Erich Hauer (1878-1936)
Von Erich Haenisch, Stuttgart
Vor einundzwanzig Jahren, am 3. Januar 1936, ist Erich Hauer, noch
keine 60 J ahre alt, verstorben. Auf der Heimfahrt von einer Erholungsreise,
die er mit seiner Schwester nach den Azoren unternommen hatte, erlag
er unvermutet, bei Tische sitzend, einem Herzschlag und wurde auf See
bestattet. Der Berichterstatter trat damals eine längere Chinareise an
und fand bei der Rückkehr die deutsche Fachzeitschrift Asia Major,
deren treuer und eifriger Mitarbeiter der Verstorbene gewesen war, nicht
mehr vor, aus politischen Gründen unterdrückt. Seitdem warteten wir,
seine Freunde, auf den Druck des Wörterbuchs, das wir ihm als Monu¬
ment hinstellen wollten. Zwei Jahrzehnte sind darüber hingegangen.
Jetzt, da das große Werk vorliegt, wird der Name wieder lebendig. So
ist es nicht zu spät, noch heute des Verfassers in einem Nachruf zu ge¬
denken.
Erich Hauer war gebürtiger Berliner. Am 28. Juni 1878 wurde er
als Sohn eines Hofbaurats geboren, der das schöne solide Haus in der
Kleiststraße errichtet hatte, das den beiden Kindern Wohnstätte und
Unterhalt bot, bis es am Ende des zweiten Krieges den Bomben zum Opfer
fiel und bis auf den Grund ausbrannte. Erich Hauer besuchte das Friedrich-
Wilhelm-Gymnasium und studierte von 1896 an in Berlin und Tübingen
Rechtswissenschaft, promovierte, bestand sein erstes juristisches Staats¬
examen und war danach einige Zeit im Gerichtsdienst tätig. In Berlin be¬
suchte er das Seminar für Orientalische Sprachen, erwarb dort bei Carl
Arendt das chinesische Dolmetscherdiplom und ging im Jahre 1901 in den
Konsulardienst, an die Deutsche Gesandtschaft nach Peking, wo er bis auf
eine kurze Vertretungszeit bis zum Jahre 1917 verblieb. Diese lange Zeit¬
spanne — für den Dolmetscherberuf selbst hatte er keine Begeisterung —
nützte er bei seinem sprachlichen Interesse zur Erweiterung und Ver¬
tiefung seiner chinesischen Kenntnisse und, seiner besonderen Neigung ent¬
sprechend, zum Studium des Mandschu, wobei ihm der Sekretär-Interpret
Emil Krebs, ein Sprachgenie, sicher ein guter Mentor wurde. Krebs und
Hauer waren damals neben dem russischen ersten Dolmetscher wohl die
einzigen Europäer in der Residenz, die etwas von der Sprache der Dynastie
verstanden. Er erwarb auch im Laufe der Jahre eine bedeutende, kostbare
Fachbibliothek. Gewiß wurde er auch ein guter Kenner der Stadt. Aber
sein chinesischer Umgang beschränkte sich auf den dienstlichen Verkehr
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mit Beamten, Diplomaten und hohen Würdenträgern bei offiziellen An¬
lässen. So kam er zu dem chinesischen Volk in kein näheres Verhältnis.
Doch bewahrte er seinem alten Lehrer Kuang, einem Bannermann, ein
treues Andenken und stand noch lange mit ihm in Brief verkehr. Nachdem
er im Sommer 1917 mit dem Gesandschaftspersonal China verlassen
hatte und in die Heimat zurückgekehrt war, tat er noch bis zum Kriegs¬
ende militärischen Dienst in Straßburg und an der Front. Mit der Revo¬
lution schied er aus dem Reichsdienst aus, um sich nun im regelrechten
Studium bei De Groot ein richtiges sinologisches Wissen zu erwerben.
Im Jahre 1921 promovierte er und zwei Jahre später habilitierte er sich
an der Berliner Universität ■ ^%^^Jx teh kS so, habe baha kai. Er hatte
seinen Platz gefunden! Das kann man fraglos von ihm sagen: er ist
bestimmt in diesem neuen Beruf glücklich gewesen, und war andererseits
dazu berufen, eine Lücke auszufüllen, die sonst wohl für lange Zeit frei
geblieben wäre. Als der Berichterstatter, der in Berlin ein Extra¬
ordinariat für Mandschu und Mongolisch hatte, im Jahre 1925 nach
Göttingen und dann nach Leipzig überging, um dort die Sinologie wahr¬
zunehmen, war Hauer, inzwischen zum nb. ao. Professor ernannt, der ge¬
gebene Ersatzmann für den erledigten Lehrauftrag. Er hat ihn treu er¬
füllt, zehn Jahre lang, und damit die GABELENTz'scheTradition gehalten.
Drei Jahre konnte ich noch mit ihm zusammen arbeiten und nach sei¬
nem Tode das Fach nur aushilfsweise vereehen. Wenn man heute fragt,
wo denn die Schüler dieser Lehrtätigkeit geblieben seien, so wäre zu
entgegnen: Da waren zunächst Gelehrte wie Walter Fuchs, Jo-
haottes Benzing, H. Peeters, auch der verstorbene Bischof in der
Nordmandschurei Theodor Breher. Aber auch mancher Turkologe
hat im Mandschiistudium sein Wissen erweitert. Wenn auch zuzugeben
ist, daß die Studien seit 30 Jahren besonders eifrig in Japan gefördert
wurden, so läßt sich die zuweilen ausgesprochene Behauptung, sie seien
seit DE Harlez bei uns erstorben oder stagnierten, nicht rechtfertigen.
So etwas sollte man nicht sagen. Im letzten halben Jahrhundert sind
allein in unserem Lande gegen 60 größere und kleinere Arbeiten er¬
schienen, aus dem Mandschu oder rait Hilfe des Mandschu geschaffen.
Vor allem aber haben wir die Mandschustudien in Verbindung mit der
Sinologie betrieben, so Stanislas Julien, Georg von der Gabelentz,
Wilhelm Grübe, Erwin von Zach, und unsere Schüler, wenn auch
nicht alle, mit dem Werkzeug dieser Sprache ausgerüstet, die sie in ihrer
sinologischen Arbeit verwenden. Wenn auch nach außen nicht immer
sichtbar, fließt der Strom der Tradition weiter, ist immer geflossen. In
der Wahrung dieser Tradition hat Erich Hauer in vorderster Linie ge¬
standen. Er hat die Mandschuübersetzungen des chinesischen Dreizei¬
chenbuches herausgegeben, auch einen Reisepaß in Mandschusprache.
Erich Hauer
Erich Hauer (1878-1936) 3
Daß er sich auch in seiner sinologischen Arbeit hauptsächlich der Ge¬
schichte der Mandschuzeit zuwandte, ist verständlich. Vornehmlich be¬
handelte er die Frühgeschichte der Dynastie, hervorragende Persönlich¬
keiten, Prinzen des Kaiserhauses. Zu allen diesen Untersuchungen, die
aus dem Chinesischen gearbeitet waren, zog er das Mandschumaterial
heran. Sein größtes und bedeutendstes Werk, die Ubersetzung und Be¬
arbeitung des K'ai-kuoh fang-lüeh, Geschichte von der Gründung des
Mandschurischen Reiches, erschienen 1926 bei de Gruyter in Berlin in
einem starken Quartband von über 700 Seiten, stellt eine ganz besondere
Leistung dar. Hauer konnte mit Recht stolz darauf sein. Wenn auch das
Werk mehr ein literarisches Erzeugnis als eine Geschichtsquelle ist, so
findet man darin doch zeitlich geordnet eine Fülle von Vorgängen und
Verfügungen im Zusammenhang, die man sonst lange zu suchen hätte.
Beachtet man dazu Hauers Arbeiten über die beiden großen Banden¬
führer Chang Hsien-chung und Li Tze-ch'eng im Ausgang der Ming-Zeit,
so erscheint Hauer als maßgebender Bearbeiter der chinesischen Ge¬
schichte des 17. Jahrhunderts. Hätte er noch die Ausgabe der großen
Aktensammlung des Mandschureiches TsSng shih-luh erlebt, so wäre
er der erste Arbeiter daran gewesen. Es ist wohl wahr, daß er sich in
seinen sinologischen Arbeiten selten über den Stoff erhebt. Sein Streben
ging eben darauf, den Stoff selbst zu fördern, in zuverlässiger Über¬
setzung und Kommentierung vorzulegen. Und raancher Sinologe dürfte
der Meinung sein, daß es in unserem Fach gerade solcher Textüberset¬
zungen viel zu wenig gebe. — In seinem Äußeren hatte Hauer nicht das
Wesen eines Gelehrten. Niemand hätte in ihm, dera alten Korpsstuden¬
ten und Reserveoffizier der Rathenower Zietenhusaren, rait seinera
scharfen, oft wegwerfenden Urteil und völligen Mangel an Autoritäts¬
glauben, einen Universitätslehrer vermutet, viel eher einen Richter oder
Verwaltungsbearaten. Und dabei war er im Grunde einfach ein Philologe
strenger Art, der die höchsten Ansprüche an die Sprach- und Literatur-
kenntniß stellte. Arbeiten mit tiefgründigen Untersuchungen bei fla¬
chem, unzureichendem sprachlichen Wissen verachtete er. Er hielt da mit
seinem Urteil nicht zurück und stand auf demselben Boden wie E. von
Zach, mit dem ihn ein Briefwechsel verband. Er belehrte sich, wo er sich
Gewinn versprach. An F. W. K. Mülleks buddhistischen Textkollegs
nahm er meines Wissens nicht teil, weil er diesen Studien fernstand.
Doch nützte er die Gelegenheiten, wo sie sich boten, im Gespräch mit
diesem Großen unter den Orientalisten sein Wissen zu erweitern und zu
vertiefen. Er bekannte sich zu seinem Lehrer de Geoot, von dessen
Methode er manches übernommen hat und den er manchmal bei sich zu
Gast sah. Eifrig beteiligte er sich an dem Viererkolleg, in dera Otto
Franke die von ihm und Berthold Laufer herausgegebenen mehr-
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4 Ebich Haenisch
sprachigen Inschriften behandelte, wobei der Leiter die chinesische,
A. H. Fbancke die tibetische, der Berichterstatter die mongolische
Spalte übernahm, während Hauer das Mandschu vertrat. Mit Hermann
Hülle, den er von Peking her kannte, verstand er sich gut, und man traf
ihn des öfteren in der wundervollen Sammlung der Preußischen Staats¬
bibliothek. Sonst lebte er in Berlin am Schreibtisch, die Zinsen seines
Hauses erlaubten ihm das, nur seiner Textarbeit hingegeben und seinen
Vorlesungen. Den Weg zur Universität legte er zu Fuß zurück, über den
Lützowplatz durch den Tiergarten. Die öffentlichen Verkehrsmittel ver¬
schmähte er. Mit Vorträgen trat er kaum hervor und privaten Verkehr
pflegte er eigentlich nicht. Doch hielt er seinen im Amt verbliebenen
früheren Kollegen aus dem Reichsdienst die Treue, und sie besuchten ihn
gern auf ihrem Heimaturlaub. Auch im Kreise der alten Ostasiaten, der
von M. Linde, Ernst Börschmann und Theodor Strewe zusammen¬
gehalten wurde, konnte man ihn zuweilen treffen. Oft sah man bei ihm
den Volkswirtschaftler Friedrich Otte, früheren Seezollbeamten und
Lehrer an der Pekinger Universität, für den das Haus in der Kleist¬
straße ein Refugium war, wenn er aus seiner thüringischen Heimat zu
Besuch oder geschäftlich nach der Hauptstadt kam. Schließlich habe ich
selbst, der Berichterstatter, seine Gastfreundschaft oft genossen, zu¬
mal, wenn ich in meiner Leipziger Zeit in meine Heimatstadt kam, und
mich dort immer überaus wohl gefühlt in der Atmosphäre der Aufrich¬
tigkeit. Wir verstanden uns und hatten uns viel zu sagen. An einem
Nachmittag der Woche pflegte er in einer nahe gelegenen Weinstube
seinen Schoppen zu trinken, in einem kleinen, etwas bunten Kreise.
Übrigens war er unpolitisch. In seinem ausgesprochenen Individualismus
wehrte er sich gegen jede Bevormundung und lehnte im Besonderen,
wie sein Lehrer de Groot, die Organisation in der Wissenschaft ab. Der
dauernde lange Aufenthalt im heißen Klima hatte seinem Herzen nicht
gut getan nnd war schließlich wohl die Ursache seines frühen Todes.
Doch habe ich sonst nichts von Krankheit an ihm bemerkt. Er war da¬
heim von seiner Schwester betreut und umsorgt, die ihn auch in China
besucht und, eine Malerin von Ruf, die schönsten Bilder von draußen
heimgebracht hatte. Nur einmal habe ich ihn im Krankenhaus gesehen.
Das war im Frühjahr 1920, in einer Zeit der Wirren, der Gesetzlosigkeit
— I8L BtF Ituin shi sagen die Chinesen — als unser Land vom Fieber
geschüttelt wurde, viel Unrecht geschah und ungesühnt blieb. Jeder
Berliner, der sie miterlebt hat, entsinnt sich der Episode vom Schöne¬
berger Rathaus, eines der Fälle, die man heute gern verschweigt. In der
Millionenstadt hatte die Kommune die Macht mehr oder weniger in der
Hand. Bei der Bevölkerung, in den Bürgerkreisen, hatten sich, wie ehe¬
dem nach Kriegsende, Einwohnerwehren gebildet. Als die Masse sich an-
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schickte, das Rathaus zu stürmen, um die Kassen in Besitz zu nehmen,
in denen sie Goldreserven vermutete, appellierte die Behörde, der das
neue Militär zu durchsichtig erscheinen mochte, an die Einwohnerwehr, und die Kompanie ,, Tiergarten" entsprach der Anforderung, besetzte das
Gebäude und hielt es gegen die Angriffe. Das Ende war, daß die Behörde
mit der Straße ein Abkommen traf, selbst die Besetzung zu übernehmen
und die Kompanie auszuquartieren, mit Zusicherung sicheren Geleits. Als
der erste Wagen den Platz passierte und die Menge über ihn herfiel,
brachte das ,, sichere Geleit" sich in Sicherheit, während die Insassen her-
untergezerrt und zertreten wurden. Zu den sieben Überlebenden gehörte
Erich Hauer. Er sah schlimm aus, als ich ihn aufsuchte, und erklärte mir
damals, daß er seine Staatspflichten als abgegolten betrachte. Diese
Geschichte durfte nicht unterdrückt werden. Sie gehört zu seinem Le¬
bensbild.
Ziehen wir das Fazit von Erich Hauers Leben, so möchten wir sagen :
Ihm war, nachdem er seinen Dienst im Auswärtigen Amt quittiert, nur
eine kurze Spanne von 16 Jahren für Studium, Lehre und Forschung
gewährt. Diese Zeit hat er in fleißiger, beharrlicher und gewissenhafter
Arbeit genützt und dabei Werke geschaffen, die für die Sinologie, be¬
sonders die Mandschuforschung, bleibenden Wert besitzen. Das jetzt
erschienene große Wörterbuch bildet den Schluß- und Gedenkstein für
seine Arbeit und seinen Namen. Sollten wir eine chinesische Devise darein
meißeln, so würden wir die vier Zeichen wählen '■Wj^^&^'fa heng king
sin, Fleiß und Beharrlichkeit, Genauigkeit und Ehrlichkeit, Tugenden,
von denen Tseng Kuoh-fan gesagt hat, daß sie die Bürgen für die Voll¬
endung einer Lebensaufgabe darstellen.
Verzeichnis der Schriften von Erich Hauer
1. Die Reorganisation des chinesischen Heerwesens. Verordnung, betreffend
die Dienstverhältnisse und Gebühmisse der Armee. MSOS Bd. X (1907),
S. 174—217.
2. Die Erzeugnisse der Provinz Tschili. MSOS Bd. XI (1908), S. 210—65.
3. Die Pekinger Zentralregierung {Die Verwaltungsreformen in China I)
MSOS Bd. XII (1909), S. 1—25.
4. Thronbericht des Reichsausschusses betreffend, die Vorlage weiterer Ab¬
schnitte der Regulative für den, ReichaoMsschuß und Änderungen der bereits
früher vorgelegten Abschnitte (Übersetzung aus dem Regierangsamtsblatt vom
26. 8. 1909). MSOS Bd. XIII (1910), S. 210—44.
5. Thronbericht des Reichsverteidigungsamtes (Chün-tze-ch^u), betreffend den Vorschlag vorläufiger Regulative für die Anstellung der Offiziere und Militär¬
beamten (Übersetzung aus dem Regierungsblatt vom 29. 11. 1909) MSOS
Bd. XIII (1910), S. 245—60.
6. Thronbericht des Reichsausschusses, betreffend die laut Beschluß zu er¬
bittende Allerhöchste Bestätigung des Gesetzes betreffend das Urheberrecht (Über-
6 Erich Haenisch, Erich Hauer (1878-1936)
Setzung aus dem Regierungsamtsblatt vom 25. 12. 1910). MSOS Bd. XIV
(1911), S. 326—37.
7. Thronberioht des Reichsausschusses, betreffend die laut Beschluß zu er¬
bittende Allerhöchste Bestätigung der Transportregulative (Übersetzung aus
dem Regierungsamtsblatt vom 19. 2. 1911). MSOS Bd. XIV (1911), S. 338
— 350.
8. Wörterverzeichnis technischer Ausdrücke im Prozeßkostenverfahren.
MSOS Bd. XIV (1911), S. 351—3.
9. Die Geschichte der Gründung des Mandschureiches. OZ Bd. 9 (1921),
S. 232—266.
10. Die vierte der Fünf großen Heimsuchungen Ghinas. OZ Bd. 11 (1923),
S. 185—95, 261—81.
11. Das San-tzg-king in dreisprachigem Texte. Mit einem chinesischen,
mandschmischen und mongolischen Wörterverzeichnis samt einer deutschen
iTiertragung. MSOS XXVI/XXVII (1924), S. 61—128.
12. Beiträge zur frühen Geschichte der Mandschu-Dynastie. OZ Bd. 12
(1924), S. 1—10, 190—6.
13. Prinz Jirgalang. Ein weiterer Beitrag zm frühen Geschichte der
Mandschu-Dynastie. OZ Bd. 12 (1924), S. 273—83.
14. Das TsHen-tzg-wen in vier chinesischen Schriftformen mit einer mon¬
golischen Übersetzung. MSOS Bd. XXVIII (1925), S. 1—47.
15. Prinz Dorgon. OZ Bd. 13 (1925), S. 9—56.
16. IA Tzg-ch'eng und Chang Hsien-chung. Ein Beitrag zum Ende der Ming-
dynastie. AM Vol. II (1925), S. 436—98; Vol. III (1926) S. 268—87.
17. Huang-Ts'ing K'ai-kuo fang-lüeh. Die Gründung des Mandschurischen
Kaiserreiches. Berlin und Leipzig (W. de Gruyter) 1926, XXV + 710 S.
18. Das Mandschurische KaiserJums, sein Name, seine Herkunft und sein
Stammbaum. MSOS Bd. XXIX (1926), S. 1—39.
19. Das Po-kia-sing, MSOS Bd. XXIX (1926), S. 115—69. (Fortsetzung
und Schluß) Bd. XXX (1927), S. 19—85.
20. General Wu San-kuei AM Vol. IV (1927), S. 563—611.
21. Chinas Werden im Spiegel der Geschichte. Ein Rückblick auf vier Jahr¬
tausende. Leipzig (Quelle und Meyer) 1928, VI + 158 S., 16 Tafeln, 1 Karte
(= Wissenschaft und Bildung 243).
22. ßrli-shih-se hiao, „24 Beispiele von Kindespflicht". MSOS Bd. XXXI (1928), S. 60—104.
23. Ein Reisepaß in Mandschusprache cms dem Jahr 1927. Mit einer Tafel.
MSOS Bd. XXXII (1929), S. 153—6.
24. Ein Thesaurus der Mandschusprache. AM Vol. VII (1931/2), S. 629
— 641.
25. Neue Nachrichten üher die Vorfahren des Mandschuhauses. AM Vol. IX
(1933), S. 612—42.
26. Handwörterbuch der Mandschusprache. Wiesbaden (O. Harrassowitz)
1952—55, 10 -f 1032 S.
Die Hilfselemente der Konjugation
in den kuschitischen Sprachen
Von Herma Plazikowsky-Brauner, Frankfurt (Main)
Vorbemerkung
Zwischen dem traditionellen Bewußtsein der Völker Nordabessiniens
und der hier üblichen Klassifizierung der Völker und Sprachen dieser Ge¬
biete konnte ich eine tiefe Kluft feststellen. Durch meine Forschungen
auf diesem Gebiete wurde ich gezwungen, mich insoweit der Tradition
der Eingeborenen anzuschließen und eüie gründliche Revision dessen,
was man bisher als ,, kuschitisch" bezeichnete, zu befürworten. Damit
meine ich einen Ausschluß der Sprachen, die von Völkern gesprochen
werden, welche von den Eingeborenen als ,,Nöba" bezeichnet werden.
Zu ihnen gehören auch die Bega und die Bedäuye. Die mündliche histo¬
rische Tradition der Nordabessinier befaßt sich mit den zahlreichen Be¬
ziehungen, die sie seit jeher mit den von ihnen ,,Nöba" genannten Völ¬
kern hatten. Die sprachlich oft stark einschneidenden Wechselbeziehmi-
gen aller dort lebenden Völker spiegeln sich natürlich in allen diesen
Sprachen irgendwie wieder, sie schufen Gemeinsamkeiten, die zwar oft
sehr bedeutend waren, aber doch nicht berechtigen können, etwa diese
sogenannten „Nöba"-Sprachen als ,, kuschitisch" anzusehen — nicht in
dem Sinne, wie es die mir bekannt gewordenen kuschitischen Sprachen
sind. Wie man diese „Nöba"-Sprachen einreihen, benennen, charakteri¬
sieren will, das lasse ich dahingestellt, ich selbst erkenne sie nur nicht
als „kuschitisch im engern Sinne" an.
Ich hatte das große Glück, mit den eigentlichen kuschitischen Sprachen
und zwar mit allen ihren Untergruppen bekannt zu werden. Das zwang
mich, die mir unerklärlichen Bezeichnungen und Einteilungen fallen zu
lassen. Die vier Gruppen der kuschitischen Sprachen im engern Sinne,
die ich feststellen konnte, haben untereinander soviel grundlegend Ge¬
meinsames, daß ihre sehr nahe Verwandtschaft außer Zweifel stehen muß.
Diese vier Gruppen smd:
1. Die Agaugruppe, zu der unter andern auch die Fäläsä-Sprache ge¬
hört. Diese Gruppe stand wesentlich unter dem Einfluß der sogenannten
Nöba-Sprachen.
2. Die Börogruppe, zu der heute nur noch die Sprachen der Sinaäa und
Käfä gehören, die aber im Südwesten, bei den Ometi frühzeitig einen
großen Einfluß ausübte.