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Erdbergstraße 192 – 196 1030 Wien Tel: +43 1 601 49 – 0 Fax: +43 1 711 23-889 15 41 E-Mail: einlaufstelle@bvwg.gv.at www.bvwg.gv.at

E N T S C H E I D U N G S D A T U M 0 9 . 0 4 . 2 0 2 1

G E S C H Ä F T S Z A H L

L 5 0 2 2 1 5 3 6 8 8 - 1 / 9 E

I M N A M E N D E R R E P U B L I K !

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, FZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.03.2021 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte im Gefolge seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 07.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

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2. Am 08.02.2015 erfolgte die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. In der Folge wurde das Verfahren zugelassen.

3. Am 14.03.2016, 21.03.2016, 11.08.2016 und 11.09.2016 langten Beweismittelvorlagen (u.a.

nationale Identitätsdokumente) des BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein.

Diese wurden vom BFA einer Übersetzung in die deutsche Sprache zugeführt.

4. Am 24.02.2017 wurde er beim BFA zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Dabei wurden ihm länderkundliche Informationen des BFA ausgefolgt und die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme dazu eingeräumt.

5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA wurde sein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II). Ihm wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III).

6. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 16.02.2017 wurde ihm von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

7. Gegen Spruchpunkt I des ihm am 20.03.2017 zugestellten Bescheides wurde mit Schriftsatz einer ehemaligen Vertretung vom 14.04.2017 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Die Spruchpunkte II und III blieben unangefochten und erwuchsen in Rechtskraft.

8. Mit 21.04.2017 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.

9. Das BVwG führte am 25.03.2021 eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF in dessen Anwesenheit durch.

Dabei wurden ihm auch ein Länderbericht zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

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10. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des AJ-Web, des Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Identität des BF steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger und gehört der arabischen Volksgruppe sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an.

Er stammt aus XXXX . Er besuchte dort von 1997 bis 2010 die Grund- sowie höhere Schule, letztere schloss er mit Matura ab. Danach absolvierte er ein zweijähriges College für die Ausbildung als technischer Zeichner. Von Oktober 2012 bis Juni 2014 war er bei einem Fernsehsender als Cutter beschäftigt und lebte im Elternhaus gemeinsam den Eltern und zwei Brüdern und deren Angehörigen. Im Juni 2014 verließ er XXXX , nach einem einmonatigen Zwischenaufenthalt in Dohuk in der kurdischen Autonomieregion kehrte er nach XXXX zurück und blieb dort bis zur Ausreise.

Er verließ XXXX zuletzt am 26.12.2014 und gelangte auf dem Landweg in die Türkei. Von dort trat er seine schlepperunterstützte Reise in das Gebiet der europäischen Union an und gelangte auf dem Landweg nach Österreich, wo er am 07.02.2015 den gg. Antrag auf internationalen Schutz und sich seither aufhält.

Seine Eltern leben seit Juni 2014 in Erbil in der kurdischen Autonomieregion. Vier der fünf Brüder des BF leben ebenso in Erbil wie drei seiner Schwestern. Ein Bruder und eine Schwester leben in XXXX , eine Schwester lebt in Bagdad. Drei Brüder arbeiten in XXXX als Mitglieder der irakischen Polizei, ein Bruder ist in Erbil Autohändler, einer befindet sich bereits im Ruhestand.

Im Elternhaus in XXXX wohnt einer der Brüder des BF, das Haus befindet sich im nicht zerstörten Teil der Stadt, unweit davon wohnt die Schwester des BF. Zwei der Brüder, die als Polizisten arbeiten, pendeln dafür zwischen Erbil und XXXX , der dritte als Polizist tätige lebt in XXXX .

Der BF ist ledig und kinderlos.

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Er spricht Arabisch als Muttersprache. Er hat im Selbststudium, durch seine sozialen Kontakte und durch Kursteilnahmen ausgezeichnete Deutschkenntnisse erworben und die Sprachprüfungen auf den Niveaus A1, A2 und B2 erfolgreich abgelegt. Er hat auch einen Werte- und Orientierungskurs besucht.

Er hat in Österreich die Lehrabschlussprüfung zum bautechnischen Zeichner abgelegt sowie Fortbildungsmaßnahmen absolviert und ist seit Oktober 2019 bis dato als technischer Zeichner in einer Ziviltechniker GmbH beschäftigt.

Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Er hat seine Heimatstadt aufgrund früherer individueller Bedrohung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verlassen. Er ist im Falle einer Rückkehr in den Irak jedoch nicht der Gefahr einer Verfolgung durch den IS oder durch schiitische Milizen ausgesetzt.

1.3.1. Das Gouvernement Ninewa (auch Ninive) mit dessen Hauptstadt XXXX liegt im Nord- und Nordwestirak und ist das flächenmäßig drittgrößte Gouvernement im Irak. Die Stadt XXXX hat etwa 1,6 Millionen Einwohner, das Gouvernement etwa 3,8 Millionen. In Ninewa sind etliche ethnische Gruppen angesiedelt, wobei sunnitische Araber die Mehrheit darstellen.

XXXX ist ein wichtiger regionaler Verkehrsknotenpunkt und verfügt über Straßenverbindungen nach Bagdad, Kirkuk, Erbil, Dohuk und auch nach Syrien und in die Türkei. Im August 2019 wurden noch mehrere Kontrollpunkte in Ninewa von schiitischen Milizen besetzt. Dies führte des Öfteren zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit der irakischen Armee, die deren Kontrollpunkte übernehmen wollte.

1.3.2. Der Herrschaft des IS über Ninewa gingen jahrelang gewalttätiger Extremismus und organisiertes Verbrechen verschiedener militanter Gruppierungen voraus, wobei manche davon Vorläufer des IS waren und andere deren Gegner. Die Vorherrschaft in Ninewa war aufgrund der vielfältigen ethnischen Zusammensetzung stets umstritten. Dennoch gilt Ninewa als Zentrum des sunnitisch-arabischen Nationalismus im Irak und war einst das Zentrum von Al-Qaida.

XXXX wurde im Juni 2014 vom IS übernommen und besetzt. Angriffe des IS haben im August 2014 innerhalb weniger Wochen knapp eine Million Menschen vertrieben. Die Übernahme Mosuls durch den IS und der Rückzug der kurdischen Streitkräfte aus großen Teilen des Gouvernements im August 2014 führte zu großflächigen Angriffen des IS auf die

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Minderheitsgemeinschaften in Ninewa. Die Schlacht zur Befreiung Mosuls dauerte mehr als neun Monate und der Sieg über den IS wurde erst Anfang Juli 2017 verkündet. Die Schlacht um XXXX sowie insbesondere die Rückeroberung der historischen Stadt Westmosul stellte die schwerste Konfrontation zwischen dem IS und den irakischen Regierungstruppen während des gesamten Konflikts von 2014 bis dato dar. Es kam dabei zu zahlreichen zivilen Todesopfern und einer großflächigen Zerstörung der Stadt. Auch nach deren Niederlage setzt der IS weiterhin asymmetrische Angriffe gegen irakische Sicherheitskräfte in Ninewa. Der IS nutzt dünn besiedelte Gebiete, um sich zu verstecken und anzugreifen und versucht weiterhin in ländlichen Gebieten rund um die Städte Fuß zu fassen.

Seit Juli 2020 steht die Mehrheit des Gouvernements Ninewa unter der Kontrolle der irakischen Zentralregierung. Andere Teile von Ninewa werden von der KRG kontrolliert. Die bedeutendsten Sicherheitskräfte in Ninewa sind die irakischen Sicherheitskräfte, gefolgt von mehreren PMF’s sowie den kurdischen Sicherheitskräften und diesen zurechenbaren Milizen.

Die irakische Armee ist in Ninewa stark vertreten. Auch die lokale Polizei ist innerhalb des Gouvernements tätig.

Teile des Gouvernements stehen unter dem Einfluss pro-iranischer Milizen unter der Kontrolle der Badr-Organisation. Die Gebiete um Tal Afar, Sinjar und die Ninive-Ebene stehen unter der gemeinsamen Kontrolle der irakischen Armee und der Badr-Organisation. Seit Dezember 2019 sind die PMF’s in zahlreichen Gebieten in Ninewa aktiv, darunter Tal Safuk, XXXX , West- Ninewa, Zummar, Rabia, Al-Sakar, Ninewa Plains und in der Gegend um Sinjar. Neben der Badr-Organisation sind auch die Asa'ib Ahl al-Haq und die Kataeb Hisbollah in Ninewa ansässig und haben erheblichen Einfluss auf mehrere kleinere lokale Gruppierungen dort. Ihre begrenzte Präsenz dort hindert sie jedoch daran das Territorium direkt zu kontrollieren.

1.3.3. Im Jahr 2019 kam es zu mehreren Luftangriffen der irakischen Streitkräfte und internationaler Koalitionen auf vermutliche IS-Angehörige. Zudem kam es zu mehreren militärischen Bodenangriffen der irakischen Streitkräfte und der PMF gegen den IS, aber auch zu mehreren Angriffen des IS auf die irakischen Sicherheitskräfte und die Zivilbevölkerung.

Auch in Ninewa kam es zu Demonstrationen gegen Korruption sowie zu Protesten von Anhängern einer PMF-Brigade gegen den Befehl, XXXX und die Ninewa-Ebene zu verlassen.

Die ISF und PMF, die Ninewa kontrollieren, werden beschuldigt, durch Machtmissbrauch illegale Einnahmen zu erzielen. Im Februar 2020 kam es zu Demonstrationen zahlreicher Einwohner der Ninewa-Ebene gegen die Anwesenheit der PMF in der Region. Die

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Demonstranten, darunter Araber, Kurden, Shabaks, Yeziden, Christen und Turkmenen, beschuldigten die Milzen die Vertreibungen fortzusetzen sowie der Einhebung illegaler Steuern.

Während die Präsenz des IS im Jahr 2018 eher schwach war, kam es in der zweiten Jahreshälfte 2019 zu einem plötzlichen Anstieg von dessen Angriffen. Die Angriffsrate war auch noch im ersten Quartal 2020 erhöht, wobei die Zahl der Angriffe deutlich geringer ausfiel als im Jahr 2013. Im Jahr 2013 zählte Ninewa 278 Angriffe pro Monat, drei Viertel davon in XXXX . Im März 2020 waren es hingegen lediglich 31 Angriffe. Auch die von Joel Wing 2019 und 2020 verzeichneten Vorfälle lagen zwischen 9 und 25 Angriffen pro Monat. Von den Angriffen sind mehrheitlich Angehörige der Sicherheitskräfte betroffen, es gibt jedoch auch zivile Opfer.

Typische Hotspots für IS-Aktivitäten waren die Tigris River Valley-Gebiete südlich von XXXX und im Allgemeinen die ländlichen Gebiete.

Der fehlende Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen (Wasser, Strom, Bildung) ist eine Herausforderung für die ländlichen Gebiete in der Ninewa-Ebene und Sinjar. Im Jahr 2019 schätzte IOM, dass der Wiederaufbau noch Jahre dauern würde. Rückkehrende Bewohner dieser Gebiete stellten fest, dass ein großer Teil ihrer Habseligkeiten, einschließlich ihres Viehs, zerstört oder gestohlen wurde.

(Quelle: EASO, Security Situation Iraq – Country of Origin Information Report; Oktober 2020) 2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und der sonstigen im Zuge des Verfahrens vom BF vorgelegten Beweismittel, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einsichtnahme in den Bericht von EASO zur Sicherheitslage im Irak vom Oktober 2020 sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters, des AJ-Web und des Grundversorgungsdatensystems.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit des BF waren auf der Grundlage der von ihm vorgelegten Identitätsdokumente feststellbar. Die Feststellungen der Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe und zur sunnitischen Religionsgemeinschaft stützen sich auf die entsprechenden Angaben des BF schon während des erstinstanzlichen Verfahrens.

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Die Feststellungen zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des BF im Herkunftsstaat vor der Ausreise sowie in Österreich im Gefolge derselben, zum Reiseverlauf zwischen dem Irak und Österreich, zu den Lebensumständen seiner Verwandten, zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit, zu seiner hiesigen Erwerbstätigkeit und seinen sonstigen Integrationsbemühungen ergaben sich in unstrittiger Weise aus einer Zusammenschau seiner persönlichen Angaben im Verlauf des gg. Verfahrens, dem Inhalt der von ihm vorgelegten Unterlagen sowie aus den vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

2.3.1. Anlässlich seiner Erstbefragung brachte der BF zu seinen Antragsgründen befragt vor, dass er in XXXX bei einem Fernsehsender beschäftigt war. Als die Stadt von der Miliz des IS besetzt wurde, sei er nach Dohuk geflüchtet. Auf die Auskunft von Freunden hin, dass sich die Lage wieder beruhigt habe, sei er nach XXXX zurückgekehrt. Dort sei er dann von Angehörigen des IS entführt worden, habe jedoch flüchten können, wobei er auch verletzt worden sei. Aus Angst vor dem IS sei er aus der Heimat geflohen.

Anlässlich seiner Einvernahme vor dem BFA führte er diese Ereignisse näher aus. Insbesondere legte er dar, es hätten am 10.06.2014 alle Mitarbeiter des genannten Fernsehsenders XXXX nach Dohuk verlassen, er habe sich dort für ca. einen Monat aufgehalten. Nach der Rückkehr nach XXXX habe er sich vorerst bis August 2014 im Elternhaus aufgehalten. Bei einem Fußballspiel sei er von Angehörigen des IS entführt worden und zusammen mit fünfzehn weiteren Personen, darunter einigen Journalisten, für ca. zwei Wochen festgehalten worden.

Dann sei ihm die Flucht gelungen, wobei er von einem Wächter mit einem Messer verletzt worden sei. Vorerst für einige Stunden bei einer Familie versteckt sei einer seiner Brüder verständigt worden und habe ihn dieser ins Haus eines Onkels gebracht, wo auch seine Verletzung versorgt worden sei. In den folgenden Wochen habe er sich bei verschiedenen Verwandten aufgehalten, bis er die Stadt verlassen habe bzw. ausgereist sei.

In der Beschwerde fanden sich dazu keine Änderungen oder Ergänzungen.

2.3.2. Das erkennende Gericht legt dieses erstinstanzliche Vorbringen des BF zur vormaligen Verfolgung durch Mitglieder des IS in XXXX aufgrund seiner damaligen beruflichen Tätigkeit bei einem Fernsehsender vor dem Hintergrund der damaligen allgemeinen Lage, im Genaueren der Besetzung der Stadt durch den IS, als glaubhaften Sachverhalt zugrunde.

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Bezugnehmend auf diese ehemalige Bedrohung durch den IS war aus Sicht des Gerichts jedoch im Hinblick auf die Frage einer allfälligen aktuellen Bedrohung für den BF durch den IS darauf abzustellen, dass sich die Lage gegenüber dem Jahr 2014 maßgeblich geändert hat, zumal die irakischen Sicherheitskräfte schon Ende 2017 den Sieg über den IS erklärten und sich dessen Aktivitäten inzwischen auf gelegentliche Anschläge aus dem Untergrund beschränken.

Im Lichte dessen kommt diesem vormaligen Geschehen aktuell keine Relevanz mehr zu und war schon deshalb eine drohende individuelle Verfolgung des BF durch Mitglieder des IS im Falle seiner Rückkehr zu verneinen.

Dafür, dass der BF nunmehr ca. sechs Jahre nach diesem Geschehen einer gegen ihn aus anderen Gründen gerichteten individuellen Verfolgung durch Mitglieder des IS ausgesetzt sein könnte, haben sich aus seinem Vorbringen wie auch aus den herangezogenen länderkundlichen Informationen für das Gericht keine stichhaltigen Anhaltspunkte ergeben.

Zuletzt schloss er sich selbst auch dieser Einschätzung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung an, indem er auf Vorhalt der allgemeinen Lage vor Ort replizierte, dass die Stadt vom IS befreit worden sei (vgl. S. 7 der Niederschrift).

2.3.3. Soweit er in der mündlichen Verhandlung darüber hinaus auf eine mögliche aktuelle Bedrohung durch schiitische Milizen verwies, so war dem einerseits entgegenzuhalten, dass er sich dabei lediglich auf die allgemeine Situation vor Ort bezog und keinen konkreten Bezug zu seiner individuellen Lage herzustellen vermochte, indem er bloß eine vage und unsubstantiierte Befürchtung artikulierte.

Andererseits decken sich die Angaben des BF, denen zufolge in XXXX „die Milizen“ regieren würden, nicht mit den Länderinformationen, denen zufolge die irakischen Sicherheitskräfte der wichtigste Akteur in der Herkunftsregion des BF sind, wenngleich Milizen dort ebenfalls agieren.

Diesbezüglich war insbesondere auch darauf abzustellen, dass aktuell drei der Brüder des BF in XXXX selbst als Polizisten beruflich tätig sind und er auf Nachfrage hin etwaige Probleme derselben ebendort ausdrücklich in Abrede stellte.

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Dass dem BF daher im Falle seiner Rückkehr tatsächlich Verfolgung durch schiitische Milizen drohen würde, stellte sich bloß als unsubstantiierte Behauptung ohne konkrete Tatsachengrundlage dar.

2.3.4. Insgesamt betrachtet fehlte sohin dem Vorbringen des BF zu den von ihm geäußerten Rückkehrbefürchtungen eine substantiierte Tatsachengrundlage. Die Gefahr einer individuellen Verfolgung bei einer Rückkehr konnte er damit nicht glaubhaft darlegen.

2.4. Die vom BVwG getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak stützen sich auf die Seiten 118 bis 137 des Berichts von EASO zur Sicherheitslage im Irak vom Oktober 2020.

Die Länderfeststellungen stellen sich in den für die gg. Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar.

In der Beschwerde fand sich kein entgegenstehendes substantielles Vorbringen. Auch in der mündlichen Verhandlung wurde den herangezogenen Länderinformationen nicht substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

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Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2019.

(11)

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

(12)

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241;

VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

2. Das erkennende Gericht kam auf der Grundlage seiner Beweiswürdigung und der darauf gestützten Feststellungen zum Ergebnis, dass der BF die von ihm behauptete Bedrohung durch den IS oder schiitische Milizen nicht glaubhaft machen konnte.

3. Die Beschwerde war daher zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

4. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des

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Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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