Arbeitnehmerüberlassung, Befristung,
Teilzeit
Ende der Flexibilität?
Agenda
1. Arbeitnehmerüberlassung/Personalgestellung: Neue Rechtslage und Aktuelle Entwicklungen
2. Befristung: Aktuelle Rechtsprechung und geplante Änderungen
3. Teilzeit: Gesetzentwurf zur so genannten Brückenteilzeit
Arbeitnehmerüberlassung/
Personalgestellung
Überblick über die wesentlichen Neuregelungen
Seit dem 1. April 2017 gilt das neue AÜG:
Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung von 18 Monaten bei demselben Entleiher
„Equal Pay“ nach 9 Monaten (Ausnahme 15 Monate)
Privilegierung öffentlicher/kirchlicher Arbeitgeber
Verbot von Ketten-, Zwischen- und Weiterverleih
Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei Schwellenwerten
Konkretisierung der Informationsrechte der Mitarbeitervertretungen
Wegfall der sog. „Vorratserlaubnis“ – Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht
Überblick über die wesentlichen Neuregelungen
Neue gesetzliche Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten
Übergangszeiten vor dem 1.4.2017 werden nicht berücksichtigt (§ 19 Abs. 2 AÜG)
Berechnung nicht betriebs-, sondern rechtsträgerbezogen
Abweichende Überlassungshöchstdauer lediglich durch Tarifvertrag der Einsatzbranche oder durch eine auf Grund eines derartigen
Tarifvertrages geschlossene Betriebs- oder Dienstvereinbarung möglich.
Erstmalige Überschreitung zum 30.9.2018 möglich.
Nach Erreichen der Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten ist ein erneuter Einsatz nach Ablauf einer dreimonatigen Karenzzeit möglich (§ 1 Abs. 1b S. 2 AÜG).
Rechtsfolge bei Verstößen
Eine Überschreitung der Überlassungshöchstdauer hat insbesondere zur Folge, dass gem. §§ 9 Abs. 1 Buchst. b, 10 Abs. 1 S. 1 AÜG ein
Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert wird (zum Zeitpunkt der Überschreitung der
Überlassungshöchstdauer), sofern der Leiharbeitnehmer nicht innerhalb einer Monatsfrist schriftlich erklärt, an dem Arbeitsverhältnis zum Verleiher festzuhalten (Festhaltenserklärung).
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld bis 30.000,00 € für den Verleiher (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. e, Abs. 2 AÜG)
Entzug der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (§ 5 AÜG)
Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht
Ziel des neuen AÜG: Verhinderung „verdeckter“ Arbeitnehmerüberlassung
Service-Gesellschaft
Dienstleistungsvertrag/
Werkvertrag
vorsorglich: AÜG-Erlaubnis („Vorratserlaubnis“) nicht mehr zulässig
Aber: Teilweise Eingliederung in Organisation des Krankenhauses / Weisungsgebundenheit
Rechtsfolge bei Verstößen gegen Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht
Stellt sich heraus, dass kein echter Dienst-/Werkvertrag vereinbart und gelebt wird, sondern eine (verdeckte) Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, wird wegen eines Verstoßes gegen Offenlegungs-/Konkretisierungspflicht ein Arbeitsverhältnis zum Einsatzunternehmen fingiert.
Rückwirkend ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme:
Entleiher treffen die Arbeitgeberpflichten aus dem Bereich des Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrechts
Tariflohn? Altersversorgung?
Höhere Sozialversicherungsbeiträge?
Abführung Lohnsteuer?
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld bis 30.000,00 € für Ver- und Entleiher
Begünstigung der öffentlichen Hand und von Religionsgemeinschaften
§ 1 Abs. 3 Nr. 2 b AÜG sieht vor, dass das Gesetz keine Anwendung findet
„zwischen Arbeitgebern, wenn Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert und auf Grund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes a) das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter besteht und b) die Arbeitsleistung
zukünftig bei dem anderen Arbeitgeber erbracht wird“.
Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 c AÜG findet das Gesetz außerdem keine Anwendung
„zwischen Arbeitgebern, wenn diese juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und die für sie geltenden Tarifverträge des öffentlichen
Dienstes oder Regelungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften dies vorsehen.“
Begünstigung der öffentlichen Hand
Service-Gesellschaft
Keine Privilegierung
Keine Anwendung von öffentlichen Tarifverträgen Anwendung des TVöD
Personalgestellung
§ 4 Abs. 3 TVöD
Lösungsmöglichkeiten
Einrichtung von Dauerarbeitsplätzen
Abschluss „echter“ Werk-/Dienstverträge
Auswechslung der Leiharbeitnehmer vor Ablauf der Höchstüberlassungsdauer
Zeitliche Unterbrechungen zwischen einzelnen Einsätzen
Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten
Konzernklausel: Privilegierung, wenn „Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt“ werden
Schaffung der Privilegierungsvoraussetzungen für öffentlich-rechtliche Arbeitgeber/kirchliche Einrichtungen?
Mehrfacharbeitgebermodell
Bildung von Gemeinschaftsbetrieben
Voraussetzungen des Gemeinschaftsbetriebs
In einem Gemeinschaftsbetrieb ist Arbeitnehmerüberlassung nach Ansicht des BAG ausgeschlossen (BAG vom 3.12.1997 – 7 AZR 764/96).
Voraussetzungen:
Unternehmen sind zur gemeinsamen Führung des Betriebs rechtlich verbunden
Gemeinsame räumliche Unterbringung
Einheitlicher Leitungsapparat zur Erfüllung der zu erfolgenden arbeitstechnischen Zwecke (Führungsvereinbarung)
Arbeitgeberübergreifender Personaleinsatz
Einbringung von Betriebsmitteln, Stellen von Personal nicht ausreichend
Vor- und Nachteile des Gemeinschaftsbetriebs
Folgen/Vor- und Nachteile des Gemeinschaftsbetriebes:
Gemeinsamer Betriebsrat/einheitliche Betriebsvereinbarungen
Unternehmensübergreifende Sozialauswahl bei Kündigungen
Errichtung mitbestimmungspflichtig?
Kein Eingriff in gesellschaftsrechtliche Strukturen erforderlich
Beteiligte Unternehmen des Gemeinschaftsbetriebes können an (unterschiedlichen) Vergütungs- und Arbeitsbedingungen festhalten
Für langfristige Kooperationsmodelle gut geeignet
Befristung
Einschränkungen im Befristungsrecht geplant
Boom der Befristungen: 43 % der Neueinstellungen im Jahr 2017 mit befristeten Verträgen. Rund 3,15 Millionen Arbeitnehmer (8,3 % der Beschäftigten) hatten einen befristeten Arbeitsvertrag.
Möglichkeit zur Vereinbarung von befristeten Arbeitsverhältnissen ohne Sachgrund soll nach den Inhalten des Koalitionsvertrags vom 14.3.2018 deutlich eingeschränkt werden.
„Missbrauch der Befristungen abschaffen“
Bislang liegt noch kein Gesetzentwurf vor
Status quo
Befristung ohne Sachgrund:
§ 14 Abs. 2 TzBfG: Befristung bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig;
dreimalige Verlängerung möglich
§ 14 Abs. 2a TzBfG: In den ersten vier Jahren nach Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung ohne Sachgrund bis zu vier Jahren zulässig.
§ 14 Abs. 3 S. 1 TzBfG: Befristung bis zu vier Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat.
Status quo
Befristung mit Sachgrund:
Befristung gerechtfertigt, wenn durch sachlichen Grund gerechtfertigt.
Acht verschiedene Gründe im Gesetz genannt; Aufzählung nicht abschließend („insbesondere“)
Sonderfälle einer Befristung im Zusammenhang mit Bezug von Altersrente
Befristung auf Regelaltersrente
Verlängerung über Regelaltersgrenze (§ 41 S. 3 SGB VI: erlaubt die wiederholte Befristung von Arbeitsverhältnissen hinaus, wenn die entsprechende Vereinbarung noch im laufenden Arbeitsverhältnis
geschlossen ist); vgl. EuGH vom 28.02.2018, Rs. C 46/17: kein Verstoß gegen Europarecht
Nach Erreichen der Regelaltersrente (evtl. durch § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6
Aktuelle Rechtsprechung zum Befristungsrecht
Befristungsgrund „Eigenart der Arbeitsleistung“ (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG):
Für diese Befristung besteht ein sachlicher Grund, wenn die „Eigenart der Arbeitsleistung“ die zeitliche Limitierung rechtfertigt
Bejaht vom BAG aktuell in drei Fällen:
• ZDF-Fernsehkommissar „Der Alte“ (BAG, Urt. v. 30.8.2017 – 7 AZR 864/15)
• Maskenbildnerin der Bayerischen Staatsoper (BAG, Urteil vom 13.12.2017 – 7 AZR 369/16)
• Torwart Heinz Müller von Mainz 05 (BAG, Urteil vom 16.1.2018 – 7 AZR 312/16)
Aktuelle Rechtsprechung zum Befristungsrecht
§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG: Sachgrundlose Befristung nicht möglich, „wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes
Arbeitsverhältnis bestanden hat“.
BAG (Urteil vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09): Frühere
Beschäftigung des Arbeitnehmers steht nicht entgegen, wenn diese mehr als drei Jahre zurückliegt. Entsprechende Norm sei einschränkend auszulegen.
BVerfG (Beschluss vom 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14):
Rechtsprechung des BAG verfassungswidrig. Richterliche
Rechtsfortbildung dürfe den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen.
Folge: Bei Vorbeschäftigung keine weitere sachgrundlose Befristung.
Arbeitnehmer müssen gem. § 17 TzBfG die Rechtsunwirksamkeit
Geplante Änderungen
Quotenregelung:
Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten sollen nur noch maximal 2,5 % der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen
Bei Überschreiten der Quote: Jedes weitere Arbeitsverhältnis gilt als unbefristet zustandegekommen
Quote bezieht sich jeweils auf Zeitpunkt der letzten Einstellung
Unternehmen oder Betrieb?
Leiharbeitnehmer? Teilzeitbeschäftigte?
Kein Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers vorgesehen:
Arbeitnehmer muss ggf. „auf Verdacht“ Befristungskontrollklage erheben nach § 17 TzBfG.
Geplante Änderungen
Verkürzung der Höchstdauer
Begrenzung auf 18 Monate geplant
Begrenzung der Verlängerungsmöglichkeiten
Nur noch einmalige Verlängerung
Begrenzung der Gesamtdauer der Befristungen
Befristung nicht mehr zulässig, sofern bereits Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben
Ausnahme: § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG (Profisportler/Künstler)
Koalitionsvertrag spricht zudem von einer sinnvollen dreijährigen Karenzzeit bei erneuter sachgrundloser Befristung – Aufnahme der Rechtsprechung des BAG in Gesetzesform?
Teilzeit – Gesetzentwurf zur so
genannten Brückenteilzeit
Gesetzentwurf zur sog. Brückenteilzeit
Vorlage des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts (RefE) am 21.12.2016
Zentrales Anliegen: Einführung eines Anspruchs auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit – Verhinderung der „Teilzeitfalle“
Keine Umsetzung während der 18. Legislaturperiode
Koalitionsvertrag vom 12.03.2018 enthält unter Bezugnahme auf RefE
konkrete Änderungen zur Regelung eines Anspruchs auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit
13.06.2018: Vorlage des Gesetzentwurfs zur sog. Brückenteilzeit Ziel: Erleichterter Wechsel zwischen Teil- und Vollzeitarbeit
Inkrafttreten zum 1.1.2019 geplant
Gesetzentwurf zur Brückenteilzeit
Gesetzentwurf folgt dem „arbeits-, gleichstellungs- und familienpolitischen Anliegen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freiwillig in Teilzeit arbeiten können, aber nicht unfreiwillig in Teilzeit verbleiben müssen“.
Den Risiken der Arbeitgeber soll durch die Schwellenwerte begegnet werden.
Evaluierung nach fünf Jahren geplant
Geplante Einführung eines Anspruchs auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit
§ 9a TzBfG: Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit
Der Arbeitnehmer kehrt nach Ablauf einer
„Brückenteilzeitphase“ in die Arbeitszeit zurück, in der er ursprünglich gearbeitet hat.
Kein Anspruch auf Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz wie vor der jeweiligen Arbeitszeitanpassung (Direktionsrecht des Arbeitgebers)
Anspruchsvoraussetzungen und Verfahren richten sich weitgehend nach dem Regelungen, die bereits für zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit nach
§ 8 TzBfG gelten.
Besonderheiten:
Arbeitgeber (= Unternehmen) muss in der Regel mehr als 45
Arbeitnehmer beschäftigen („Kopfprinzip“ / ohne Auszubildende)
Geplante Einführung eines Anspruchs auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit
Arbeitnehmer muss Antrag stellen, in dem Zeitraum der Arbeitszeitverringerung genannt wird
Mindestdauer 1 Jahr, Höchstdauer 5 Jahre (Abweichung durch TV möglich); aber kein Mindestvolumen
Anspruch muss mindestens 3 Monate vor der gewünschten Arbeitszeitverringerung in Textform gestellt werden
Während der Teilzeitphase besteht kein Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder auf vorzeitige Rückkehr zur Vollzeit
Anspruch ist nicht an das Vorliegen bestimmter Gründe in der Person des Mitarbeiters geknüpft
Ablehnung durch den Arbeitgeber nur möglich, soweit betriebliche
Geplante Einführung eines Anspruchs auf zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit
Zumutbarkeitsschwelle in § 9a Abs. 2 TzBfG vorgesehen
Arbeitgeber, die zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer beschäftigen, müssen pro angefangene 15 Arbeitnehmer nur jeweils einem Mitarbeiter den Anspruch auf Brückenteilzeit gewähren.
Nach Ende der Brückenteilzeit können Arbeitnehmer frühestens nach einem Jahr eine erneute Verringerung ihrer Arbeitszeit
verlangen.
Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit – Änderung der Beweislast
§ 9 TzBfG: Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit
Bereits nach geltendem Recht sind Arbeitnehmer in einem
Teilzeitarbeitsverhältnis, die Verlängerung der Arbeitszeit wünschen, bei Besetzung einer entsprechenden freien Stelle vorzuziehen.
Neuerung des § 9 TzBfG betrifft Frage der Beweislastverteilung.
Erweiterte Beweislastumkehr zulasten des Arbeitgebers vorgesehen: Der Arbeitgeber soll die Darlegungs – und Beweislast nicht nur für
entgegenstehende dringende betriebliche Gründe haben, sondern auch für das Fehlen eines entsprechenden freien
Arbeitsplatzes und eine nicht mindestens gleiche Eignung des Arbeitnehmers im Vergleich zu einem anderen Bewerber.
Erörterungsrecht zur Lage und Dauer der Arbeit
Neuer § 7 Abs. 2 TzBfG:
„Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer dessen Wunsch nach Veränderung von Dauer oder Lage oder von Dauer und Lage seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu erörtern. Dies gilt unabhängig vom Umfang der Arbeitszeit“
Bislang Verpflichtung zur Information über Arbeitsplätze im Betrieb oder Unternehmen
Arbeitnehmer ist berechtigt, ein Mitglied der Arbeitnehmervertretung zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuzuziehen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Dr. Sebastian Ulbrich, LL.M.
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht Telefon: 069 9585-6148 Mobil: 0160 97243009
sebastian.ulbrich@de.pwc.com