehmer, die auf dem Arbeitsmarkt ihren Effizienzlohn fixieren können, für Arbeitsdienste also Preisfixierer sind, auf dem Gütermarkt sich typischerweise als Preisnehmer verhalten. Diesen Zweifeln könnte begegnet werden, in dem die Effizienzlohnproblematik im Rahmen eines Modells unvollkommenen Wettbewerbs neu thematisiert wird. Wir können hier nur konstatieren, daß die bisherige Literatur zum
Problem der Effizienzlohndetermination bei unvollkommenem Wettbewerb noch kaum Nen nenswertes erbracht hat.23
22Nach Gl.(32) müßten sich bei gegebenem Lohnsatz untemehmensspezifische Effizienzsteige
rungen, ausgedrückt durch ei (bzw. e), eindeutig positiv auf das Effizienzniveau ci (bzw.
e) auswirk^. Da aber unter Berücksichtigung der Reaktionsfunktionen der gleichgewicntige
Lohnsatz nicht als konstant unterstellt werden kann, sondern beispielsweise nach Gl.(43b) sinkt, wenn c steigt, ergeben sich in der Reaktionsanalyse zwei gegenläufige Effekte, die dazu führen können, daß cetpar. effizienzsteigernde Veränderungen tatsächlich auf das gleich gewichtige Effizienzniveau e (bzw. ei) senkend wirken.
23Stiglitz(1987; S.28) charakterisiert die Wettbewerbsannahmen der von ihm referierten Modelle als 'atomistisch', aber 'nicht preisnehmend'. U.E. benötigt solch eine wider sprüchliche Wettbewerbsannahme umfassendere Begründungen, als derzeit verfügbar.