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Von Daniel Ammann 0000000000222
mediensplitter
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Der Fall HP 3
HP 3 – das hätten viele von uns vor zwanzig Jahren noch für einen program- mierbaren Taschenrechner der Marke Hewlett-Packard gehalten. Oder vor zehn Jahren für den Prototyp einer Homepage über Heinrich Pestalozzi.
Dann hinterliess ein neuer Blitz seine Initialen am multimedialen Literaturhim- mel. Harry Potters Heldenphysiognomie prangt heute auf diversen Buchumschlä- gen, Plakaten, DVD-Hüllen, Legoschachteln, Kaffeetassen und Bettbezügen. Oder er hüpft und rennt als Pixelhelgen über die Bildschirmoberflächen unzähliger Computer- und Konsolenspiele. Im Internet apparieren die Fans gleich massen- weise.
Während wir pro forma noch an Büchern, Kinostreifen oder Hörkassetten festhal- ten, schlägt der Computer alle Medieninhalte über einen Leisten. Sämtliche For- mate werden binär und hexadezimal verhext, Buch- in ‹Bildstaben› verwandelt, Ton- und TV-Folgen tonnenweise digital verarbeitet. KB und GB stehen nicht für kartonierte oder gebundene Buchausgaben, sondern quantifizieren Füllmenge oder Abtropfgewicht der Bytes.
Konvergenz heisst das Zauberwort. Medien und Märkte fliessen in magischen Kanälen zusammen und ergiessen sich marketingstrategisch auf die Konsu- menten. Wie viel Zeit diese allerdings mit der (laut einer Umfrage) beliebtesten Medienfigur der 3- bis 13-Jährigen verbringen, hängt wiederum vom jeweiligen Trägermedium ab. Beim Transfer der Software auf die Brainware tritt automatisch die sexagesimale Zeitrechnung in Kraft.
Die 440 bedruckten Seiten der deutschen Ausgabe von «Harry Potter und der Gefangene von Askaban» enthalten etwa 700 tausend Zeichen. Zum Abtippen eines solchen Textes benötigt man (bei 90 Anschlägen pro Minute) gute 130 Stun- den. Zehn Mal schneller, nämlich 13 Stunden, dauert die Integrallesung durch Rufus Beck (weshalb sich die elf Audio-CDs hervorragend zum Diktattraining für angehende Kaufleute aller Ausbildungsrichtungen eignen). Am höchsten ist die Übertragungsrate nach der audiovisuellen Transformation. Dank cineastischer Datenkompression hat man die verfilmte Geschichte in kaum 130 Minuten intus.
Wie bei Komprimierungsverfahren üblich, sind dabei massive Verluste in Kauf zu nehmen. Die Autorin legt zwar Wert darauf, dass die Filme nah an der Vorlage bleiben, aber um dem Buch wirklich gerecht zu werden, erklärt Drehbuchautor Steve Kloves auf der DVD, müsste der Film eine Länge von 16 Stunden haben.
Um diese Zeit ist Rufus Beck schon längst zur dritten CD von HP 4 vorgedrungen.
